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Großenhainer Unterhaltungs- L Anzcheblatt. Rinig^ait äcr Römgf Äüllsllnuchimmlfc^ah, les Römgk Amiggerickls unä clcs Naäiraikig zu Ero^mliliin. Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Inserate werden bis TagS vorher früh 9 Uhr angenommen. Abonnement vierteljährlich t Mark. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwort!. Redacteur: Herrmann Starke 8en. Gebühren für Inserate von auswärts werden, wenn von den Einsendern nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. M. 98. Dienstag, den 22. August 1882. 7V. Jahrgang. Bekanntmachung. Bei zwei Pferden des Productenhändlers Wilhelm Jahn in Nünchritz ist die Räudekrankheit ausgebrochen, was hierdurch gesetzlicher Vorschrift gemäß zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Großenhain, am 19. August 1882. Die Königliche Amtshauptmannschast. von Weissenbach. Fr. Im Beyerschen Mühlengrundstücke zu Spansberg kommen Montag, den 28. August 1882, 17orm. ll Ahr 1 Rennschlitten, 1 Schreibseeretär, 1 Kleiderschrank, 1 Brodschrank, 1 Sopha, 1 Ausziehtisch, 5 Stämme Holz gegen Baarzahlung zur Versteigerung. Großenhain, am 18. August 1882. Der Gerichtsvollzieher. Höpfner. Das Wanderfest des unterzeichneten Kreisvereins soll Sonntag den 27. August, Nachmittags 2Vs Uhr in der Kirche zu Pausitz bei Riesa abgehalten werden. Herr Prediger Seidel aus Dresden hat die Predigt zugesagt. Nach dem Gottesdienste wird noch eine freie Be sprechung stattfinden. Alle Freunde christlicher Barmherzigkeit werden zur Theilnahme eingeladen. gas Direktorium dcs Großenhainer Krcisvcrcms für innere Mission. Hauptversammlung dev Lehrer: des Schutclufsichtsbezirrks Krroßenhctin Mittwoch, den 23. August 1882, Vormittags 10 Uhr im 8aale des geseffschastshauses hier. Tagesordnung: 1) Gesang und Gebet; 2) Ansprache des Vorsitzenden; 3) Be ratung über Censurerteiluug (Referent: Herr Cantor Müller, Riesa); 4) Gesang und Gebet; 5) Convent der Funeralkasfe. Großenhain, am 19. August 1882. Der Königliche Bezirks-Kchulinspector. Wigand. Bekanntmachung. Die städtischen Anlagen pro 3. Termin 1882 sind den 1. August d. I. fällig und bis längstens den 31. August tt. V. an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Großenhain, am 31. Juli 1882. Der Stadtvath. Vogel, Stdtr. Politische wettschau. So friedlich vor acht Tagen die Physiognomie der egyptischen Frage aussah, so wenig hat die abgelaufene Woche dazu beitragen können, den Schein zur Wahrheit zu machen. Die Militärconvention, sowie die Achterklärung Arabi's stehen bis zur Stunde lediglich auf dem Papier, ohne die Unterschrift der Pforte erlangen zu können. In Konstantinopel sollen eben zwei Strömungen in entgegen wirkender Richtung vorherrschen, die den Sultan zu keinem Entschluß kommen lassen. Diejenige Partei, welche der Militärconveution abgeneigt ist, besteht aus dem Anhänge des Sultans in den Kreisen der Alttürken, insbesondere des Scheik-ul-Jslam, des obersten Schriftgelehrten, von dessen Ausspruch die Entscheidung darüber abhängt, ob ein Vor haben nach den Satzungen des Korans erlaubt ist oder nicht. Auf der anderen Seite steht Said Pascha, der Groß vezier, und die Mehrheit des Cabinets. Aber wie sehr Letztere auch in den Sultan dringen mögen, die Convention zu unterzeichnen — der seinen Wünschen mehr zusagende Rath des obersten Schriftgelehrten hat bis jetzt die Oberhand behalten und wird wohl auch fernerhin noch ausschlaggebend bleiben. Es scheint daher, als würde überhaupt die englisch türkische Convention gar nicht zu Stande kommen. Daneben läuft wieder die Meldung, der Sultan habe Arabi zur Unterwerfung aufgefordert und ihm für den Fall derselben volle Amnestie zugesagt, jedoch auch gedroht, daß er bei fernerer Weigerung ihn als einen Abtrünnigen behandeln müsse, dessen Thun vom Koran verdammt werde. Arabi ist nun nach der heiligen Stadt Tanta gereist und hat dorthin seine Minister aus Kairo, sowie auch eiue Anzahl Notabeln und zwölf Mitglieder der Nationalversammlung entboten, um mit diesen gemeinsam über die zu fassenden Beschlüsse zu berathen, woraus hervorgeht, daß er mindestens nicht den Muth hat, die erneute Aufforderung des Sultans schroff von der Hand zu weisen, ferner auch, daß die in englischen Blättern verbreitet gewesene 'Nachricht von der Absetzung des Sultans durch Arabi und der Erhebung des Großscherifs von Mekka auf den Stuhl des Khalifen nicht begründet gewesen ist. Daß es trotzdem zu diesem Schritte kommen könnte, sofern sich der Sultan den Engländern willfähriger zeigte, als bisher, kann mau ebensowenig in Abrede stellen. In Konstantinopel würde man sich ohne Zweifel mehr beeilen, die englischen Forderungen anzuuehmen, wenn man nicht hoffte, die Action Englands werde in Egypten auf außerordentliche Hindernisse stoßen. Nassen Wällen gleich verbieten hinter und neben Alexandrien der Mariut-, Maadieh-, Edku-, Burlos-, Menzaleh-See, die zwar im Sommer theilweise austrockuen, aber einen Vor marsch mit Geschützen und Train nicht gestatten, die Ent faltung größerer Truppcnmassen. Abukir, Rosette, Damiette und Port-Said mögen sich die Engländer durch ihre Flotten geschütze erobern oder sichern, aber der Vormarsch nach Kairo oder den Pyramiden, dem natürlichen Ziele der englischen Kriegsleitung, führt auf der Landzunge zwischen dem Mariut- und Edku-See nicht blos direct auf die wohl- befestigten Lager Arabi Paschas bei Kafr-el-Dauar und Damauhur, sondern auch durch eiu Gebiet, welches die Egypter, seit Jahrtausenden Meister in der Wasserbaukunst, ganz nach ihrem Belieben durch den eben jetzt aus seinen Ufern tretenden 'Nil unter Wasser setzen können. Wenn nun auch General Wolseley, wie angekündigt wird, am Sonntage den 20. August Abukir anzugreifen gedenkt, so dürfte der Krieg im Großen Wohl erst beginnen, wenn die indischen Truppen vom Suezcanal aus in die Action ein greifen können. Darüber aber werden jedenfalls noch Wochen vergehen. Vorläufig hat Wolseley eine Proclamation an das egyptische Volk verfaßt, in welcher gesagt wird, der Zweck der englischen Expedition sei die Wiederherstellung der Ordnung; die Truppen würden für alle Bedürfnisse Zahlung leisten, die Bewohner möchten daher ihre Vor- räthe an Lebensmitteln herbeibringeu und auch den englischen Behörden Mittheilungen über die Rebellen zugehen lassen. — Daß der Khedive ein neues Ministerium zu bilden versucht, damit wird jedenfalls in der Lage Egyptens nicht das Geringste geändert werden. — Endlich sei noch hervor gehoben, daß für die nächste Zeit nur die militärischen Entscheidungen ins Gewicht fallen, die diplomatischen Acte aber eine ganz untergeordnete Bedeutung haben. Die europäische Botschafter-Confe renz in Konstantinopel hat in der Suezcanal-Frage eine Verständigung zu Stande gebracht; England fügte sich dem italienischen Anträge unter Verklausulirung seines eigenen Standpunktes; es mußte dieses Zugestäudniß machen, um mit der europäischen Diplomatie in Fühlung zu bleiben. Durch die englischen Amendements hat aber der italienische Antrag einen großen Theil seiner ursprünglichen Bedeutung verloren und die gemeinschaftliche Polizei vom Suezcanal ist kaum noch als eine Demonstration gegen England anzusehen. Mit der Erledigung dieser Frage glaubte man, die Conferenz werde ihre Vertagung aussprechen; neueren Nachrichten zufolge will sie dies erst thun, wenn die Türkei die Militär- Convention mit England unterzeichnet hat. Das kann nicht lange dauern, wenn es überhaupt geschieht. In der inneren Politik des deutschen Reiches con- centrirt sich das Interesse gegenwärtig auf die Wahlen in Preußen und auf die kirchenpolitische Frage. Ein Wahl termin ist noch nicht festgestellt, doch nimmt man allgemein an, daß die Wahlen an einem Tage der zweiten Hälfte des October stattfinden werden. Die Wahlbewegung hat bisher merklich unter der Ungunst der sommerlichen Jahreszeit und der seit den letzten Reichstagswahlen unverkennbar ein getretenen Abspannung und Erschöpfung gelitten. Nicht allenthalben kann man erkennen, daß die Wähler von der hohen Bedeutung der auf dem Spiele stehenden Entscheidung völlig durchdrungen und mit allen Kräften bemüht sind, ein günstiges Resultat zu sichern. In vielen Kreisen sind die Wahl-Vorbereitungen noch weit im Rückstand; in manchen herrscht eine ungerechtfertigt pessimistische Stimmung, die geneigt ist, den Gegnern ohne Kampf den Preis zu über lassen; aus vielen anderen wieder wird von einer Zerfahrenheit und Verwirrung berichtet, deren schließliches Ergebniß sich jeder Berechnung entzieht und seltsame Ueberraschungen in sich schließen könnte. Das Gesammtresultat dieser Bewegung auch nur annähernd zu errathcn, dürfte heute auch der er fahrenste politische Horoskopsteller sich nicht getrauen; es liegen nur unzusammenhängende Stücke vor, die zu eiuem Gesammtbild sich von Ferne noch nicht gestalten wollen. Was die kirchenpolirische Frage anbelangt, so ist dieselbe namentlich durch das Vorgehen dcs Breslauer Fürstbischofs gegen die Staatspfarrer wieder in Fluß gerathen. Man ist sehr gespannt darauf, wie sich die preußische Regierung einem derartigen Uebergriff des genannten Kirchenfürsten gegenüber verhalten werde, und allgemein giebt sich die An sicht kund, daß es Pflicht der Regierung sei, die von ihr selbst eingesetzten StaatSpfarrer gegen jeden Angriff zu schützen; bis jetzt freilich ist noch nicht das Geringste über die Art und Weise, wie sich Herr v. Goßler der bedrohten Staatspfarrer annehmen will, bekannt. In den Regierungskreisen Oesterreichs scheint man über die Zauderpolitik des Sultans sehr verstimmt zu sein. Man hat angeblich sogar den österreichischen Botschafter in Konstantinopel, Baron Calice, angewiesen, im kaiserlichen Palais darauf aufmerksam zu machen, daß eine derartige Haltung die Interessen der Türkei schwer gefährden müsse, indem England, wenn seine Truppen vollzählig in Egypten eingetroffen sein würden, kaum zögern dürfte, zur Action zu schreiten; habe dieselbe aber einmal begonnen, so werde ein Anschluß an die Pforte viel schwieriger sein. Die Hoff nung, daß die Mahnungen wirken, ist sehr schwach. Die italienische Regierung hat eine Compagnie Ber- saglieri nach Caprera beordert, da es heißt, daß die Anhänger Garibaldi's sich mit dem Plane beschäftigten, den Leichnam Garibaldi's auszugraben und seinem letzten Willen gemäß zu verbrennen. Man veranstaltet also eine militärische Ex pedition gegen das Testament des verblichenen National helden der Jtalieuer, jedenfalls ein sonderbarer Einfall, der nicht dazu beitragen wird, die Popularität des Ministe riums Depretis in Italien zu erhöhen. Nach langer Session wurde am Freitag das englische Parlament geschlossen. Die Sitzungen dieser Woche waren vornehmlich den egyptischen Angelegenheiten und den hier mit zusammenhängenden Fragen gewidmet. Im Unterhause hatten die Verhandlungen über die Finanzbill, welche sich infolge der englischen Expedition nach Egypten nöthig machte, das für die Regierung günstige Resultat, daß die Bill am Mittwoch in dritter Lesung mit 57 gegen 4 Stimmen an genommen wurde. Im Oberhause kündigte die Regierung durch ihre Vertreter an, daß sie beabsichtige, Cetewayo wieder als König des Zululandes einzusetzen. Die sommerliche Stille wird in Frankreich von Gam- bettisten und Bonapartisten für deren specielle Parteizwecke ausgenutzt. Gambetta verkündet jetzt den Franzosen mit Siegesgcwißheit, daß mit dieser Kammer, wie er schon vor acht Monaten gesagt habe, kein Ministerium regieren könne, daß die Wahlen zur Deputirtenkammer wie deren Rechte reformirt werden müßten und daß vor allen Dingen das Listenscrutinium nothwendig sei. Merkwürdiger Weise zeigt sich das neue Cabinet Duclerc diesen Anforderungen Gambetta'S gegenüber durchaus entgegenkommend, ja in vielen Fragen kann man bereits eine Uebereinstimmung zwischen dem Ministerium Duclerc und den Gambettisten erkennen, so daß Gambetta thatsächlich sich wie ein Keil zwischen die gemäßigten und unversöhnlichen Republikaner geschoben hat und leicht diese günstige Situation derartig ausnützen dürfte, daß er mit seinem Anhänge nochmals zur Regierung gelangt. — Die Bonapartisten wiederum haben den Sohn des Prinzen Jerome — des sogenannten „rothen Prinzen" — den 20jährigen Victor Napoleon zum Thron- präteudenten der bonapartistischeu Partei und somit zum künftigen Kaiser der Franzosen auSgerufcn. Schon der Umstand, daß ein solcher Act durchgeführt werden konnte, ohne irgend welche Sensation zu erregen, ohne irgend einem Hindernisse zu begegnen, zeigt hinlänglich, daß der Bona- partismus in Frankreich jeden Einfluß verloren hat. Die Sache besitzt wirklich nur Bedeutung für die Nachkommen der kaiserlichen Familie und für den engen Kreis der bona- partistischen Partei. Indem man den Prinzen Victor zum Kronprätendenten proclamirt, hofft man die Spaltungen