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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage Malen: in Altstadtwald»nburg bei Herrn nach Tonn, und Festtagen. """ Kaufmann Beruh. Schuppe; in Penig Lei Annahme von Inseraten für die nächster- * Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. I H»L in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; EvulVkMAkllei ^Mklukl. L Inserate pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pf. VF v in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. Expedition: Waldenburg, Kirckgaffe 255. - — ----- Amtsblatt für dm Stadtrath M Waldeudarg. Zugleich weit verbreitet in dm Städten Penig, Lunzenau, Lichtensteiu-Calluberg und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egldien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen» leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 290. Donnerstag, den 15. December 1887. Witterungsausfichten für de« 15. December: Ziemlich trübes Wetter, Niederschläge, wärmere Temperatur. Barometerstand am 14. December, nachmittags 3 Uhr: 756 mw. Gefallen. "Waldenburg, 14. December 1887. Daß die allgemeine Lage noch immer seitens der Berliner leitenden Kreise für sehr ernst gehalten wird, wurde gestern von uns schon behauptet; ein neuer Be weis dafür liegt in der Thatsache, daß jetzt die „Nord deutsche" einen sehr pessimistisch gehaltenen Artikel des „Standard" über die politische Lage ohne Commentar abdruckt. Der Artikel drückt die Enttäuschung darüber aus, daß der Czar beim Georgsfeste nicht, wie doch erwartet worden, einige friedliche Worte gesprochen habe. Das Aufhören der Hetzereien in der russischen Presse sei kaum im Stande, Beruhigung hervorzurufen, da es in Rußland Sitte sei, Presse und Diplomatie schweigen zu lassen, sobald das Zusammenziehm oder Mobilisiren der Truppen beginnt. Staatssekretär Ferrgousson's Erklärung, er wisse nichts, was den Frieden stören könne, decke sich mit allen ähnlichen Er klärungen englischer Unterstaatssekretäre am Vorabend eines jeden großen Krieges. Die Sorglosigkeit Oester reich-Ungarns sei bedenklich und nur ein weiterer Be weis des fast unglaublichen Leichtsinns, mit dem die Bewohner des Donaureiches stets die ernstesten Dinge betrachteten. Falls Oesterreich nicht bald die nöthigen Maßregeln ergreife, sondern dieselben auf die lange , Bank schiebe mit der Begründung, daß bis zum Früh jahr noch 3 oder 4 Monate sind, so könnte es leicht die Ueberzeugung gewinnen, daß es wieder zu spät ist; denn es lasse sich nicht annehmen, daß Rußland dm Rückzug antrete einfach auf die papiernen Proteste des Wiener „Fremdenblatt" hin. Der Dreibund ziele zu erst und vor Allem auf die Bewahrung des Friedens hin, aber dies sei nur dann möglich, wenn alle Ver bündeten Alles thun, was in ihrer Macht stehe, um den Bund möglichst stark zu machen. Einen deutlicheren Wink kann Oesterreich nicht er halten; möge es ihn beherzigen. In Frankreich ist die Ministerkrisis nun auch zu Ende gekommen. Nahezu zwei Wochen hat Präsident Carnot zu thun gehabt, bis es ihm gelungen ist, sein erstes Ministerium zu bilden. Diese Ministerjagd war ein widriges und l entwürdigendes Schauspiel. Das Staatsoberhaupt jagt - hinter Allen her, die ihm nur geeignet erscheinen, ein neues Cabinet zu bilden; er bittet und bettelt, und - wenn endlich ein Ministerium bis zur Constituirung! fertig, dann schreit die gegnerische Presse los, die neue > Regierung werde gleich bei ihrem ersten Auftreten in i der Kammer gebührend empfangen, nämlich durch ein , Mißtrauensvotum zum Rücktritt gezwungen werden. Der Premierminister in sxo verliert bei dieser An kündigung den Muth, und Präsident Carnot beginnt seine Suche von Neuem. Namentlich die Radikalen haben etwas an Angriffen gegen die gemäßigten Mi nistercandidaten geleistet, ihre Beschimpfungen und Aus fälle sind von maßloser Heftigkeit gewesen, und die Folgen davon zeigen sich deutlich in Auburtin's Revol ver-Attentat gegen Jules Ferry. Die Radikalen sind in der Kammer nicht so stark, als die Republikaner gemäßigter Richtung, aber mit den alle Zeit zum Ministerstürzen bereiten Monarchisten haben sie die Mehrheit, und dann verstehen sie am lautesten und rücksichtslosesten zu schreien. Und so war es von je in Paris, daß das größte Ansehen der genoß, welcher den größten Mund hatte. Die Zustände in der Pariser Deputirtenkammer sind bei der gegenwärtigen bodenlosen Uueinigkeit der re publikanischen Parteien absolut unhaltbar, und wenn das Ferry-Attentat auch tiefen Eindruck gemacht hat, so lst doch sehr schwer nur an einen Ausgleich zu § denken. Der Haß der Radikalen gegen die Gemäßigten ist zu groß, als daß er in Güte beigelegt werden i könnte. Jede der beiden Parteien will das Staats ruder Frankreichs in der Hand halten und von den fetten Fleischtöpfen der Ministerien Besitz nehmen. Unter solchen Umständen und bei der andauernden Feindseligkeit der monarchistischen Abgeordneten, die den Ausschlag in der Deputirtenkammer geben, kann sich kein einziges Ministerium, mag es gestaltet sein, wie es will, für längere Zeit am Ruder halten. Der Präsident mag es mit einem zweiten und dritten Mi nisterium versuchen, immer wird das Resultat dasselbe sein, denn Frankreich besitzt zur Stunde keinen Staats mann, der im Stande wäre, die widerstrebenden Ele mente mit gewaltiger Faust zusammenzuschweißen. Am Ende bleibt nur Eins übrig, Kammerauflösung und Appell an das Land, damit dieses eine feste republika nische Mehrheit in das Parlament sendet, aus welcher i dann das Cabinet zu nehmen ist Das Mittel ist nicht ganz gefahrlos, weil es auch den Monarchisten j neue Vortheile bringen kann, aber es giebt kein ande- s res. Die jetzigen Zustände discreditiren die Republik im Lande in allerstärkster Weise, und da kann nur ' noch eine Radikalkur helfen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ließ sich am Dienstag Vormittag vom Grafen Perponcher Vortrag halten und empfing darauf mehrere höhere Offiziere. Mittags arbeitete der Kaiser mit den Generalen von Albedyll und von Caprivi und unternahm vor dem Diner eine Spazierfahrt. Zu den Beziehungen zwischen Rußland und Oesterreich meldet die „Wiener N. Fr. Pr.": Eine autorisirte Persönlichkeit aus der russischen Diplomatie erklärte, alle Berichte bezüglich einer Neigung des Czaren zum Kriege seien unrichtig. Seit dem Besuche Alexander's III. sei ein freundlicheres Verhältniß zu Deutschland hergestellt, auch bezüglich Oesterreichs sei absolut kein Grund zu der Annahme, daß der Czar irgend welche aggressive Politik selbst beabsichtige oder auch eine solche unterstütze. Bezeichnend ist auch das fol gende Telegramm der „Köln. Ztg." aus Petersburg: Sehr bemerkenswerth ist ein eben veröffentlichter Ukas über die Frage, an welchen Tagen am Flaggenstock der Festungen die kaiserliche Flagge aufgehißt werden soll. Außer hohen Feiertagen und zwei Siegen Pe ters des Großen über die Schweden sind nur genannt: Der Einzug von Paris, die Schlachten von Kulm und Leipzig; Siege über andere Völker sind nicht erwähnt. Die russische Presse äußert sich natürlich über den Entschluß des österreichischen Kriegsrathes, keine Ver stärkungen nach Galizim zu schicken, sehr befriedigt und gestaltet sofort ihren Ton Oesterreich gegenüber freundlicher. Der „W. Pol. Corr." wird über die 'Haltung Deutschlands zu den russischen Truppenconcen tri run gen in Galizien geschrieben: „Deutschland sieht in jenen Truppenconcentrationen Vorgänge, welche das Wohl des eigenen Landes, wenn auch nicht so direct, wie dasjenige Oesterreichs, so doch immerhin in be denklicher Weise bedrohen und verfolgt dieselben deshalb mit einer Aufmerksamkeit und Besorgniß, für die man bei der bestehenden Solidarität zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn größere Beachtung in Wien und Pest zu finden gewünscht hätte, als dies seither der Fall gewesen ist. Die Andeutungen gewisser, meist fremdländischer Journale, welche diese Besorgniß als eine erkünstelte darzustellen bemüht sind, indem sie vor geben, daß mit derselben nur bezweckt werde, die neuen militärischen Vorlagen durch den Reichstag zu bringen, werden in Berlin mit gebührender Nichtachtung aus genommen und als einer Widerlegung unwürdig er achtet. Der deutsche Kronprinz unternimmt, wie aus San Remo gemeldet wird, keine Ausfahrten zu Wagen mehr. Er geht entweder spazieren oder fährt mit der ihm zur Verfügung gestellten Dampfyacht in die See. Ör. Mackenzie wird nicht wieder nach 'San Remo zurückkehren. Die für ihn stets reservirten Zimmer sind bereits anderweitig vergeben worden. Das Befinden des Kronprinzen wird täglich besser. Die Berathung der Militärvorlage im Reichs tage wird nicht sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, vielleicht wird sogar von einer Commissionsberathung Abstand genommen werden, daß ist daö nicht ganz sicher, zumal über einige Punkte noch Aufklärung ge wünscht werden dürfte. Directen Widerspruch gegen die Vorlage werden höchstens die unverbesserlichen So cialdemokraten erheben, während sonst nur die Abände rung einzelner Bestimmungen beantragt werden wird. Manche Vorschriften dürfen auch erweitert oder ge mildert werden, doch ist an eine Umstoßung der Haupt prinzipien nicht zu denken. Deren Annahme ist un bedingt sicher. Aus dem Umstande, daß sich der Reichs tag vier Wochen lange Weihnachtsferien gönnt, wird gefolgert, daß man die gesetzgeberischen Arbeiten, mit Ausnahme der Alters- und Jnvaliden-Versorgung, schnell zu bewältigen hofft. Auch die Etatsberathung dürfte verhältnißmäßig nur geringe Zeit in Anspruch nehmen, da die von der Budgetcommission vorgenommenen Ab striche von keinem Belang sein werden. In Sachen der Fälschungen von Acten des Reichskanzlers ist, wie der „Times" aus Petersburg gemeldet wird, kein Zweifel darüber mehr möglich, daß „gefälschte Briefe" wirklich existiren. Dieselben seien nach den Eröffnungen Fürst Bismarcks in Peters burg geprüft worden, wobei man zu der Schlußfol gerung gelangte, daß sie Fälschungen seien. Diese Briefe gelangten an den Czaren aus einer „guten Quelle", während derselbe in Kopenhagen weilte. Die Documente seien derartig abgefaßt, daß man sie für Uebersetzungen von deutschen Originalen halten sollte, aber es deute Alles darauf hin, daß sie zuerst in fran zösischer Sprache entworfen wurden, und der Verdacht der Urheberschaft treffe Personen, die in Beziehungen zum Fürsten Ferdinand stehen oder gestanden haben. Der „Russ. Invalide", das Petersburger Militär organ, bringt einen Artikel zu den Truppen Ver legungen in Polen. Es wird nur eine Kavallerie division von Moskau nach dem Lubliner District ge zogen, weil in Moskau das Pferdefutter zu knapp und zu theuer sei. Einen anderen Grund habe die Maßnahme nicht. Die Reichsregierung hat bekanntlich vor Kurzem das einer Londoner Privatgesellschaft gehörende Tele graphenkabel zwischen Deutschland und England für etwas über 6 Millionen Mark erworben. Der Kaufvertrag wird dem Reichstage zur Genehmigung zugehen. Die Depeschengebühren zwischen Deutschland und England sollen erheblich ermäßigt werden. Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt folgende interessante Nachricht: Der italienische Ministerpräsident Herr