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Dresdner Journal : 03.07.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189607034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960703
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960703
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-03
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 03.07.1896
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vez»,«preis: Für Dreien vierieljährlich 2 Mart KO Ps, bc» den «aiser- lich deutschen Poftanstalten virrtrljährlich s Mart , außer- halb de« Deutschen Reiche« Lost- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Ps Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr -Anschluß: Nr 12-5. Dresdner Journal. AnkündigungSgrbühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner «christ 20 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile ko Ps. Bei Tabellen- und Zissernsay entsprechender Ausschlag Herausgeber: königliche Expedition de« Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr 20. Fcrnspr Anschluß: Nr 12-5. AS 152. 1896 Freitag, den 3. Juli, abends. Diejenigen AezieVer unseres Mattes, welche dasselbe von hier aus nach einem andern Aufenthaltsort nachgesendet zu haben wünschen, bitten wir, mit der bezüglichen Bestellung gleich zeitig die an die Post zu entrichtende Über weisungsgebühr einsenden zu wollen. Die selbe beträgt im ersten Monat eines Viertel jahres 60 Pfg., im zweiten Monat 40 Pfg. und im dritteil Monat 20 Pf. Auf ausdrücklichen Wunsch besorgen wir die- Nachsendung unter Kreuzband. Die Ge bühren hierfür richten sich nach dem Gewicht der einzelnen Sendungen. Lömgl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. WekannLrnachung, Besihregulirung bezüglich der zur Bahnstrecke Zittau-Nikrisch gehörigen, auf Königlich Säch sischem Staatsgebiete gelegenen Eisenbahngrund- stücke betr., vom 26. Juni 1896 Nachdem die Strecke Zittau-Nikrisch der früheren Berlin-Görlitzer Eisenbahn vermöge des unter dem 31. März 1896 bekannt gemachten StaatsvertrageS zwischen Sachsen und Preußen, betreffend den Ueber gang der zum früheren Berlin-Görlitzer Eisenbahn unternehmen gehörigen Strecke Zittau-Nikrisch in das Eigenthum des Sächsischen Staates, vom Königlich Sächsischen StaatsfiskuS käuflich erworben worden ist, wird der Generaldirektion der Staatseisenbahnen hier durch die Ermächtigung ertheilt, im Namen des König lich Sächsischen Staatsfiskus wegen der Regulirung des über die bezeichnete Eisenbahnstrecke abgeschlossenen Kaufgeschäftes in den Grund- und Hypothekenbüchern bei den zuständigen Behörden die nöthigen Anträge zu stellen und das in dieser Beziehung sonst Erforder liche zu besorgen. Dresden, am 26. Juni 1896. Finanzministerium. von Watzdorf. Srnenvunge«, verfetztmzeu rc. im öffentliche« Dienste. Departement PeS Kultus und öffeutltchen Unterricht«. Erledigt: die 3 ständige Lehrerstelle in Borna bei Chemnitz Kollatvr: da- König! Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts Die Stelle gewährt, einschließlich des WohnungS- geldes, 1300 M. jährlich. Diese- Einkommen steigt nach der «ehaNsstassel durch acht Zulagen bi» zum Hvchstbetrage von 2300 M, einschließlich LogiSgeld Gesuche mit allen Unter lagen sind bis zum 25 Juli an den König! Bezirksschulinspektor Schulrat Saupe in Chemnitz einzureichen. Im «eschilftSkeretche des evangelisch-lutherischen LanpeSeansiftartum« sind oder werden demnächst solgende Stellen erledigt: da- Pfarramt zu Gundors (Leipzig II) — Klaffe IX — Collator: daS evangelisch lutherische Landes- consistorium Dagegen wurden angestellt, bez. befördert: Hermann Gustav Högner, Predigiamtscandidat, als Hilssgeistlicher in GerSdors (Glauchau); Karl Otto Johannes Dinter, Pfarrer in Wilkau, al- Pfarrer in Bieberstein (Meißen!; vr pdil. Friedrich Jvhannes Jeremias, II SubdiaconuS, Ernst Theodor Leuschel, 111 Subdiaconu-, Franz Otto Schneider, Predigt amtScandidat, a!S I, beziehentlich II. und UI. Subdiaconus sür den Gesammtbezirk Alt-Leipzig; Heinrich O-car Gerhard Hilbert, PredigtamtScandidat, alsHoSpitalpredigerzu Anna ¬ berg (Ephoralort); Hermann Camillo Grase, Division-Prediger in Dresden, als Psarrer in Arn-selb (Annaberg) nichtamtlicher Teil. DaS Arbeitspensum des Reichstag«. Die Reihe der vom Reichstage seit dem Beginn der nunmehr bis zum 10. November vertagten Session erledigten Vorlagen ist eine beträchtliche. Voran steht das Bürgerliche Gesetzbuch, dessen Vorbereit ung nicht weniger als zwanzig Jahre und mehr er fordert hat. Sodann folgt eine Anzahl von Gesetzen, welche man unter die Rubrik der „Mittelstandspolitik" einzureihen sich gewöhnt hat Es sind das einmal die beiden Gesetze, welche zur Hebung der Lage der Landwirtschaft bestimmt sind, das Zuckersteuer- und das sogenannte Margarinegesetz — dessen Zustande kommen allerdings nach den gestrigen Erklärungen der Regierungsvertreter im Reichstage mehr als zweifelhaft erscheinen muß — sowie außerdem die Gewerbeordnungsnovelle und das Gesetz über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes. Zu dieser Reihe könnte man auch die Novelle zum Erwerbs- und Wirtschaftsgen ossenschafts- gesetz sowie das Börsen- und das Depotgesetz rechnen. Zwei Gesetze regeln die Verhältnisse der Kaiser!. Schutztruppen in Deutsch-Ost- und Südwestafrika, eines hat die Andersgestalt ung der vierten Bataillone in Aussicht ge nommen. Auf dem Gebiete der Handelspolitik ist es zu einem Gesetze, dem Handelsverträge mit Japan gekommen, und finanzpolitischen Charakters ist abgesehen vom Etat ein wenn auch kurzes, so doch bedeutungsvolles Gesetz, das über die Verwendung überschüssiger Reichseinnahmen zurSchulden- tilgung. Daneben gehen kleinere Gesetze, wie das über die Zusatz» rklärung zum internationalen Über einkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr und über den Abgabentarif für den Kaiser Wilhelm- KanEl her. Man wird danach zugeben müssen, daß die nunmehr vertagte Session des Reichstags eine sehr fruchtbare gewesen ist. Zudem darf man nicht ver gessen, daß die Novelle zum Gerichtsverfassung- gesetz und zur Strafprozeßordnung soweit vor bereitet ist, daß sie im November wird zur zweiten Lesung im Plenum gebracht werden können. Neben diesen in Gesetzen zum Ausdruck gebrachten Arbeiten sind eine ganze Reihe von hochwichtigen Debatten über die verschiedensten politischen Fragen hergegangen, welche zur Klärung der Situation beizutragen be stimmt waren. Wir erinnern nur an die Erörter ungen über die Befestigung der Getreidepreise, die Währung, den Arbeiterschutz, den Zweikampf, die Aufhebung der Transitläger, die Baulieferungen, die Bäckereiverordnung. Nimmt man schließlich die Ent würfe hinzu, welche der Initiative des Reichstages ihre Entstehung verdanken, so wird man dem letzteren die Anerkennung nicht versagen können, daß er einen Arbeitsstoff bewältigt hat, wie nur noch in wenigen anderen Tagungen. Italiens auswärtige Politik ist in den letzten drei Tagen in der italienischen Deputiertenkammer eingehend zur Sprache gelangt. Hierbei haben am 30. Juni sowohl der italienische Minister des Auswärtigen, als auch der Minister Präsident di Rudini Erklärungen abgegeben, welche nicht nur den Beifall des überwiegenden Teiles der italienischen Volksvertreter, sondern auch den der übrigen am Dreibunde beteiligten Machte gefunden haben. Gleichwie sein Vorgänger hält das jetzige italienische Ministerium treu an dem Dreibunde fest, weil der ¬ selbe eine unumgängliche Notwendigkeit für Italien ist und wirksam die größten Interessen Italiens garantiert. Die Erklärung»» der italienischen Minister am 30. Juni haben nicht nur in Österreich Ungarn und Deutschland, sondern auch in den übrigen europäischen Staaten beifällige Aufnahme gefunden. In England war cs die starke Betonung der italienisch-britischen Interessengemeinschaft im mittelländischen Meere, in Frankreich und Rußland die Hervorhebung der freund lichen Beziehungen zu diesen Staaten, welche die öffent liche Meinung befriedigte. Um so größeres Befremden hatte es plötzlich erregt, daß, wie „Wolffs Telegraphen-Bnreau" offiziell meldete, der italienische Ministerpräsident di Rudini am 1. Jnli auf eine Anzapfung des radikalen Depu tierten Fortis, welcher behauptet hatte, die Verbündeten Italiens kümmerten sich um viele Sachen nicht, welche für Italien sehr wichtig seien, in der Deputierten kammer erklärt haben sollte: „Im Interesse Italiens und der.verbündeten Staaten beabsichtigt die Regierung, die Dreibundabmachungen zn verbessern. Die Möglichkeit, die Abmachungen zu verbessern, wurde ausdrücklich stipuliert." Dieses Befremden ist dadurch gerechtfertigt, daß, wie bekannt, Zweck und Ziel des Dreibundes sich auf gegenseitige Hilfe zur Abwehr feindlicher Angriffe im großen und ganzen beschränkt und im Monat Mai d. IS. d.r Drei bundvertrag stillschweigend auf dieser Grund lage bis zum Jahre 1903 verlängert worden ist, ohne daß irgend welche neue Abmachungen getroffen worden wären. Offiziös hat sich die „Norddeutsche Allge meine Zeitung" bereits gestern gegen den aus dem gemeldeten Wortlaut zu folgernden Sinn der frag- iichen Erklärung des italienischen Ministerpräsidenten gewendet, indem sie erklärt hat. „Wir müssen an nehmen, daß hier eine fehlerhafte Über mittelung der Worte des italienischen Staats mannes vorliegt; denn von einer Absicht, den neuerdings verlängerten Dreibundvertrag zu verändern, ist diesseits nichts bekannt." Das gleiche Befremden haben die Äußerungen di RudiniS in Wien crregt. Auch hier glaubte man an ein Mißverständnis der Berichterstattung Nach verhältnismäßig langem Zögern hat heute endlich die offiziöse italienische „Agenzia Stefani" zur Erklärung der fraglichen Äußerungen folgende Note veröffentlicht: „In der Sitzung der Deputiertenkammer am Mittwoch gab di Rudini in Erwiderung auf die Ausführungen des Abg. Fortis, der gesagt hatte, man müsse die Bestimmungen des Dreibundvertrages ver bessern, die Versicherung, es stehe ihm nichts entgegen, dies im Einverständnis mit den Vertragsmächten zu thun, wenn man die Op portunität zu einer Verbesserung erkennen sollte. Di Rudini versicherte aber auch, daß der Dreibund setzt voll und ganz die Interessen Italiens garantiere. Jede Auslegung, die darauf hinausgehe, glauben zn machen, man wolle in dem Vertrage Äbänderungen vornehmen, sei durch aus unbegründet" Der unbefangene Beurteiler dieser Note wird zu geben müssen, daß diese Note, wenn sie auch die dem Ministerpräsidenten di Rudini in den Munv gelegten Aeußerungen formell dementiert, sich mit deren In halt in« allgtmeincn im großen und ganzen deckt. Es ist zweifellos, daß die jetzige italienische Regierung das Festhalten am Dreibunde für ein unerläßliches Erfordernis der italienischen Politik ansieht, ebenso zweifellos geht aber aus der Note der „Agenzia Stefani" hervor, daß Ministerpräsident di Rudini einer Strömung in der Deputiertenkammer Rechnung trägt, welche eine aktive Förderung der speziellen Interessen Italiens, insbesondere der Mittelmeer politik, durch Deutschland und Österreich-Ungarn an strebt. Daß diese Bestrebungen mit den rein defen siven Zwecken und Zielen des Dreibundvertrages nicht vereinbar sind, dürfte di Rudini ebenso gut bekannt sein, wie seinen Amtsvorgängern. Wenn er ihnen durch die anfangs gemeldeten und nunmehr durch die Note der „Agenzia Stefani" abgemilderten Erklär ungen dennoch in gewisser Weise Rechnung getragen hat, so dürfte dies zunächst darin seine Erklärung finden, daß di Rudini seine noch heute nicht zweifel los feste Stellung im Parlament festigen wollte. Dieser E» folg ist denn auch nicht ausgeblieben. Denn Cava- lotti hat mit dem größten Teile der radikalen Linken für die Regierung gestimmt und dieser hierdurch einen ansehnlichen parlamentarischen Erfolg verschafft. Anderseits ist aber die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, daß Einflüsse, die außerhalb Italiens liegen, auf die von di Rudini geäußerten Ansichten eingewirkt haben. Einen Anhaltspunkt hierfür giebt die Aufnahme, welche die FreundschaftSbeteuerungen di Rubinis für England in der Londoner Presse ge funden haben. So erklärt insbesondere der „Standard", daß England mit der italienischen Mittelmeerpolitik vollständig übereinstimme und er versichert Italien, daß es im Kriegsfälle die englische Flotte an seiner Seite haben werde. Das Blatt fügt hinzu, daß es für England unmöglich sei, mit einem Gliede des Dreibundes in guten Beziehungen zu stehen, ohne gleichzeitig ein freundschaftliches Verhältnis mit den anderen beiden Mitgliedern des Dreibundes zu unter halten Dies sei um so eher möglich, als infolge des hohen staatsmännischen Sinnes und des charakteristischen Großmutes des Deutschen Kaisers das gute Einvernehmen zwischen Deutschland und England wieder hergestellt sei. Diese Äußerungen des der englischen Regierung be kanntlich nahestehenden Blattes können sehr wohl als ein verhülltes Anerbieten Englands zum Eintritt in den Dreibund, für den Fall, daß Deutschland und Österreich-Ungarn sich erbieten sollten, Englands und Italiens gemeinschaftliche Interessen im Mittclmeere aktiv zu unterstützen, aufgesaßt werden. Daß ein solches Anerbieten nicht uneigennützig ist, wird man sich in Deutschland und Österreich-Ungarn nicht ver hehlen können, schon im Hinblick darauf, daß bekannt lich England gerade jetzt in Kreta und Kleinasien ein äußerst zweideutiges Spiel treibt. Gleichviel ob diese Vermutung sich bestätigt oder nicht, wird eS in Deutschland und Österreich-Ungarn allgemeine Befriedigung erregen, daß Ministerpräsi dent di Rudini durch die Richtigstellung seiner Äußerungen in der italienischen Kammer jeden Zweifel darüber aus der Welt geschafft hat, daß Italien gesonnen ist, auch auf den bisherigen ver tragsmäßigen Grundlagen treu am Dreibunde fest zuhalten. Cagesgeschichte. Dresden, 3. Juli. Se. Majestät der König trafen heute vormittag von Pillnitz im König!. Resi denzschlosse ein, nahmen die Vorträge der Herren Staatsminister sowie militärische Meldungen entgegen, empfingen eine große Anzahl Herren vom Zivil in Audienz und kehrten nachmittags nach Pillnitz zurück. Ihre Majestät die Königin sind gestern nachmit tag in Brennerbad eingetroffen. Dresdeu, 2. Juli. Der König!. Bayerische Ge sandte, Frhr. v. Niethammer, hat nach Ablauf seines Urlaubes die Leitung der hiesigen König!. Bayerischen Gesandtschaft wieder übernommen. Kunst und Wissenschaft. Einweihung des Goethe-Schiller-Archivs und Versammlung der Gocthegesellschaft in Weimar. (Schluß) Zwischen der Einweihung des Archiv- am 28. und der Generalversammlung der Goethegesellschaft am 30. Juni lag ein Ruhetag, der wohl der Mehrzahl der anwesenden auswärtigen Gäste in geschäftigem Genuß der Weimarischen Sehenswürdigkeiten und Sammlungen, in Wanderungen und Fahrten nach den Lustschlössern und Parks von Ettersburg, Belvedere und Tiefurt verging „Die Lustigen von Weimar", die ja immer noch lebendig sind, hatten mit dem geselligen Taktgefühl, da» ihnen meist innewohnt, soweit sie nicht al» liebenswürdige Führer dienten, ihre Liebling-plätze für diesen Tag den Fremden geräumt Zu gewißen Tagesstunden waren gewiße Straßen der stillen Residenz ungewöhnlich belebt Überall Menschen, die das neue Archiv, Goethe» und Schillers Wohnhäuser, Schloß und Museum, die Dichterdenkmäler und die Fürstengruft sich wieder einmal oder auch zum ersten Riale anschauten Wenn man die Listen der zum Fest An wesenden durchging oder, noch besser, so vielen bekannten und neuen Gesichtern begegnete, ließ sich wohl erkennen und empfinden, wo das gegenwärtige Leben im Vergangenen wurzelt, eine liebenswürdige junge Kölnerin, die Enkel nichte Goethe» au« dem Blute von Cornelia Goethe und Schlößer, wurde für viele da» Symbol diese» Zusammen hang», und gar mancher empfand ein stille» Behagen, daß die Augen der Frau Rat nicht bloß aus den Bildern über da« Leben dieser Festtage hinblitzten Am 2S fand auch die Vorstandsfitzung der Goethegesellschaft, wie ge wohnt , im WittumSpalai» Anna Amalia» statt und faßte die letzten Beschlüße, die am anderen Morgen der Generalversammlung verkündigt wurden Der Vorabend sollte, wie in anderen Jahren, die anwesenden Mitglieder der Goethegesellschaft in einem Garten vereinigen, da aber der Gewitterregen den Aufenthalt im Freien unmöglich machte, ein größerer Saal nicht vorhanden war, so erfolgten, zeitgemäß, lauter Sezessionen, von denen sich die einzelnen in den Räumen des „KünstlerheimS", des „Russischen Hofs" und „Erb prinzen" recht gut unterhalten haben mögen, die aber dem Prinzip eines gemeinsamen Gesellschaftsabends nicht ent sprachen Man wird doch gut thun, auf ein Lokal zurück- zukommen, bei dem Garten und Saal gleichmäßig vor handen sind. Die Generalversammlung der Goethegesellschaft fand im Saale der „Erholung" statt und wurde am 30. Juni vormittags '-HI! Uhr durch den stellvertretenden Vor sitzenden geh. Hofrat Ur. Ruland (der Präsident der Gesellschaft, Exzellenz vr v Simson, kann hohen Alters und Krankheit« wegen Berlin seit Jahren nicht mehr verlaßen) mit kurzer Ansprache eröffnet Wie in früheren Jahren, waren auch diesmal Ihre König!. Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin und überhaupt alle Glieder de« fürstlichen Hause- in der Generalversammlung gegenwärtig. Der durch vr. Ruland erstattete Jahres bericht stellte u. a. als nächste Veröffentlichung der Goethe- qesellschaft eine Anzahl von Kompositionen Goetheschcr Dichtungen durch zeitgenössische Tonsetzer in Aussicht; die Redaktion dieser hat vr. Max Friedländer in Berlin übernommen. ES folgte danach der Festvortrag des Hrn. Prof. K. Burdach auS Halle, der „Über Goethe« West- östlichen Divan" sprach Prof. Konrad Burdach hat bereits 1888, im sechsten Band der Weimarischen Ausgabe von Goethes Werken, den „Divan" mit Benutzung aller im Goethearchiv erhaltenen wie aller sonst zerstreuten Handschriften mustergültig herausgegeben; er stützte sich bei seinem Vortrag auf die intimste Kenntnis aller Einzelheiten der Entstehung dieses eigentümlichen lyrischen Werkes Mit dem besten Erfolg und sicherer Klarheit wicü der Vortragende die erhöhte lyrische Stimmung in der Seele Goethes in den Jahren 1814 und 1815, die Einwirkungen der leiden schaftlichen Neigung zu Marianne v Willemer nach, charakterisierte gegen den Schluß hin die allgemeine Be deutung des Wnkes in der Entwicklung des Dichters, wie in der Entwicklung der Litteratur. Besonders fein und fesselnd waren die Nachweise, die Burdach über das Verhältnis der orientalischen Fiktion zur individuellen Empfindung, zur unmittelbaren Lyrik gab. Er ließ die Gedichte des „Westöstlichen Divan" beispielsweise aus der Reise Goethes von Weimar nach den heimatlichen Main- und Rheingegenden (1814) vor den Hörern entstehen, gab ihre erste ganz erlebte und frische Fassung und zeigte, wie mit ein paar Versen, einigen Zusätzen und Wendungen ihnen der Turban nachträglich aufgesetzt wurde Wenn etwas an dem Vortrag zu tadeln war, so war eö der Mangel an Schlichtheit, die pretiöse Gewöhnung auch der einfachen Mitteilung von Thatsachen, der kritischen Er örterung einen lyrisch-deklamatorischen Schwung zu geben Auch durch größere Knappheit würde die Darlegung ge wonnen haben Wie dem immer sei, die Versammlung fühlte sich gefeßelt und belohnte den Vortragenden mit lautem Beifall. — An den Vortrag schloß sich nach kurzer Pause die Ablegung der Jahresrechnung durch den Schatz meister der Goethe-Gesellschaft, Kommerzienrat Vr. Moritz, der von geh Hofrat vr. B Suphan erstattete Bericht über Goethe-Bibliothek und -Archiv und der Bericht über da- Goethe-Nationalmuseum, den geh Hofrat vr. Ruland gab AuS allen diesen Rechenschaftsberichten ging klar hervor, daß die äußeren Verhältnisse der Goethegesellschaft selbst und der mit ihr verbundenen Institute die günstigsten und gedeihlichsten sind Da« übliche Festmahl im Saale der „Erholung" am Nachmittage de« 30 war, wie gleichfalls üblich, durch eine Reihe guter und geistvoller Trmksprüche ausgezeichnet Unter diesen erregte besondere Teilnahme und fand die allseitigste Zustimmung die kurze Rede von vr. Karl Frenzel aus Berlin, der eS als die große künftige Auf gabe der Goethegesellschaft, als die den Bürgern obliegende Mission bezeichnete, das im Schoß einer engeren Gemeinde, einer gleichsam privilegierten Bildung gehegte heilige Feuer in die Maßen hinauszutragen und dort wirken zu laßen und die Erweiterung der Goethegesellschaft zu einer großen Gesellschaft für die deutsche Dichtung als wünschenswertes Ziel vor Augen sah. Der Abend brachte im Großherzogl. Hoftheater eine der litterarhistorischen Festvorstellungen, die gleichfalls nur in Weimar und bei solchen Anläßen möglich sind Im ideellen Zusammenhang mit dem Festvortrag des Morgens wurde das allegorisch-lyrische Spiel, daS mit dem „West östlichen Divan" zu gleicher Zeit entstanden ist und zur Feier der Befreiung, am 30. März 1815 auf dem Hof theater zu Berlin, am 30 Januar 1816 aus dem Wei marischen Hostheater aufgeführt worden ist, seitdem aber da» Licht der Lampen nicht wieder erblickt hatte, neu vor geführt Daß an diesem Lustspiel „Des Epimenide» Erwachen" kein Gewinn für das Theater der Gegenwart zu machen ist, braucht gar nicht erst erörtert zu werden Aber als hochinteressantes Zeugnis der geistigen Befreiung und Erneuung Goethes in den ersten Jahren des Welt frieden«, der eigentümlichen geistigen Spannkraft, die der große Dichter au« der Berührung mit seiner Jugend, au» der Niederschrift seiner unsterblichen Selbstbiographie ge wonnen hatte, al« Zeugnis zu dem der weltüber- schauenden Macht seine» Geiste« und de« gewaltigen Wahrheitssinnes, dem eS nicht» kostete, auch einen Irrtum einzugestehen, ist die Allegorie „De» Epi» menide« Erwachen" von Bedeutung und ihre sceniscke Auferstehung war höchst interessant. Im Druck hat Goethe da» wunderliche Spiel, da« seinem nächsten Zweck ss
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