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Wemmer Anzeiger und 10. Jahrgang Nummer 60. Donnerstag, den 27. Mai 1897 als mal ins, ska- che» ich», geg. de». Rh. Keine Nachricht — kein Brief — keine Zeile — nicht einmal ein Gruß! Marie sitzt verzweifelnd in ihrem Hänschen. Wie die Tage hinschleichen, ein jeder wie eine Ewigkeit. Und Heinrich! Hat er sie vergessen, daß er ihr nicht das kleinste Zeichen seines Gedenkens sendet? Wald oder vom Windberg kommend, bis in die nächste Nähe der Häuser kam. Der Wildstand scheint in den Wäldern unserer Nachbarschaft ein sehr günstiger zu sein. — Von einem bedauerlichen Jagdunglück wird aus Zühlen bei Neu-Rnppin berichtet. Zwei Jagd pächter befanden sich auf dem Anstand. Einer derselben hatte ans einen Rehbock geschossen, der mich unter dem Feuer zusammengebrochen war. Der auf der entgegen setzten Seite stehende Jagdtheilnehmer erhob sich und ging der Stelle zu, wo das Wild lag. In diesem Augenblick krachte ein zweiter Schuß und der Mann sank, in die Brust getroffen, zusammen. Der unglückliche Schütze hatte in der Meinung, der Rehbock habe sich noch einmal er hoben, noch einen Schnß abgefenert, der in der Dämmerung den Freund traf. — Mehr denn 1000 Mark hat ein Prozeß an Kosten in Lübeck vernrsacht, der schon seit dem Jahre 1893 ge führt worden ist und jetzt „glücklich" zu Ende kam. Das Streitobject ist ein Kirschbaum, der vielleicht einen Werth von 150 Pfennigen repräsentirt- Der Hergang ist kurz folgender: Zwischen zwei Büdnern im benachbarten Mann- Hagen entstand dadurch ein Streit, daß der eine Inter essent einen wenig brauchbaren Kirschbaum ausrodete, der seiner Meinung auf der Grenze stand. Der zweite Büdner wollte sich dies nicht gefallen lassen. Er betrachtete den Baum als sein Eigenthum und wurde klagbar. Das Gericht hat sich mit der Sache beschäftigt, und es wurden Termine über Termine abgehalten. Sachverständige wur den nach Mannhagen entsandt, und sogar das Gericht mußte sich an Ort und Stelle begeben. Das Alles ge schah nur um eines geringwerthigen Kirschbaumes halber. Der Kläger mußte mit seiner Klage abgewiesen werden, da er nicht nachzuweisen vermochte, daß der in Frage kommende Kirschbaum wirklich auf seinem Grund und el. nuen zner, nas- ent- aus Ze» chten nter- tniß- , im l sich -ißen > ge- miter , als oder einer !egu« !hos- den strich iegu- die N in Ctr. 300 : zur >oden - bis aus hten, e zu ! klar aus- grotz ender starke Ctr. :se in daß ogene »lehr aber > mit rags- lanb- laure i, sich eckern erung r die l un- Das snure- Plwr- ) ei» h die keiner a uze ii Ml io betr- clichen e- im Ver« in, die selbst iigten. z das "stanze an an ) Ctr. »stän- üchen; i ohne man da, so lpeter- ndeln- g mit sphor- n, für er zur seiner Nähr- durch Miaus , Kar- tauzen uguuz iofs sei ug ZU ilt der nes in bezogen is Ml- gemu- d 2000 ikrfrel tinittl. ri-g Aus unserer Gegend. >. — Christi Himmelfahrtstag gehört zu den gesetzlichen d-lertagen; es sind für diesen Tag hinsichtlich des VerkaniS k an den Sonntagen gültigen Bestimmungen maßgebend, y. — In dem geräumigen Garten des Gasthofs zum , "Ushof findet bei günstigem Wetter am Himmelfahrts- Nachmittags von 4 Uhr an, Garten-Freiconcert von Nabenauer Stadtkapelle statt. Da diese Kapelle bei "ffr Ballmnsik großen Znsprnch findet, so ist dies auch M dem geplanten Garten-Concert zu erwarten. Näheres l'ch- Anzeige. v — Auf die Hasenjagd eröffnen sich dieses Jahr >e besten Anssichten für die Jägerwelt. Der erste Satz Mn ausgezeichnet entwickelt und es sind die Hasen schon über halbwüchsig. Auch der 2. Satz Wll sich gnt zu entwickeln. Die Aussichten auf die Mneijagd sind weniger günstig, denn durch anhaltende d-"chligkeit ist das Brutgeschäft bedeutend gestört worden; trifft viele Nester mit Eiern an, die die Alten ver- Hen haben. . — Im Gasthof zu Seifersdorf wird am Himmel- chrtstag ein Militärconcert von der Kapelle des Frei- "--her Jägerbataillvns ansgeführt werden, anf das wir ""ch an dieser Stelle alle Concertliebhaber aufmerksam "lachen wollen. Das Concert beginnt Abends 8 Uhr, ""Uuf dann nach Beendigung desselben Ball stattfindet. Auch im Gasthof zu Hainsberg findet an demselben Nachmittags Garten-Freiconcert statt und wollen wir "lcht unterlassen, auch hierauf empfehlend hinzuweiien. . — In Haft genommen wurde vorigen Sonnabend Ziegelarbeiter F. aus Hirschbach bei Hausdorf wegen ^llichkeitsvet gehen an einem 13jährigen Mädchen. - — An einem der letzten Abende wurde das Dorf ^ittersee von einem Reh besucht, das, ans dem Pensen- Zeitung für Seifersdorf, Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz etc Boden gestanden hatte. Die Kosten, die entstanden sind, sollen sich auf weit über 1000 Mark belaufen. Gewiß ein „fetter" Prozeß. — Nicht jede Frau fällt in Ohnmacht, wenn sie eine Maus sieht; dies bewies Mrs. Henpecking von Kingsbridge. In einem alten Kartoffelsaß entdeckte die Heldin die halb verhungerte, vergeblich um einen Ausweg besorgte Nagerin. Statt zu kreischen, holte sie ihren Mann, gab ihm die geladene Flinte in die Hand, schleppte den Bulldog herbei, stellte sich mit einer langen Stange auf die höchste Stufe einer Leiter und stieß mit Todesverachtung das Faß um. Nun ging die Hetz los; der Hund stürzte anf die Maus, der Gatte feuerte dem Hunde eine Kugel durch den Leib, die Frau fiel in Krämpfen von der Leiter und der Gatte rannte im Glauben, er habe seine Ehehälfte erschossen, aus dem Hause und ward nicht mehr gesehen. Der Maus ist kein Schaden geschehen. — Ein sonderbares Gesetzbuch haben die Frauen in Hin dostan, das, von sieben ihrer weisesten Mitschwestern verfaßt, die ehelichen Verhältnisse regelt und dem Weibe bestimmte Rechte einräumt, wie solche bei keinem anderen Volke der Erde bestehen. Nach diesem Codex werden alle Männer in drei Klassen eingelheilt, und zwar in „An ständige", „Halbe" nnd „Hungerleider"! Zu den „An ständigen" gehören Jene, die eine Frau gut zu ernähren im Stande sind. Die „Halben" vermögen das nicht, und ihre Frauen müssen mit Hand anlegen, um das tägliche Brod für die Familie aufzubringen. Wird die Ehehälfte des „Halben" von diesem geschlagen, so darf sie wieder schlagen und ihrem Manne Haare ans dem Barte znpfen. Noch weit weniger Herr im Hause ist der „Hungerleider", dessen Frau getrost zehn Tage wegbleiben kann, ohne daß der Mann das Recht hat, sie zu fragen, wo sic während dieser Zeit gewesen war. Sprach: Nun leucht' ich so lauge Zeit, Hab' nichts geschaut auf der Welt, das mich freut, Habe nun satt meinen Hellen Schein, Möcht' einmal ruhig im Finstern sein." „Ach, das dnmme Flämmchen," lacht der Knabe und klatscht in die Hände, „weiter, Mutter, weiter!" Und Marie singt weiter, trotzdem ihr zu Sinn ist, solle ihr armes, in Qnalen zitterndes Herz brechen: „Aber das Flämmchen weiß es nicht, Daß ihm selber der Schatten gebricht — Wohin es kommt, vertreibt's ihn im Nu — Sucht deu Schatten und find't nicht Ruh'. Denn was als Licht voni Licht entstammt, Ist zu ewiger Gluth verdammt, Muß, wenn es rvh'n will, sterben." — Horch! klirrt draußen nicht die Gartenpforte! Ja, dies- war es keine Täuschung. Marie stürzte aus dem Zimmer auf den Vorplatz hinaus. Aber nein, er war es nicht, eine Frauengestalt erschien in: Thürrahmen — Prin zessin Klementine stand vor ihr. Marie war wie erstarrt, ihr versagte die Stimme. Die junge Fürstin streckte ihr beide Hände entgegen: „Marie, ich komme zu Ihnen in meiner höchsten Noth! Helfen Sie! Retten Sie ihn!" (Forts, folgt.) (Nachdruck verboten.) Der Weg zum Throne. Novelle von Carl Felix v. Schlichtegroll. . Er preßt die Hände gegen die Schläfen, in denen daS wie mit Hämmern pocht. Es ist wahr, ein Wort iß" ihm glättet Alles, wenn er sich entschließt, nur eine dßmde ein Schuft zu sein. Wenn er Weib und Kinder ^-leugnet, lächelt der Himmel wieder über ihm; aber er ez isicht, „Und wenn ich es nicht thue?" fragte er. „Dann erscheint morgen Brock bei Dir und fordert ^-ine Entscheidung. Dem mnßt Du zuvorkommen! Hein ich, ich bitte Dich, willige ein! Sei kein Schwächling "" ivie kannst Du nur zaudern, Du bist ein Fürst!" ,. »Ja," rnft er, „das bin ich, und als solcher darf ich mn Elender sein. Geh, Klementine, Du bist vergebens gekommen!" Aber sie weicht noch nicht. „Und wenn Marie nun Dich verzichtete?" „Was sagst Du, Klementine! Nein, das wird sie nie, M soll sie nie!" „Und wenn sie es schon gethan hätte?" fragt die ^chlvester. . „Nein, nein!" stößt er Herans. „Du willst mich ver- i"chm, Du täuschest mich, Klementine. Kannst Du schwören, Marie das gethan hat?" . Sie schweigt, eine direkte Lüge zu sagen vermag sie !"cht. Aber sie fühlt, daß ein Funken in seine Seele ge- !"N'U ist, sie sieht ihn schwanken und mit neuer Hoffnung Leidet sie von ihm. . Heinrich ringt die ganze Nacht mit sich. Aber als sst Morgen erschienen ist, ist sein Entschluß gefaßt. Es ! ihm mehr werlh, Frieden im Herzen zu haben und "icht roth vor sich selbst werden zu müssen, als die fürsl- >>ch- Macht zu besitzen. j "3ch bin bereit," erklärt er dem Minister, „auf den ^hwn zu verzichten, um als Privatmann für mich weiter -den zu können. Aber auf mein Weib verzichte ich nicht. Melden Sie das meinem Vater. Das Einzige, was ich "vll seiner Gnade erbitte, ist ein Name, damit ich weiß, ich meine Kinder nennen darf." Brock entfernt sich schweigend. Er zittert davor, dem ^roßherzog mit diesem Bescheide unter die Augen zu steten. Ein Versuch, den man gemacht hat, Marie Enskirch bewegen, gutwillig auf ihre Ansprüche zn verzichten, ist gleichfalls fehlgeschlagen. Sie hat Alles abgelehnt, jede A»erbietung stolz zmückgcwiesen. Allein es ist seltsam! Der Großherzog tobt nicht und rast nicht, er ist ganz ruhig; nur an dem Zucken seiner Lippen sieht man, welch' heftiger Kampf in ihm wüthet- Mit einem Male schlägt er mit der Faust aus den Schreibtisch. „Er soll seinen Willen haben, er soll — er soll —" ruft er mit heiserer Stimme. „Von jetzt an habe ich keinen Sohn mehr!" „Brock," sagt er dann nach einer Weile, „fertigen Sie die Abdaukungsurkunde aus. Wenn alle Formalitäten erfüllt sind, soll der Staatsrath zusammentreten." Die Ruhe des Großherzogs hat etwas Erschütterndes, sie ist unnatürlich und furchtbar. Brock will eine Ein wendung machen, aber der Großherzog fährt ihn zornig an: „Schweigen Sie, ich will es so." — Kaum hat der Minister das Vorzimmer verlassen, so vertritt ihm die Prinzessin den Weg. „Excellenz, auf ein Wort!" flüstert sie. „Wie steht es — antworten Sie — ich sehe es Ihnen an — es ist Alles aus!" „Es giebt kein Mittel mehr," entgegnet er, „uns den Erbgroßherzog zu retten. An der Starrheit von Vater und Sohn scheitert Alles!" „Und Dagobert wird Thronfolger?" schreit die Prin zessin auf. „Dagobert an Heinrich's Statt. Nein, das darf nicht geschehen; und seid ihr Alle zu starrköpfig, zu dumm, zu schwach — so bin ich noch da, ich rette ihm den Thron?" „Wie wäre das möglich?" fragt der Minister er bleichend. „Was wollen Hoheit beginnen?" „Was ich will? Zu der Enskirch hin! Sie muß verzichten." „Das thut sie nicht, es ist bereits Alles versucht worden. Wie wollten Hoheit das erreichen?" In den Augen der Prinzessin blitzt es auf, und ihre Lippen umzuckt ein seltsames Beben. Sie müßte kein Weib sein, wenn es nicht gelänge. Ein rascher Plan ist in Ihrem Kopfe fertig. Marie Enskirch hat jede Entschädigung ausgeschlagen und alle Zumuthungen abgewiesen, sie liebt Heinrich wirklich und um eines äußeren Vortheils willen giebt sie ihn nicht auf. Aber es giebt eine Stelle in ihrem Herzen, an die noch Keiner gepocht hat, und an die will sie anklvpfen. „Brock," sagt sie zn dem Minister, „ich reise heute noch zu ihr. Verzögern Sie die Ausfertigung der Ur kunden um jeden Preis, bis ich zurück bin." Ihre Briefe sind unbeantwortet geblieben. Hat er sie nicht empfangen oder — in ihr steigt ein fürchterlicher Verdacht auf — will er etwa — —? Aber, nein! Sie blickl in die Augen ihrer Kinder — Heinrich's Augen — diese lieben, trenen Augen! Nein, es ist unmöglich, daß diese Augen gelogen haben sollen. Das Einzige, was sie aus der Residenz vernommen, war jene sie tief empörende Zumnthung, die der Minister an sie gestellt hatte! Ihren Gatten aufgeben um Geld, um Titel! Pfui — niemals! Sie hat die Urkunde, welche man ihr zur Unterzeichnung vorgelegt, dem Minister zerrissen vor die Füße geworfen. „Das ist meine Ant- wort!" Und noch immer keine Kunde, die sie von ihrem Hangen und Bangen erlöst. Sie schreckt bei jedem Laut zusammen; tausendmal eilt sie an's Fenster, um hinaus zuspähen, ob der Geliebte noch nicht kommt. Der kleine Max zerrt an ihrem Kleide. „Singe, Mutter, singe —" „Nein, laß mein Kind —" „Singe," ruft der Kleine, das Lied von der Flamme!" Sie wehrt sich, aber das Kind läßt nicht nach, und sie beginnt: „Es war ein Flänunchen, schwach und klein, Brannte, brannte und brannte, Und war's müde vor eigenem Schein, Niemals die Ruhe es kannte!