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ilsdmffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8ge1pol1cne Baumzeile 26 Bpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichr- psennige, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 AMK. Siachmeisungsxebiltzr 20 Sieichspsennigr. Dov Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d°.WW°S annahmrblsvorm.ioüh«. Für die Richtigkeit de» durch Fernruf Ldermittellen Anzeigen übern, wir keine Earavti«. JedcrRabattaniprnch eriiicht, wen» der Betrag durch Klage «iugczogen werden mutz oder der Anstraggeder in Kontur- gerLt. .Wilsbrusier Tageblatt» ericheint an allen Werktagen nachmittag- s Uhr. Bezug-prel- monatlich 2,— RM. -n Haus, bei PohdesteUnng 1,8V RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 1v R»ig. Alle Postanstaiien, Post. »ten und untere Aus» —, . . , . träger und lbeichvst-steilen thmrn zu jede,-leit Be. 2i)vchsnblntt für Wilsdruff u. Nmpkpknd stellungen entgegen. 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Die folgen den Ausführungen aus der Feder des Dozenten am Berliner Seniinar für orientalische Sprachen, Dr. Arta sches Abeghian, schildern den Werdegang Pupis. Eine alte Mandschulegende will heute allmählich in Erfüllung gehen. Der zwölfte Sproß aus der Tsing- dynastie, so erzählt sie, sollte zwar „der unglücklichste" lütter allen Gebietern dieses Herrscherhauses sein, er sollte auch gezwungen werden, seine Macht und sein Gebiet zu verlassen. Das Schicksal hätte ihm aber als „dem Aus erkorenen" auch das höchste Glück bereitet, die Macht seiner Väter in ihrem alten Ruhm wieder herzustellen. Es war im 17. Jahrhundert, als mandschurische Horden das alte Kulturreich China überfielen, das ein beimische Herrscherhaus stürzten und dort ihr eigenes Kaisertum, die Tsingdynastie, auf den Thron setzten. Ehina wurde an das mandschurische Reich angegliedert. Die Hauptstadt des neuen Herrscherhauses wurde aus Nukden nach Peking verlegt. Etwa 300 Jahre lang (1644 bis 1912) beherrschten elf Mandschukaiser nacheinander das Reich der Mitte unumschränkt: als „Boghdikhans", als »Söhne des Himmels". 1911 brach in China unter Führung Dr. Sunjatsens °>ne nationale Revolution aus. Auf dem kaiserlichen Dhron saß damals — seit 1908 — der sechsjährige „Bogh- dikhan" Hsüngtüng. Der national-chinesische Umschwung sitz ihn vom Thron und machte damit der Fremdherrschaft der Mandschu ein Ende. Am 21. Januar 1912 mußte die Kaiserin-Witwe ein Dekret unterzeichnen, das einen for- »lellen Verzicht bedeutete. Der ehemalige kleine „Bogh- bikhan" nahm — nunmehr unter dem Namen Prinz Puyi — als ein wirklicher Gefangener seinen Wohnsitz 'n dem sog. Purpurpalast, in dem „verbotenen" Stadt- Schiet von Peking. Pupi verbrachte dort zehn Jahör, um- Seben von einigen Lehrern und Erziehern, geistig beein- ÜUßt von dem Engländer Johnston. Als Ai der „christliche General" Feng die Hauptstadt Mnq besetzte, siedelte Puyi in das Botschafterviertel über D seinem englischen Lehrer Uoschisawa, dem heutigen ^»benminister Japans, damals Botschafter in Peking: °r legte sofort eine besondere „Aufmerksamkeit" für Pupi den Tag, nahm ihn unter seinen „Schutz" und schickte Ln 1924 nach Tientsin in die dortige japanische Kon- Won. Man erkennt den Zusammenhang; als Erfüllung ver alten Mandschuprophezeiung soll die „Herrlichkeit" "es nun frischgebackenen mandschurisch-mongolischen Staa bs gelten. In der Person des Prinzen Puyi, dem »lebenslänglichen Präsidenten" der neuen Republik. Beides aus Japans Gnaden! Die Japaner pflegen nur wenig über ihren neuen Schützling zu sprechen. Amerikanische und russische Presse organe wissen aber von ihm noch einiges andere zu er zählen. Der junge Mann mit der auffallenden Horn- Mle besitze, den Angaben seines ihm nahe verwandten Prinzen Kun zufolge, einen sehr schwachen Charakter. Er Mterwerfe sich sehr leicht und bedingungslos fremden Wflüssen; er sei eine durch und durch „bescheidene und Nüchterne Natur". Wenn auch das heutige — allerdings nur nominelle I Machtgebiet Puyis nur einen kleineren Teil seines Näheren Kaiserreiches ausmacht, so ist die Mandschurei '»ünerhin dreimal so groß wie Japan selbst: Das Me Staatsgebilde — in Wirklichkeit also eine werdende Kolonie Japans — umfaßt 1 197000 Quadratkilo- Jter Flächeninhalt und zählt etwa 30 Mill. Einwohner. Man hat auch die Nachbargebiete der Mongolei und des ^chinesischen Bezirkes Jchol als „untrennbare Teile" »st neuen „souveränen Republik" erklären lassen. Mukden; alte und historische Hauptstadt der Maudschus, hat als Zche dem neuen und verhältnismäßig unbedeutenden ^ichangtschung als Hauptstadt Platz gebe» müssen. Ze grüßte Stadt des Landes ist C h a r b i n in der N o r d- Mdschurei mit etwa 400 000 Einwohnern. Die Man- ^urei ist überhaupt ein von Natur aus reichgcsegnetes Md; Sojabohnen, ein für die Margarineindustrie be- vders wichtiger Rohstoff, werden dort in großen Men gst Produziert. Die Landesbewohner sind aber in über legender Mehrheit Chinesen; sie sind erst im letzten .Wchcnalter aus Nordchina nach der Mandschurei aus- jM?ndert. Die Japaner selbst zählen dort kaum 200 000 Mle, ebensoviel wie die in der Mandschurei wohneuden Msen. Die Urbewohner des Landes, die eigentlichen Mndschus, sind heute so gut wie a u s g e st o r b e n. ds^ .Überreste sprechen nur uoch chinesisch. Das Man- y^.rische gehört zum tungusischen Stamm der Nral- , «llchen SpLachgruppe, wird aber heute nur noch von gesprochen. Die Japaner sind eifrig bemüht, als einen „eigenen Volksstamm" hie und da ausfindig zu machen und sie den Chinesen entgegen- - "der nur um eine Art Deckmantel für ihre ^volltische Zwecke zu haben. Der kurglriecken drencket. Oer Wahlkampf beginnt. Der politische Osterfrieden ist mit dem 3. Äpril zu Ende gegangen. Die Parteien haben den Burgfrieden dazu benutzt, um in aller Stille ihre Propagandavor bereitungen für den 10. April zu treffen. Die Touren für die Redner wurden festgelegt, die Flugblätter gedruckt und die Propagandaartikel abgefaßt. Allerdings bietet diesmal der Wahlkampf für Preußen und für die anderen Länder mit Parlamentswahlen Schwierigkeiten, wie man sie bisher noch nicht gekannt hat. Die beiden Wahltage, der 10. und der 24. April, liegen sehr nahe beieinander, und die Parteien sehen sich vor die Frage gestellt, wo hin sie das Schwergewicht legen, für welchen Tag sie die größeren Opfer bringen sollen. Denn beide Lage mit voller Kraft anzupacken, dafür hat keine Partei die nötigen Mittel. Die Deutschnytionalen haben die Konsequenzen aus den Zahlen des 13. März gezogen und haben sich ent schlossen, ihre ganze Krast dem Kampf um Preußen am 24. April zu widmen. Auch außerhalb dieser Partei werden sicher weite Kreise im stillen der Anschauung sein, daß sich die Tatsachen des 13. März am 10. April nicht mehr ändern lassen, und sehr viele werden den Aufwand für den 10. April nicht verstehen. Vielleicht rechnen die Nationalsozialisten gerade darauf, daß von den Hinden burg-Wählern des 13. März viele zu Hause bleiben, weil ihnen der zweite Wahlgang als unnötig erscheint. Aber es werden auch bei den Nationalsozialisten nicht wenige sein, die sich die Zahlen des 13. März noch einmal vornehmen nnd nachrechnen, ob auch bei stärkstem Aufwand eine Änderung erzielt werden kann. So ist es Wohl möglich, daß auf beiden Fronten Überraschungen eintreten können. Die Hindenburg-Ausschüsse, die ihre Aktionspläne für den 10. April dem Reichspräsidenten vorgelegt haben, wollen diesmal, wie man hört, be sonders das flache Land bearbeiten. Auch die Natio nalsozialisten wollen versuchen, mit ihrer Propaganda diesmal an Schichten heranzukommen, die sie am 13. März nicht erreicht haben, und ebenso planen die Kommunisten, schärfer als bisher ihre Kraft für den Einbruch in die Front der Sozialdemokratie zu verwenden. Für die Hindenburg-Propaganda wird der Hauptschlager wieder die große Agitationsreise des Reichskanzlers sein, die ihn von Karlsruhe im Süden des Reiches bis nach Königs berg in Ostpreußen führen wird. Auch der Rundfunk soll wieder dem Hindenburg-Ausschuß zur Verfügung stehen, wahrscheinlich wieder nur der einen Seite und nicht auch der andern. Hinter den Kampffronten für den 10. April vollzieht sich aber jetzt schon der Aufmarsch für den 24. April. Dabei kommt es zu starken Verschiebungen, und Kampfgenossen des 10. April werden sich nach diesem Tage trennen und als Gegner gegenüberstehen. Die Hinden burg-Front wird sich auflösen, das steht fest. Vielleicht zur Enttäuschung mancher Kreise, die im stillen hofften, diese Hindenburg-Front auch für den 24. April irgendwie zu sammenhalten zu könne». Die Parteien zwischen Zentrum und Deutschnationalen, die M i t t e l p a r t e i e n, die am 10. April mit der Sozialdemokratie noch in einer Linie stehen, wollen nach diesem Tage zur Gegnerschaft gegen die schwarz-rote Koalition übergehen. Die Frage: Wie stehst du zum herrschenden System?, die Frage, die bisher für viele durch den Namen Hinden burg verdeckt erschien, wird dann unabweisbar Antwort und Klarheit fordern. Zwischen den sogenannten Mittelparteien sind Versuche im Gange, sie irgendwie für den 24. April zusammenzubringen. Angeb lich sollen sich die Wirtschaftspartei, das Landvolk und die Volkskonservativen schon gefunden haben. Die Deutsche Volkspärtei jedoch hat schon offiziell erklären lassen, daß sie ganz selbständig in den Wahlgang gehen und sich nach keiner Seite binden will. Wünsche nach einer Listen verbindung, die da und dort in ihrer Anhängerschaft ge äußert worden seien, könnten aus wahltechnischen Gründen nicht mehr erfüllt werden. Gtegerwald für Hindenburg. Auf einer Hindenburg-Kundgebung der Zentrums pariei sprach Reichsarbeitsminister Dr. Steger Wald über die bevorstehende Reichspräsidentenwahl. Er führte u. a. aus: Kein Mensch hat etwas dagegen, daß die Nationalsozialisten auf legalem Wege die Verfassung zu ändern suchen. Der Streit geht aber um etwas anderes. Die Nationalsozialisten sagen, sie wohen aus legalem Wege zur Macht kommen, wobei ihre Reden häufig in schroffstem Gegensatz zu ihren Taten stehen. Man will die Diktatur, man will wie in Italien neben der Staats armee eine Parteiarmee schaffen und mit dieser dem übrigen deutschen Volk den nationalsozialistischen Willen aufzwingen. Glaubt man, daß der Westen und der Süden eine nationalsozialistische Diktatur ruhig hinnehmen würde? Glaubt man, daß die Gewerkschaften und die Arbeiter in den Werkstätten sich mit einem solchen Regime abfinden würden? All das, was wir im letzten Jahr zehnt erlebt haben — und das war allerlei — würde eine Kleinigkeit sein im Vergleich zu dem, was uns bei einem Hitler-Regime in den nächsten Jahren noch bevorstehen würde. Am 10. April kommt es darauf an, daß Hinden burg mit überwältigender'Mehrheit gewählt wird. Er hat in seinem arbeitsreichen Leben den Nachweis erbracht, daß er in schweren Stunden Gemeinschaften der ver schiedensten Art zusammenzuhalten versteht. * Graf Westarp spricht nicht im schwarz- rot-gold geschmückten Saaie. Beuthen, 3. April. Am Sonntag sollte Graf Westarp auf einer vom Hindenburg-Ausschuß emberufenen öffentlichen Kundgebung für die Wiederwahl des Reichspräsidenten am Kaiserhof sprechen. Von dem Reichsbanner, das in erheblicher Stärke zu Ler Versammlung erschienen war, war im Saale eine schwarz-rot-goldene Fahne angebracht worLen. Nachdem Lie Versammlung längere Zeit auf Graf Westarp gewartet hat te, erschien der Versammlungsleiter und erklärte, Graf Westarp würde sich selbst und seiner langjährigen politischen Vergangen heit untreu werben, wenn er in einer Versammlung spräche, die einseitig unter schwarK-wt-golbener Flagge stattfinden solle. Er lachte wohl Lie Symbole Les Reiches. Es entspreche jedoch nicht der überparteilichen Haltung des Hinbenburg-Ausschusses, eine Versammlung ausschließlich unter schwarz-rot-goldener Flagge abzuhalten. Da Lie Versammlung es ablehnte, die schwarz-rot-goldene Fahne entfernen zu lassen, wurde Lie Ver sammlung vom Vorsitzenden aufgelöst. * Hindenburg an den Stahlhelm. Die Landvolknachrichten verbreiten eine Meldung, wo nach sich Reichspräsident von Hindenburg nachdrücklichst vor diejenigen Stahlbelmmitglieder stelle, die ihm im ersten Wahlgang die Treue gehalten hätten und deshalb vom Stahlhelm gemaßregelt worden seien. Er habe die Bundesleitung des Stahlhelms aufgefordert, ihm bis zum 5. April mitzuteilen, ob sie bereit sei, die Maßrege lungen zurückzunehmen. Von feiten des Stahlhelms verlautet hierzu, daß sowohl die beiden Bundesführer als auch der Bundes kanzler gegenwärtig nicht in Berlin weilten, daß aber tat sächlich ein Schreiben des Reichspräsidenten von Hinden burg vorliegen dürste, das nur durch eine Indiskretion der Öffentlichkeit bekanntgeworden sein könne » Hiller auf der Agitationsreise. Die Nationalsozialisten begannen nach Ablauf des Osterfriedens in allen Teilen des Reiches am Sonntag den angekündigten Kampf um die Reichspräsidentenwahl mit großen Kundgebungen. In Dresden, Leipzig, Chemnitz und Plauen sprach der nationalsozia listische Führer und NeichspräsideMenkandidat Adolf Hitler. Er führte u. a. aus, er werde in dieser Woche täglich in mehreren Versammlungen direkt zum Volke sprechen. Seine Gegner hätten in den dreizehn Jahren ihrer Herrschaft nichts aufzuweisen vermocht, auf das sie stolz sein könnten. Die Parteiherrschaft, die sich 1918 an die Stelle der Herrschaft der Monarchen gesetzt habe, habe nicht ein einziges Mal das deutsche Volk zur Einmütigkeit in irgendeiner Frage zusammenfassen können. Wie könne man da girier Bewegung, die 1314 Millionen Menschen unter einem politischen Gedanken vereinigt habe, den Vor wurf machen, sie zersplittere Deutschland? Der Vorwurf, der Nationalsozialismus werde die Wirtschaft zerstören, sei deshalb nicht stichhaltig, weil die herrschenden Klassen seit dreizehn Jahren an dieser Zerstörung der Wirtschaft gearbeitet hätten. Hitler schloß mit den Worten: Man könne Nationalsozialisten töten, man könne auch ihn töten, aber kapitulieren werde weder er noch seine Bewegung. Der Kamps, den der Nationalsozialismus geführt habe, werde weitergehen bis zum Sieg. Am 10. April werde eine Schlacht geschlagen werden. Am 11. April beginnt ein neuer Kampf. Der 24. April werde eine neue Schlacht bringen und am 25. April werde der Kampf der National sozialisten weitergehen, bis endlich Deutschland frei sein werde. In Dresden sprach auch Reichstagsabgeordneter Goering, der betonte, daß jeder Deutsche am nächsten Sonntag zu entscheiden habe, ob in Deutschland endlich eine Zeit des Aufstieges anheben oder ob noch weitere sieben Jahre das gegenwärtige System am Ruder bleiben solle. In Leipzig sprach Prinz August Wilhelm von Preußen, der Hitler den „Führer des kommenden Deutsch land" nannte. Er habe in den Jahren seiner Tätigkeit Millionen hinter sich gebracht. Nie habe er nachgegeben, wenn man versucht habe, ihn einzuspinnen in politische Bündnisse.