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zugleich GWB-KiWN für Sshüorf, RiiSlitz, Bmiskrf, NiisSorf, Zt. KOic», Scimichsvii, Mnem iinii Riilst«. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. LS. Jahrgang. — Nr. 250. Freitag, dm 25. Oktober 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer "der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Ansträger entgegen. — I n s e r a te werden die biergcspaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. schäften haben unter Anlegung der Ehrenzeichen in geeigneter Kleidung zu erscheinen und die Militär papiere mitzubringen. — Mülsen St. Jacob, 23. Okt. Am ver gangenen Sonntag wurde hier von einer Vereinigung von Musikfreunden L. Spohr's großes Oratorium „Der Fall Babylons" recht entsprechend aufgeführt. — König Albert hat befohlen, daß die beiden süchs. schweren Reiterregimenter (Gardereiter- und Karabinerregiment), sowie die beiden sächs.Husaren- regimenter mit L a n z e n bewaffnet werden sollen. Die Ausbildung der in diesem Jahre zum Dienst mit der Waffe eingezogenen Kavallerie-Rekruten wird bereits die Unterweisung im Gebrauch der Lanze mit umfassen. — Bei der Jubelfeier des König!. Stenograph ischen Instituts in Dresden erwähnte Professor Oppermann in seiner Festrede auch die volkswirtschaft liche Bedeutung der Stenographie. Es würden, sagte er, jährlich in Deutschland 740 Mill. Briefe und 246 Mill. Karten geschrieben. Wenn nur die Hälfte dieser Schriftstücke stenographiert würden, so bedeute dies eine Zeitersparnis von 27 Mill. Stunden, und wenn die Hälfte der Briefe als strenographische Karten versendet würden, so sei damit eine Ersparnis von 14,800,000 Mark an Porto und Papier verbunden. Durch die Zeitersparnis werde aber gleichzeitig Ge legenheit zur Erholung gewonnen, die auch dem Familien leben zu gute komme. — Dem am 11. November zusammentretendett Landtage soll u. a. eine Vorlage zugehen, welche sich mit den Verhältnissen der unteren Bahnbedienste ten beschäftigt und für diese eine Teuerungs-Zulage von der Landesvertretuug verlangt. Eine weitere Vorlage wird dahin gehen, die Elementarlehrer mit den übrigen Beamten in ihren Pensionsverhältnissen gleichzustellen. Schon wiederholt waren die Lehrer in dieser Hinsicht beim Ministerium und Landtag vor stellig geworden. — Dresden, 23. Oktober. Ein Droschenkut- scher, welcher gestern die in seinem Wagen liegen gebliebenen 17 000 Gulden ungarische Goldrente unverzüglich an die königl. Polizeidirektion abge liefert hat, hat dafür vom Verlustträger, einem aus wärts wohnenden Herrn, 1000 Mk. Belohnung er halten. — Chemnitz, 23. Oktbr. Durch Vermittelung des Amtshauptmanns Dr. Fischer ist der Streik der Strumpfwarenfabrikarbeiter in Thalheim beendet. Cs sind 10 bis 15 Proz. Lohnerhöhung gewährt worden. Dagegen machen sich in anderen Orten der Umgegend Lohnbewegungen in der Strumpfwarenbranche be merkbar. — Lugau, 22. Oktober. Gestern in der 6. Morgenstunde wurde unfern des an die Oelsnitzer Flur grenzenden Schützteiches in einem Graben der Privatus Klemm von hier durch Vorüberwandelnde tot aufgefunden. Klemm war vor Jahren hier Ma schinenwärter auf einem Steinkohlenwerke, wanderte später nach Brasilien aus, wo er in verschiedenen Stellungen thätig war und kehrte vor Kurzem in sein Vaterland zurück, die Seinigcn zu begrüßen, bez. die selben „übers Wasser" zu holen. Es sollte anders werden. Ob hier ein Unglück oder ein Verbrechen vorliegt — bei dem Toten fand man gerüchtweise weder Uhr noch Geld — wird sicherlich die gerichtliche Untersuchung bald ins Licht stellen. K. hat den Ruf eines ruhigen, bescheidenen, nüchternen Mannes. — St ollberg, 22. Okt. Auf Vorschlag des Ausschusses hat die Lutherfestspielgenossenschaft beschlossen, den nicht unbedeutenden Reingewinn, dessen Höhe sich zur Zeit uoch nicht bestimmen läßft Die Ikeichstirgs-Thronrede. Die Thronrede, mit welcher die Session des deutschen Reichstages eröffnet worden ist, bestätigt alle die Meldungen, welche über die Aufgaben der Session vorher im Umlaufe waren. Ueberraschungen bereitet sie somit nicht. Zunächst werden die ja schon hinlänglich bekannten neuen Militärforderungen an gekündigt, und die Erwartung ausgesprochen, daß der Reichstag die zur Verstärkung der Schlagfertig keit des Heeres beanspruchten Mittel im Interesse des Friedens bewilligen wird. Es ist ein besonderer Nachdruck darauf gelegt, daß die Armee nur den Friedensbestrebungen des Kaisers und seiner hohen Verbündeten Nachdruck geben soll. Alle Kriegsge lüste werden damit also entschieden zurückgewiesen. Die neuen Forderungen haben natürlich ihre erheb liche Rückwirkung auf die Finanzen und machen eine Erhöhung der Beitrüge der Einzelstaaten zur Reichs kasse notwendig. Mit der Finanzlage des Reiches, dem wunden Punkt, beschäftigt sich die Thronrede aber gar nicht, sondern geht darüber mit der schnellen Bemerkung fort, daß die Matrikular-Umlagen immer noch nicht unerheblich überwogen werden von den jenigen Summen, welche den Bundesstaaten aus den Reichs-Einnahmen in Gestalt von Ueberweisungen zufließen. Je kürzer die Thronrede dies dornige Gebiet berührt, um so eifriger wird sich der Reichs tag damit zu befassen haben. Angekündigt wird sodann, nachdem die Hoffnung ausgesprochen ist, daß die Alters-Invalidenversicherung für die Arbeiter in Zukunft sich bewähren wird, die Ver längerung des Sozialistengesetzes. Motiviert wird die selbe damit, daß die durch die allgemeine Gesetzgebung den Behörden gegebenen Befugnisse nicht ansreichen, um den inneren Frieden genügend zu schützen. Die verbündeten Regierungen erhoffen eine Annahme dieser Vorlage. Ferner wird angekündigt die Vorlage, welche die Erneuerung des Bankprivilegiums in Vorschlag bringt. Ueber die Annahme und Erledigung beider Gesetzentwürfe in der bevorstehenden Session walten keine Zweifel ob. Der dritte Teil der Thronrede gehört der Kolo- nialpolitik. Es wird mitgeteilt, daß die ostafrikanische Skiavenblokade hat aufgehoben werden können, daß aber auch für die Wißmann'sche Expedition neue Mittel erforderlich sind. Daß die im Februar d. I. be willigten zwei Millionen aufgebraucht sind, war schon lange bekannt, auch im Reichstage wußte man bereits bei der Bewilligung, daß damit nur ein Vorschuß ge fordert sei. Ebenso bekannt ist, daß zur Leitung der Kolonialangelegenheiten und zugleich zur Entlastung des auswärtigen Amtes eine besondere Kolonialabteil ung errichtet werden soll. Der letzte Teil des Schriftstücks gilt, wie stets, der auswärtigen Politik. Die Aeußerungen hierüber sind im allgemeinen befriedigend. Jedes einzelnen der verschiedenen Monarchenbesuche dieses Jahres wird nicht besonders gedacht, aber es wird klar gesagt, daß dieselben dem Frieden genützt haben. Die persönlichen Beziehungen des Kaisers zu verbündeten und befreun deten Herrschern haben dazu gedient, das Vertrauen auf die ehrliche Friedensliebe der deutschen Politik im Auslände zu befestigen — diese Worte weisen be sonders auf Rußland hin — und berechtigen zu dem Glauben, daß der Friede auch im nächsten Jahre der europäischen Welt erhalten bleiben werde. Die Worte „auch im nächsten Jahre" bezeichnen immerhin eine recht vorsichtige Fassung, wenn damit auch wohl keineswegs gesagt werden soll, daß die fernere Zu kunft sich noch nicht übersehen läßt. Daß der Friede nur für die Dauer eines Jahres über alle Zweifel erhaben ist, hat sicher nicht ausgedrückt werden sollen. Im nächsten Jahre giebt es ja eine neue Thronrede, und nur bis zu dieser sind die Folgerungen aus den Fürstenbesuchen des laufenden Jahres gezogen. Da neben hat auch wohl das Bestreben obgewaltet, die neuen Militärforderungen mit der allgemeinen Lage in Einklang zu bringen. In jedem Falle besteht eine drohende, sofortige Kriegsgefahr, das ist die wert vollste Versicherung der Thronrede. Daß man die Folgen des Czarenbesuches nicht allzu hoch anschlagen möge, haben wir stets gesagt, und der Wortlaut der Thronrede bestätigt diese Anschauung als richtig. Der Czar hat die Ueberzeuguug gewonnen, daß die deutsche Politik eine friedensliebende ist. Was er nun thun wird, werden wir ja sehen. Tagesgeschichte. *— Lichtenstein, 24. Oktober. Im Kauf männischen Verein im Saale des goldnen Helm hielt gestern abend Herr Schuldirektor Rudolph aus Chemnitz einen Vortrag über „Die Temperamente". Nach einer vorangehenden Einleitung erklärte der Herr Vortragende die Temperamente als einen vor herrschenden Gemütszustand mit einer bestimmten Konstitution und bezeichnete dies durch 4 Klassen, und zwar 1) das sanguinische mit leichter Erreg barkeit, aber auch leichter Erschöpfbarkeit des Nerven systems bei frischem Aussehen; 2) das ch olerische, verbunden mit Heißblütigkeit, zu Zorn und Leiden schaft geneigt mit straffem Körperbau; 3) das me lancholische, bei schwerer Erregbarkeit, aber anhal tender Reaktion, ernstem Charakter, verbunden mit Magerkeit und 4) das phlegmatische, bei träger Geistesthätigkeit und blassem fetten Körper. Die verschiedenen ausführlichen Schilderungen der Charaktere jeder dieser Menschenklassen erregten das allgemeinste Interesse der aufmerksamen Zuhörer und wohl mancher derselben mag davon etwas auf sein eigenes Ich für Passend gefunden haben. Am Ende seines Vortrages bemerkte der Herr Redner jedoch zur Be ruhigung aller, daß trotzdem jeder, welches Tempera ment ihm auch eigen sei, die Glückseligkeit auf gleiche Weise finden könne, welche er zur Lebenöbedinguug bedürfe und fchloß mit den Worten: „Meine lieben, teuren Lichtensteiuer, ich wünsche Ihnen den Frohsinn des Sanguinikers, die Thatkraft des Cholerikers, die Tiefe des Melancholikers und die Ruhe des Phleg matikers." Lang anhaltender Beifall folgte dem Ifts Stunden währenden fesselnden Vortrag. — Viel leicht tragen diese Zeilen dazu bei, den späteren Vor trägen des obengenannten Vereins noch mehr Besucher zuzuführen, was im Interesse der guten Sache nur zu wünschen wäre. *— Die diesjährigen Herbst-Control-Versamm- lungen im Landwehr-Control-Bezirk Lichtenstein finden Montag, den 11. November, vormittags 9 Uhr für die Beurlaubten der Ortschaften des Anusgerichtsbezirks Lichtenstein und an demselben Tage, nachmittags fts2 Uhr für die Beurlaubten aus den Städten Lichtenstein und Callnberg auf dem alten Schiebanger zu Lichten stein statt. — Eine persönliche Befehligung zu den Control-Versammlungen findet nicht statt und haben alle diejenigen Mannschaften, die ohne genügende Ent schuldigung fehlen, der für dieses Vergehen ausge worfenen Strafe gewärtig zu sein. Wer nach dem Verlesen eintrifft, verfällt der Bestrafung, als ob er bei der Controlversammlung gefehlt hätte. Etwaige Dispensationsgesuche, welche spätestens 3 Tage vor der betr. Control-Versammlung bei dem Haupt-Melde amt des Königl. Bezirks-Commandoö Glauchau anzu- briugen sind, finden nur auf Grund einer beigefügten behördlichen Bescheinigung Berücksichtigung. DieMann-