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Amts- und Anzeigeblatt für das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Dic „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Poüanslaltcn, sowie durch die Erpediiwu dieses NIaiieS iiir IN Ngr. vicriel- fährltch zu beziehen. — Inserate fiir das MitlwochSbiati werden bis Dienstag früh !> Uhr, stir das SoNNabendsblaIt ldätcüen» bis Freitag früh n Uhr er beten; später eMgebcnde Inserate können erst tu der daraus sollenden Nummer Auinabiue fnidcn. — Auswärts weiden Inserate siir die ElbzcttNttg atigcnetnincn tn Hohn stein bet Hr». Hesse, in Dresden in den Annoncen-Burcaur der Herren W. Saalbach und M. Nuschpler, lind Haalenüct» L Voller II. H. Engler in Leipzig. ZO. Schandau, Sonnabend, den 15. April 1871. Tagesgeschichte. Sachsen. Schandau. Wir wollen nicht un- terlaffen, aus eine im heutigen Blatte befindliche Be. lanntmachung des hiesigen ittiernationalen ZweighilsS- Vereins ausmerlsaiu zu machen, wonach derselbe vom nächsten Montag an in dem Panerrelocal des Ge- richtSamtSgebäudeS eine vom k. s. KriegSministerium bcreitwistigst überlassene eroberte französische Mitrais lense und ein Chaff-pot-Gewehr zu Jedermanns Aii- sicht gegen ein äußerst geringes Eintrittsgeld auf ca 8 Tage ausstellen wird, dessen Ertrag für die in Sach, sen lebenden Invaliden und den Hinterbliebenen der im Kriege Gesallenen bestimmt ist. Hoffen wir, das, der Besuch schon des edlen Zweckes wegen ein recht zahlreicher werde. — Infolge Abgabe von Lokomotiven und Wa gen zur Dienstleistung auf den oeenpirten französi- scheu Eisenbahnen mußte bekanntlich auch auf den sächsischen StaaiSeiscnbahnen im Februar d. I. ein Theil der fahrplanmäßigen Personcnzügc eingestellt werden. Obgleich bis seh» nur erst wenige der nach Frankreich abgegebenen Locomoiiven ziirückgekehri, auch die Rückkehr der übrigen nach neuern veränderten Dispositionen nicht sobald zu erwarten ist, wird die Generaldireclivn der SiaatSeisenbadnen dennoch dem viel geäußerten Wunsche drü Publikums entsprechen und vom nächsten Sonntage ad den Fahrplan vom lä. November >870, unter Wiedcraushebung der bisherigen Beschränknngen und der durch letztere be- dingt gewesenen Veränderungen, wieder vollständig in Kraft treten laffen. — lieber die Erweiterung deS Prag-Durer Ei- s-nbahu-NeheS wird ans Prag geschrieben, daß zwi- scheu den Vertretern ter Leipzig-Dresdner Bahn und Direcivr Schlesinger von der Anglo-Ocsterreichischen Batik eine Vereinbarung wegen der Fortsetzung der Prag-Durer Bahn nach Freiberg in Sachsen erziel, wurde. Die Prag-Durer Bahn wird durch die prvseciirlc Linie zur kürzesten VerbiudungSstrecke zwischen Prag und Dresden und sic erhält dadurch de» Eharaktcr einer intcrnaiionalen VerkehrSbahn. Eine zweite, für die Prag.Durer Bahn nützliche Abmachung ist mit den Vertretern der Pilsen-Durer Bahn in Bezug auf die seinerzeit beiden Bahnen gleichzeitig conccdirte und zwischen ihnen strittig ge- wcsenc Trace Dur-Obernig-Brür getroffen worden. Beide Bahnen haben sich geeinigt, diese Trace dop- pclglcisig auf gemeinsame Kosten und zum gemein- samen Betriebe zu erbauen. Die Folgc dieses Aus gleichs ist nicht nur die Vermeidung eines lästigen ProcesscS, sondern auch einc wesentliche Verwinde, rung der Baukosten. Vergangenen Sonnabend, den 8. d,, entsprang einem GerichtSdicner aus Dresden, welcher eine Fran und einen Mann nach Waldheim zu transporiiren haue, letzterer dadurch, daß er kurz vor Waldheim die Thürc deS EisenbahnwaggonS mit der rechten Hand öffnete und durch einen Sprung auS dein Waggon die Flucht suchte. Der Hüter sprang ihm nach uiid eine Viertelstunde nach Ankunft des Zuges in Waldheim kam auch der GerichlSdiener mit seinem Gefangenen, den er noch dadurch leichter wieder gc. fangen nehmen konnte, weil ihm die linke Hand ge schloffen war, an. In Leipzig hat ein daselbst conditionirender HandlungScomnüö auS Hannover ein trauriges Ende genommen. Derselbe war vor einigen Tagen an den Pocken erkrankt und früh gegen 5, Uhr ans feiner in der Töpfcrstraße gelegenen Wohnung im Fieber fortgclaufen. Der Unglückliche eilte, nur mit cinem Hemd bekleidet, über den Fleischcrplah nach der An- germühlc zu und schwang sich über das Geländer einer Brücke, wurde aber noch, che er sich ans Was ser stürzen konnte, von einigen Leuten festgehalten und in einen schleunig hcrbeigeholien Siechkorb ge, legt. Leider gelang es dein Rasenden, sich wieder sreizumacheu, nochmals ans Wasser zu kommen und sich hineinzustürzen. Man zog den Unglücklichen als Leiche wieder herans. — In einer in Leipzig abgchallenen und von der demokratischen Partei einberufenen Volksver sammlung wnrde die Republik der Pariser Commune in den Himmel gehoben und die Presse, welche sich gegen dieselbe crllän hatte, schwer getadelt. Das „Leipziger Tageblatt" sollte gar verbrannt werben. AnS Chemnitz wird untcrm 8. April geschrieben: Wir hören, daß daS Direcwrium deS internationa len HilsSvereinü für das Königreich Sachsen dic Ab sicht hat, der bcwiiächst cinzuberufendcn General versammlung neue Statuten vorzulegen. Nach die- sen soll dem Verein auch im Frieden eine gewiffc Thätigkeit zugewiesen bleibe». ES würde nämlich auch Sache des Vereins sein, bei allgemeinen Lan- deöcalamiläten und außerordentlichen Unglücksfällen, wie z. B. Eisenbahnunglücken, Obdachlosigkeit durch Brand lind Uebcrschwemmung, den Calamilvsen ihaikräfiigc Hilfe zu bringen. Der Erfüllnng dieser Aufgaben würben sich dic Localvcrrinc innerhalb ih- Chemnitz beabsichtigt eine fanfprocentige Anleihe in Höhe von riner Million Thaler für Communal- zweckc aufzunehmcii. Preuße». Berlin, 12.April. Im deutschen Reichstage, welcher nach Beendigung seiner Oster ferien heute seine Arbeiten wieder aufnahm, crfolgic in zweiter Lesung die Genehmigung desjenigen Ent- wurfö, welcher eine Anzahl norddeutscher Bundesge- seyc als NeichSgesehc in Baiern einführt. Vorher war ein Antrag zur Debatte gekommen, welcher de- jweckic, diejenige Gewerbesteuer, dic in dcn Einzcl staatcn von dem Gewerbebetrieb im Umherzichen er- bobcn wird, in eine Neichostcuer zu verwandeln. Der Antrag selbst wurde von dcn Einbringern dcsscl- bcn zurückgezogen, nachdem ein preußisches BundeS- raihomitglieb eine ausführliche Miltheilung über die innerhalb der preußischen StaatSiegierung in dersel ben Frage bereits früher gepflogenen Erörterungen gegeben hatte. Es ergab sich hieraus, baß die kö niglich preußische Staatöregicrung zwar die Ver wandlung der Steuer vom Gewerbebetriebe im Um- herzichen in einc Ncichostcuer für unihunlich crachlei babe, aber nicht abgeneigt sei, im Wege der Reichs- gesehgcbung die gesammic Besteuerung der Gewerbe, svwobl der stehend, als ter im llmherziehen betriebe nen (fcdoch mit Ausnahme der Pcrsonalsteuer), von den Einzelstaaien auf das Reichsgebiet zu übertragen unb hierbei dic Hauptgrundsahc dcr preußischen Ge- werbestcuergeschgcbung: Contingentirung der Steuer auf größere Kreise und Vcrlhriluug der Sicuercon- tingcnte auf die einzelnen Gewerbtreibcnden durch dic Gcwcrblreihrnden sclbst, als Grundlage zu neh men. Berlin, 13. April. Dein Vernehmen nach wird der BundcSrath vom Reichstage einen Credit fordern, dcr jc nach Bedarf bis auf 120 Millionen Thaler sich belaufen kann. Zunächst werden davon 50 Millionen Vorschuß an dcn preußischen Siaatü- schätz zurückcrstattel. — DaS Generalpostamt macht wiederholt darauf aufmcrkfam, der alten Gewohnheit zu entsagen, die mit der Post zu versendenden Packele nur durch Buchstaben oder Zeichen zu signiren. Bei dcr über- aus starkcu Zunahme des Post-Packel-VerkchrS ist dic vollständige Adresse auf dem Packele bringend zu rmpfehlen, damit cineStheilo die Beamten Zeit er sparen, andererseits aber auch die Sendungen siche- rer, als bisher, an den Adressaten gelangen. — Für sämmllichc Trappen der deutschen Armee, sowohl Comhattanten als Nicht-Combaltanlen, wird vom Kaiser eine Denkmünze zur Erinnerung an den Feldzug von 1870—1871, aus eroberten bronccnen Kanoncnröhreu gefertigt, verliehen werden. Dcn Fürsten der Einzelstaalen soll cS jedoch überlasten bleiben, ihren resp. HeercSiheilen außerdem noch eine bcsviidcrc Denkmünze zu verleihen. Baier». Wiederum ist eS ei» Deutscher, dcr gelehrte und geistvolle StiftSpröbst v. Döllinger in München, dcr seines Gewissens halber der herrsch- süchtigcn römischen Hierarchie furchtlos den Fehde handschuh binwirft. Auf dic wiedcrholic Aufforder ung des Erzbischofs, sich dein neuen Dogma von der Unfehlbarkeit deS Papstes zu unlerwcrfen, Hal cr schriftlich geantwortet: „Alü Christ, Theologe, GeschichtSkuudiger und Staatsbürger kann ich diese Lehre nicht annehmen. Vor den gelammten deutschen Bischöfen in Fulda oder vor angesehenen Theologen in München will ich beweisen, daß dic Lehre von der Unfehlbarkeit mit der Heiligen Schrift und mit dcr Ucbcrlieserung dcü ersten Jahrtausends dcr christ lichen Kirche in Widerspruch steht und nur durch Fälschungen allmälig in dic Kirche hincingekommcn ist." Der tapfcrc Mann GvttcS schließt: „Ich kann mir nicht verbergen, daß diese Lehren, an deren ist, auch in das neue deutsche Reich den Keim des SirchthttmS verpflanze» werde», wenn sie unter de» deutschen Katholiken anerkannt unb herrschend wer ben." München, 6. April. Sc. Majcstät der König hat mit bcm großen Cortäge heute Mittag dem Hochamt iu der Allerhciligen-Hofkirchc bcigcwohnt. Herr SlisiSprobst v. Döllinger, welcher daS Hoch amt cclcbrirtc, vollzog nach bccnbelcr Kirche,ifcier im ehemaligen Hanschiersaale dic fcierlichc Fußwaschung an de» 12 alten Männern im Beisein des königl. ObersthofmeistcrS, -1 königl. Kämmerer und 2 königl. Kammerjuiiker. Ein außergewöhnlich zahlreiches Publikum hatte der Kirchcnfcicr bcigcwohnt. — Einc am 10. April in München abgchaltenc sehr zahlreich besuchte Versammlung angesehener Bürger nahm einstimmig einc Adreffc an dic StaatS- regicrung an, in welcher dieselbe gebeten wird, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dic gcfähr- lichcn Folge» der neuen Lehre von der Unfehlbar keit dcs Papstes abzuwehren, dic Verbreitung dersel ben in den öffentlichen BilbungSanstalten zu verbie ten und energischc und rasche Fürsorge zu «reffen, daß baü Verhältnis- zwilchen Kirche und Schule auf gesetzlichem Wege geregelt werde. AuS dcr baicrischcn Pfalz vom 7. April schreibt man bei» „Fr. I.": In rnblvscn Zügcn werden französische Gefangene nach Frankreich iranü- porlirt, deren Bestimmungsort CharlcSville ist. Dic Leute wcrdcu dort durch Bevollmächtigte der Thiers- scheu Negierung in Empfang genommen und sofort bewaffnet, um gegen die Jnsurreckion zu kämpfen. Sic befinden sich in Begleitung ihrer Offiziere und sind vom Zweck ihrer künftigen Thätigkeit unterrichtet; die Leute sind meist wohl genährt und schauen recht heiter drein. Oesterreich. Wien, 9. April. Eüt düsteres Verhängnis; waltet seit geraumer Zeit über dem österreichischen Kaiserstaat. Während dic äußcrc Politik nur Mißerfolge bring«, im Innern ein Ver such nach dem andern fehlschlägt, zu einer sclbst nur einstweiligen Consolidirung zn gelangen, sterben die wenigen bedeutenden Männer, dic im öffcntlichcii Dienste Oesterreichs wirksam sind, in dcr Blüthc der Jähre dahin. Kaum ein Jahr ist verstriche», seit in dein ReichSfinanzminister Frhr. v. Becke, der wenig über fünfzig Jahre alt ward, die unbestritten bedeu tendste ginanzcapacität Oesterreichs auS dem Leben schied, dcr einzige Mann, dem eS vielleicht gegeben gewesen wäre, feste Ordnung in dic Wirrsaal dcr