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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.04.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110428024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911042802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911042802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-28
-
Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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Als der Plan einer Reise König Peters non Serbien nach Oesterreich-Ungarn perfekt geworden war, da begannen die Serben zu skanda- lieren und gegen eine solche Absicht ihres Herrschers heftig zu protestieren. Eigentlich hätten sic er freut sein müssen, daß man in Wien jene Juninacht im Belgrader Konak vergessen hatte und Peter I. empfangen wollte. Und es hat wohl auch an Genug tuung hierüber bei den besonnenen Serben nicht ge fehlt, aber in Serbien gibt es gar zu viele Radau politiker, die ja vor einigen Jahren durch ihr wahn sinniges Gebaren ihr Vaterland an den Abgrund eines Kriegs gebracht hatten, und diese waren es, die jetzt gegen die Reise hetzten. Sie haben es noch nicht verschmerzt, dass angesichts der entschiedenen Haltung Oesterreich Ungarns und der Stimmung dec übrigen Europa Serbien im Jahre 1908 kloin bei geben mutzte, und datz seine Wünsche unerfüllt blie ben. Alles Entgegenkommen des grossen Donau reiches konnte nicht die Männer versöhnen, die sich im Groll verbissen hatten, und auch der für Serbien so wichtige Abschluss des Handelsvertrags hat ihren Hatz nicht zu mildern vermocht. Ob die Behauptung stimmt, datz an der Spitze dieser rabiaten Serben der ehemalige Kronprinz steht, bleibe dahin gestellt, unmöglich ist es nicht. Zn der Wiener Hofburg schien man über die Ankündigung des serbischen Besuchs in nicht ge ringe Verlegenheit gekommen zu sein, aber der alte Kaiser, der sich in seinem Leben schon in so vieles gefügt hat, wollte auch diese höfische Not wendigkeit über sich ergehen lassen. Nachdem Peter l. in Petersburg, Konstantinopel und Rom freundlich ausgenommen worden war, konnte inan ihn nicht gut obwciscn, zumal ja auch die nachbarlichen Beziehungen einige Rücksicht auferlegten. Nur gegen den Emp fang in der österreichischen Hauptstadt walteten grosse Bedenken ob, und so verfiel man auf den Ausweg, Latz Peter I. während des O s e n p c st e r Aufenthalt» Kaiser Franz Zosefs dessen East sein sollte. Damit schien alles glücklich geordnet zu sein. Datz die Ungarn über die ihnen zugedachte Visite wenig entzückt waren und ihrer Abneigung dagegen lauten Ausdruck gaben, war nicht sehr höflich, sie konnten jedoch aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen, worauf freilich die Regierung keinen Wert legen durfte. Die Sack)« wäre auch befriedigend erledigt ohne die fortgesetzte wüste Agitation in Serbien selbst, was auf den Mon archen, dem der Besuch gelten sollte, natürlich nicht ohne Eindruck bloiben konnte. Und so ist denn noch in letzter Stunde nach Belgrad eine Absage er gangen, die König Peter seinen eigenen Landsleuten zu verdanken hat und die schonenderwcise mit dem Gesundheitszustände des Kaisers begründet wurde, so datz dem aufsehenerregenden Vorgänge der verletzende Stachel genommen worden ist. Aber am Serbenhofe wird man nicht im Zweifel sein über dte wahre Ursache und den kalten Wasserstrabl fühlen, der hoffentlich di« im nationalen Eigendünkel er hitzten Gemüter abkühlt. Nach den offiziellen Meldungen soll der Besuch auf einen späteren Zeitpunkt dieses Jahres verschoben sein. Wir möchten daran erinnern, datz im Jahre 1903, als der Zar seinen in Rom angekündigten Be such infolge der lärmenden Proteste der italienischen Sozialisten absagle, auch gesagt wurde, die Visite solle binnen kurzer Zeit nachgeholt werden. Aber es ver gingen darüber volle sechs Jahre, und wer weitz, wie lange es dauert, bis Peter I. in Wien oder Ofen- pest erscheint. — Wie das Ereignis auf die inner- politischen Verhältnisse Serbiens und dessen Be ziehungen zu Oesterreich-Ungarn einwirken wird, mutz sich erst zeigen. * Das offiziöse „Wiener F r e m d c n b l a t t" hält natürlich daran fest, datz lediglich der Rat der Aerzte den Kaiser bewogen habe, mit Rück sicht auf sein Bedürfnis nach Schonung dieses Zuge ständnis zu machen. Die Auffassung zu verbreiten, datz damit nur politische Motive verdeckt werden sollten, müsse als eine bedauerliche Ungehörigkeit be zeichnet werde,: gegenüber der Tatsache, datz die Politik der Monarchie und Serbiens in der Richtung aus eine Besserung der Beziehungen und eine inten sivere Pflege der wirtschaftlichen Beziehungen tätig gewesen sei. Der Scnsadionsmacherei sei gewitz keinerlei Bedeutung beizumessen; diese werde ner mutlich schon binnen kurzem aller Welt klar werden, an dem Tage nämlich, wo der jetzt nur aufgeschobene Besuch des Königs dennoch stattfindet. — Warten wir's ab. Oie Lage in Marokko. Major Brämond soll gefallen sein. Eine Be stätigung der Nachricht ist noch nicht eingetroffen. Immerhin erscheint die Lage der Franzosen ziemlich nnangcnehm. So könnte die Kolonne des Vizekonsuls Boijset, die nach F e z marschieren will, vorläufig — und auch das unter zahlreichen Schwierigkeiten — nur nach Suk-el-Arba gelangen Ebenso bezog die Mahalla B r ä m o nd s erst, nachdem sie zwei Tage im Feuer gewesen war. bei Sidi Malek den Khcdda ein Lager. Anderseits scheint sich plötzlich Spanien lebhafter für die Dinge zu interessieren. 10 spanische Offiziere sind in Larrasche eingetroffen, und die spanisch-marokkanische Polizei ist aus Alkasiar aufgebrochen, um die Franzosen zu unterstützend Fol gende Telegramme geben näheren Aufschluß: Paris, 28. April. (Telegramm.) Bezüglich der in Tanger verbreiteten Nachricht. Latz Major Brs- mond gefallen sei, wird mitgeteilt, datz weder im Kricgsministerium noch im Ministerium des Aeutzern eine B e st ä t i g u n q dieses Ge rüchts eingeganqen ist. , Paris, 28. April. (Telegramm.) Aus Tanger wird gemeldet: Trotz aller Ableugnungen werde behauptet, datz eine Landung spanischer Trup pen in Larrasche und der Marsch nach Tetuan beoorstehe. In Larrasche seien am 23. April etwa 10 spanische Offiziere eingetroffen, die mit dem spa nischen Konsul und den Offizieren der spanisch-marok kanischen Polizei Besprechungen abgehalten hätten. Der Kommandant dieser Polizei sei am 21. mit allen Reitern aus Alkassar aufgebrochen, um das Vor gehen der französischen Militärmission zu unterstützen. Tanger, 28. April. (Telegramm.) Der „Agence Havas" wird aus El Kassar vom 26. April gemeldet, datz die Mahalla Brömonds am 23. abends bei Sidi Malek den Khedda ein Lager be zogen hatte, nachdem sie den ganzen Tag über, wie schon am Tage vorher, dem Feuer des Feindes aus gesetzt gewesen war. Tie Abteilung Les Vizekonsuls Boisset erreicht unter zahllosen Schwierigkeiten auf ihrem Rückmarsch durch fast noch ununtcrworfencs Gebiet Su? cl A r b a. pllliMche LlsÄrlchten. Der voraussichtliche amerikanische Botschafter in Berlin. Washington, 28. April. (Tel.) Als Botschafter in Berlin ist der frühere Gouverneur von Ohio, Her rick, ein intimer Freund Tafts, in Aussicht genommen. Gesandtcnwechsel. Wien, 28. April. (Tel.) Die „Neue Freie Presse" meldet: Der österreichische Gesandte in Belgrad, v. Forgach, wird demnächst seinen Posten vcr lassen und als Gesandter nach Dresden gehen. Der österreichisch-ungarische Gesandte in Sofia Frei herr v. Giskra. der von seinem Posten scheidet, hat das Agrement als Gesandter im Haag erhalten. An seine Stelle tritt ter bisherige Legationsrat der öster reichisch ungarischen Borschaft in London Graf Tar now s k i. Als 'Nachfolger des zum Gesandten in Dresden ernannten Grafen Forggch erhielt der bisherige Legationsrat in Bukarest Stefan Ugron das Agrement als Gesandter in Belgrad. Der deutsch-schwedische Handelsvertrag. Stockholm, 28. April. (Tel.) Es verlautet, datz der Abschluß der diplomatischen Verhandlungen über den deutsch schwedischen Handelsvertrag nahe be oorstehe. Der gemeldeten Absicht, einen außer ordentlichen Reichstag für den Sommer einzuberusen, steht die Bestimmung der Verfassung entgegen, nach der Budget- und Tarifberatunqen nur von ordentlichen Reich stagssessione,, vor genommen werden dürfen. Eingestellter Betrieb. Görlitz, 28. April. (Tel.) Nachdem wegen Lohn str-itigkeiten in der Norddeuischen Jutespinnerei und Weberei in O st r i tz ein teilweiser Arbcitersrreil ausgebrochen war. wird der Fabrikbetrieb nunmehr völlig eingestellt Hiervon werden etwa 1000 Arbeiter betroffen. Streikverhandlungen in Kopenhagen. Kopenhagen, 28. April. (Tel.) Zwischen dem Ar beftgeberverein und den Fachverbänden wurde ein llebereinkommen erzielt, nach dem die für morgen angesetzten Aussperrungen zurückgezogen und die bereits bestehenden Aussperrungen spätestens am 1. Mai aufgehoben werden, falls vor dem 1. Mai mit den unorganisierten Maurern und Klempnern eine Einigung erzielt wird. Beschlüsse des französischen Ministerrates. Paris, 28. April. (Tel.) Der Ministerrar hat gestern beschlossen, Umzüge und Straßen kund gedungen am 1. Mai zu untersagen. — Krieasminister Berteaux besprach sodann die in Marokko getroffenen Maßregeln. Die Gums der Sokauja hätten am Vormitiag den Boudeoreg über schritten, die erste Abteilung der Kolonne solle heute folgen. General Moinier werde das Ober kommando über sämtliche Truppen behalten. Reumütige Malissorensiihrer. Tetinje, 28. April. (Tel.) Neun hervorragende Führer der Malissoren, die sich jetzt ru Mon tenegro aufhalten, richteten gestern an den Sul tan eine Depesche, in der sie demütigst um Ver zeihung und Wiederaufnahme in seine Staaten bitten, wo sie steis getreue und gehorsame Untertanen zu fein versprechen. Ein ähnliches Bittgesuch wurde von orthodoxen Führern von Auswanderern ab geschickt Ministertrisis in Persien. Teheran, 28. April. (Tel.j Nachdem gestern in Ser Medschlis die erste Lesung der Vorlage über die englische Anleihe beendet worden war, bat der Finanz Minister, die zweite Lesung auch sofort folgen zu lassen. Die Demokraten widersprachen jedoch energisch diesem Vorhaben, und bei der Ab stimmuna erklärten sich nur 33 von 7u Stimmen für den Vorschlag des Finanzministers. Die Nieder lage der Negierung wird wahrscheinlich ihre De mission h e r b e i s ü h r e n. Zur Lage in Mertto. New York, 28. April. sTel.f Nach authentischen Meldungen ist die Stadt Mazatlan Sinaloa von den A u f st ä n d i s ch e n e i n g c s ch l o j s e n Der Stadt wurde die Zufuhr auf dem Wafser aoge schnitten. Den Hafen soll ein mexikanisches Kanonenboot von der Stellung der Aufständischen aus mit Granaten beschossen, auf die vereinten Vor stellungen der fremden Konsuln aber das Feuer ein gestellt haben und in See gegangen jein. Züge oer kehren nicht, da die Aufständischen die Brucken ver brannt haben. In El Paso wurde der Waffen stillstand zwischen den Bundestruppen und den Aufständischen auf weitere fünf Tage verlängert. Kus Leipzig und Umgegenü. Leipzig, 28. April. Wetterbericht der Königl. Sachs. Landeswettcrwarte zu Dresden. Voraussage für den 29. April. Nordwestwinde, veränderliche Bewölkung, kühl, zeitweise Regen. Pöhl berg: Glänzender Sonncnuntcr und aufgang. Himmelsfärbung orange. Fichtelberg: Sturm aus Süd bis West. * Des Königs Dank. Auf das Begrüßungs telegramm. das der Verband Sächsischer I n - d u st r i e l le r anläßlich seiner Generalversammlung jm Februar ö. Z. an den König gesandt hatte, ist nach Rückkehr des Königs von seiner Afrikareise folgende Antwort beim Verband eingegangen: „Seine Ma jestät der König haben den Huldigungsqruß der am 21. Februar d. I. zur Hauptversammlung in Dresden versammelt gewesenen sächsischen Industriellen mit Befriedigung und bestem Danke zur Kenntnis ge nommen. Seine Majestät lasten dabei zum Ausdruck bringen, daß er eingedenk der Entwicklung und Bc deutung der heimischen Industrie nicht aufhörcn werde, ihr sein landesväterliches Wohlwollen und förderndes Interesse zuzuwenden. Der Kämmerer Seiner Majestät des Königs (gez.) von Criegern." * Univerfitätsnachrichten. Der Geh. Medizinalrat Professor Dr. Friedrich Trendelenburg. Ordinarius der Chirurgie und Direk tor der chirurgischen Klinik in Leipzig, einer der bedeutendsten deutschen Chirurgen, tritt am 1. Oktober d. I. in den Ruhestand. Trcndeleuburg. am 21. Mai 1811 zu Berlin als Sohn des Philo sophen Friedrich Adolf Trendelenburg geboren, ist von mütterlicher Seite ein Enkel des Sprachforschers und Arztes Friedrich Heinrich Becker. Aus dem Dss Grüne Kuta. Roman von August Weitzl. FZ) (Nachdruck verboten.) Vierzehntes Kapitel. Pünktlich stellte sich die Baronin Sternberg am nächsten Morgen bei Polizeirat Wurz ein. Sie fand das Bureau voll von Leuten. Der Polizeirat wollte nämlich ganz unmerklich eine Kon frontation vornehmen. Jenes Dienstmädchen, das die Frau mit den roten Haaren gesehen, der Einspänner- und der Fiaker kutscher, die sie geführt hatten, waren geladen, um festzustellen. ob jene Frau mit der Baronin Stern berg identisch sei oder nicht. Als die Baronin eintrat, wurde sie von allen Seiten scharf fixiert. Die drei Zeugen schüttelten Len Kopf. Bevor der Polizeirat an di« Baronin irgendwelche Fragen stellte, ersuchte er sie, auf einer feinberutzten Platte ihre Finger abzudrücken. Die Baronin fand diesen Wunsch zwar höchst merk würdig, willfahrte ihm aber, da ihr versichert wurde, daß dieses Experiment für den Gang der Untersuchung wichtig sei. Die sofortige Untersuchung des Fingerabdruckes und der Vergleich mit jenem, den schon Doktor Martens besaß, ergab «in« derartige Verschiedenheit der Bilder, daß die Annahme, die Baronin könnte sich doch an jenem Fenster aufgehalten haben, vollständig zunichte wurde. Der Polizeirat war ein viel zu guter Kriminalist, als daß er jetzt auch nur den leisesten Zweifel an der Unschuld der Baronin gehegt hätte. Alle ver dächtigenden Momente mußten auf Zufälligkeiten zu rückzuführen sein, die aufzuklären di« Baronin gewitz imstande war. „Ich bitte Sie jetzt, uns alles, was Sie über Len Diebstahl der Papiere wissen, in möglichst zusammen hängender Weise zu erzählen." Die Baronin lehnte sich in den Fauteuil zurück, dachte einige Sekunden nach und begann: „Damit Sie meine Handlungsweise und auch alles, was ich Ihnen in dieser Angelegenheit mitzuteilen habe, vollständig verstehen, mutz ich weiter zurück greifen. Wie Sie wissen, tauchte mein Bruder seiner zeit in Marcone bei den Kaisermanövern auf. wurde, al» er gerade bei uns zu Besuch weilte, verhaftet und vom Grafen Heinen später nach Morpiero eskortiert, um in die Festung abgegeben zu werden. Ich galt damals fiir feine Braut. Das mutzte sein, um Las Geheimnis seiner Person zu wahren und doch einen Verkehr zu ermöglichen. Graf Heinen ist mein Cousin. Wir sind durch meinen verstorbenen Mann verwan-t. Er wußte, datz der Sträfling mein Lruöer war. Heinen war als leichtsinniger, verschuldeter Offizier in unserer Familie bekannt. Er hatte sich von meinem Vater oft große Beträge ausgeliehen, die er im Makao verspielte. Ich benutzte unsere verwandtschaftlichen Be Ziehungen und bat ihn, dem Gefangenen, Ler ja Rekonvaleszent war, beim Transporte jede mögliche Erleichterung zu gewähren. Heinen willigte ein und war auch für anderes noch zu haben. Er verpflichtete sich, -em Gefangenen am Abend in Morpiero ein Paket einzuhündigen, das ich ihm nebst einem Schuldschein über achttausend Lire, die er zwei Tage vorher im Hasardspiel an meinen Vater verloren hatte, übergab. Ob Heinen wußte, -atz jenes Paket eine englische Feile enthielt, weiß ich nicht. Er sorgte auch dafür, Laß der Transport, wie verabredet, in Morpiero verspätet eintraf, so datz mein Bruder dem Eemeindearrest übergeben werden mutzte, aus dem er dank jener Feile entkam. Die Sache sah damals ziemlich ungünstig für ihn aus, um so mehr, als er im Regiment keinen guten Ruf hatte. Er verstand es jedoch, sich bei der militärischen Unter suchung reinzuwaschen, nahm aber seinen Abschied. In Wien suchte er mich später auf. Zu einer Zeit, da ich bereits mit Hauptmann Fernkorn verlobt war. Durch die Drohung, dem Hauptmann zu ver raten, daß ich die Schwester jenes Mannes sei, der der Spionage verdächtig gewesen, erpreßte er mir unaus gesetzt Geld. Durch allerlei Nachrichten über meinen Bruder erhielt er mich in steter Angst. Ich batte un ausgesetzt das Gefühl, datz ein Wort Heinens meinen Bruder verderben und mich selbst um mein Lebensglück bringen könnte. So war ich schwach genug, seine Wünsche nach Geld immer wieder zu erfüllen. Dann kam jener Abend. Bei meinem Onkel war große Gesellschaft. Heinen hatte an jenem Abend wieder an mir eine Erpressung verübt. Er erzählte mir, daß mein Bruder sich in Graz befinde und dem nächst unter dem Namen Adolf Strebinger in Wien eintreffen werde. Er verlangte Geld. Ich bestellte ihn für den nächsten Tag in meine Wohnung. Mißgestimmt und nervös versuchte ich, mich aus der Gesellschaft zu stehlen. Ich ging ins Schlafzimmer meiner Tante. Dort saß ich wohl eine halbe Stunde lang allein, fern vom Lärm, ganz allein mit meinen Gedanken. Plötzlich fiel Lurch den Spalt der Tür, welche das Schlafzimmer meiner Tante mit dem Arbeitszimmer meines Onkels verbindet, ein schwacher Lichtschein ins Zimmer. Es mutzte jemand das elektrische Licht auf gedreht Haden, denn als ich vor einer halben Stunde das Zimmer durchschritten hatte, war es dunkel. Ich verhielt mich ganz ruhig, denn ich wollte nicht ent deckt. aus meiner Ruhe nicht aufgestört werden. Ich spähte Lurch den Spalt und jäh — meinen Vetter Heinen, der offenbar soeben ins Zimmer ge treten war. Er ging rasch auf den Schreibtisch zu, öffnete ihn mit einem Schlüssel, den er aus der Tasche zog, ent nahm der mittleren Lade ein Bündel Akten und rer- schwand ebenso rasch und leise, wie er gekommen. Ich war sprachlos. Ich hatte sicherlich keine gute Meinung von Heinen, aber einen Diebstahl hätte ich ihm doch nicht zugetraut. Sie werden mich jetzt wohl fragen, warum ich nicht sofort Lärm schlug? Oder warum ich am nächsten Tage, als das ganze Haus über den unerklärlichen Diebstahl sich in Aufregung befand, meinem Onkel nickt alles erzählte? Aus zwei Gründen unterließ ich das. Erstens fürchtete ich mich vor Heinen, der ja der Mitwisser meines Geheimnisses war, zweitens empfand ich Heinen gegenüber, trotzdem ich seine Minderwertigkeit er kannte, eine Art Dankbarkeit dafür, daß er meinem Bruder damals in Morpiero zur Flucht verhalfen. Er war ja schließlich doch der Retter meines Bruders. Als ich sah. welcher Wert auf die verschwundenen Dokument« gelegt wurde, wandte ich mich an «in Privatdetektivbureau und ließ Heinen überwachen. Ich tat Lies, um Material gegen ihn zu sammeln. Don meinem Onkel erfuhr ich dann gesprächsweise, daß die Polizei auch meinem Bräutigam nächsten«. Das war ein furchtbarer Schlag für mich. Ich suchte einen Weg, die Behörde von dieser falschen Spur ab zubringen und ihre Aufmerksamkett auf die richtige zu lenken. Ich begann eine Korrespondenz mit Doktor Specht, der mir von meinem Onkel als jener Kom missar bezeichnet worden war, der di« Untersuchung führte. Endlich lud ich Heinen selbst zu mir und forderte ihn auf, die Papiere zurückrustellen, ich drohte ihm, meinem Onkel Holmhorst alles mitzuteilcn. Wissen Sie, was er mir darauf mit Ler kältesten Gelassenheit zur Antwort gab? „Das wirst du sicherlich nicht tun, rerehrte Cousine", sagte er, „du wirst schweigen, wenn du dich nicht selbst ins Unglück stürzen willst. Ich habe Lic Papiere zu mir gesrommen, um ein Geschäft mir deinem Bruder abzuschlietzen. Merke dir das! Wenn du mich anzeigst, so ist auch er verloren." „Das glaube ich nicht", entgegnete ich. „wenn Lu die Papiere nicht heute noch zurückgibst, werd« ich dem Polizeikommissar Doktor Specht, mit dem ick> schon seit langem in Korrespondenz stehe, alles mit teilen." Um ihm zu zeigen, daß ich die Wahrheit spreche, zeigte ich Heinen einen Brief des Kommissars. Er steckte ihn lächelnd mit den Worten ein: „Dieses kleine Schreiben kann mir vielleicht noch gute Dienste leisten. Mach', was du willst. Menn du es für gut findest, zeig' mich an. Vergiß aber nicht, daß ich nicht allein falle." Mit diesen Worten verließ er mich Am nächsten Tage war die Redoute. Ich bestellte Doktor Specht in den Saal. Der Umstand, daß mir mein Onkel erzählt hatte, man hab« die Ueber- wachung meines Bräutigams noch immer nicht aus gegeben, bestärkte mich in dein Entschluß, der Behörde den rechten Weg zn weisen, ohne selbst aus meiner Reserve herauszutreten. Ich hatte zwar ein Rendez vous mit Hauptmann Fernkorn im sophiensaal verabredet, wollte aber unerkannt bleiben, um mit Polizeikommissar Doktor Specht sprechen zu können. Ich fuhr daher ru meiner Freundin Frau non Sell heim, um das Nötige mit ihr zu besprechen. Sie zeigte sich bereit, mich zu begleiten, mein Automobil hatte ich unten warten lassen, und so fuhren wir in einen Laden, wo wir zwei Dominos kauften, denn ich wollte von Hauptmann Fernkorn nicht erkannt werden, während ich mit Specht verhandelte. Ich be absichtigte, später den Domino zu wechseln. Dann fuhren wir wieder zu Frau von Se'llbeim. wo wir uns umkleideten, schließlich aus die Redoute. Bon dem Privatdetektreo, der Heinen überwachte, hatte ich er fahren, daß er in der letzten Woche dreimal in das Haus Grillhoferstraße 16 geganaen war, und schloß, daß er wohl dort wegen der Papiere unterhandle. Zweimal hatte er zu diesen Wegen mein Automobil benützt, das zu seiner Verfügung stand, wenn ich es nicht benötigte. (Fortsetzung folgt.)
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