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Amcher Redacteur und Verleger: C. Bernhard Ott in Zwönitz. 1. Jahrg Dienstag, den 24. Oktober 1876 57. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prasnumoranäo. für Zwönitz und Umgegend Tagesgeschichte. Berlin. Der Kaiser feiert am 1. Januar 1877 sein sieben- zlgjährigcs militairischeS Dienstjubiläum. In deutschen Offizierkreisen beabsichtigte man, diesen Ehrentag des obersten Kriegsherrn durch Ueberreichung einer entsprechenden Festgabe zu feiern, Se. Majestät haben jedoch ausdrücklich auf jedes äußere Zeichen der Dankbarkeit, Hingebung und Treue verzichtet und den Wunsch zu erkennen gege ben, den Tag ohne Entfaltung eines größeren militärischen Glanzes zu verleben. In Folge dessen werden nur, wie man der „N.-Z." mittheilt, von sämmtlichen deutschen Regimentern Deputationen am 1. Januar hier eintreffen, welche Sr. Majestät die Glückwünsche der deutschen Armee überbringen. — Im Monat August starben in der Armee 111 Soldaten. Mil Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 44 Todesfälle vorge kommen, 5 durch Krankheit, 23 durch Verunglückung und 16 durch Selbstmord. — Dem Vernehme» nach sind in Ergänzung der drei großen Justizgesetze folgende NeichSgcsetzentwürfe theils in Vorbereitung be griffen, «Heils in Aussicht genommen worden: 1) ein Gesetzentwurf, betreffend die Regelung der Verhältnisse der Rechtsanwälte, 2) ein Ge setzentwurf, betreffend das Gebührenwesen der Rechtsanwälte, Notare rc., 3) ein Gesetzentwurf, betreffend die Formen der öffentlichen Beurkun dung in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 4) ein Gesetzentwurf, betreffend die Amtsstellung der Notare, 5) ein Gesetzentwurf über die Kosten des Civilprocesses und über das mit der ConcurSordnung ver bundene Kostenwesen. - " Schwerin, 17. October. Man schreibt den „Hamb. Nachr.": Wie erst jetzt bekannt wird, ist auf die Eingabe der Landschaft aller 3 Kreise vom 6. Mai d. I-, welche, an beide Großherzögc gerichtet, die Wiederaufnahme der Verhandlungen über eine Reform der Lan desverfassung erbat, erst jetzt und zwar nur von schwerinischer Seite eine Antwort erfolgt. In derselben wird, wie verlautet, die Land schaft darauf hingewiesen, daß bei der Meinungsverschiedenheit zwischen beiden Ständen in dieser Angelegenheit einer Wiederauf nahme der Verhandlungen keinen Erfolg verspreche. Würde die Landschaft die bis jetzt fehlende Einigung mit der Ritterschaft herbei zuführen im Stande sein, so würde sie die großherzogl. Negierung zur Erneuerung der Verhandlungen bereit finden. Hiernach würde also die Negierung sich in der Verfassungsangelegenheit so lange passiv verhalten wollen, bis es der Ritterschaft gefällt, ihre bisherige Stellung zu ver Sache zu ändern. Mannheim. Der neue badische Ministerpräsident vr. Turban bat hier am 15. d. bei der feierlichen Einweihung des Personen bahnhofes eine Art Programmrede gehalten. Er verwahrt sich darin auf das Entschiedenste dagegen, daß der Großherzog bei dem Cabinets- wechsel durch heimliche Machinationen beeinflußt worden sei und daß er (Turban) oder einer seiner College« den Jntriguanten gespielt habe. Die Stellung des gestürzten Cabinets sei eben erschüttert gewesen, der Großherzog habe ihn zu Nalhe gezogen und erst nach reiflicher Ueberleguug habe er angenommen. Auch den Vorwurf, daß das neue Cabinet noch mit keinem Programm hervorgetreten sei, wieS der Minister zurück, es bleibe eben bei dem bisherigen Pro gramme der badischen Politik: „Freisinniges und reichstreucs Regiment/' Karlsruhe, 20. October. Se. Majestät der Kaiser ist heute Nachmittag 4^ Uhr, von Baden-Baden kommend, in Begleitung des Großherzogs und der Großherzogin von Baden hier cingetroffen und hat nach kurzem Aufenthalte die Reise nach Frankfurt fortgesetzt. Basel, 20. October. Die „Baseler Nachrichten" melden aus Tessin, die dort herrschende Aufregung scheine sich im Allgemeinen zwar zu legen; immerhin kämen noch in mehreren Gemeinden Aus schreitungen vor. Die Liberalen seien Steinwürfen oder Revolver- schliffen ausgesetzt und die ullramontanen Gemeinden veranstalteten öffentliche Festversammlungen. Die Municipaliläten von Lugano und Bellinzona dagegen hätten ZustimmungStelegramme an die Negierung " gesendet. Bern, 20. October. Der Bundesrath hat die Regierung von Tessin ersucht, die auf den 5 k. M. angeordnete Neuwahl des großen Nathes zu suspendiren. Brüssel, 20. Octbr. Der hiesige französische Gesandte Baron, Baude, übernimmt nach einer Meldung des „Echo du parlement" die diplomatische Vertretung Frankreichs bei der päpstlichen Curie und soll auf dem hiesigen Posten durch den Grafen Duchadel ersetzt werden. Paris, 17. Octbr. Gestern wurde in der Sühncapelle der 83. Jahrestag der Hinrichtung der Königin Marie Antoinette be gangen. Von 7 bis 12 Uhr wurden Messen gelesen, denen ein zahl reiches und elegantes Publikum beiwohnte. Die Familie Orleans war nur durch den Herzog von Nemours vertreten; der Herzog von Montpcnsier hatte sich entschuldigen lassen. An Stelle der Königin Isabella, welche die letzten Jahre bei der Feierlichkeit nie fehlte, zeigten sich den Neugierigen Don Carlos und seine Gemahlin, die sich für die 11-Uhr-Messe hatten anmelden lassen. Die Marschallin Mac Mahon war der Einladung zu dem Trauergottesdienst ebenfalls gefolgt. Auf Wunsch des in diesem Augenblick in Rom weilenden Erzbiscbcfs Guibert ist die diesjährige Collecte für die katholischen Universitäten bestimmt. Paris, 19. October. Gutem Vernehmen nach stehen zwischen London und Livadia directe Verhandlungen bevor. Gerüchte über- neue Allianzbilkungen werden in gouvernemcntalen Kreisen als unbe gründet bezeichnet. Nicht ohne Veranlassung ist wohl eine Publikation der „Correspondence Havas", welche erklärt, die Haltung der Pforte sei der Art, daß die Besorgniß eines blinden Widerstandes von ihrer Seite nicht gerechtfertigt erscheine, und in Bezug auf die Stellung Frankreichs sagt, die französische Regierung habe eine Haltung ange nommen, welche sie davor bewahren werde, sich irgendwie durch die allgemeine Lage fortreißen zu lassen. Und diesen Standpunkt halte die Regierung fest, sie werde auch fernerhin allen auf Herstellung eines Einverständnisses und einer friedlichen Action der Mächte gerichteten Anträgen sich anschließen. Frankreich, mit seiner inneren Sammlung beschäftigt, sei sich seiner eigenen Uneigennützigkeit be wußt, zweifele nicht an der Aufrichtigkeit der gleich friedfertigen An schauungen, die alle anderen Mächte ausdrückten und habe ein Recht, auf die Wirksamkeit entsprechender Bestrebungen zu rechnen, denen seine Mitwirkung von vorne herein gesichert sei. London, 17. Oktober. Der Schluß des von der bulgarischen Deputation an die Königin gerichteten BitlschreibenS lautet: „Große Königin einer großen Nation, seien Sie die edelmüthige Schätzerin eines Volkes, das fünf lange Jahrhunderte unter einer entwürdigenden Herrschaft seufzet. Es wird für Ew. M. ein glorreicher Titel mehr sein, der den Glanz Ihrer für immer denkwürdigen Regierung ver mehren wird!" Belgrad, 20. October. Die Türken Übersielen gestern mit großer Macht Viliko Schlegovatz bei Kruschowatz, wurden aber von Horvalovich zurückgeschlagen. Novosielof griff die Türke» am Javor an, nahm eine große Anzahl von Verschanzungen derselben und besetzte den Berg Wassilino. Constantinopel, 21. October. Nach der Regierung zuge gangenen Nachrichten ergriffen die türkischen Truppen am Donnerstag bei Alexinatz die Offensive, schlugen die Serben zurück und besetzten eine Anzahl befestigter Positionen derselben. Mrales und Sächsisches. — Der Nachtrag zum Jagdgesetz über die Schon- und Hegezeit der jagdbaren Thiere, welcher mit den 1. September d. I. in Kraft trat, ist gewiß von Vielen mit Freuden begrüßt worden, da derselbe der sogen. Aasjägerei, d. h. dem Vernichtungskriege der jagdbaren Thiere gesetzliche Schranken setzt. Um so mehr muß es aber Wunder nehmen, wenn von einem Dresdner Jagdpachtcr dagegen gefrevelt und schon im Monat September bez. noch vor dem 1b. Octobcr ras weibliche Rehwild (Ricken) todtgeschosse» wird. Wer da glaubt, mit