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Sächsischer Staatranzetger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 95. o Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoengeS in Dresden, o— Mittwoch, 26. April I 1911. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, «roße Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift t>« 6 mal gesp. «nkündigung-seite 25 Pf., die Zelle größere, Schrift ob. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. auf Seschäft-an-eigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Kaiser Kranz Joseph, dessen Befinden wieder sehr zu- sriedenstellend ist, wird am 2. Mai die «eise nach «ndapest antreten. * Im britischen Unterhanse erklärte ein Vertreter der Regierung, man habe keine Rachricht, daß die britischen Staatsangehörigen in Kes irgendwie gefährdet seien. * Die Zemmurs haben in Melines Mulay el Zin, den Bruder Mulay Hafids, zum Sultan auSgerufen. Amtlicher Teil. Mit Allerhöchster Genehmigung ist der außerordent liche Professor in der Philosophischen Fakultät der Uni versität Leipzig Or. piül. Hugo Riemann zum ordent lichen Honorarprofessor in dieser Fakultät ernannt worden. Se. Majestät der König haben Mlergnädigst geruht, den bisherigen Professor am Realgymnasium in Anna berg vr. püil. Ernst Julius Korselt vom 16. April ab zum Rektor des Realgymnasiums in Zittau zu ernennen. Dem Postinspektor Lieberoth in Limbach (Sachsen) ist vom 1. Mai 1911 ab eine Hilfsreferentenstelle bei der Kaiserlichen Ober-Postdirektion in Dresden über tragen worden. Nachdem Se. Majestät der König von Sachsen auf Grund von Art. 50 der Verfassung des Deutschen Reiches zu dieser Anstellung die landesherrliche Bestätigung er teilt haben, wird Solches zur öffentlichen Kenntnis ge bracht. 128 Postr. Dresden, am 1b. April 1911. »ui Finanzministerium. Mit Rücksicht auf die ausgedehnte Verbreitung der Maul- und Klauenseuche wird zur Verhütung ihrer Ber- schleppung durch den Eisenbahnverkehr hiermit bis auf weiteres folgendes angeordnet: 1. Sämtliche Eisenbahnwagen, die zur Beförderung von Klauenvieh gedient haben, sind gemäß 8 7 Abs. 2 b der Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die Ausführung des Gesetze- vom 25. Februar 1876 über die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförde- rungen auf Eisenbahnen vom 16. Juli 1904 (Reichs- Gesetzblatt S. 311, Gesetz- und Verordnungsblatt S. 395), verschärft zu desinfizieren. 2. In gleicher Weise sind die bei der Verladung und Beförderung der Tiere zum Füttern, Tränken, Be festigen oder zu sonstigen Zwecken benutzten Gerät schaften, die beweglichen Rampen und Einladebrücken sowie die festen Rampen, die Bieh-Ein- und -Auslade plätze der Eisenbahnverwaltungen nach jeder Benutzung zur Biehverladung zu reinigen und verschärft zu des infizieren (§8 8 und 9 der Bekanntmachung vom 16. Juli 1904). 3. Auf Stationen mit regelmäßigem Viehverkehr ist das zur Schlachtung bestimmte Vieh tunlichst von dem jenigen zu Rutz- und Zuchtzwecken getrennt zu halten und dessen Verladung je auf besonderen von den Stations verwaltungen hierfür bestimmten Rampen oder Rampen teilen vorzunehmen. »»», Diese Verordnung tritt sofort in Kraft. Dresden, den 15. April 1911. «7»iiv Ministerium de» Auuer«. Die unterzeichnete Königliche Kreishauptmannschaft hat die Herren Geheimen Okonomierat vr. Hähnel auf Kuppritz und Okonomierat Böhme in Döberkitz, zu Mitgliedern, sowie die Herren Okonomierat Achtnich in Herrnhut und Gutsbesitzer August Bär in Großhänchen zu stellvertretenden Mitgliedern der KreiSkörkommissi»« für den Regierungsbezirk Bautzen auf die nächsten 6 Jahre ernannt. 14» o l Vantzen, den SO. April 1911. »irr Die K-ui-ltche Kreishauptmau«sch«fi. Auf Grund der 88 100 Abs. 1, 100b der Reichs- getverbeordnung wird gemäß dem Anträge Beteiligter und mit Rücksicht auf da- Ergebnis des nach 8 100» der Reichsgewerbeordnung abgesetzten Feststellungsverfahrens angeordnet, daß sämtliche Gewerbetreibende, die im Amtsgerichtsbezirke Bischofswerda das Barbier-, Friseur- und Perückenmacher-Handtverk selbständig aus üben,-vom 1. Juli dieses Jahre- ab der mit dem Sitze in Bischofswerda für den genannten Bezirk zu errichtenden Barbier-, Friseur- und Perückenmacher- ZwaugSinnung als Mitglieder anzugehören haben, 8118 Bautze«, am 21. April 1911. 187VIII Königliche Kreishanptmannfchaft. Nachdem bei der Abstimmung mehr als zwei Drittel der beteiligten Geschäftsinhaber sich dafür erklärt haben, wird nunmehr auf Grund von 8 139k der Reichs gewerbeordnung hiermit angeordnet, daß in der Stadt Rossen die offenen Verkaufsstellen sämtlicher Geschäfts zweige, mit Ausnahme der Barbiere und Friseure inso weit es sich um deren Berufstätigkeit handelt, vom 1. Juni 1911 — einschließlich — ab, während des ganzen Jahre- um 8 Uhr abend- für den geschäftlichen Verkehr zu schließen sind. Ausgenommen hiervon bleiben der Freitag und Sonnabend jeder Woche, soweit diese Werktage sind, und diejenigen 24 Tage im Jahre, an welchen nach der Bekanntmachung de- Stadtrato vom 6. Mai 1905 der Geschäftsbetrieb bi- abends 10 Uhr gestattet ist, sowie die in 8 189« Absatz 2 Ziffer 1 der Gewerbeordnung erwähnten Notfälle. Während der Zeit, wo die Verkaufsstellen auf Grund gegenwärtiger Anordnung geschlossen sein müssen, ist der Berkaus von Waren der in denselben geführten Art, sowie da- Feilbieten von solchen Waren aus öffent lichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffent lichen Orten oder ohne vorherige Bestellung von Haus zu Haus im stehenden Gewerbebetriebe — 8 42b Absatz 1 Ziffer 1 des Gesetze- — sowie im Gewerbebetriebe im Umherziehen — 8 55 Absatz 1 des Gesetzes — verboten. Ausnahmen können von der Ortspolizeibehörde zugelassen werden. Zuwiderhandlungen unterliegen der Strafbestimmung in 8 146» der Reichsgewerbeordnung. rssbiv Dresden, am 24. April 1911. siss Königlich« Krei-Hanpimannschast. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil.) Nichtamtlicher Lell. Bo« ASniglichen Hofe. Dresden, 26. April. Se. Majestät der König wird von Bad-Elster bez. Werdau heute nachmittag 5 Uhr 13 Min. hierher -urückkehren. Deutsches Reich. Kaiserlicher Hof. Achilleion (Korfu), 25. April. Se. Majestät der Kaiser besichtigte heute da- Linienschiff „Erzherzog Franz Ferdinand* sehr eingehend und sprach Sich sehr anerkennend über den Zustand des Schiffes aus, nament lich aber auch über die Übersichtlichkeit de- ganzen Baues und die Klacheit der Decke. Der Kaiser verlieh Seiner Anerkennung dadurch Ausdruck, daß Er auch noch den ersten Offizier de» Schiffe- Korvettenkapitän Grafen Coloredo mit dem Roten Adlerorden 3. Klaffe dekorierte. Roch vom Flaggenschiff au- richtete der Kar er ein Tele- aramm an den Kaiser Franz Joseph, worin Er Seine Freude darüber aussprach, Gelegenheit gehabt zu haben, die Schiffe zu sehen. «eNameaufdruck amf NetchSbanknote«. Kürzlich sind die Allongen der neuen Hundert- marknoten, wie bekannt, feiten- einer Firma mit einem Reklameaufdruck verseken worden. Die von einem Teil der Presse hieran geknüpfte Bemerkung, daß die- mit Erlaubnis der Reichsbank geschehen sei, ist ün- richtig. Es wird vielmehr davor gewarnt, mit Re klameaufdruck versehene oder sonst für den Umlauf untauglich gemachte Noten in Zahlung zu nehmen, denn die Einlösung der in ungehöriger Weise für den Umlauf untauglich gemachten Noten kann seitens der Reichsbankanstalten nicht ohne weitere-, vielmehr erst nach einer nur in Berlin ausführbaren und deshalb mit erheblichem Zeitverlust verknüpften vorgängigen Prüfung ihrer Echtheit erfolgen. StrafrechtSkommisfi on. Der Strafrechtskommission, die im Reichsjustiz amt am 4. d. M. ihre Beratungen begonnen hat, ist, wie bereits bekannt, die Aufgabe gestellt, auf der Grund lage des im Jahre 1909 veröffentlichten Vorentwurfs den Entwurf eines neuen Strafgesetzbuchs auszustellen. Die Kommission hält wöchentlich dreimal Sitzungen ab. In den ersten beiden Wochen ist der erste Abschnitt des Allgemeinen Teils „Das Strafgesetz" (88 1—12) beraten worden. Die wesentlichsten Beschlüsse haben solgenden Inhalt: Die Dreiteilung der strafbaren Handlungen in Verbrechen, Vergehen und Übertretungen soll beibehalten werden. Die Frage, nach welchen Kriterien diese Teilung erfolgen soll, wird aber erst nach Erledigung de» Strafensystem- entschieden werden. Im Zusammenhang damit ist auch die Erörterung darüber, ob das Polizeiunrecht aus dem Strafgesetzbuch auszuscheiden, oder doch die Übertretungen, wie im Schweizer Borentwurf und in dem Gegenentwurf der Professoren Kahl, v. Liszt, v. Lilienthal und Goldschmidt, in einem getrennten Teile zu behandeln sind, vorläufig zurürkgestellt worden. Dre zeitliche und räumliche Geltung de» Strafgesetze» will die Kommission im wesentlichen nach den Vorschlägen des Borentwurf», jedoch mit verschiedenen Ergänzungen regeln. E» soll demnach beim Wechsel der Strafgesetzgebung grundiäpkch da» dem Täter günstigste Gesetz angewendet werden, doch sollen einzelne sichernde Maßnahmen, unabhängig davon, ob das alte Gesetz sie kannte, zur Anwendung gelangen. Für das Einsüh- rungsgesetz sind gewisse Überleitungsbestimmungen Vor behalten, insbesondere über Änderungen im Strafvollzug, den etwaigen Ausschluß von Straffolgen oder Nebenstrasen, die da» neue Gesetz ausdrücklich mißbilligt, und über den Wegfall der StrafvollzugSfähigkeit Jugendlicher, falls das neue Gesetz die Altersgrenze erhöht. — An dem Territorial prinzip des Z 8 de» Borentwurfs ist festgehalten. Dabei sind die deutschen Schutzgebiete und Konsulargerichtsbezirke, sowie deutsche Schiffe, während sie sich im Ausland oder auf offener See be finden, ausdrücklich dem Inland gleichgestellt worden. Zur Be seitigung von Zweifeln sind Begriffsbestimmungen von Zeit und Ort der Begehung ausgenommen. Als Zeit der Begehung soll die Zeit anzusehen sein, zu welcher der Handelnde tätig gewesen ist oder tätig hätte sein müssen, ohne daß es hierbei aus den Eintritt de» Erfolge» ankommt (sog. Tätigkeitstheorie). Als Ort der Handlung soll dagegen jeder Ort gelten, an dem sich der Tatbestand der strafbaren Handlung ganz oder zum Teil verwirk licht hat oder nach dem Vorsatz deS Täter» verwirklichen sollte (sog. Erfolgstheorie). Die Borschristen über das internationale Strafrecht sind Gegenstand eingehendster Beratung gewesen. Im Gegensatz zum geltenden Rechte hatte der Borentwur? vorgeschlagen, daß strafbare Handlungen eine» Deutschen im Auslande, die nach unserem Rechte als Verbrechen oder Vergehen anzusehen sind, im Inland auch dann verfolgbar sein sollten, wenn die Tat nach dem am B. gehungSort geltenden Rechte strasloS ist. Diese in der Kritik vielfach als eine Überspannung deS Rationalitätsgedankens angefochtene Bestimmung hat die Kommission nicht gebilligt, sie will zum geltenden Rechte zurückkehren und den Deutschen grundsätzlich nur strafen, wenn seine Tat auch nach auslän dischem Rechte mit Strafe bedroht ist. Dagegen hat die Kom mission den Vorschlägen de- Borentwurfs hinsichtlich der sog. Weltverbrechen, d. h. der Delikte, die ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit de- Täter- und den im Ausland belegenen Ort der Begehung im Inland« verfolgbar sind, zugestimmt. Es sollen daher nicht nur, wie bisher, Hochverrat, Münz verbrechen und Amtsdelikte deutscher Beamten Weltverbrechen sein, sondern auch der Meineid in einem bei einer deutschen Behörde anhängigen Verfahren, außerdem aber alle Verbrechen und Vergehen gegen Deutsche oder gegen Beamte de« Reich-, eine- Bundesstaat« oder eine« Schutzgebiet« und andeiseit« alle von solchen Beamten begangenen Verbrechen und Vergehen, ohne Rücksicht darauf, ob sie auf die amtliche Tätigkeit Bezug haben. Weiter sollen der Frauenhandel, Sklavenraub und Sklavenhandel und die Verbrechen de« Sprengstoffgesetzes als Weltverbrechen behandelt werden. Deutsche sollen endlich auch verfolgt werden dürfen, wenn sie auf staatenlosem Gebiet eine nach deutschem Rechte al« Verbrechen und Vergehen anzusehende strafbare Handlung begangen haben. Im Einfuhrungsgesetz soll lum Au«druck gelangen, daß di« Grundsätze, die für die im Au«- lande von einem Deutschen oder gegen einen Deutschen be gangenen Delikte gelten, auch auf Schutzgenossen Anwendung finden. Ebendort soll di« Anwendbarkeit der auf Delikte Deutscher im Ausland bezüglichen Grundsätze auf die Auslands delikte solcher Au»länder ausgesprochen werden, die wegen ihrer Beziehungen zum Reiche oder einem Bundesstaat der Ge richtsbarkeit de« ausländischen Staat« am Tatort nicht unter worfen sind (Familienmitglieder, Geschäft«personal und Be dienstete der im Ausland beglaubigten Missionen de« Reich« oder eine« Bunde«staat«). Die Kommission hat ferner beschlossen, daß die Anwendung de« dem Täter günstigeren «»«ländischen Recht«, die der Vor- entwurf noch für Straftaten de« sogenannten Neuburger« im Au«lande beibehalten hat, für di« Folge ausgeschlossen sein soll