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Meikentz -ZeitiiW Amtsblatt für die Königliche AnüshaupLinannschaft Dippoldiswalde, sonne für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein DK „WeiVeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 8t Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserat«, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit IO Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coinplicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eiiige- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 17. November 1883. Nr. 135. Die Thronrede bei Eröffnung des sächsischen Landtags am 14. November. Meine Herren Stände! Mit Freuden sehe Ich Sie heute zur Wiederauf nahme Ihrer verfassungsmäßigen Wirksamkeit um Mich versammelt. Es gereicht Mir zur großen Genugthuung, den zwanzigsten ordentlichen Landtag zu einer Zeit eröffnen zu können, in der sich der Gesammtzustand des Landes als ein in so vieler Beziehung günstiger darstellt. Ins besondere har sich die schon seit einigen Jahren wahr zunehmende Belebung der Geschäfte im Ganzen als eine dauernde erwiesen, und die heimische Industrie ist nicht ohne Erfolg bemüht gewesen, ihre Erzeugnisse zu vervollkommnen und neue Absatzgebiete zu ge winnen. Namentlich hat das Kunstgewerbe in dieser Richtung erfreuliche Fortschritte gemacht und dazu bei getragen, den Sinn für das Schöne und die Freude am künstlerischen Schaffen in immer weitere Kreise zu tragen. Zu Meinem lebhaften Bedauern hat nur die Landwirthschast, auch abgesehen von dem Einfluffe des ungünstigen Ausfalls der letzten Ernten, an der ein getretenen Besserung der Erwerbsverhältnisse nicht in dem erwünschten Maße theilnehmen können. Meine Regierung wird daher mit besonderer Aufmerksamkeit Alles verfolgen, was zur Hebung des landwirthschaft- lichen Gewerbes ohne Hemmung der Erwerbsthätig- keit in anderen Gebieten beitragen kann. Die im Laufe des letzten Jahrzehnts mit Ihnen verabschiedeten, fast alle Gebiete des staatlichen Lebens umfassenden organischen Gesetze haben die gesetzge berischen Ausgaben der Gegenwart erheblich vermindert. Es wird sich daher auch bei den Gesetzesvorlagen dieses Landtags weniger nm größere legislative Neuschöpfungen, als um Ergänzung wahrgenommcner Lücken, um ein zelne durch die seitherigen Erfahrnngen begründete Verbesserungen, um die Beseitigung hervorgetretener Uebelstände und Nechtsunsicherheiten handeln. Nachdem bei den Gerichten Zweifel über die Vor aussetzungen der rechtsgiltigen Verkündigung allge meiner Anordnungen der Verwaltungsbehörden ent standen sind, wird Ihnen eine Vorlage zugehen, welche die Beseitigung dieser Zweifel zum Zweck hat. Ein Gegenstand, der Sie schon mehrfach beschäftigt hat, die Reform der Unterstützungskgssen beim Berg bau, wird auch auf diesem Landtage Ihre Aufmerk samkeit in Anspruch nehmen. Es wird Ihnen der Entwurf zu einem Gesetze vorgelegt werden, welches, im Anschlüsse an die Bestimmungen des Reichsgesetzes über die Krankenversicherung, die Trennung der Krankenversicherung von der Invalidenversicherung für die Knappschaflskafsen ausspricht und eine weitere Re form der letzteren vorbereitet. Eine Vorlage über die Einführung eines Staats- fchuldbuchs soll den Zweck verfolgen, den Staats gläubigern einen sicheren Schutz gegen Verluste und damit dem Staatskredit eine neue Förderung zu ge währen. Die im vorigen Jahre unternommene Revision der Lehrordnung der Gymnasien und Realschulen hat das Bedürfniß einer Erweiterung des bisherigen achtklassigen Kursus der Realschulen I. Ordnung zu einem neun- klassigen herausgestellt. Es wird Ihnen daher ein hierauf abzielender Gesetzentwurf zugehen, der zugleich einige Aenderungen in der Einrichtung der Realschulen ' II. Ordnung in Vorschlag bringt. Der bestehende Rechtszustand in Bezug auf die Zwangsversteigerung von Immobilien läßt aus ver schiedenen Gründen eine Neuordnung als wttnschens- wertb erscheinen. Meine Negierung hat diesem Ge genstände, dessen Behandlung namentlich wegen des Ausgleichs der dabei berührten wirthschastlichen Inter essen nicht unerhebliche Schwierigkeiten bietet, ihre volle Aufmerksamkeit zugewendet, und es sind die Vorarbeiten zu einer beabsichtigten Gesetzvorlage dem Abschluß nahe. Es wird Ihnen weiter vorgeschlagen werden, in Benutzung der durch die Reichsgesetzgebung ueuerdings gebotenen Füglichkeit die gewerbmäßige Ausübung des Hufbeschlags wiederum von einem Befähigungsnach weise abhängig zu machen, und werden Sie ferner um Ihre Zustimmung zu einiger Erweiterung der wegen Entschädigung für Verluste bei Viehseuchen bestehenden Vorschriften ersucht werden. Eine weitere Ergänzung des Eisenbahnnetzes in verschiedenen Theilen des Landes erweist sich als Be- dürfniß. Es wird daher auch auf diesem Landtage die Entwickelung unseres Eisenbahnwesens Ihre Thätig- keit in besonderem Maße in Anspruch nehmen. Unter dem Einflüsse des erfreulichen Aufschwungs von Handel und Gewerbe, der Verminderung des Be darfs für die Verzinsung der Staatsschulden und der gestiegenen Erträgnisse der Zölle und Neichssteuern hat sich die Finanzlage des Staates fernerweit ge bessert. Es kann daher auf die Zuschläge zur Ein kommensteuer verzichtet und Ihnen in Erfüllung eines langgehegten Wunsches, die Aufhebung des fiskalischen Chausseegeldes, vorgeschlagen werden. Der gedeihliche Zustand der Finanzen gestattet aber auch, wie Sie aus den Vorlagen Meiner Negierung ersehen werden, einige größere Bauten zur Förderung der Zwecke der Staatsverwaltung, der Wissenschaft und Kunst in den ordentlichen Staatshaushaltsetat einzustellen und die wirthschastlichen Kräfte des Landes in ihrer Gesammt- heit durch eine Ermäßigung der Eisenbahngütertarife weiter zu entwickeln. Und so. Meine Herren Stände, heiße Ich Sie hier willkommen, mit dem Wunsche, daß Ihre Be- rathungen und Beschlüsse zum Nutzen und Frommen des Landes gereichen mögen. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die monatelange Lutherbewe gung hat nun mit den verschiedenen Festlichkeiten, welche in d.r gesammten protestantischen Welt am 10. und 11. November stattfanden, ihren äußerlichen Ab schluß erhalten. Dieselben sind namentlich in Deutsch land allerorten auf das Glänzendste und Würdigste verlausen, und auch kleinere Orte hatten vielfach das Aeußerste gethan, um das Luther-Jubiläum zu einem Glanz- und Festtage zu gestalten. Mit besonderer Be friedigung kann man hierbei konstatiren, daß die Feier lichkeiten zum Andenken an den großen Reformator nirgends durch einen Mißklang gestört worden und besonders, daß nirgends die konfessionellen Gegensätze auf einander geplatzt sind. Vielleicht darf man hoffen, daß gerade das Lutherfest bei uns in Deutschland dazu beitragen wird, die religiösen Gegensätze zu mildern und zu versöhnen, und die Erfüllung dieser Hoffnung wäre die schönste Frucht, welche dem deutschen Volke aus dem Lutherjubiläum erwachsen könnte. — Für die nächste Zeit wird die Reise des deutschen Kron prinzen nach Madrid die Aufmerksamkeit der politischen Kreise des In- und Auslandes hervorragend in An spruch nehmen. Die in Madrid während der etwa zwei Wochen dauernden Anwesenheit des hohen Gastes in Aussicht genommenen Festlichkeiten versprechen, sich äußerst großartig zu gestalten; überhaupt wird sich der deutsche Thronerbe, allen Berichten aus Madrid zu folge, einer durchaus sympathischen Aufnahme in der spanischen Hauptstadt, auch seitens der Bevölkerung, zu erfreuen haben und auch im ganzen übrigen Spanien hat die Nachricht von dem bevorstehenden hohen Be suche den besten Eindruck gemacht. — Der russische Minister des Auswärtigen, Herr v. Giers, auf einer Reise nach der Schweiz begriffen, weilte dieser Tage auch in Berlin und Friedrichsruhe. Er hatte mit dem Staatssekretär im auswärtigen Amte, Grafen Hatzfeldt, eine längere Unterredung; dann wurde er vom Kron prinzen und später auch vom Kaiser empfangen. Herr v. Giers stattete auch dem Fürsten Bismarck in Friedrichs- 48. Jahrgang. ruhe einen Besuch ab; von hier begiebt sich ersterer, ohne Berlin wieder zn berühren, direkt nach Montreux in -der Schweiz, um seine dort weilende Tochter zu besuchen. Die Besuche des leitenden russischen Staats mannes in Berlin und Friedrichsruhe können sicherlich als ein beruhigendes Symptom bezüglich der allge meinen Lage und speziell als ein erfreuliches Zeichen für die Fortdauer der guten Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland betrachtet werden. — Die Stichwahlen zur Berliner Stadtverordneten-Versamm- lung haben der Fortschrittspartei eine empfindliche Niederlage gebracht. In sieben Bezirken standen sich die Kandidaten der Fortschrittspartei und der deutschen (konservativen) Bürgerpartei, in drei Bezirken die fort schrittlichen und die Arbeiter-Kandidaten gegenüber. Gewählt wurden drei Kandidaten der Fortschritts-, fünf von der Bürger- und zwei von der Arbeiter- Partei. Oesterreich-Ungarn. Die österreichisch-ungarischen Delegationen haben nach verhältnißmäßig kurzer Thä- tigkeit ihre Arbeiten am Mittwoch beendigt. Am Tage vorher hatten sich die Ausschüsse der österreichischen und der ungarischen Delegation über sämmtliche ab weichende Beschlüsse beider Delegationen geeinigt. Die Negierung des Grafen Taaffe darf mit den Erfolgen der Session durchaus zufrieden sein; ihre auswärtige Politik und namentlich das freundschaftliche Verhältniß zu Deutschland, fand die volle Zustimmung der Dele gationen und das Gleiche kann auch in Bezug auf die zur Berathung gelangten inneren Angelegenheiten, ab gesehen von einigen unwesentlichen Punkten, gelten. — Selbst der bosnische Okkupationskredit ist diesmal, im Gegensatz zu der früheren Session der Delegationen, unbeanstandet bewilligt worden. Frankreich. Der französischen Deputirtenkammer ist in dieser Woche abermals Gelegenheit zu einer ein gehenden Erörterung der Tonkin-Angelegenheit geboten. Die Negierung hat eine Nachtragsforderung für die Tonkin-Expedition im Betrage von neun Millionen Franks eingebracht, und ist die Kammer in die Be rathung der betreffenden Vorlage eingetreten. Die verhältnißmäßig bedeutende Nachtragsforderung dürfte auf die immer drohendere Haltung China's zurückzu führen sein, welche es der französischen Regierung zur Pflicht macht, bei Zeiten ihre Maßregeln zu treffen. Bekanntlich hat Marquis Tseng erklärt) daß China den bevorstehenden Vormarsch der Franzosen auf die Stadt Bacninh wahrscheinlich als einen Kriegsfall be trachten würde, dieser Vormarsch ist aber eine be schlossene Sache und stünden wir denn unmittelbar vor dem Ausbruche der französisch-chinesischen Feindselig keiten, falls der Marquis den Mund nicht etwas zu voll genommen hat, was allerdings gerade nicht zu den Unmöglichkeiten gehört. Sollten aber die Feind seligkeiten demnächst in der That beginnen, dann wäre Leben und Eigenthum aller in China lebenden Aus länder — nicht nur der Franzosen — aus's Höchste gefährdet und die europäischen Negierungen werden daher gut thun, diesen Umstand schon jetzt in ernste Erwägung zu ziehe». Rußland. Der russischen Presse ist von Peters burg aus eine bemerkenswerthe offiziöse Verwarnung zu Theil geworden. Die Negierung hat die russischen Blätter angewiesen, sich aller grundlosen allarmirenden Nachrichten zu enthalten, welche geeignet seien, die guten Beziehungen zwischen Rußland und seinen Nachbar staaten zu stören. Serbien. Die Erhebung im südlichen Serbien ist doch noch nicht gänzlich unterdrückt. Nach einer Mel dung aus Belgrad ist zwar der Kreis Zäjcar „pacifi- cirt", und operiren die serbischen Truppen jetzt gegen Kujaschevaz; aber eben aus letzterer Meldung geht hervor, daß die Insurgenten noch nicht vollständig zersprengt sein können, denn die Truppen würden sonst schwerlich nöthig haben, weiter zu operiren. Bulgarien. Der russische Oberst Kaulbars weilt