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Exptd. u. Redakttim Lre-Vea-Neustavt v. Meißner »ässe 4. Lie Zeitung erscheint Dienstag, Lannerstag und «onnahentz früh. Atonne»e«t»- Pret»: »terteljährl. M. 1,50 Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- mstaltcn und durch unsere Boten. Lei sreier Lieferung inS HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pf. älhsische VolßeidiW. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmanu Müller in Dresden. Inserate werden bis Mornag, Mittwoch u. Freiing Mittag angenommen und kosten: dieispalt. Zeile 15 Pf. Unter Eingesandt: 30 Pf. Jnscratrn- Nunahmcstcllen: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haascnslein LBogler, Rudolf Mosse, G L. Daube L Eo. in Dresden, Leipzig, Frankfurt n/M., G Kohl, Kesselsdorf u. f. w Mr. 49. Dienstag, dm 27. April 1897. 59. Zakrgang. DMMllK-ZMUg. Bestrliunge« auf die „Sächsische Dorfzeituug" für die Monate Mai und Juni nehme« alle latserl. Postaustalteu und Posterpeditionen, sowie euch alle Landbriefträger gegen Vorausbezahlung von 1 Mark entgegen. Die Verlags Expedition. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Dem Geburtstage Sr. Majestät des Königs von Sachsen und dem an demselben erfolgten Besuche des Kaiserpaares m Dresden widmet die „Kölnische Zeitung- folgenden beachtcnSwerthen Artikel. „Das deutsche Volk in den weitesten Kreisen schließt sich mit aufrichtiger Verehrung für Sachsens König den Glückwünschen des Kaiser paares an und vernimmt die Kunde von der sichtbaren Bethätigung des wirklichen Treu- und FreundschaftS- bundeS zwischen den beiden deutschen Monarchen mit vollster Anthetlnahme, ja diesmal mit besonderer Be friedigung. Kaiser Wilhelm kommt nach Dresden von Wien, aus Oes erreich. Diese alte Großmacht steht in diesem Augenblicke am Scheidewege zum slawischen Verfassungsstaate. Der Klerus, der seit dem Unter gänge des alten, einheitlichen, absoluten Oesterreich (1848) auf der ganzen Linie die deutschen Bedürfnisse der alten deutschen Kernlande Tirol, Salzburg, Steier mark, Oesterreich planmäßig unerfüllt gelassen, verräth auch jetzt in einträchtigem Bündniß mit den Slawen dar Deutschthum durch sein Eintreten für Badeni's Eprachordnung zu Gunsten der Czechen für Böhmen, die nemlich in erster Reihe nur deutsche Elemente be droht, die als Koloni ten auf ehemals slawischem Boden fitzen, in ihren Folgen und bei dieser deutschfeindlichen Haltung der deutschen Geistlichkeit aber bald dem ganzen österreichischen Deutschthum den Stoß ins Herz ver setzen wird. Mehr denn jemals beruht die freundschaft liche Stellung Oesterreichs zu Deutschland darum auf der Dynastie. Wenn diese treu zum deutschen Reiche hält und zwar nicht nur auf Grund des durch beiderseitige gemeinsame Interessen festgelegten Bünd. nisses, sondern ebenso auch infolge der ganz persön lichen vertrauten Beziehungen von Oesterreichs Herrscher zu Deutschlands Kaiser, so hat an dieser Gestaltung der Verhältnisse König Elbert von Sachsen ein hervorragendes Verdienst. Seit langen Jahren steht König Albert in den enasten Beziehungen zu Kaiser Franz Joseph, aber ebenso ist er seit nunmehr 30 Jahren auch dem Hause Hobenzollern in seinen drei Generationen aufs Engste verbunden. Wir Deutsche werden in unserer Erinnerung heute die Stunde« des 24. Juli 1866, in welchen König Wilhelm I. sich dem weisen Rathe Bis marck'- anschloß, „Sachsen- Ländergebtet nicht zu schmälern-, auch darum segnen, weil mit jenem Ent schlusse König Wilhelm I. in dem Kronprinzen Albert von Sachsen sich und seinen Nachfolgern an der Krone den treuesten Freund gewann. Wir rufen uns dabei auch heute ins Gedächtniß, Vie Kronprinz Albert als einer der fähigsten Führer der deutschen Armeen dem Vaterlande diente. Wir erinnern uns ferner, wie hin. § gebend und treu er als König allzeit in den deutschen Fragen mit Rath und Lhat den Hohenzollern zur Seite gestanden. Aber wir beachten heute ganz be sonders seine Verdienste um die Festigung und dynastische Stärkung unseres Bündnisse- mit Oesterreich, auf der so recht eigentlich erst seit nunmehr achtzehn Jahren für die Völker Mitteleuropa- die Freiheit der politischen Aktion und die Sicherheit der friedlichen Kulturarbeit beruht. ES verknüpfen sich damit für die Zukunft die aufrichtigsten besonderen Wünsche, daß eS dem weisen Herrscher Sachsen- noch viele Jahre vergönnt sein möge, auch seine, den WeltfriBen so fördernde politische Thätigkeit fortzuführen.- Der bekannte liberale Parteiführer Ludwig Bam berger ist ein unzweifelhafter politischer Gegner des I Fürsten Bismarck. Um so mehr mögen sich die Ver- kleinerer und Nörgler unter Bismarck'S Feinden die Worte merken, welche Bamberger in dem jetzt er schienenen fünften Bande seiner „Politischen Schriften- sagt: „Preußen hätte drei Moltke'S und drei mal so große Heere haben können, ohne den Kopf Bismarck'S wäre die That nie vollbracht worden. Der er findende, leitende Kopf ist cS, welchem die That gehört. Moltke und das Heer waren nur Werkzeuge, wenn auch noch so tüchtige.- Das wahre Verdienst Bis marck'S dürfe, so meint Bamberger, nicht mit sophistischen Einreden geleugnet werden. Mit der antisemitischen Wahltaktik befaßt sich ein Berliner Brief der „Schlesischen Zeitung-, welcher aussührt: „Der Vorstand der deutsch-socialen Neformpartei hat es für angezeigt erachtet, eine scharfe Absage an Kartellpläne jeder Art ergehen zu lassen. Der Beschluß ist anscheinend von der Parteiselbstsucht diktirt und das ist in den heutigen Zeitläuften weder weitblickend noch auch national. Ueber die Nothwendig keit eine- allgemeinen Zusammengehens der staat»- crhaltenden Parteien bei den nächsten Wahlen ist unseres Erachtens kein Wort mehr zu verlieren. Würde bei den nächsten Wahlen jede der nationalen Parteien nur für sich und gegen alle übrigen Parteien kämpfen, an statt das große Ganze in- Auge zu fassen und sich wider die gemeinsamen Gegner zu wenden, so wäre die Frucht eines solchen Wahlkampfes ein Reichstag, an wel chem Socialdemokratte und Centrum eine noch weit hellere Freude haben werden, al- an dem gegenwärtigen. Den Deutschsocialen wird man freilich wohl vergeblich Vernunft predigen; denn sic haben sich schon bei ihrem ersten Auftreten al- ein „Element der Dekomposition* (Zer splitterung) gezeigt. Sie haben ihre AgitationSthütigkeit nicht, wie eS ihrer ganzen Parteirichtung gemäß hätte sein sollen, gegen die „verjudeten" Parteien des Frei sinns und der Socialdemokratie gerichtet, sondern find in Wahlkreise eingefallen, die bis dahin im Besitze einer der drei früheren Kartellparteien gewesen find. Im nationalen Sinne also haben die Antisemiten bis jetzt nicht gewirkt, sie haben vielmehr zersplittert, wo ein Zusammenfassen die größte Nothwendigkeit gewesen wäre Das Schlimmste in ihrem Wirken aber ist der Umstand, daß ihre agitatorischen Ausschreitungen der nachrückenden Socialdemokratie den Boden geebnet haben, so daß zu befürchten steht, bei den nächsten Wahlen werden einzelne, jetzt noch antisemitisch vertretene Wahlkreise in die Hände der Umstürzler übergehen, wie dies ja mit dem sechsten sächsischen Wahlkreise (Dresden . Land) inzwischen bereits geschehen tst." Die „Hamburger Nachrichten- veröffentlichen einen Artikel über die mit der zweijährigen Dienstzeit gemachten Erfahrungen, der ihnen „von sachverständiger Seite- zugegangen ist. Da der Artikel wohl in der nächsten Zeit in militärischen und bürgerlichen Kreisen viel besprochen werden wird, möge hier das wesent lichste mitgetheilt werden. Das Blatt äußert sich folgendermaaßen: „Die Berichte der Truppenlheile über die Erfahrungen, die sie mit der zweijährigen Dienstzeit im zweiten Jahre ihre- Bestehens gemacht haben, dürfen sich nach allem, was darüber verlautet, in noch größerem Umfange und mit noch verstärkter Intensität als die früheren gegen die neue Einrichtung auSsprcchen. Sofort beim Beginne des militärischen AuSbildungS- jahres traten die Schattenseiten der verkürzten Dienstzeit von Neuem hervor. Die Jnfanteriekompagnien, welche früher einige fünfzig Rekruten aufzunehmen hatten, erhalten heute einige siebzig. Der Kompagniechef und der Rekrutenunterosficier find für die Ausbildung dieser erhöhten Zahl, der erstere cke jure, der letztere cke facto, Ieuitlelon. Der Schauspieler. Novelle von Reinhold Ortmann. (Nachdruck verboten.) (9. Fortsetzung.) „Ich danke Ihnen für das hochherzige Wort, Fräulein Wally, wenn ich auch leider sogleich hinzu fügen muß, daß ich Ihr Vertrauen nur zum Theil verdient hatte. Was man Ihnen damals berichtet haben mag, ist, soweit es sich um die Thatsachen selbst handelt, unzweifelhaft der Wahrheit sehr nahe ge. kommen. Ja, ich habe mich in der bezeichneten Weise gegen die Gesetze der Ritterlichkeit und der OsficierSehre vergangen und ich habe auf unrühmliche Art meinen Abschied au- dem Heere nehmen müssen, weil ich den Verdacht der Feigheit, der sich gegen mich erhoben hatte, nicht zu entkräftigen vermochte.- Seine Erklärung hatte sie unverkennbar schmerzlich getroffen, denn um ihre Lippen zuckte es und sie suchte vergeben- nach einem Worte der Erwiederung. Der Inspektor, dem dieser Eindruck seines offenen Zugeständnisse- unmöglich entgehen konnte, fuhr nach einer kleinen Pause fort: „Ich konnte den Verdacht der Feigheit nicht ent kräften, well mir damals die Lippen verfiegUt waren und weil ich keinem Menschen sagen durfte, wodurch >ch gezwungen war, diesen Zweikampf wie jeden anderen abzutthnen. Auch jetzt, wo ich längst die Freiheit er- langt habe, mich darüber auszusprechen, würde ich mich keinem anderen lebenden Wesen gegenüber zu einer Er klärung verstehen, die mein damaliges Verhalten recht fertigen soll. >- Nur vor Ihnen möchte ich nicht als ein Ehrloser und Erbärmlicher dastehen, nur in Ihren Augen möchte ich von einem schimpflichen Vorwurf ge- reinigt sein! Und Ihnen allein will ich darum sagen, was bisher noch niemand von mir erfahren hat. — Ich bin der Sohn eine- Officiers, der als junger Haupt mann in einem Duell gelödtet wurde, da- von einem betrunkenen Studenten aus nichtigster, frivolster Ursache heraufbeschworen worden war. Mit zwei unmündigen Knaben war meine Mutter als Wittwe zurückgeblieben; unser einziger näherer Verwandter, ein Oheim Väter, licherseits, gehörte als Oberst dem Heere an und so war es ganz natürlich, daß auch wir Brüder Osficiere werden wollten.- „Ich war der jüngere und mit stolzer Bewunderung sah ich zu meinem Bruder Egon empor, da er sich ein Jahr früher als ich mit dem Abzeichen deS OffieierS schmücken durfte. Nie werde ich die glückstrahlende Miene vergessen, mit welcher er selbst von dem ersten Urlaubsbesuche bei der Mutter zurückkehrte und mir von ihrer hohen Freude, von ihrem Wiederaufleben bei seinem Anblick erzählte. Ach, da- Glück und die Freude sollten nur von kurzer Dauer sein und die Hoffnungen, welche die arme, schwergeprüfte Frau auf ihren in Schönheit und Gesundheit prangenden Sohn gesetzt, sollten sich nur zu bald als trügerisch erweisen. Um einer Dame willen, deren guten Rus er ritterlich ver- theidigt hatte, gerieth mein Bruder wenige Monate später mit einem Kameraden in Streit; eine Heraus- forderung war die Folge — und sterbend wurde Egon von der Wahlstatt getragen. Meine unglückliche Mutter, die man telegraphisch herbeigerufen hatte, kam nicht einmal früh genug, ihrem LieblingSkinde die Augen zuzudrücken und ihr Schmerz war so grenzenlos, daß ich allen Ernstes fürchtete, Mutter und Bruder zugleich begraben zu müssen. Als ich, mein eigenes zuckende- Herz muthig bezwingend, die verzweifelnde Frau zu trösten versuchte, ,o gut ich's eben vermochte, nahm sie plötzlich meinen Kopf zwischen ihre beiden Hände und indem sich ihre vom Weinen gerötheten Augen fest auf die meinigen richteten, sagte ste in einem Tone, den ich noch in meiner Todesstunde hören werde: Schwöre mir, daß Du Dich niemals duelliren wirst — niemals, was auch immer auf dem Spiele stehen möge und durch welche Mittel man Dich auch immer dazu zu zwingen versuche! Schwöre es bei Deiner Liebe zu mir und bei dem Andenken der beiden Theueren, die man un- schändlich hingemordet hat! Und ich, Fräulein Wally, ich that, was jeder andere an meiner Stelle gethan haben würde: ich leistete den Schwur, den meine trost lose Mutter von mir verlangte. Ich leistete ihn und blieb ihm treu, al- viele Jahre später wirklich die Nothwendigkeit an mich herantrat, mich über die Annahme oder Ablehnung eines Zwei kampfes zu entscheiden. Daß ich damit meine ganze hoffnungsvoll begonnene Laufbahn und in den Augen vieler auch meine Ehre preiSgab, wußte ich sehr wohl; aber ich brauchte mich nur jener schrecklichen Nacht zu erinnern, die ich mit der gramgebeugten, an Gott und den Menschen verzweifelnden Frau neben der Leiche meine- Bruder- durchwacht, um meine schwankende Standhaftigkeit von Neuem zu befestigen. Die Ursache