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königlich Staats<rnzetgrv. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 6. Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hosrat Doenges in Dresden. P Dienstag, 9. Januar 1912. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 18, sowie durch die Ankündigungen: Die ispattige Grundzeile oder deren Raum im Anlündigungsteile uv Ps., deutschen Postanstatte» » Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Ps. die 2spaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 75 Pf., unter dem RedaktionSstrich Erscheint: Werktag» nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. I2SS, Redaktion Nr. 4574. (Eingesandt) 150 Ps PreiSermäßigg. aus Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Am nächsten Kreitag, den 12. Januar, ist Reich-tag-wahl. Wer sein Vaterland lieb hat, versäume zumal in dieser ernsten Zeit nicht, an jenem sür die (Entwicklung de- Reiche- so bedeutung-vollen Tage von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Der König und die Königin von Großbritannien und Irland haben die Reife von Kalkutta nach Bombay zur Heimfahrt angetreten. Lie russische Regierung hat der chinesischen erklärt, daß die Unabhängigkeit der änßeren Mongolei in ihren inneren Angelegenheiten anerkannt werden müsse. Nach einer „Reuter* - Meldung wird der amerikanische Finanzratgrber der persischen Regierung, Shuster, Teheran am II. Januar verlassen. * Zlvei Züge der Lanadian-Pacisic-Lijenbahn sind bei rerrebonnc zusammengestoßrn, wobei drei Reisende getötet und 1K verletzt wurden. Rach einer Meldung aus Peking ist der Waffenstillstand zwischen den Kaiserlichen nnd de« Aufständischen nicht erneuert worden. Amtlicher Teil. Sc. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Geh. Okonomierate vr. v. Waechter auf Räcknitz bei Wurzen dos Offizierskreuz des Albrechts- ordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, das, der Lehrer an der Thomasschule in Leipzig vr. pdil. Johannes Pinckert die ihm von Sr. König!. H.heit dem Grvßherzoge von Mecklenburg- Schwerin verliehene MedMle für Rettung aus Lebens gefahr annehmc und anlege. Zur Ausstellung der Zeugnisse über die Körper- bejchassenheit von Personen, die um die Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges nachsuchen, sollen in Zu kunft nur noch befugt fein die Bezirksärzte, die Anstalts bezirks und Stadtbezirksärzte sowie ihre Stellvertreter, die Gerichts- und die Polizeiärzte. Zu vergl. die Anweisung über die Prüfung der Führer von Kraftfahrzeugen (Anlage 8 zur Bundesrats- verocdnung vom 3. Februar 1910 über den Perkehr mit Kraftfahrzeugen) Ziffer I Abs. 1 Nr. 3 (RGBl. 1910 S. 437), sowie hinsichtlich der Polizeiärzte die Verordnung des Ministeriums des Innern vom 19. September 1911, 60l a II 51. Bei Ausführung der Untersuchungen sind die Grund sätze zu beachten, die in der bcigefügten Anleitung auf gestellt sind. Bei den Begutachtungen ist ausschließlich das gleichfalls beigefügte Muster zu verwenden. sig Dresden, den 3. Januar 1912. 628X1V Ministerium de-Innern. Anleitung zur amtsärztlichen Untersuchung und Begut- a tung von Personen, die um Zulassung als Führer von Kraftfahrzeugen nachsuchen. Voraussetzung für die Zulassung als Führer von Kraftfahrzeugen sind ein kräftiger, regelrechter Körperbau und geistige sowie körperliche Gewandtheit. Vor allen: müssen ausreichendes Seh- und Hörvermögen und völlige Bewegungsfreiheit des Kopfes, des Rumpfes, der oberen und unteren Gliedmaßen vorhanden sein. In jedem Zeugnis ist die Sehschärfe für jedes Auge g sondert — nach Snellen — anzugeben. Falls zur Zeit der Untersuchung der Bewerber an einer Krankheit oder Verletzung leidet, deren Folgen sich noch nicht übersehen lassen, oder einen sonst verdächtigen Befund darbietet, der befürchten läßt, daß er in abseh barer Zeit zur Führung eines Kraftfahrzeuges untauglich wird, so ist er auf eine bestimmte Zeit zurückzustellen und dann nochmals zu untersuchen. Im einzelnen ist Folgendes zu beachten: Kopf und Rumpf müssen frei beweglich sein, bannt der Fahrer imstande ist, seitwärts und auch hinter sich zu sehen. Der Rumpf muß fo beweglich sein, daß der Fahrer sich soweit bücken kann, um vor seinen: Sitz am Spritzbrette befindliche Hebel und Pumpen während der Fahrt zu betätigen. Bei Versteifung, Verkürzung oder Verlust einzelner Finger ist in jedem einzelnen Falle zu prüfen, ob der Fahrer imstande ist, mit jeder Hand gesondert das Steuerrad festzuhalten und zu drehen. Dabei ist zu beachten, daß das Steuerrad oft erheblichen und gewaltsamen Drehungen durch die Unebenheiten der Straße ausgesetzt ist, welche jede Hand einzeln über winden können muß. Die Kraft und Beweglichkeit des rechten Armes darf nicht behindert sein, weil die rechte Hand die seitlich am Wagen befindlichen Hebel für Geschwindigkeitsänderung und Bremse zu betätigen hat. Die Füße haben zwei bezw. drei Hebel durch Nieder drücken zu betätigen und müssen deshalb, besonders in den Fußgelenken, frei von Bewegungshindernisse:: sein. Was das Sehvermögen betrifft, so macht einäugiges Sehen zum Kraftwagenführer untauglich. Als Mindest sehschärfe muß auf einem Auge ohne oder mit Glas auf dem anderen vorhanden fein. Gröbere Ein schränkungen des Gesichtsfeldes und Augenmuskel lähmungen weifen in der Regel auf anderweitige Er krankungen hin, die die Tauglichkeit zur Führung eines Kraftfahrzeuges in Frage stellen können, werden aber auch an sich meist Abweisung des Bewerbers bedingen. Bei hochgradigem Schielen wird in der Regel fo hoch gradige Kurzsichtigkeit bestehen, daß Bewerber deshalb abgewiesen werden muß. Nachtblindheit schließt die Befähigung zur sicheren Führung eines Kraftfahr zeuges aus. Bei Prüfung des Hörvermögens ist festzustellen, in welcher Entfernung Flüsterfprache deutlich verstanden wird. In der Regel wird es genügen, wenn Flüster sprache in drei Meter Entfernung sicher verstanden wird. Hochgradige Neurasthenie undGeisteskrankheitenmachen untauglich zur Führung eines Kraftfahrzeugs für die Dauer des Vorhandenseins dieser Leiden. Bei Verdacht auf progressive Paralyse ist das Zcugnisvorläufig zu verweigern; die Untersuchung kann in diesem Fall erst nach einer angemessenen Frist wiederholt werden. Bei Tabes und anderen organischen Erkrankungen des Zentralnerven systems wird der Gutachter in jedem einzelnen Falle auf Grund des Gesamtergebnisses der Untersuchung entscheiden müssen, ob die Krankheit derartig ist, daß sie die Sicherheit bei der Führung eines Kraftfahrzeugs gefährdet. Ebenso ist bei Erkrankungen der inneren Organ? der Brust- und Bauchhöhle, sowie bei Er krankungen des Gefäßsystems, der Nieren, bei Zucker harnruhr u. dgl. zu verfahren. Krämpfe (Epilepsie) und Schwindel machen un fähig zur Führung eines Kraftfahrzeuges. Muster zur amtsärztliche« Begutachtung von Persone», die um Z«. lassuug al» Führer von Kraftfahrzeuge« nachsnchen. Amtsärztliches Zeugnis und Gutachten, ausgestellt für (Bor- und Zunamen) geboren am wohnhaft zu . gegenwärtiger Beruf 1. Macht der Untersuchte den Eindruck eines gesunden, kräftigen Menschen? 2. Bestehen Mißbildungen, Formfehler, Erkrankungen oder Folgen von Verletzungen an den Knochen, Gelenken, Muskeln, Sehnen oder der Haut? Welche? Welchen Einfluß haben sie aus die Gebrauchsfähigkeit deS befallens« Körperteils? S. Bestehen Krankheiten des Nerven- fvstem»? (Verhalten der Sehnenreflexe; Lähmungen;Epilepsie;Schwindel;Störungen de» Gefühlssinns, Geruchssinns usw ?) recht-, ohne Glas- 4. Wie grob ist di- Sehschärfe? link,. mit Bestehen Unregelmäßigkeiten des Gesichts feldes, Schielen, AugenmuSkellähmungen, andere Leiden des Auges oder seiner Um hüllungen? Sind Folgezustände früherer Augen erkrankungen vorhanden? Besteht Nachtblindheit? 5. Wie ist die Hörsähigkeit? 6. Bestehen Krankheiten de» Herzen» oder de« Gefäßsystem«? 7. Bestehe» Krankheiten der Atmungs organe? 8. Sonstige Bemerkungen? S. Ist der Untersuchte auf Grund seiner Angaben und des vorstehend verzeichneten Befundes als Führer von Kraftfahrzeugen gemäß Anlage L. 1 Nr. » der Verordnung des Bundesrats über den Berkehr mit Kraft fahrzeugen vom 3. Februar 1910 (ReichS- Gesetzbl. S. S89) geeignet? Ort und Tag der Untersuchung. Unterschrift des Arzte«. (Dienstsiegel) Nachdem von mehr als einem Drittel der Geschäfts inhaber in der Stadtgemeinde Sebnitz der Antrag auf Einführung des 8-Uhr-Ladenschlusses für sämtliche Ge schäftszweige gestellt worden ist, hat die Königliche KrciS- hauptmannschaft zur Absetzung des Verfahrens gemäß 8 139 k Absatz 2 der Reichsgewerbeordnung in Verbindung mit 8 1 der Bekanntmachung des Reichskanzlers, be treffend das Verfahren bei Anträgen auf Verlängerung der Ladenschlußzeit, vom 25. Januar 1902, Herrn Bürger meister I)r. Steudner in Sebnitz zum Kommissar ernannt. rvös b iv Dresden, an: 4. Januar 1912. sri Königliche Kreidhauptmannschaft. (Behördliche Bekanntmachungen erscheine» auch im Inseratenteil) Nichtamtlicher Teil. Bom KSnigttchen Hofe. Dresden, 9.Januar. Se. Majestät der König hielt heute eine Hochwildjagd auf Grillenburger Revier ab. Um 8 Uhr wird Se. Majestät den Regimentsabeud beim 2. Grenadierregiment Nr. 101 besuchen. Deutsches Reich. Der deutsche Wesandie in Tanger über das Marokko- Abkommen. Aus Anlaß des Neujahrsempfangs der deutfchen Kolonie in Tanger auf der dortigen deutsche,: Gesandt schaft berührte der Kaiser!. Gesandte Frhr. v. Seckendorfs auch das deutsch-französische Abkommen. Er erklärte, das Abkommen werde den gehegten Wünschen in wirtschaft licher Beziehung durchaus gerecht. Das deutfche Volk iu seinem bei weitem größeren Teile beurteile es nicht nur nicht ungünstig, sondern habe es sogar lebhaft begrüßt. Der Grund hierfür liege, abgesehen von den erzielten wirtschaftlichen Erfolgen, in der Friedensliebe des deutschen Polkes und des Kaisers. Der Gesandte schloß feine Rede mit folgenden Worten: Hosten wir, daß uns allen und unserm Bollstum auch das Jahr 1912 ein Jahr des Friedens bleiben möchte, hoffen wir, daß es im Verlaus desselben auch diesem schönen Lande, seinem Herrscher und seiner Regierung vergönnt sein möchte, die Seg nungen geordneter Verhältnisse zu genießen, damit Wohlstand und Glück in die Gemüter dieses Volkes einziehen möchte, dessen Söhne ich heute hier zu begrüße» die Freude habe und sür die wir alle ungeheuchelte Sympathien hegen. Und sonst fasse ich meine Wünsche für 1912 in dein Wahl spruch unseres Kaiser» zusammen: Volldampf voraus! Die Tüchtigkeit des deutschen Kaufmanns ist eine Gewähr dafür, daß cs zu Befürchtungen keinen Anlaß gibt. Auch unter veränderten Verhältnissen wird der Deutsche zur Ehre des deutschen Namens seinen Weg zu gehen wissen. Das lehrt mich die Erfahrung einer über dreißigjährigen Beamtenlaufbahn in allen Tellen der Welt, und daS lehrt mich der vor kurzem in einen, deutschen Organ veröffentlichte Ausspruch eines Deutschen in Marokko, eines tüchtigen Kenner« des Landes, der in seinem Schlußsätze folgendermaßen lautet: „Die offene Tür ist in Marokko nicht an eine bestimmte Frist gebunden, svndern ist für alle Zeiten garantiert. Wo er aber mit gleichen Waffen zu kämpfen hat, fürchtet der deutsche Unternehmungsgeist keine Gegnerschaft, und er wird auch in Zukunft einen hervorragenden Platz im wirt schaftlichen Leben Marokkos einnehmen." Die Ursache der «assenerkrankungen im städtischen Asyl in Vertin. Berlin, 8. Januar. Aus Anlaß der Maffen- erkrankungen im städtischen Asyl in Berlin hatten sich auf Ersuchen des Ministeriums des Innern am 5. d. M die beteiligten Medizinalbeamten, Krankenhaus- ärzte, Gerichtsärzte und die mit der wissenschaftlichen Erforschung der Krankheit betrauten Bakteriologen nnd