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Amts- iliü Mmckatt für den Abonnement merlclj. 1 M. 20 Ps. einschliehl. des „Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage .Seifen blasen-' in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. «»scheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile IO Pf.^ Im amtlichen Theile die gespaltene Zeile 25 Ps. SS Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. - - 45. Zahrgaug. - Sonnabend, den 1'». August 18S8 Bekanntmachung. Wegen vorzunehmcndcr Reinigung bleiben die Rathsexpeditionen Sreitag und Sonnabend, den 5. und 6. August 1898 geschloffen. An diesen Tagen können nur dringliche Angelegenheiten erledigt werden. Das Standesamt ist von 8—IN Uhr Vormittags geöffnet. Eibenstock, den 1. August 1898. DklRllthdclSllldt. tz-ff-. Gnüchtel. Bismarcks Sozialpolitik. Die politischen Verdienste des Fürsten Bismarck sind in den letzten Tagen in der Presse nach aller Gebühr gewürdigt worden. Auch daß er in seiner inneren Politik nicht immer dasjenige Maß von Verständnis finden konnte, das nothwendig war, nm ihren Erfolg zu sichern, wurde vielfach eingehend dargclcgt. Eine Seite seiner Thätigkeit aber, die zu recht segcnsvollcr Entwickelung ge langt ist, hat dabei noch nicht diejenige Würdigung gefunden, die sie zweifellos verdient: Bismarcks Sozialpolitik, insonderheit die Arbeitcrversicherungsgesetzgebung. Die Nothwendigkeit, auf diesem Gebiete gesetzgeberisch vor- zugchen, hat Bismarck schon früh begriffen. Er erkannte die .soziale Frage" schon, als das Manchcsterthum noch maßgebend war und das Vorhandensein einer solchen Frage leugnete. Beim ersten Auftreten Bismarck« in der Oefsentlichkeit, 1847, war Deutschland noch so sehr Ackerbaustaat, daß die Arbeiterbewegung nur sehr geringe Bedeutung hatte und auch in den Zuckungen de« »tollen Jahre«" keine Rolle spielte. Erst später vollzog sich in Deutschland der gewaltige Umschwung in der gcsammtcn Pro duktionsweise. Deutschland, bis dahin ein Land des Handwerks und der auf diesem beruhenden Hausindustrie, wurde mehr und mehr ein Industriestaat und das hatte die natürliche Folge, daß ein zahlreiches Proletariat entstand, das in dürftigen Verhält nissen lebte. Bereits im Beginn der Mer Jahre waren die sozialen Zu stände so weit gediehen, däß einem weiten Blicke die Nothwendig- kcii positiver Maßregeln zu Gunsten der Arbcitcrbcvölkcrung nicht verborgen bleiben konnte. Im Allgemeinen fehlte dieser Blick durchaus, Bismarck aber hatte ihn. Das ist nm so anerkennens- wcrthcr, als er durch keinerlei Studien oder Rathgebcr aus das Vorhandensein einer sozialen Frage hingcwicscn worden war. Die Nationalökonomie lag damals noch sehr im Argen und die öffentliche Meinung huldigte noch durchaus dem Manchcsterthum. Von Bedeutung für die spätere sozialpolitische Thätigkeit Bis marcks ist aber gewiß der Umstand gewesen, daß er längere Zeit diplomatischer Vertreter in Pari« war, wo er Gelegenheit hatte, die Sozialpolitik Louis Napoleons an der Duelle kennen zu lernen. Er war aber nicht der Mann, eine Sache mclbanisch nachzuahmcn. Als nach den Attentaten neben dem Sozialistengesetz auch die vorbcugendcn Maßregeln gegen den Einfluß der Sozialdemokratie, die Vorbereitung der VersichcrungSgesetze, angekündigt wurde, be gann für die soziale Entwickelung Deutschlands eine neue Acra. Die kaiserliche Botschaft vom >7. November 1881 gab das Programm der neuen Sozialpolitik. Bismarck« Plan war dabei, durch eine umfassende Vcrsichcrnngsgcsctzgebung eine große Anzahl von Personen zu schaffen, die Renten empfangen oder doch sic erwarten dürfen. Diese Leute würden, so meinte er, an der Er haltung der bestehenden WirthschaftSordnung intcressirt sein und daruin einen festen Stamm zufriedener, ruhiger Bürger abgcbcn. Darin hat er sich getäuscht. Die Arbeiter haben Anfang« die Versicherung zurückgewiesen, dann mit einer verächtlichen Hand bewegung sie angenommen, und heute allerdings wissen sic schon ihren Werth zu schätzen, aber das, was Bismarck erwartete — zufriedene, geduldige Leute sind sie nicht geworden. Das Gute, das man besitzt, weiß man selten gebührend zu würdigen. Erst vor Kurzem ging eine Zusammenstellung der Leistungen der ver schiedenen Vcrfichcrungszwcige durch die Blätter. Sic zeigt, wie die Arbeiterversichcrungsgeictzc — ganz abgesehen von ihren Mängeln — für Hunderttausendc überaus segensreich wirken. In der Arbeiterversichcrung ist Deutschland geradezu vorbildlich für alle Kulturstaaten geworden. Daß ihm die Zufriedenstellung der Arbeiter nicht gelungen, da« hat den Fürsten bi« an da« Ende seiner Tage tief verdrossen. Die Empfindung, daß er trotz mangelnder Anerkennung seitens der Bclheiligten sich mit der Arbeiterversicherung allein schon ein unvergängliche« Denkmal gesetzt hat, ist ihm nie gekommen. Und doch hätte er daraus stolz zu sein alle Ursache gehabt und eine spätere Zeit wird ihm hoffentlich den ihm zu seinen Lebzeiten vorenthaltenen Dan' auch für jenes große Werk zollen. Tagesgeschichte. — Deutschland. Die Trauer der deutschen Nation und die Gesühlc des Danke» und der Bewunderung, die sic bei dem Hinscheidcn ihre« größten Sohne« erfüllen, haben ihren beredtesten Ausdruck gesunden in einem Allerhöchsten Erlasse Sr. Maj. de« Kaisers, der in einer schwarzumrändcrtcn Sonderausgabe de« .Reichsanzeigcr«" veröffentlicht wird. Der an den Reichs kanzler gerichtete Erlaß lautet. Fricdrichsruh, den 2. August. .Mit Meinen hohen Verbündeten und mit dem ganzen deutschen Volke stehe Ich trauernd an der Bahre des ersten Kanzler« des Deutschen Reichs, des Fürsten Otto von Bismarck, Herzogs von Lauenburg. Wir, die wir Zeugen seines herrlichen Wirkens waren, die wir au Ihm, als dem Meister der Itaatskunst, als dem furchtlosen Kämpfer im Kriege wie im Frieden, al« dem hingebcndstcn Sohne seine« Vaterlandes u. dem treuesten Diener seines Kaisers und König« bewundernd aufblickten, sind tief er schüttert durch den'Heimgang des Mannes, in dem Gott der Herr das Werkzeug geschaffen, den unsterblichen Gedanke» an Deutschland« Einheit und Größe zu verwirklichen. Nicht ziemt cs in diesem Augenblick, alle Thatcn, die der große Entschlafene vollbracht, alle Sorgen, die er für Kaiser und Reich getragen, alle Erfolge, die er errungen, aufzuzählcn. Sie sind zu gewaltig und mannigfaltig, und nur die Geschichte kann und wird sie alle in ihre ehernen Tafeln eingraben. Mich aber drängt es, vor der Welt der einmüthigen Trauer und der dankbaren Be wunderung Ausdruck zu geben, von welcher die ganze Nation heute erfüllt ist und im Namen der Nation das Gelübde ab- zulcgcn, das, was er, der große Kanzler, unter dem Kaiser Wil helm dem Großen geschaffen hat, zu erhalten und auszubauen, und, wenn cs noththui, mir Gut und Blut zu vertheidigen. Dazu helfe uns Gott der Herr! Ich beauftrage Sic, diesen Erlaß zur öffentlichen Kcnntniß zu bringen. Wilhelm 1. It." — Mit diesen, einem jeden Deutschen aus der Seele gesprochenen Worten ist dein großen Todten von Sr. Majestät ein herrliches und unvergängliches Denkmal gesetzt worden. — Wie nachträglich bekannt wird, hielt Sc. Majestät der Kaiser am Sonntag auf der „Hohenzollcru" vor Beginn des Gottesdienstes eine Ansprache über die Verdienste Bismarcks, worin er hervorhob, dem Fürsten Bismarck hätten wir es zu danken, daß wir Deutsche seien. — Die Familie des verstorbenen Fürsten Bismarck deutet an, daß alle jene Anordnungen nach dem Tode, die Man chem etwas cigcuthümlich erschienen sein mögen, auf das Wort de« Fürsten zurückzuführen seien, daß er „wenigstens im Tode Ruhe haben" wolle. — Berlin, 4. August. Die Gcdächtnißfcicr für den Fürsten Bismarck in der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirchc ist auf das Glänzendste und Würdigste verlaufen. O',? Uhr begann da« Glockcngcläute, nachdem schon Stunden vorher sich die Um gebung der Kirche dicht gefüllt zeigte. Die Botschafter und Ge sandten, die Minister, hohe Beamte, Bundcsrathsmitglicdcr, viele Abgeordnete und hohe Militär« waren vor der Ankunft der kö niglichen Familie erschienen. Der Prinz und die Prinzessin Friedrich Leopold, und die Söhne de« Prinzen Albrecht trafen 9-h, Uhr ein. Punkt 1U Uhr erschien das Kaiscrpaar in offener Equipage mit Kürassiercskorte. Nach Begrüßung der hohen Herrschaften betrat das Kaiscrpaar unter Glockcngcläute die Kirche, worauf die liturgische Andacht begann, die bei dichkgesülltcr Kirche programmmäßig verlies. Gcncratsuperintcndcnt Faber hatte al« Text seiner Ansprache den 149. Psalm gewählt und führte aus, das Volk stehe in Trauer um Bismarck, durch den es zu einem mächtigen Volke geworben. Tiefe« Leid werde wieder wach wie bei dem Tode beider Kaiser, indcß blicke die Hoffnung durch, daß Gott sein Volk nicht verlasse» werde, der uns eines solchen Mannes gewürdigt habe. Er charaktcrisirtc kurz die Kraft Bis marcks, seinen eisernen Willen und seine Weisheit und schloß mit einem Gebet für Kaiser und Reich. Darauf folgte die Abfahrt de« Kaiserpaares. — Anläßlich der heutigen Trauerfeicr für den Fürsten Bismarck sind alle Banken, viele Geschäfte und Läden geschlossen. Auf den meisten Häusern wehen Flaggen halbmast, vielfach sicht man schwarze Trauerfahnen. Viele Schaufenster tragen Trauerdekorationcn, besonder« btumcnbekränzte, florumhülltc Bilder und Büsten des Verewigten. — Berlin, 4. August. Aus Fricdrichsruh meldet dem „B. T." ein Privattclegramm: Ein ärgerlicher Skandal steht bevor. Zwei Hamburger Photographen, Wille und Priester, haben am Sonntag ,m Einverständniß mit dem am Sarge de« Fürsten Bismarck Wache haltenden Förster einen Vertreter in da« Sterbe zimmer eingeschmuggelt, welcher die Leiche photographirte. E« ver lautet, daß die Sache zu einem gerichtlichen Nachspiel führen wird. — Hamburg, 3. August. Die .Hamb. Nachr." veröffent lichen nachstehende Danksagung: .Die zahlreichen Acußcrungcn tiefsten Schmerzes und warmen Empfinden«, welche dem unaus löschliche» Andenken meine« großen Vater« gelten, nehmen einen so überwältigenden Umfang, daß es unmöglich erscheint, den Leid tragenden bi« über den Tod hinaus im Einzelnen zu danken. Au« allen fünf Weitthcilcn wiederhallt der Kummer der Familie am Sarge. ES thut mir weh, nicht jede Kundgebung beantworten zu können. Ich bitte die deutschen Zeitungen, diesen Worten Ausnahme zu gewähren. Dank 'Namens der nächsten Angehörigen von ganzem Herzen Allen, die durch Trostcsworte und Blumen spenden von nie gesehener Pracht der Trauer, welche unser Land erfüllt, Ausdruck gegeben haben. Fricdrichsruh. Herbert Bis marck." — lieber die Aufnahme, die die 'Nachricht vom Tode des Fürsten Bismarck in der äußer-deutschen Presse gefunden hat, schreibt die „Köln. Ztg.": „Ucbcrall, wohin der Telegraph die Kunde getragen, hat sic einen gewaltigen Eindruck gemacht und Freunde und Feinde des großen Staatsmannes beugten sich vor der Majestät dieses Todes. Soweit wir übersehen können, haben bisher nur einige chauvinistische Blätter in Frankreich zu niedrigen Schmähungen gegriffen, die wir um so leichter übersehen können, als für diesen Theil der Presse überhaupt nichts heilig ist und bei ihnen von Takt und Zartgefühl keine Rede sein kann. Anderseits haben sich aber viele französische Blätter in durchaus würdiger und unparteiischer Weise geäußert, ein Verhalten, das in unser» Augen die niedrige Schreibart der Chauvinisten wieder gut macht und um so höher angeschlagen werben darf, als es ja in der Thal einem Franzosen besonders schwer fallen muß, den Mann nach Würdigkeit zu bcurthcilen, der Frankreich die furcht barsten Wunden geschlagen hat. Wenn wir also heule zu unserer Freude auch französische günstige Urthcilc hcrvorheben können, so finden wir diese nicht nur begründet durch den imponircnden Eindruck, den die riesige Gestalt eine« Bismarck auf die leicht zum Personenkulius neigenden Franzosen macht, sondern auch durch die offene Anerkennung, daß Bismarck mit seinen Siegen keinen Mißbrauch getrieben und die durch sie erlangte Gewalt in den Dienst des Friedens gestellt hat. Achtungsvoll und freudig ist die Anerkennung, die Bismarck bei den uns durch Stammoer wandtschaft oder Bündnisse nahestehenden Nationen findet. Wenn dies bis zu einem gewissen Grade natürlich ist, so möchten wir doch besonders betonen, daß die Nachrufe aus Ungar», das, wenn auch verbündet, so doch nicht stammverwandt ist, eine ganz beson dere Wärme alhmen und daß in der dortigen Presse die Verdienste Bismarcks nicht nur um den Dreibund, sondern auch um Ungarn mit besonderer Wärme gepriesen werden. Sehr freundlich klingen auch die englischen Stimmen, in denen diesmal Alle« zum Durch bruch kommt, was England u. Deutschland einigt: eine auf ähnlicher Basis stehende Kultur und die Neigung zu objektiver Kritik, die sich ja allerdings im Kampfe kleiner Interessen nicht immer als siegreich bewährt hat. Hier aber, wo da« Ange nur auf großen Verhältnissen ruhte, wo vor der Größe des Mannes und der Majestät des Todes alle Kleinlichkeit zurücktreten kann, da ist alles Kleine wirklich in einer Weise zurückgetrctcn, die uns wie der an das Einigende erinnert und das Trennende vergessen macht. In Amerika, wo man uns in letzter Zeit auf Grund mißgünstiger Einflüsterungen ost so unfreundlich und ungerecht bcurtheilt hat, hören wir ebenfalls nur Stimmen gerechter An erkennung und Bewunderung. Nicht alle Länder und Völker können wir aufzählcn, die sich mit dem deutschen Volke in sym pathischer und anerkennender Würdigung für den großen Deutschen vereinigt haben, aber wir können sagen, daß sic sich alle zu einer großen internationalen Kundgebung für den ersten deutschen Kanzler zusammengcsundcn haben." — Es ist seiner Zeit berichtet worden, daß der Minister für Handel und Gewerbe durch den Geheimen Regierungsrath Simon über die in Oesterreich zur Förderung des Klein gewerbe« getroffenen Maßnahmen und deren Erfolge nähere Ermittelungen hat anstelle» lassen. Die „Magd. Ztg " erfährt jetzt, daß al« Ergebniß dieser Studienreise folgende Maßnahmen zur Kräftigung de« gewerblichen Mittelstandes in Aussicht ge nommen sind: 1) Vermehrung und weitere Ausgestaltung der gewerblichen Fortbildung«- und Fachschulen für Knaben und Mädchen, insbesondere durch Einrichtung von Lehrwerkstätten al« Ersatz oder Ergänzung der Meisterlehrc. 2> Ausbildung der Handwerksmeister in Kalkulation, Buchführung und praktischen Arbeiten in Musterwerkstättcn durch Phaltung von sogenannten Meistcrkursen, zunächst für Schuhmacher, Tischler und Schlosser. 3) Veranstaltung ständiger Ausstellungen von mustergiltigen Kraft- und Arbeitsmaschincn und Werkzeugen. 4) Bildung und Unter stützung lebensfähiger Rohstoff-, Werk- und Magazin-Genossen schaften. Die zur Durchführung diese« Programm« crsorderlichen Mittel sollen durch den nächsten StaatShauShaltSctat bcreitgestcllt werden. — Spanien und Amerika. Der Friede zwischen Amerika und Spanien ist seinem Abschluß nahe. Die Ein stellung der Feindseligkeiten werde angeblich vor dem Ende der Woche amtlich bekannt gemacht werden können. — Von ameri kanischer Seite ist man zu energischen Schritten gegen die Auf ständischen aus den Philippinen, sobald e« nothwendig werden sollte, entschlossen. Wie ein Telegramm au« Washington besagt, sind die Befehlshaber der amerikanischen Land- und «ee- strcitkräfte ans den Philippinen angewiesen worden, gegen die Ausständischen vorzugehen, wenn diese beabsichtigen sollten, Iln-