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MkWH-MiW Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Jnj«ate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfa. di« Spaltenjeile oder der«« Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, ml redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« ÜOPfg. Die „Weißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei» mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Psg., zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern IO Psg. — All- Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ikhnk in Dippoldiswalde. Nr. 93. . 55. Jahrgang. Donnerstag, den 8. August 1889. Zm politischen Gchumttage. Die Bestrebungen zur Erhaltung des europäischen Friedens haben mit dem gegenwärtigen Besuche des deutschen Kaisers in England unzweifelhaft eine neue Stärkung erfahren und in diesem Sinne beschäftigt sich auch säst die gesammte europäische Tagespresse mit dem bedeutungsvollen Ereigniß. Speziell begrüßen die englischen Blätter ohne Unterschied der Parteistellung die Englandsfahrt Kaiser Wilhelms als eine aber malige Friedensbürgschaft und bezeichnen sie im Weiteren als die verheißungsvolle Einleitung zu einem innigen und festen Einvernehmen zwischen Deutschland und England. Welchen Werth ein Hand-in-Handgehen der beiden Reiche für die Befestigung der europäischen Ver hältnisse besitzt, braucht wohl nicht erst besonders her vorgehoben zu werden, aber die auffallende Zurück haltung, welche die englische Negierung den großen politischen Fragen unseres Welttheiles gegenüber in den letzten Jahren beobachtete, konnte natürlich nicht gerade dazu beitragen, eine größere Annäherung, Eng lands an Deutschland und hiermit an den Dreibund herbeizuführen. Um so bemerkenswerther erscheint da her die Londoner Bankettrede, welche der leitende britische Staatsmann, Lord Salisbury, noch am Vor abende des Kaiserbesuches gehalten hat und die in ihrem Kernpunkte auf die Erklärung hinausläuft, England würde trotz aller Friedensliebe etwaigen Neuerungen in Osteuropa nicht gleichmüthig zusehen können, schon in Hinblick auf seine vor Europa ein gegangenen Verpflichtungen nicht. Mit dieser be stimmten Erklärung Salisburys ist das Londoner Kabinet aus seiner bisherigen Zurückhaltung in den herrschenden europäischen Tagesfragen hervorgetreten und die großartige maritime Machtentfaltung Englands zu welcher der Besuch des deutschen Monarchen den äußerlichen Anlaß gab, drückt den Entschluß dieser Macht aus, unter Umständen ihr Veto gegen „Neue rungen" im Orient gewichtig einzulegen. Die friedens störrischen Elemente, welche etwa zum Hervorrufen neuer Unruhen auf der Balkanhalbinsel geneigt sein sollten, müßten demnach gewärtig sein, hierbei schon in erster Linie England zu begegnen und bei der gegen seitigen Stellung der Großmächte erschiene alsdann der Versuch zu neuen bedenklichen Umtrieben im Orient um so aussichtsloser. Glücklicher Weise erweist sich auch die Situation an den hauptsächlichsten Brenn punkten des verwickelten orientalischen Problems, in Bulgarien und Serbien, zur Zeit keineswegs als so sehr schwierig, -im Gegentheile, die Verhältnisse in ersterem Lande befestigten sich immer mehr und mehr und was Serbien anbelangt, so hat die momentane Rückkehr König Milans wenigstens in etwas die hier einreißende politische Verwirrung gehemmt. Freilich geht es dafür jetzt auf Kreta jetzt recht unruhig zu, nach den bisher vorliegenden Aeußerungen aus den Kreisen der leitenden Staatsmänner Europas über die kretensischen Dinge steht jedoch zu erwarten, daß die Beschwichtigung der aufständischen Bewegung auf Kreta gelingt, ohne daß letztere das Signal zu ernsteren Verwickelungen gäbe. Gewiß dauern die in orienta lischen Angelegenheiten vorhandenen Interessengegen sätze zwischen den verschiedenen Mächten fort, wie anderseits auch die Gegnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich fortbesteht, aber in den Balkansragen wie im deutsch-französischen Verhältniß macht sich das ersichtliche Bestreben geltend, Alles zu vermeiden, was zu der endlichen Katastrophe eines Weltkrieges führen könnte. Dieses „Temporisiren" ist der gegenwärtig vorherrschende Charakterzug in der europäischen Lage und wird derselben voraussichtlich auch noch für die nächste Zeit ausgeprägt bleiben. Als gesund kann man einen derartigen Zustand schwerlich bezeichnen, sicherlich ist er aber einem kriegerischen „Ende mit Schrecken" doch bet Weitem vorzuziehen und es muß daher Alles, was zur Verhinderung eines solches Ausganges geeignet erscheint, nur freudig begrüßt werden. Hierher gehört auch der Besuch Kaiser Wilhelms in England und die ebenso herzliche wie glänzende Aufnahme, welche dem Schirmherr» des deutschen Reiches jenseits des Kanals bereitet wurde, zeugt dafür, wie sehr man daselbst die Bedeutung seines Erscheinens zu würdigen versteht; vielleicht, daß man in der durch Königin Viktoria ver fügten Ernennung des deutschen Kaisers zum Ehren- Admiral der britischen Flotte die vor aller Welt kund gegebene Besiegelung des nun erzielten stillschweigen den Bündnisses zwischen Deutschland und England erblicken darf! Wie aber die Reise des deutschen Herrschers nach England die im Interesse der Erhaltung des Weltfriedens liegende Annäherung des britischen Jnselreiches an Deutschland und somit an den Drei bund schärfer denn je markirt, so wird der binnen einer Woche bevorstehende Gegenbesuch des Kaisers von Oesterreich am Berliner Hofe zeigen, daß auch unter den Theilnehmern der Tripelallianz selbst unerschütter lich das innigste Einvernehmen weiterbesteht. So ver mehrt die Englandsreise Kaiser Wilhelms wie seine herangenahte Wiederbegegnung mit dem Kaiser Franz Joseph die europäischen Friedensgarantien aufs Neue in erfreulichster Weise und hoffentlich wird sich das selbe von dem nunmehr ebenfalls bevorstehenden Gegen besuche des Zaren in Deutschland sagen lassen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wie sehr in der gesammten Amtshauptmannschaft der deutsche Männergesang gepflegt wird, kann man am Besten aus der Liste der jenigen Vereine ersehen, welche sich am vergangenen Sonntag beim Festzuge des Elbgaubund-Sängerfestes betheiligten. Es waren dies die Vereine: Eintracht Dippoldiswalde, Liedertafel Frauenstein, Immergrün Glashütte, Liederkranz Großölsa, Eintracht Höckendorf, Liederkranz Reichstädt, Liedertafel- Reinhardtsgrimma, Eichenhain Schmiedeberg und Eintracht Seisersdorf. Rehefeld. Vorigen Sonnabend Mittags trafen mittelst Sonderzug von Dresden aus Ihre Maj. König Albert und Königin Karola auf Haltestelle Herms- dors-Rehefeld ein und begaben sich mittelst Wagen nach Jagdschloß Rehefeld. Auf dem Bahnhof wurde das Königspaar begrüßt vom Herrn Oberregierungsrach Amtshauptmann v. Keßinger. Im Schloßhose waren zur Begrüßung der hohen Herrschaften erschienen Herr Oberförster Winter-Schmiedeberg (in Vertretung des beurlaubten Herrn Oberforstmeister Heinicke) und Herr Oberförster Breitfeld-Rehefeld. Am Sonntag Nach mittag trafen Ihre König!. Hoheiten Prinz Georg nebst Prinzessin Mathilde und Prinz Albert hier ein, welchen am Montag auch Se. König!. Hoheit Prinz Friedrich August folgte, um der Geburtstagsfeier der Königin beizuwohnen. Die Rückreise der prinzlichen Herrschaften erfolgte am Montag Abend mit Wagen über Dippoldiswalde und Poffendorf nach Dresden und bez. Niedersedlitz zu. Se. Maj. der König hielt am Dienstag und Mittwoch größere Hirschjagden auf Nassauer und Altenberger Staatsforstrevier ab. Den Donnerstag begeben sich die hohen Herrschaften über Freiberg wieder nach der Sommerresidenz Pillnitz zurück. Rippien bei Poffendorf. Infolge der günstigen Ergebnisse von Bohrungen auf den Burgker Schächten in der Richtung nach Dresden wurden dergleichen in derselben Weise auch im hiesigen Schachte vorgenommen. Nach fast einjähriger Arbeit hat man endlich abbau- fähige Kohle gefunden und ist man gewillt, einen neuen Schacht zwischen hier und Dresden zu teufen, da nach Aussage bewährter Geologen starke Kohlen adern sich bis zur Residenz hinziehen. Der Fund ist für unsere Gegend von hohem Werthe, da in wenig Jahren auf den Hänichener Kohlenschächten der Betrieb infolge Kohlenmangels hätte eingestellt werden müssen. Freiberg, Sängerfest, den 4. bis 6. August. Endlose Extrazüge brachten am Sonntag große Schaaren fröhlicher Sänger in die alte Bergstadt, wo dieselben auf dem festlich mit den Farben Sachsens und Frei bergs (Schwarz-gelb) geschmückten Bahnhofe mit Ge sang und Ansprache begrüßt wurden, worauf Herr Kantor Hellriegel-Dippoldiswalde mit einem Hoch auf Freiberg antwortete, in welches die tausendköpstge Menge jubelnd einstimmte. In der Restauration zum „Brauhofe" wurden die Wohnungskarten ausgegeben und alle Sänger gastlich untergebracht, nur in der Mädchenbürgerschule waren Massenquartiere eingerichtet worden. Die Sänger hatten angestrengten Dienst. r/,l l Uhr mußten sie sich zur Probe auf dem Fest platz einfinden, um 12 Uhr der Einladung ihrer Quartierwirthe zum Mittagbrod folgen und um 2 Uhr zum Festzuge stellen. Auf dem Obermarkt vor einem Podium machte der Zug Halt. Dicht gedrängt stan den die Sänger, der Fahnenwald von gegen 80 Fahnen und Standarten, darunter die blumengeschmückte Lyra der Dippoldiswaldaer, bot einen prächtigen Anblick. In der Mitte des Zuges befand sich ein Prunkwagen, gezogen von 4 Schimmeln, auf ihm saßen ein Minne- und ein Meistersänger und auf erhöhtem Sitze die Freibergia. Nach einem Begrüßungsgesange der Frei berger Sängerschaft ergriff Bürgermeister Beutler-Frei berg das Wort, um im Namen der Stadt den Sängem Willkommen zuzurusen, besonders aber beglückwünschte er den Elbgausängerbund zu seinem 25jährigen Jubi läum und schloß seine begeisternde Rede mit einem Hoch auf die Schirmherren der Kunst, auf Se. Maj. de» König und Se. Maj. den Kaiser. Mächtig brauste der Hochruf. Nachdem Schwärze-Dresden, Vorsitzen der des Elbgausängerbundes für freundliche Begrüßung gedankt und die Sänger in ein Hoch auf die Feststadt eingestimmt hatten, bewegte sich der Festzug weiter dem Festplatze zu. Umgrenzt von Zelten und Buden waren Tische und Bänke für die Zuhörer aufgestellt, die den Orchester- und Sangesvorträgen zuhörten und den selben stürmischen Beifall zollten. Das Programm des Concertes bestand aus 20 Nummern, die theilS von der Sängerschaft des ganzen Gaues, theils von einzelnen Gruppen gesungen, bez. von der Kapelle des kgl. sächs. I. Jägerbataillons unter Mitwirkung des Sladtorchesters vorgetragen und von den Mitgliedern der Musikkommission dirigirt wurden. Von beson derem Interesse war die Anwesenheit des Kapellmeisters Tschirch aus Gera, der herrliche Volkslieder komponirt hat, und heute einige derselben selbst dirigirte. Der selbe sprach sich auch sehr anerkennend über das Bundes festlied (Dichtung von Engelmann, Komposition von Hellriegel) aus, und fand dessen Vortrag gleichfalls lauten Beifall der Zuhörer. Vor diesem Liede hatte Stadtverordneter Braun, Schneidermeister in Freiberg, die Festrede gehalten. In derselben bot er einen Rückblick auf die geschichtliche Entwickelung des Volks gesanges und dessen Einfluß auf die not-onale Stärkung des deutschen Volkes, zugleich mit hinreißenden Worten die Sänger ermahnend, an der deutschen Tugend fest zuhalten, damit wir Deutschen die politische und kul turelle Höhe, die wir mit Mühe erstiegen, auch für immer behaupten können. Nach 8 Uhr begann der Kommers auf dem Kaufhaussaale mit den üblichen Trinksprüchen und Gesängen. Der Vormittag des zweiten Tages war der Besichtigung der Sehenswürdigkeiten gewidmet, bis l I Uhr wieder zur Probe für das 2. Concert gerufen wurde. Am Ende derselben kam ein gewal tiges Unwetter, das sich aber glücklicherweise bald ver zog. Das Concert war wieder sehr gut besucht, das Programm enthielt meist Volkslieder, die, sehr schön und gefühlvoll gesungen, auch sehr gefielen. Festes müde zogen nun viele der Aelteren nach dem Bahn hofe ab, während das junge Volk der Sänger noch zum Tanze im Bayrischen Garten und Union eilte. Der dritte Tag war für die ernsten Berathungen des Sängerlaqes bestimmt. Aus der Vorstandswahl gingen die alten wieder hervor, der Rechnungsabschluß ergab 118 M. Ueberschuß vom Wettinfest, welche Summ-