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,r. gahrgang. Slr. ««4 A-en-AuSsabe Donnerstag, r. Oktober isZo »nchimilchNft, Nachricht«, »reld«, Nar»lvrechn-Sammelnumm«r: »d»«1 Nur >ür NachtgelvrLch«! «r. »00»r «chrytlettung u. -auptgetchttsttstelle, »reldeu-N. 1. Martenitrate IS/a» Gegründet 1TZS >e»«S»g«X>-r »et tlgltch zweimaliger Austeilung monatlich ».»0 Mt. letnschlletNch «> Pfg. sttr »rlgerlohn», durch Postbezug s.ao Ml. etnlchltetltch »6 Psg. Postgebühr lohne Postzustellunglgebühr) bet »mal wlchentltchem Versand. Anzelnummer lo Psg. «nzcigenpretse: Die etnlvalttge »o mm breite Zette I» Psg., sür au«würt» ao Psg. stamlltenanzeigen und Stellengesuche ohne Stabatt t» Psg.» auterhald I» Psg., die »o mm breite Reklame,elle IW Pfg., außerhalb rsu Psg. Lsserten- gebühr »<> Psg. iluiwLritge «ustrSge gegen vormtlbezahlung Druck u. verlagr Ltepsch ck «etchard«, Dresden.Postscheck-liw. los» Dresden, Nachdruck nur mit deutl.vuellenangab» ^DreSdn. Nachr.s zulässig. Unverlangt« Hchrlststücke werden nicht aufbewahrt Rothermere über den Sinn -er Sitler-Wrtel Ein neu» Atttkel »eS emIWm ZtiltmaikinW > London, 2. Okt. In einem zweiten Artikel über Hitler seht Lord Nothermcre die Gründe auseinander, die ihn dazu bewegen, die Wahrheit über die letzte Entwicklungsstufe einer -er größten Wendungen in Europa wicderzugeben. Altmodische PolUiker und Presselente hätten noch nicht verstanden, daß neue mächtige Kräfte in Europa an der Arbeit seien und daß die Zukunst Englands davon abhänge» dies richtig zu verstehen. Er habe die alliierten Staatsleute dringend daraus aufmerk sam gemacht, die Tatsache anzuerkenncn, daß die jungen Deut schen, die feit der Unterzeichnung des Friebensvertragcs zu Männern und Frauen ausgewachsen seien, sich nicht den Be dingungen unterwerfen werden, die sie als ungerecht und un erträglich anschen. Die Hitlerbcwegung habe sich bereits im Staat Thüringen bewährt. Trotzdem seien die Aus legungen über die Vorgänge in Deutschland durch einen vor eingenommenen Teil der Presse in anderen Ländern so falsch gewesen, daß eine vollständig unnötige Panik an den Börsen der Welt entstanden sei. Wer seien denn diese Leute, so fragt Lord Rothermere, die eine natürliche und unvermeidliche Entwicklung der poli tischen Lage in Deutschland zu Panikvcrkäufen benutzten? Es seien die verblendeten Politiker und Zeitungsschreiber, die seit zwölf Jahren den unvermeidlichen Fortschritt der Ereignisse nicht erkennen wollten. Sie verschlössen die Sicherheitsventile Europas, und niemand werde mehr erschreckt und hilflos sein als sie. sobald sich die unvermeidliche Explosion ereigne. Rothermere schlägt Hitler vor, a«S seinem Programm den Antisemitismus zu streichen. Judenverfolgungen seien törichte Ueberbleibscl mittelalter licher Vorurteile. Er müsse allerdings zugeben, daß die jüdische Nasse seit dem Krieg auffallend wenig politisches Ver - ständnis gezeigt habe. Man müsse sich auch an die Tatsache erinnern, daß die Führerschaft des bolschewistischen Feldzuges gegen die Zivilisation und die Religion fast ausschließlich in jüdischen Händen liege und so dem Ansehen der Nasse in allen Ländern unberechenbaren Schaden zufüge. Wie sich ein tüch tiger Direktor einer Gesellschaft dauernd den wechselnden Be dingungen anpassen müsse, so müsse man auch den Tatsachen ins Auge sehen, daß eine neue Kraft der Jugend in Europa am Werke sei, die sich weigere, ihre wachsenden Knochen und Seelen durch die Zwangsjacke verkümmern zu lassen, die ihr eine ältere Generation angelegt habe. Aitler-Snterview über Sü-tirol Berlin, 2. Okt. Der Führer der Nationalsozialisten, Hitler, hat an die in Turin erscheinende „Gazetta del Popolo" ein Interview gegeben, in dem er sich über Südtirol äußert. Hitler schreibt: „Ich habe immer die Ansicht vertreten, daß, so teuer uns auch das Schicksal unserer Brüder in Südtirol ist, es uns nicht teuerer fein soll als das Schicksal der Millionen Deutscher, die durch die Fricdensverträgc dazu verdammt sind, unter polnischem, südslawischem, tschechi schem und belgischem Regime zu leben. Die Freund schaft einer so großen Nation wie Italien dars nicht wegen eines Hindernisses wie Südtirol getrübt werden. Außerdem dürfe man doch daran nicht zweifeln, daß die Deutschen tn Sttdttrol von einem Italien, das unser Freund ist, besser behandelt werden, als von einem Italien, das nur ein gleich gültiger Nachbar ist." Böß trmiwst lm MlersiubmigsauMiiß auf Eine stürmische Sitzung Berlin, 2. Okt. Im Untersuchungsausschuß des Preu ßischen Landtags zur Prüfung der „Mißstände in der Ber liner Stadtverwaltung" wurde am Donnerstag Oberbürger meister Büß als Zeuge vernommen, der über die Sonderfonds aussagen sollte. Der Berichterstatter Abgeordneter Koennecke sD.-N.) hielt dem Zeugen vor, der Prüfer der Staatsanwaltschaft habe fest- gestellt, daß bei den AuSgabennachweiscn aus den Fonds die Belege für 12 W« Mark fehlten. Böß erklärte dazu, daß im Laufe des Donnerstagnachmittag noch einmal Besprechungen mit den Untersuchungsbehvrden über diese Fonds stattfändcn. Er habe das vermißte Material über die Ausgabennachwcise für diese Untersuchungen zurück- gehalten, die spätestens Anfang nächster Woche abgeschlossen fein würden. Der Berichterstatter ging sodann ans die Spen den ein, die von einzelnen Firmen für die Fonds des Ober bürgermeisters gemacht wurden, und fragte den Zeugen, ob es richtig sei, daß in einzelnen Fällen Firmen die Hcrgabe von Spenden von der Erteilung von Lieferungsaufträgcn ab hängig gemacht hätten und ob die Stadt ihrerseits nnr solchen Firmen Lieferungsaufträge gab, die entsprechende Spenden zur Verfügung stellten. Böß erklärt hierzu in großer Erregung, nicht in einem einzigen Falle sei einer Firma mündlich oder schriftlich mit- gctcilt worden, daß sie nur nach einer entsprechenden Spende Licscrungsaufträge erhalten würde. Die wettere Vernehmung des Oberbürgermeisters Böß nimmt teilweise einen sehr stürmischen Verlauf. Berichterstatter Koennecke sDnat.j: Aus den Unter- suchungsbcrichten ergibt sich weiter, daß Sie über die Fonds eine Vollmacht ausgestellt haben, die aus Sie und Ihre Erben lautet, während es sich doch um sür die Stadt gegebene Gelder handelt. Böß: Auch dieser Fall ist in der Presse so behandelt worden, als ob ich für mich und meine Erben etwas aus den Fonds hcrausholcn wollte. Eine gröbere Schande ist noch nicht vorgekommen. Man hat einfach übersehen, daß diese an gebliche Vollmacht nur eine bankmäßige Formalvollmacht war, die außerdem irrtümlich mit de» Fonds in Verbindung ge bracht wurde. Ich kann mir nicht Helsen, aber ich muß sagen: Daran, daß ich in diesem Fall so diffamiert wurde, haben Sic sauf den Äertchterstatter weisendj die Schuldl (Lebhaftes Sehr richtig! links, stürmische Unterbrechungen bei de» Teutschnationalen. Abg Hilger ruft: „Am Pelz sind Sie aber schuld!") Vorsitzender Schwenk zu Böß: Wir haben Sie hierher als Zeugen geladen, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, alle diese Borwürse auszuklärcn. Ich bitte Gle, entsprechend ruhig zu antworten. Böß: Ich brauche mir nicht alles gefallen zu lasten! Auf die Frage des Abgeordneten Mcier-Verltn (Soz.), Bös, sei der Vorwurf gemacht worben, einem Künstler 2M>» Mark Unterstützung gegeben zu haben, wofür keine Quittung vorhanden sei, antwortet der Zeuge, baß auch tn diesem Falle eine völlig irrtümliche Darstellung vorliege. Die 2llt>0 Mark seien «in Darlehen c>ewese^ und die Quittung Hab« er bei sich. Auf das Vorhalten des Abgeordneten Hilger ldeutschnational), Böß habe wohl geglaubt, diesen Künstler unterstützen zu sollen, weil er von ihm Büsten modelliert habe, antwortet Böß erregt: „Auf eine solche Unterstellung einzu gehen, liegt unter meiner Würde!" jLebhastc Unterbrechun gen.) „Vor allem hat dieser Künstler keine Büsten von mir modelliert, sondern nur einen Kopf. Er hatte mich gebeten, dies tun zu dürfen, weil er hoffte, durch die Ausstellung dieses Kopfes bekannt zu werden. Der Kopf ist dann auch ausgestellt und später von der Stadt, nicht aber von mir, angckauft worden." Böß läßt sl» mit einem Rteien-etistll »enstonieren Berlin, 2. Okt. Der Berliner Oberbürgermeister Böß hat bereits am Mittwochabend sein Pensionierungsgesuch ein- gercicht, »m die Wahl eines neuen Oberbürgermeisters zu ermöglichen. Gleichzeitig hat er seine Benrlanbimg beantragt bis zur Bewilligung seines Gesuches. Seine Jahrespcnsion beträgt nicht weniger als 29S50 Mark. Der sächsische Ministerpräsident Schieck hat an den Herrn Reichspräsidenten v. Hindenburg folgendes Glückwunsch, telegramm gerichtet: Namens der sächsischen Regierung beehre ich mich, Ihnen, Herr Reichspräsident, zum heutigen Tage, an dem Sie das 83. Lebensjahr vollenden, die aufrichtigsten Glückwünsche dar» zubringen und der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß Sie dem deutschen Volke, das in Ihnen das Symbol einer großen Ver gangenheit und das Vorbild aufopfernder Arbeit für eine bessere deutsche Zukunft verehrt, noch recht lange erhalten bleiben. Gez. Schieck, Ministerpräsident. Sie Demokraten Verbindern öle sächsische Regierungsbildung Wie wir erfahren, haben die Demokraten die Einladung der Wirtschaftspaktes zu Besprechungen über die Bildung einer Nechtsrcgierung abgelehnt. Mit diesem Beschluß treten die sächsischen Demokraten wieder einmal aus der Stelle. Sie haben durch die Ereig nisse der letzten Wachen nichts gelernt und erstarren in hart näckiger Verneinung, obwohl der Volkswille über solche Dünkelhaftigkeit von ein paar Parteipolitikern längst htn- weggegangen ist. Dabei reicht ihre Kraft durch den Zufall der Landtagsarithmctik gerade noch aus, um die NcchtSregte- rung tn Sachsen zu verhindern, die einzig parlamentarische, die überhaupt noch denkbar ist: denn zu einer Linksregierung sind seit den letzten Beschlüssen der Volkspartei und der Wirschastspartei alle Wege endgültig versperrt. Sie würde auch den in zwei Mahlgängen ausgesprochenem Volksurteil direkt widersprechen. Was wollen also die sächsischen Demokraten? Ihr eigenes Negierungssystem am Funktionieren verhindern? Dieses Spiel treiben sie nun schon lange genug. Oder vielleicht gar eine Klärung durch Neu wahlen? Sic wissen selbst am besten, daß es dann mit dem Linkskurs in Sachsen und mit ihrer eigenen entscheidenden Stellung aus wäre. Brünings Verhandlungen mit de« Parteien Vraütmvlckung nnsoror Lorllaor 8el»rlttleitung Berlin, 2. Okt. Die Besprechungen des Reichskanzlers mit den Parteisiihrcrn haben am Donncrstagvormittag be gonnen. Als erster erschien der Führer der Wirtschaftspartei, der Abg. Drewitz. Nach ihm wurde Graf Westarp empfangen, der zusammen mit dem Rcichscrnährungsminister Schiele erschienen war. Als nächste Besprechung folgte dann ein Empfang der Führer der bürgerlichen Mitte. Für morgen sind dann Besprechungen mit den Führern der Deutschnationalcn und den Nationalsozialisten vorgesehen, sür die letztere Partei wird wahrscheinlich Dr. Frick und RA. Dr. Frank erscheinen. Der Reichskanzler beschränkte sich daraus, den Parteiführern offiziell das Sanie rungsprogramm der Reichsregicrung zu überreichen und bat sie, eine Stellungnahme ihrer Fraktion herbeizuführen. AMluß der PiädoncrS im ReichSwebrvrvzcß Scharfe Replik -es Reichsantvalts - Das letzte Wort -er Angeklagten iSonelordorivdt ckvr „vroncknor Anvdrtdrto»* Leipzig, 2. Okt. Die Verhandlung am achten Tage des Hochverratsprozesses gegen die Ulmer RcichSwehroffiziere be ginnt mit dem Plädoyer des RA. Dr. Sack. der Scheringer und Wcndt verteidigt. Dr. Sack bittet, Scherin- gcr und Wendt in vollem Umfange f r e i z u s p r e ch e n. Im weiteren führt der Verteidiger u. a. aus: Es zeigte sich, daß nicht die Angeklagten im engsten oder weitesten Kameraden- krcise, nein, daß zehn Millionen Deutscher dieselbe Ideologie zu erkennen gegeben hatten, wie die Angeklagten dies hier kund taten. Die Angeklagten wollten mit sich selbst, durch sich selbst versuchen, zu helfen und zu fördern. Es ist hier der Gegensatz zwischen dem Rhythmus des BolkswillenS und der Abstimmung der Parlamentarier ober — gerade gegenübergestellt — der Gegensatz Front — Büro. Die Angeklagten scheinen mir die Opfer dieser in die Er scheinung getretenen Spannung zu sein. Wie die übrigen Ver teidiger untersucht auch Dr. Sack die Worte und Formulic- rungen der ZciigcnauSsagcn und UntersuchungSprotvkolle auf ihre wirkliche Bedeutung. Er unterstreicht im einzelnen die Gefahr einer mißverständlichen Auslegung der einfachen mili tärischen «nkvrtstische» AusdruckSwetse der Offizierszeuge». ES stehe fest, daß die Kameraden froh waren, daß hier jemand kam. der die sie bewegenden Gedanken nach oben hin zum Ausdruck bringen wollte, auch aus die Gefahr einer etwaigen Verabschiedung hin. Ans den Söhnen sprechen die Väter und aus dem Sohne Scheringer sprach der im Felde gefallene Hauptmann Scheringer. Für die Offiziere ergab sich angesichts des üblen Untform- erlasscö die Frage: Was sollen wir unseren Mannschaften dazu sagen? Sind wir Biersoldatcn, sind wir Vcrkchrsschutzleute ohne Waffe? Der Verteidiger erklärte, am Tage nach der letzten NeichStagswahl habe sich alles an die Jugend gewandt» weil man wisse, daß Ihr die Zukunft gehöre, daß hier die Stoß kraft zum Vorwärtötreiben einer Bewegung zu gewinnen ist. So, wie die Angeklagten dachten 75 A des Ofstzierkorps. Man könne sich zwar vorstcllen, daß tn einem kommunistischen Heere Disziplin und Stoßkraft vorhanden sind. Niemals könne man sich aber vorstellen, daß ein Soldat, der der Schutz der Verfassung sein soll, ideal sich sür sie einsctzen soll unter Hingabe seines Lebens, wenn man diese Verfassung mit Zweidrittelmehrheit jederzeit in ihre« Grundlagen ändern kann. Die Soldaten sind, so betonte der Verteidiger, keine politischen Kinder mehr. Der Reichswchrmtnister hat selbst erklärt: Wir wolltzn zwar keine politisierende» Soldate«, aber