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Gzped. u. Sledaktion Presse»-Neuftast K«etß»«GosieS Die Zeit«,- erscheint Die»ft«s, Do»ersta> »ud Go»m»se»s sr»h. Aso»»e«e»ts- Pretsr viertrljShrl M 1M Zu dtjiehen durch die kaiserlichen Post« «nstalten und durch unsere Voten. Bei freier Lieferung tu» Hau» erhebt die Post noch «ne Ge bühr von 2ö Pfg. Sächsische V ocheilunM werden bis Moutag. SO Pf. Jnseraten- und kost,«: dtelspait ZeileU»Pf. Unter Lin^efandt: Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman« Müller iu Dresden. A«na-«eftel»eu: Die Urnosdische vuchhandkunL Invalidendanr, HaasensteinLvogler, Rudolf Moste, G L. Daube « Lo. in Dresden, Leipzig, Hamburg, verlcu, Frankfurt a/M. u. s. w. — Donnerstag, den 17. Jebruar 1881. 43. Jahrgang. PolMsche Weltschau. Deutsches Reich. Der Reichstag ist durch den Stellvertreter deS Fürsten BiSmarck, Grafen Stolberg, am 18. d. M. im königl. Schlosse im Namen de- Kaiser- eröffnet worden. „Der ReichShauShaltS-Etat, so be ginnt da- zur Vorlesung gelangte osficielle Schriftstück, welche- Ihnen unverweilt vorgelcgt werden soll, wird Sie in den Stand setzen, die Ergebnisse zu übersehen, welche die vor zwei Jahren begonnene Reform der Reichsabgaben seither gewährt hat und ferner zu ge währen verspricht. In den bisher erreichten wirth- schädlichen und finanziellen Resultaten erblicken die verbündeten Regierungen die Aufforderung, die Grund gedanken jener Reform zu weiterer Durchführung zu bringen und auf diesrm Wege nicht nur die finanzielle Selbstständigkeit deS Reiche- anzustreben, sondern auch den Bundesstaaten weitere Mittel zur Umgestaltung ihrer Besteuerung-Verhältnisse, zur Minderung drücken der Abgaben und zur Verbesserung der Lage der arbei tenden Klassen zu gen ähren. Welche Mittel die Ein nahmen den einzelnen Staaten für diese Zwicke zu leisten schon im Stande sind, wird sich erst übersehen lassen, wenn die Ueberschüffe deS Reiches au- den neuen Zöllen definitiv feststrhen. Schon jetzt aber glauben die verbün deten Regierungen eine Vermehrung der für jene Zwecke »u verwendenden Einnahmen durch eine neue Ordnung der Stempelgesctze und der Brausteuer erstreben zu sollen. Schon bei der Eröffnung deS Reich-tagS im Februar 1879 hat Seine Majestät der Kaiser, im Hinblick auf daö Gesetz vom 21. Oktober 1878 der Zuversicht Aus druck gegeben, daß der ReichStaa seine Mitwirkung zur Heilung socialer Schäden im Wege der Gesetzgebung auch ferner nicht versagen werde. Diele Heilung wird nicht ausschließlich im Wege der Repression socialisti'chrr Ausschreitungen, sondern gleichmäßig auf dem der positiven Förderung des Wohles der Arbeiter zu suchen sein. In dieser Beziehung stcht die Fürsorge für die Er werbsunfähigen unter ihnen in erster Linie. Im Interesse der letzteren hat Se. Majestät der Kaiser dem BundeS- rath zunächst eimn Gesetzcntwurf über Versicherung der Arbeiter gegen die Folgen von Unfällen zugehcn lassen, welcher einem in den Kreisen der Arbeiter wie der Unternehmer gleichmäßig empfundenen Bedürfniß zu entsprechen bezweckt. Se. Majestät der Kaiser hofft, daß derselbe im Principe die Zustimmung der verbün deten Regierungen finden und dem Reichstage al- eine Vervollständigung der Gesetzgebung zum Schutze gegen socialdemokratiswe Bestrebungen willkommen sein werbe. Die bisherigen Veranstaltung«», welche die Arbeiter vor der Gefahr sichern sollten, durch den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit, in Folge von Unfällen oder de- Alter-, in eine hilflose Lage zu gerathen, haben sich al- unzu reichend erwiesen und diese Unzulänglichkeit hat nicht wen g dazu beigetragen, Angehörige dieser Beruf-klasse dahin zu führen, daß sie in der Mitwirkung zu social- demokratischen Bestrebungen den Weg zur Abhilfe suchten. In demselben Stadium befindet sich ferner ein Gesetz entwurf, der auf einem nahe verwandten Gebiete die Verhältnisse der Innungen zu regeln bestimmt ist, indem er die Mittel gewähren soll, die isolirten Kräfte der in gleichartigen GewerbSzweigen beschäftigten Personen durch ihre Zusammenfassung in korporative Verbände zu stärken und dadurch ihre wirthschaftliche Leistungs fähigkeit sowohl wie ihre sittliche Tüchtigkeit zu heben." WaS die auswärtige Politik anlangt, so tritt in der Thronrede diesmal der PassuS über die auswärtige Politik ganz besonders accentuirt hervor, nicht deshalb, weil der sonstige Inhalt deS Aktenflückls kaum etwas Neue-, Unberührtes bringt, sondern auch wegen der Bedeutung und de- Nachdrucke-, der unverkennbar auf diese Stelle gelegt ist und ihres merkwürdigen Inhalts halber ihr zukommt. Die Betonung de- VcrhältnisseS zu den uns benachbarten großen Reichen, die Freund schaft unseres Kaisers mit den Herrschern derselben zeigt Rußland wieder in einer Stellung, die an die Periode deS DreikaiserbündnisseS erinnert. Bezüglich der heute erfolgenden Präsidentenwahl kann als feststehend an gesehen werden, daß der ultramontane Freiherr von Franckenstein, der die kaiserliche Einladung zur Kölner Dombaufeier, mit der Mannten „würdigen Zurück haltung" erwiederte, ebenso wenig zum Vicepräsidenten im Reich-tag wiedergewählt werden wird, wie scin Cen- trum-kollege Freiherr v.Heerrmann im Abgeordnetenhaufe zu der entsprechenden Stellung gelangte. Graf Arnim- Boitzenburg, dessen Wiederwahl zum Präsidenten im Voraus gesichert ist, hat nämlich ganz offen erklärt, er werde eine ahl unter keinen Umständen annehmen, falls ein Mitglied deS Centrums inS Präsidium komme. Angesichts dieser Sachlage läßt sich voraussehen, daß der Reichstag anstatt deS bisherigen ultramontanen Vicepräsidenten ein Mitglied der nationalliberalen Partei und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach Herrn v. Benda wählen wird. Die Selbstständigmachung der wirtschaftlichen Abtheilung im Reicheamte des Innern durch An stellung eigener Beamten kann man als den Anfang eine- künftigen ReichSamts für Handel und Gewerbe ansehen. Seit Jahren schon arbeitet Fürst BiSmarck darauf hin und wenn derselbe jetzt offener mit dieser seiner Idee hervortritt, so weiß er auch, daß der Moment gekommen ist, um den Hebel anzusetzen und die für dir sociale Reform wichtige wirthschaftliche Abtheilung in- Leben zu rufen. S- ist die- ein neuer kühner Schachzug deS Reichskanzler-, den nur derjenige begreift, welcher dessen Politik von Anfang an mit Auf merksamkeit verfolgt hat. Auch dieWimer „Presse" brachte dieser Tage an leitender Stelle einen recht interessanten Artikel, in welchem der Versuch gemacht wird, au- den wirthschaftlichen und socialpolitischen Gesetzentwürfen, welche seit zwei Jahren au- der Initiative de- Fürsten BiSmarck hervorgegangen find, au- deffrn parlamen tarischen Reden, politischen Tischgesprächen rc ein System zu konstruiren. Versuche dieser Art sind indessen Lebenden gegenüber stet- bedenklicher Natur, da die weitere Ent wickelung der Dinge meist auf Widersprüche führt, die gleich geheimnißvoll für Kluge wie für Thoren bleiben. Der rothe Faden, den man gefunden z, haben vermeint, reißt plötzlich ab oder verwickelt sich derart, daß es unmöglich wird, ihn weiter zu verfolgcn. Die Anhänger deS ZollschutzeS weisen mit Genug- thuung darauf hin, daß die Einnahmen deS Reichs au- den Zöllen und Steuern in steter Zunahme be griffen seien. Der Etat-Voranschlag für das Rechnungs jahr 1881/82, welcher etwa vor zwei Monaten dem BundeSrathe zuzrstellt wurde, hat de-halb auch eine wesentliche Aenderung erfahren. Die auf 184,128.200 Mark veranschlagten Zollerträge pro 1882 sind jetzt auf 188,250,000 Mark, die Einnahmen aus der LabakSsteuer, vordem auf 2,524,800 Mark geschätzt, mit 4 578,000 Mark normirt. Demgemäß stieg-n natürlich auch die Aversen der Hansestädte für Zölle und Tabakssteuer auf 3,829,000 Mark. Da von diesen Zoll- und Steuerein nahmen von inSgesammt 196 657,000 Mark nach dem Z 8 deS Gesetze- vom 18. Juli 1879 (Antrag Franckenstein) nur 130 Millionen dem Reiche verbleiben, der Reff aber nach dem Maßstabe der Matrikularumlagen an die Einzelstaaten vertheilt wird, so entfällt auf die Sinzelstaaten ein Ueberschuß von 66.657,000 Mark, wo von der preußische Antheil etwa 42 Millionen Mark beträgt, also rund 8 Millionen mehr, als im preußischen Etat vorgesehen worden ist. Wie officiell mitgetheilt wird, hat da- deutsche Kriegsschiff „Viktoria" den Hafen von Gibraltar ver lassen und ist nach der Westküste von Afrika abgedampft, um von den dortigen Eingeborenen Genugihuung für Mißhandlungen an deutschen Schiffbrüchigen und Plün derung de- Wrack- zu fordern. Die genannte Korvette verweilte in Gibraltar so lange, weil sie die Antwort der englischen Regierung auf die Anfrage Deutschland-, ob sich England nicht mit einem Schiffe an der Expe dition betheiligen wolle, abwartete. Diese Antwort ist der „Viktoria" überbracht worden und lautete dahin, daß die englische Regierung eS ablehne, sich an dem Unternehmen zu betheiligen. Feuilleton. Der Herr Baron.» Novelle von Ludwig Habicht. (16. Fortsetzung.) Dit- Bekenntniß verfehlte in der Lhat nicht seine Wirkung. Der Rausch teS ManneS schien ein wenig verflogen, so mächtig war er von diesen Mittheilungen erschüttert worden. Sie haben seine erste Frau vergiftet? stieß er endlich ganz erschrocken hervor. Die Italienerin nickte mit dem Kopfe. ES ist so wie ich sage, der Baron versprach mir, mich zu heirathen, wenn ich der Fürstin LaS Pulver in den Wein sctütttn wollte, daS er mir gab, und Sie können sich denken, waS eS für ein Pulver war, denn die Frau that noch ein paar Alhemzüge und dann hatte Sie aufgehört zu leben. DaS ist ja schrecklich. Sie werden also begreifen, daß Sie mir Alle- an vertrauen können, fuhr Enrichetta eifrig fort; denn Sie mögen für den Baron gethan haben, was sie immer wollen, so schlimm kann eS nicht gewesin sein. Ich muß meinen Kopf unter da- Beil der Guillotine legen, wenn Eie mich verrathcn. Sie kommen ohne Zweifel mit einigen Wochen Gefängniß fort, denn eS ist jeden falls ein sehr unbedeutender Dienst, den Sie meinem lieben Baron geleistet haben. Nun war die Eitelkeit deS Franzcsen geweckt. Er konnte doch unmöglich hinter feiner Begleiterin so furcht. sam zurückstehen und er entgcgnete ungewöhnlich leb haft: O, so unbedeutend ist die Sache nicht und wenn eS an dcn Tag kommt, sind mir ein paar Jahre gewiß. Immerhin eine Bagatelle. Aber erzählen Sie nur, drängte Enrichetta. ES lag in ihrem Wesen Etwa-, dem der Trunkene weiter keinen Widerstand zu leisten vermochte und so viel klare Besinnung schien er ohnehin noch zu besitzen, daß die Fremde durch ihre offene Mit- theilung sich ja ebenfalls in seine Hände gegeben habe und eS also nicht gefährlich sei, sich ihr anzuvertrauen. Dazu mochte der Franzose da- Bedürfniß fühlen, einmal Jemand zu haben, gegen den er sein übervolles Herz entlasten konnte und so begann er ohne weiteres Zögern. O eS ist eine wunderliche Geschichte und Sie werden eS kaum glauben dennoch ist e- alles Wahrheit, wa sch Ihnen erzählen werde. Enrichetta unterbrach ihn mit keinem Wort. Sie wußte schon, daß sie damit den Mann nur in seinem offenen Bekenntniß stören würde, der auch wirklich nach einer kleinen Pause fortfuhr: Erschrecken Sie nur nicht, Madame. Ich bin Lcdtengräber, müssen Sie wisfin. Es ist freilich keine angenehme Beschäftigung, aber solche Leute müssen doch auch sein. Die Tobten können ja n.cht auf der Erde bleiben und da wird man immer Leute brauchen, die sie einscharren. Er hatte dabei den Arm auS dem Enrichetta - gezogen, al- fühle er selbst, daß er nach Offenbarung seinrS Stande- nicht mehr das Recht habe, sich von der feinen Dame begleiten zu lassen. Die Italienerin stutzte nur einen Augenblick, daun ergriff sie ohne Weitere- wieder den Arm deS Lvdlen- gräberS und sagte mit ruhigem Lächeln: Nun müssen Sie erst recht mein Freund bleiben. Wer weiß, wie bald ich Sie brauchen werde. Ah, sagen Sie da- nicht, Madame 1 rief der Franzose, den die- Auftreten der Italienerin außer» ordentlich angenehm berührte. Jetzt war er vollends bereit, sich ihr ganz und gar anzuvertrauen. Sine so schöne Frau darf nicht sobald sterben und seine kleinen, verschwitzten Augen ruhten bewundernd auf dem schmalen, magern Gesicht Enrichetta'-, der selbst die Huldigung von einem solchen Manne nicht wenig schmeichelhaft war; dennoch verlor sie ihr eigentliche- Ziel nicht aus den Augen. Nicht war, Sie sind auf dem Kirchhofe von Montparnaffe? fragte sie rasch. Ja, Madame, war die Antwort. Und Sie haben durch daS Begräbniß der Fürstin Baron BloomhauS kennen gelernt? Der Lodtengräber nickte mit Lem Kopfe. Ich wünschte, ich hätte niemals auf sein Schwatzen gehört und er versprach mir goldene Berge. O, er ist ein schlauer Patron und wußte die Geschichte sehr klug ein zufädeln. Nun weiß ich freilich erst, wo er damit hinausgewollt hat, obwohl ich schon eine Ahnung davon halte, daß eS seine eigene Bewandtniß haben mußte. Ja, der Baron ist ein Teufel! rief die Italienerin erbittert. Ach er ist gar kein Baron, fitzte sie sich ver» bessernd Hinz«. WaS sagen Sie, Madame?! DaS wäre ja noch schöner. Ich weiß eS nicht gewiß, ich habe nur meine Ver- muthungen, aber erzählen Sie nur, waS er mit der Leiche seiner Krau getrieben?