Volltext Seite (XML)
und Val-enburzer Anzeiger 90 1008 Freitag, Sm 17. April Genüsse sind ausgekostet, die Sünden stehen anklagend vor tagsabgeordneter vertrat er den Wahlkreis Colmar-Czarnikau- arme Herz nach Erlösung von all den Banden, die es be- der Seele, die gräßlichsten Schmerzen peinigen, der Tod ist nahe und verzieht doch noch immer, damit die Qual noch größer werde. Da seufzt iu dieser furchtbaren Angst das Ericheint täglich mit Ausnahme der Tag« nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- ich.inenve Nummer bi« Vormittag« l Uhr. Der «bonnementSorei« beträgt vierteliähr- ach E «« Pf., monatlich 55 Pf. S"1«>ne Aru. Pf. Inserate pro Zeil» Pf., für auswärts 15 Pf. Filialen: sm Attstadtwaldenburg bei Her» Otto Förster; in Callenberg bei Hrn. Strumpf. Wirker Fr. Herm. Richter; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; m Langenchursdorf drt Herrn H. Stiegler: in Penig bei Herrn Helm Dabler; in Wulkenburg bei Herr» Herm Wildenhain; in Ziegelheim bet yer«. Eduard Kirsten. Waldenburg, 16. April 1908. Charfreitags-Gedanken. Unter der Menge, die sich nach den Erzählungen der Evangelien um das Kreuz von Golgatha sammelt, sehen wir Witterungsbericht, ausgenommen am 16. April, Nachm. 3 Uhr. Barometerstand 766 WM reduziert auf den Meeresspiegel. Thermometerstan- st- 15,50 0. (Morgens 8 Uhr st- 8' 0. Tiefste Nachttemperatur st- 4' 0.) Feuchtigkeits gehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 52<>/g. Taupunkt st- 6" 0. Windrichtung: Nordost. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 0^, mw Daher Witterungsaussichten für den 17. April: Halb bis ganz heiter. Filehne. Die Vorarbeiten für die Reichsfinanzreform werden im Reichsschatzamt mit Eifer betrieben. Bisher handelt es . sich allerdings mehr um Erwägungen und um Fühlungnahme ' mit den in Betracht kommenden Instanzen. Die endgültigen Vorlagen können erst im Sommer zur Aufstellung gelangen, i Bei seinen Vorarbeiten gibt dem Staatssekretär Sydow eine ' gewisse Richtschnur die vertrauliche Besprechung, die am Tage seiner Ernennung unter dem Vorsitz des Fürsten v. Bülow im Reichskanzlerpalais stattgefunden hat, und an der die stimmführenden Mitglieder des Bundesrats teilgenommen haben. Auch mil den Führern der Blockparteien des Reichs tags hat sich der neue Reichsschatzsekretär bereits über die Grundzüge der Reform zu verständigen gesucht. Das alles waren jedoch nur unverbindliche Vorbesprechungen. Erst im Laufe des Sommers, wenn die Einzelheiten der vom Reichs schatzsekretär zu machenden Vorschläge feststehen werden, sind Konferenzen mit den Finanzministern der größeren Einzel staaten zu erwarten. Daran werden sich entsprechende Ver handlungen mit den für die Finanz- und Stcuerfragen maß gebenden Mitgliedern der Blockparteien anschließen. Der Reichssatzsekretär Sydow wird am Donnerstag kommender Woche vom Könige von Württemberg in Audienz empfangen werden. Die Vorbereitungen für die beiden internationalen Urkunden, durch die der territoriale otatus «zu» an den Rändern der Ostsee und Nordsee befestigt werden soll, sind laut halb amtlicher Meldung jetzt soweit gediehen, daß voraussichtlich noch vor Ablauf des April die betreffenden Abkommen unter zeichnet werden können. Gegen die „Rheinisch-Westf. Ztg.", die im Streik der Reichs tagsjournalisten eine ganz isolierte Stellung einnahm und ihrem Berliner Korrespondenten kündigte, weil er ihr in den Tagen des Streiks keine Parlamentsberichte sandte, beschloßen die verschiedenen Berliner Journalisten- und Schriftsteller- Vereine den gemeinsamen Boykott, indem sie die Er wartung aussprachen, daß alle Zeitungsleute die Mitarbeit an dem Blatte einstellen würden. Die Anwesenden ver pflichteten sich durch Unterschrift, in diesem Sinne zu handeln. Die Leutenot in der Landwirtschaft ist in diesem Jahre erheblich geringer als in den Vorjahren. Der An drang Arbeitsuchender bleibt zwar noch immer stark hinter der Nachfrage zurück, ist aber bei weitem höher als in den vergangenen Jahren. Ein erheblicher Preissturz der Rohbaumwolle wird aus Amerika gemeldet. Als Grund des Rückgangs wird namentlich die Einschränkung des Verbrauchs in Zusammen hang mit der ungünstigen Lage der Gespinstindustrie ange geben. Die Garnpreise sind gleichfalls gesunken, wenn auch in geringerem Maße. Die sozialdemokratische Maifeier scheint an der Geld frage endgültig Schiffbruch erleiden zu sollen. Die Ge werkschaften erklären den Beschluß des Parteivorstandes für unannehmbar, wonach sie die Unterstützungsgelder an die jenigen Genossen, die wegen Teilnahme an der Maifeier aus gesperrt werden, aus ihrer eigenen Tasche zahlen sollen. Sie erklären ausdrücklich, daß die Aufrechterhaltung jenes Be schlusses die ganze Maifeier in Frage stellen würde. Recht so! Je schneller die sozialistische Maifeier schwindet, um so besser, mit ihr wird ein unangenehmer Stein des Anstoßes aus dem Wege geräumt. Der Zeutralausschuß der Reichsbank tritt am Sonnabend vor dem Feste zu einer Sitzung zusammen, in der eine weitere Herabsetzung des Zinsfußes beschlossen werden soll. Die Regierung von Reuß j. L. genehmigte nach längerem Widerstand die Zulassung der Feuerbestattung im Fürstentum. Oesterreich-Ungarn. Das Begräbnis des ermordeten Gouverneurs Grafen Potocki in'Lemberg ist ohne Zwischenfall verlaufen. Nach dem Leichenbegängnis zogen etwa 200 polnische Studenten Großen in Israel, die nun triumphieren, daß ihre Herrschaft fernerhin nicht mehr bedroht ist. Da ist die Gleichgiltigkeit der römischen Beamten, für die nur das sinnlich Wahrnehm bare Interesse hat und die achselzuckend den Mann sterben sehen, dessen Wesen ihnen ganz unverständlich ist. Da ist die Spottlnst, die da glaubt überlegen höhnen zu können: Bist Du Gottes Sohn, so steig herab vom Kreuz! Da ist die Habsucht, die nach den Kleidern des Verurteilten die Hand ausstreckt, die Gemeinheit, die den Wehrlosen mißhan delt, die gedankenlose Neugierde, die überall dabei sein muß, wo es was zu sehen gibt. Da ist die Empfänglichkeit für- Edles und Erhabenes, die mit dem römischen Hauptmann spricht: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen! Da sind auch die Liebe und Treue, die, ob auch mit bluten den Herzen, dem Geliebten noch bis an des Todes Pforten folgen. Alle diese Leute, die da unter dem Kreuze stehen, haben das Gefühl: Es ist aus mit dem Wirken des Mannes, das einst so vielverheißend begonnen, er ist gescheitert mit seinen Plänen und Absichten. Selbst die Treuen, die ihm bis hierher gefolgt waren, sahen wohl alle ihre Hoffnungen zagend zusammenbrechen. Immer noch mochten sie im Stillen gehofft haben, eine plötzliche Wendung werde noch die Niederlage in glänzenden Sieg verwandeln — nun sie ausblieb, starrte der Blick in grauenvolle Nacht, das für un möglich Gehaltene war doch möglich geworden. Nur ein Einziger sieht über diesem verachteten Kreuze die Krone der Herrlichkeit schweben, nur ihm offenbart sich völlig die Maje stät dieses Geschwächten und 'Gequälten. Dieser Eine aber steht nicht unter dem Kreuze, er hängt, der Elendesten Einer in dieser bunt gemischten Versammlung, am Kreuze. Und Bekenntnis, Huldigung, Bitte fließt ihm über die Lippen, da er den Blick zu dem mit Dornen Gekrönten wendet: Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst. Es liegt etwas Überwältigendes in diesen Worten des Schächers, und wer sich recht in sie versenkt, der erkennt in ihnen das lebendigste Zeugnis von der Herrlichkeit Jesu, das jemals abgelegt wurde. Viele haben sich zu ihm be kannt, ehe diese Worte gesprochen wurden, begeistert von seinen Worten und Taten haben sie in ihm die Erfüllung der Hoffnungen ihres Volkes gesehen und freudig ihm ge huldigt. Noch viel mehr haben ihn später zu ihrem Herrn und Meister erwählt, nachdem der Geist des Auferstandenen sich ausgewirkt und das Evangelium seinen Siegeslauf an- S^-eten 'hatte durch die Völker. Den Einen wie den Andern die in Jxsu lebende göttliche Kraft deutlich offenbar ge- worveu uahe lag, sich z» ihm zu bekennen. Aber lyn m seuier Niedrigkeit zu sehen, äußerlich in nichts unter- don der eigenen Verbrecher-Existenz, in seinem äußern Geschick der seltsamste Gegensatz zu dem Königtum, das er für beanspruchte, und doch nicht irre zn werden an ihm, ?1est1^ Ausgange dieser Erden-Wirksamkeit so fest uoerzeugt z,, . die Bitte um gnädiges Ge- denken " Herrlichkeit sich hervorwagt, — das ist euie Glaubenskraft die alles hinter sich läßt, was le Menschenheizen an ^esum gefesselt. Da ist es verständlich, daß solchem Glauben die Verheißung wird, wie sie noch keinen Sterblichen so unbedingt sicher in der Sterbestunde erquickt hat: Wahrlich, ich sage Dir: Heute wirst Du mit mir im Paradiese sein. Aber freilich, dieses Bekenntnis zu Jesu kommt aus der entsetzlichsten Verlassenheit heraus, die ein Mensch empfinden kann. Alle Stützen, bei denen dieses arme Leben einst Halt suchte, sind gebrochen, die Freunde haben sich verlaufen, die s-rvspr-cher Nr'^. Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. " Zugleich weit verbreitet in den Städten Pcnig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: ANstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenlenba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. genossen, der auch am Kreuze noch seine Hoheit betätigt. Auch unter den Qualen des Kreuzestodes bleibt er noch der, der er gewesen, erhaben über der Menge, die eben noch ihr: Kreuzige! rief. Er hat nichts zu bereuen, er weiß sich auch jetzt noch eins mit seinem himmlischen Vater. Und als der herrlichste Ausklang dieses reinen, harmonischen Erdenlebens kommt ihm die Bitte: Vater vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun, — Liebe und Hoheit verschmelzen in eins. Das hat dem Schächer das arme, nach Erlösung lechzende Herz berührt, nun weiß er, wer ihm auch jetzt noch helfen kann. Wir Menschen des 20. Jahrhunderts haben von der Herrlichkeit Jesu viel mehr erfahren, als jener Schächer. Jedes Blatt der Geschichte erzählt uns von ihr, und wenn wir uns in der Gegenwart umsehen wollen, so. können wir überall sein Walten sehen, trotz aller offenen und geheimen Feindschaft, die sich wider ihn stemmt. Ein Bedürfnis nach Erlösung geht durch unser ganzes Geschlecht, und nach Be freiung von Ketten, sichtbaren und unsichtbareu, die uns drücken, sehnen wir uns alle, mögen wir es eingestehen oder nicht. Aber wir täuschen uns gern über unsere eigene Hilf losigkeit, wir vermeiden auch gern, den von den allbeliebten Wegen so weit abweichenden Spuren Jesu uachzugehen, wir stellen uns am allerwenigsten gern unter das Kreuz. Aber wer die Kraft erfahren, die von diesem Kreuz ausgeht, der läßt sich von dem Schächer nicht beschämen. Da findet er die Befreiung, nach der er sich so oft sehnt. O daß doch recht viele, die vergeblich überall in der Welt sie suchen, sie dort suchen möchten, wo sie allein zu finden ist. Politische Rundschau. Deutsches Reick. Der Kaiser erledigt auch auf Korfu die laufenden Re- gierungsgeschäfte. Am heutigen Gründonnerstag nehmen die Majestäten mit ihren Kindern im Achilleion das Abendmahl. Großherzog Friedrich von Baden, der durch einen Jnfluenzaanfall längere Zeit an das Zimmer gefesselt war, ist jetzt wieder soweit hergestellt, daß er einen Spaziergang ins Freie unternehmen konnte. Generalfeldmarschall v. Hahnke in Berlin hat folgendes Kaisertelegramm aus Korfu erhalten: „Ich bin tief betrübt über die Meldung von dem Brande, welchem die alte Garnisonkirche so bald nach ihrer Renovierung zum Opfer gefallen ist. Allen, die sich an dem Rettungswerk be- teiltigt haben, insbesondere der Feuerwehr, welche Bewunderns wertes leistete, spreche ich meinen königlichen Dank und meine Anerkennung aus. Wilhelm R." Die Entstehungs ursache des Brandes ist auch heute noch nicht mit Bestimmt heit ermittelt. Ueber die Audienz des Reichskanzlers Fürsten v. Bülow beim Papste sind genauere Einzelheiten noch nicht bekannt geworden. Gleichwohl geht man mit der Annahme nicht fehl, daß die einstündige Audienz einen sehr herzlichen Charak ter getragen hat und für beide Teile aufs angenehmste ver laufen ist. Das darf man aus dem Umstande schließen, daß Papst Pius nach dem Reichskanzler, und während dieser in dreiviertelstündigcr Unterredung mit dem Kardinal-Staats sekretär Merry del Val konferierte, die Frau Fürstin von Bülow, danach den Gesandten v. Flotow und schließlich den Professor v. Renvers empfing. Der konservative Reichstags- und preußische Landtags abgeordnete Zindler-Schönlanke, Bezirk Bromberg, ist im 56. Lebensjahre verstorben. Der Verstorbene, der sich um die Förderung des Deutschtums in den Ostmarken wohl ver dient gemacht hat, gehörte dem Reichstage seit 1903, dem preußischen Abgeordnetenhause seit 1890 an. Als Reichs- Vertreter der verschiedensten Regungen des menschlichen, drücken. Und da wendet sich das Auge zu dem Schicksals- Herzens. Da sind der Hochmut und die Herrschsucht der