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Wchmtz-Ztitm- Verantwortlicher Redacteur: Eärl Irhne in Dippoldiswalde, 52. Jahrgang. Nr. 134. Donnerstag, den 18. November 1886 Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die in den letzten Tagen ein getretene regnerische Witterung hält hoffentlich, bevor wir einwintern, noch längere Zeit vor, um die Quellen des Gebirges noch ausgiebig mit dem edlen Notz zu versehen. Die trockene Witterung der letzten Monate hat die Wasserläuse so ausgetrocknet, daß die Müller sich zu schweren Klagen veranlaßt sehen. — Es dürfte zweckmäßig sein, auf die Bestimmungen, welche für den in diese Woche fallenden Bußtag und den nächsten Todtensonntag gültig sind, nochmals be sonders hinzuweisen. Am Bußtag und an dessen Vorabende darf weder an öffentlichen Orten, noch in Privatgesellschaften Tanz abgehalten werden. Dieselbe Beschränkung gilt auch für den Todtenfestsonntag und dessen Vorabend. Am Bußtage, an dessen Vorabend und am Todtenfestsonntage sind auch Concerte und namentlich mit Musikbegleitung verbundene geräusch volle Vergnügen privater, wie öffentlicher Art ver boten, während am Vorabende zum Todtenfestsonntage Concert stattfinden darf. Die Aufführung von geist licher Musik und von Oratorien ist an beiden Tagen mit der Beschränkung gestattet, daß sie nur in Kirchen, nach völlig beendetem Gottesdienste in den Nachmittags oder Abendstunden abgehalten werden, und daß irgend welche, bei solchen Gelegenheiten etwa zu veranstaltende Festlichkeiten unterbleiben. Theatralische Vorstellungen dürfen an dem Bußtage gar nicht stattfinden, an dem Todtensonntage sind solche jedoch in geschloffenen Räumen, unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß angemessene ernste Stücke gewählt werden, nachgelassen. Diese Bestimmung erstreckt sich akch auf den Vorabend zum Bußtage. — Unter den mit Ende dieses Jahres aus der Dresdner Gewerbekammer Ausscheidenden befindet sich auch der stellvertretende Vorsitzende derselben, Herr Uhrmacher Bucher-Dippoldiswalde; bei der am ver gangenen Sonnabend vorgenommenen Neuwahl wurde der genannte Herr, der der Korporation schon gegen 16 Jahre angehört, mit 64 von 65 abgegebenen Stimmen aufs Neue in die Gewerbekammer gewählt. ernstlich in Betracht zu kommen habe. Herr Katkow befindet sich mit seinen Phantasien vollständig auf dem Holzwege. Die liberale Partei wäre die erste aller Parteien, welche der Armee auch jeden Schimmer von Politisiren auf das Strengste verbieten würde, selbst wenn sich dieses Politisiren in der Richtung des liberalen Parteiprogramms bewegte. Aus diesem Grunde hatten auch die Liberalen gegen das Zirkular des Herrn v. Köller Verwahrung eingelegt, weil das selbe die Politik in die Armee zu tragen geeignet war. Alles, was Herr Katkow von oer deutschen Armee fabelt, erinnert nur an das Dichterwort: „Der Wunsch ist der Vater des Gedankens." Herr Katkow irrt sich über die inner» Zwistig keiten in Deutschland! Jeder auswärtigen Macht steht das deutsche Volk, aller sonstigen Meinungsverschieden heiten ungeachtet, einmüthig wie ein Mann gegenüber. Da giebt es keine konservative, keine freisinnige, keine sozialdemokratische, keine ultramontane Partei, sondern nur eine einzige Masse deutscher Patrioten, die dem Dichterworte gehorcht: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern!" Unsere inneren Zwistigkeiten sind unser spezieller Luxus, um den sich das Ausland nicht zu kümmern hat, so wenig es einen Dritten angeht, wenn Eheleute mit einander schmollen. Herr Katkow kann sich darauf verlassen, er kann seine Landsleute darauf aufmerksam machen: von einem Mangel an Disziplin in der deutschen Armee und von einer Un einigkeit der deutschen Nation hat Rußland nicht das Geringste zu hoffen. Im Falle der Gefahr wird das ganze deutsche Volk wie eine geschlossene und unbesieg- Phalanx sprechen: „Nichtswürdig ist die Nation, die nicht ihr Alles setzt an ihre Ehre!" Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS werden mit IO Ps» Pi« Spaltenzeile oder -Mn Raum berechnet. — ta bellarische und complikirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaltionellen Theile, die Spaltenzrile SO Pfg- „Wrl-eritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- . tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Sb Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer» 10 Pfg. — Alle Postan flalte», Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche Amlshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein — Aus dem im Bureau des Landeskulturrathes für den Monat Oktober zusammengestellten Saaten stands- und Erntebericht aus dem Königreich Sachsen ist zu ersehen, daß bei prächtigstem Wetter die Herbstbestellung, sowie die Kartoffel- und Rüben ernte beendet werden konnte. Die inmitten des Monats gefallenen Niederschläge kamen den Saaten zu statten und stehen dieselben mit ganz wenig Ausnahmen sehr schön und üppig. Infolge dieser schönen Herbst witterung ist mit Ausnahme des Saatgutes nicht viel gedroschen worden. Nach den Druschproben steht fest, daß die Winterhalmfrüchte weniger schütten, als die Sommerhalmfrüchte und steht deren Ertrag fast allettt- halben zum Theil erheblich hinter dem Vorjahre zurück. Innerhalb der einzelnen Landestheile scheinen die Druschresultate im Dresdner und Leipziger Kreis und theilweise im Erzgebirge besser zu sein, als in der Oberlausitz und im Voigtlande. Flachs ist besser öge- rathen, als im Vorjahre. Die Kartoffelernte ist ver schieden ausgefallen, doch bleibt dieselbe erheblich hinter der vorjährigen zurück; die Qualität ist aber gut und hat sich die Fäule nicht in dem gefürchteten Umfange eingestellt. Runkel- und Zuckerrübenertrag ist gleich falls geringer, als im Vorjahre, doch ist der Zucker gehalt theilweise ein höherer. Die Gmmmeternte Und der prächtige Stoppelklee haben den Ausfall deS ersten Schnittes reichlich gedeckt. Es kann deshalb im Großen und Ganzen gesagt werden, daß die heurigen Ernte ergebnisse schließlich noch besser ausgefallen sind, als in der Mitte des Jahres vorauszusehen war. Frauendorf. Am 10. Novbr. beging die Schul gemeinde Ober- und Niederfrauendorf in wohlgelungeyer Weise die Feier des 50jährigen Bestehens ihrer Schule. In festlichem Zuge, die Schulfahne voran, ging es, nachdem der Choral: „Sei Lob und Ehr" verklungen, Nachmittags 3 Uhr vom bekränzten Schul hause unter Musikklängen nach dem Gasthof zu Ober frauendors; auf dem Wege dahin wurde noch, der gleichzeitigen Bedeutung des Tages entsprechend, der Luthergedenkstein von Schulmädchen pietätvoll mit Kränzen geschmückt. Nach dem gemeinschaftlichen Ge sänge des Liedes: „Allein Gott in der Höh sei Ebr" in dem mit Lutherbild, Schiller-, König- und Kaiser büste, Kränzen rc. gezierten Festsaale, sprach der Lokal schulinspektor, Herr Hoffmann-Reinhardtsgrimma das die eigentliche Feier einleitende Gebet, worauf nach einem Kindergesange der derzeitige Lehrer, Herr Fleischer, die Festrede hielt. Zuvörderst wurde ein ge schichtlicher Ueberblick des hiesigen Schulwesens gegeben. Infolge des Schulgesetzes vom Jahre 1835 vereinigten sich beide Gemeinden zu einer Vereinsschule und weihten am 10. November 1836 das neuerbaute, gemeinschaft liche Schulhaus. (S. Mittheilungen von und für Dip poldiswalde und Umg. vom. 19. Novbr. 1836.) In den vergangenen 50 Jahren haben 8 ständige Lehrer und 8 Vikare an hiesiger Schule gewirkt. Des weiteren forderte Redner auf zum dankbaren Aufblick zu Gott für steten Segen, zur vaterländischen Regierung und aller ihrer Schulorgane: Schulvorstände und Lehrer, sowie zu dankbarem Gedenken der Wohlthäter unsrer Schule; ferner zu einem Blick vorwärts: wie es in den 50 Jahren tüchtig vorwärts gegangen in den Wissenschaften und besonders auch in den Schuloer- hältniffen, so müsse zunächst der Lehrer fernerhin vor wärts gehen unter rechter Beherzigung des „Bete und arbeite!" es müssen weiter vorwärts gehen die Eltern, die ihre Kinder aufziehen sollen in Furcht und Ver mahnung zum Herrn, sie sollen das Lehrerwort nicht hemmen und hindern durch Mißtrauen und Mißachtung gegen ihn, dagegen es unterstützen, befördern, vor bereiten, vollenden, am Besten durch schönes Beispiel, denn selten und wenig Frucht wirken Schulen ohne Elternhaus. Vorwärts auch sollen gehen die Kinder, in einer christlichen Schule bei aller Werthschätzung des Wissens gewiß vor Allem im Christenthume, der rechten Weisheit Anfang und Ende. Endlich richte Hm KM» M die de«W Am«. Der Herausgeber der „Moskauer Zeitung", Herr Katkow, hat jüngst von dem Zaren, der ihn schon zur Exzellenz gemacht hat, einen hohen Orden erhalten als Lohn für seine verdienstliche Verbreitung richtiger Anschauungen über die Grundlagen des russischen Staatswesens. Dieser moskovitische Publizist, dessen Einfluß, da er das „Ohr des Selbstherrschers aller Reußen" besitzt, selbst denjenigen der Minister über ragt, hat sich gemüßigt gesehen, die deutsche Armee seiner besonderen Aufmerksamkeit zu würdigen. Herr Katkow erlaubt sich ein Urtheil über den deutschen Offizierstand. Er behauptet, daß im deut schen Generalstabe mehr als ein Viertel sämmtlicher Offiziere keine genügende Vorbildung genossen, daß eine namhafte Abnahme wirklich befähigter und ihre Sache ernst nehmender Offiziere in der' deutschen Armee zu bemerken sei und daß sich namentlich eine Abnahme wissenschaftlichen Forschungstriebes in den Offizierskreisen geltend mache. Die „Bresl. Ztg." führt nun diese abgeschmackten Behauptungen auf ihren wahren Werth zurück. So hart auch bei uns bis weilen die Geister aufeinander platzen mögen, darüber sind alle Parteien im deutschen Vaterlande einig, daß wir allen Grund haben, auf unseren Offizierstand stolz zu sein. Sehr mit Fug hat einst Fürst Bismarck ge sagt: „Den Sekondelieutenant sollen sie uns nach machen !" Gerade der Subalternosfizier ist in Deutsch land von einer Beschaffenheit, daß er die gleiche Charge in allen anderen Staaten weit überragt. Allein ebenso hoch wie der deutsche Sekondelieutenant über dem Lieutenant der anderen Armeen steht, ebenso überragt der deutsche Generalstab die gleichartige Behörde an derer Armeen. Derselbe umfaßt vom ersten bis zum letzten Offizier nur hochbesähigte, talentvolle, gewissen hafte Mitglieder. Wer sich hier nicht auf der Höhe der Leistungsfähigkeit in theoretischer wie praktischer Hinsicht zeigt, wird ohne weiteres in die Armee zurück versetzt. Nur wer die Verhältnisse nicht kennt, kann behaupten, im deutschen Generalstab spielen die „Karrieristen", eine Rolle. Um Karriere zu machen, würde jeder Offizier bei uns andere Wege wählen, als den Eintritt in den Generalstab, in welchem ein unfähiger Streber einfach seine ganze Zukunft ver nichten würde. Deutschland blickt mit gerechter Be friedigung auf den Sammelpunkt hochgebildeter Offi ziere, den der Generalstab darstellt. Es giebt keinen Zweig der Kriegswissenschasten, der hier nicht die glän zendste Vertretung fände. Ebenso stolz aber ist Deutsch land auf seine militärischen Schulen und Akademien. Dieselben pflegen den wissenschaftlichen Geist des Osfi- zierkorps in einer Weise, daß das Ausland, und zu mal das Zarenreich, bei der Erkenntmß der Wirklich keit eitel Staunen und Bewunderung sein müßte. Allein Herr Katkow verbreitet sich nicht nur iiber den Osfizierstand, sondern auch über die Mannschaften. Die militärischen Eigenschaften der großen Masse der Armee seien erheblich im Rückgänge begriffen, vor nehmlich, weil in den Reihen der Armee sozialdemo kratische Ideen Verbreitung finden. Mag sich Herr Katkow beruhigen. Von dem Eindringen sozialdemo kratischer Ideen in die Arn.ee weiß bei uns kein Mensch. Die Bevölkerung ohne Rücksicht der Parteien ist bei uns durchaus militärisch gestimmt, sie dient sehr gern eine gewisse Zeit unter der Fahne und es kommt ihr nicht entfernt in den Sinn, sich in diesen Jahren mit sozialistischen Problemen zu befassen. Allein Herr Katkow versteigt sich sogar zu der Be hauptung, daß sich, als mittelbare Wirkung der par lamentarischen Opposition, in der Armee ein Geist des Polttisirens zu verbreiten beginne, die Anschauungen der liberalen Partei fänden unter den Soldaten Ein gang, and wenn auch Disziplin und Subordination äußerlich noch auf der alten Höhe ständen, so seien sie doch im Innern erschüttert, was für kritische Momente