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Weißnih-MnW Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnc in Dippoldiswalde. 54. Jahrgang Donnerstag, dm 19. Juli 1888 Nr. 84. Verträge bewerkstelligen lasten. Indessen, die Aus sprache zwischen den Herrschern Deutschlands und Rußlands erscheint doch wenigstens als die geeignetste Grundlage, auf welcher die europäischen Staatsmänner weiter bauen können, um die unserem Welttheile so nothwendige und so heiß ersehnte Periode einer fried licheren, ruhigeren Entwickelung endlich herbeizusühren. Und bei den bekannten Gesinnungen des Czaren kann man sich allseitig der frohen Hoffnung hingeben, daß Kaiser Wilhelm aus der Begegnung mit seinem er lauchten Verwandten Bürgschaften mit Heimbringen werde, welche die neuerwachte Zuversicht der Völker auf die Erhaltung des Weltfriedens nur stärken und fördern kann. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 18. Juli. Nächsten Sonnabend beginnen bei unserer Stadtschule die dreiwöchigen Sommerferien und den Sonntag die durch reich lich geflossene Gaben ermöglichte Milchkur für 40 Kinder, die aus den verschiedenen Klassen durch die Lehrer dazu vorgeschlagen worden sind. Selbstver ständlich sind dabei in gesundheitlicher und pekuniärer Hinsicht bedürftige, schwächliche, schlecht genährte und blutarme Kinder, Knaben und Mädchen, gewählt wor den. Am Montage sind sämmtliche Kinder genau ge- ivogrn worden, um mach Beendigung der auf 21 Tage gewährten Kur auch nach dem Körpergewichte einen etwaigen Erfolg nachweisen zu können. Die Kinder bekommen auf Vorwerk St. Nikolai täglich zweimal, Vormittags Uhr und Nachmittags Uhr je Liter frischgemolkene Milch nebst einer Dreipfennig semmel. Jedes Kind muß sich dazu ein eigenes das genannte Maß haltendes Gefäß anschaffen. Es wird, wie wir hören, beabsichtigt, zeitweilig am Nachmittag mit den Kindern einen Spaziergang zu machen, um auch durch den reichlichen Genuß der frischen Luft und beschleunigte Athmung den Erfolg zu erhöhen. Da nach Beendigung der Kur über die eingegangenen Spenden und ihre Verwendung Rechenschaft abgelegt werden soll, so werden wir jedenfalls auch von dem Erfolge Weiteres hören, und daß das etwas recht Er freuliches sei, überhaupt die Ferien Allen, Lehrern und Schülern, recht wohl bekommen mögen, wollen wir von Herzen wünschen. -s- Frauenstein, 16. Juli. Von vielen Zeitungen unseres Vaterlandes ist das Gerücht verbreitet worden, es sei in unserer Stadt die Trichin osis ausgebrochen und viele Bewohner von hier und Umgegend seien daran erkrankt. Dem Einsender Dieses sind sowohl von Chemnitz, als auch von Dresden aus deshalb Nachfragen zugegangen. Es sei bemerkt zur Be ruhigung der Gemüther, daß von Trichinosis nicht die geringste Spur hier beobachtet worden ist, wohl waren aber im Laufe der letzten zwei Wochen verschiedene Bewohner unserer Stadt und Umgegend von Leib schmerz und Diarrhoe heimgesucht. Man giebt als Ursache derselben den Genuß von Fleisch und Wurst an, welche Maaren man von einem hiesigen Fleischer meister bezogen hatte. Infolge dessen sind sowohl von der Königlichen Staatsanwaltschaft zu Freiberg, als auch von Herrn Bezirksarzt Or. mock. Erler in Dip poldiswalde und Herrn Bezirksthierarzt Lehnert Unter suchungen eingeleitet worden, lieber das Ergebniß derselben ist noch nichts bekannt geworden. (Das die Krankheit nicht Trichinose ist, haben wir bereits in unserer Nr. 80 mitgetheilt. D. Red.) — Durch das schauderhafte Negenwetter, welches mit Sonnenschein in den letzten 14 Tagen abwechselte, ist in hiesiger Gegend die Heuernte nicht nur sehr aufgehalten worden, sondern es ist auch das bereits auf den Wiesen liegende Heu beinahe verdorben. Der größte Theil des Nährwerthes ist durch den aus bleichenden Regen und Sonnenschein verloren gegangen. Manche- Heu kann, nach Aussage von Landwirthen, Amtsblatt für di- Königlich- Nmishauplinamschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und dre Mdtrüth« zu Dippoldiswalde und Irauenstem nur zum Unterstreuen benutzt werden. Seit gestern ist bessere Witterung eingetreten und herrscht deshalb auf den Wiesen rege Thätigkeit. Leider droht die Witterung schon wieder umzuschlagen. K Glashütte. Vergangenen Sonnabend hielt der Männer-Gesangverein einen Familienabend ab, welcher sehr zahlreich besucht war. Eine hier zu Besuch anwesende Concertsängerin, Frl. Silgradt aus Halle, hatte freundlichst einige Nummern des aufge stellten Programms übernommen. Ueber die Leistung des Gesangvereins läßt sich immer dasselbe sagen: daß derselbe seinen alten Ruf bewahrt hat. In der Sängerin lernten die Anwesenden eine Künstlerin kennen, wie hier noch keine auftrat; mit einer über raschenden Stärke des Tones war ein Wohllaut der Stimme verbunden, daß unser sehr verwöhntes Publi kum förmlich hingerissen wurde. Der Beifallssturm erreichte den höchsten Grad bei dem Liede: „Behüt, Dich Gott rc.", in welchem die Sängerin das hohe vis ohne merkliche Anstrengung sang. Wie wir hören, wird nächsten Sonntag in der Kirche Frl. Silgradt die Solopartie in dem Halleluja (Nr. 42) aus dem Messias singen. — Der Ausflug der Lehrer und Schüler der Uhrmacherschule nach Niedersedlitz und Pillnitz mußte am Sonnabend des Regens wegen unterbleiben, ist jedoch am Montag ausgesührt worden. Dresden. Der soeben erschienene Rechnungs abschluß der kgl. sächsischen Staatseisenbahnen für das Jahr 1887 weist ein außerordentlich günstiges Ergebniß nach, denn es betrug der Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben 31,628,865 M. 92 Pf., durch welchen das mittlere Anlagenkapital mit 5,o„ Proz. verzinst wurde, während im Jahre 1886 bei 28,088,990 M. 36 Pf. Ueberschuß eine Verzinsung von 4,ss, Proz. zu verzeichnen war. Es ist dies so nach ein Mehrüberschuß von 3,539,875 M. 56 Pf. und eine Erhöhung der Rentabilität um 0,s°« Proz. im Vergleich zum Jahre 1886. Durchschnittlich auf jedes Kilometer Bahnlänge entfällt ein Ueberschuß von 13,697 M. oder 1163 M. mehr als im Jahre 1886. Die Gesammteinnahme stellte sich auf 74,183,025 M. 34 Pf. — 32,125 M. pro Kilometer Bahnlänge (ge gen 68,964,133 M. 60 Pf. bezw. 30,773 M. im Vor jahre), während die Gesammtausgabe 42,554,159 M. 42 Pf. — 18,428 M. pro Kilometer Bahnlänge (gegen 40,875,143 M. 24 Pf. --- 18,239 M. pro Kilometer im Vorjahre) betrug. Im Vergleich zum Jahre 1886 war dies somit eine Mehreinnahme von 5,218,891 M. 74 Pf. — 1352 M. pro Kilometer, wohingegen die Mehrausgaben nur 1,679,016 M. 18 Pf. — 189 M. pro Kilometer umfaßten. — Die Rückkehr des Königspaares aus dem Norden wird am 9. August erfolgen. — Im Königreiche Sachsen sind im Juni deS Jahres 1888 83 (27 zündende und 56 kalte) Blitz schläge auf Gebäude gefallen. Nach den amtshaupt- mannschastlichen Bezirken vertheilen sich die Blitzschläge wie folgt: Bautzen 2, Kamenz 2, Zittau 2, Dippol diswalde 4, Dresden-Altstadt 1, Dresden-Neustadt 12, Freiberg 5, Großenhain 2, Pirna 9, Borna 2, Dö beln 5, Grimma 2, Leipzig 2, Oschatz 4, Rochlitz 4, Annaberg 4, Auerbach 2, Chemnitz 1, Flöha 2, Glau chau 1, Marienberg 3, OelSnitz 2, Schwarzenberg 4 Zwickau 6. Während im Monat Juni 1887 I I Blitz schläge zu verzeichnen waren, ereigneten sich in dem selben Monat 1886 184 dergleichen. Freiberg. Zum Schwurgerichts-Vorsitzenden für die im vierten Kalenderjahr 1888 beginnendeSitzungS- periode ist beim Freiberger Landgericht Landge richtsdirektor v. Wolf ernannt worden. Mittweida. Der hiesige Kirchenvorstand erachtet es in Würdigung seiner Amtsaufgaben für seine Pflicht) jeden Gräberschmuck abzuweisen, der dem zwar friedvollen, aber tiefernsten Charakter deS Fried- Dlt „WelSeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzeln« Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen B«- Die Kaifcrdegegnmig in Petersdirg. In diesen Tagen vollzieht sich an den russischen Ostseegestaden mit der Begegnung der Herrscher Deutsch lands und Rußlands jenes Ereigniß, welches bereits wochenlang vor seinem Eintritte das Interesse Europas in sich immer steigerndem Grade erregte. Schon der glänzende Rahmen, welcher dasselbe umgiebt, lenkt die Blicke in ungewöhnlicher Weise der neuesten Kaiser begegnung zu; geleitet von einem überaus stolzen Ge schwader der stattlichsten deutschen Kriegsschiffe, hat Kaiser Wilhelm seine bedeutsanie Meeresfahrt gen Norden angetreten, während die prächtige Dacht, welche den allerhöchsten Kriegsherrn und sein Gefolge den Küsten Rußlands entgegenträgt, von dem eigenen Bruder des Monarchen, dem Prinzen Heinrich von Preußen, kommandirt wird. Der russische Hof seiner seits wird den Herrscher des mächtigen Deutschen Reiches mit besonderen Auszeichnungen empfangen; der Czar selbst fährt, ebenfalls von Kriegsschiffen ge leitet, seinem hohen Gaste entgegen, bei der gemein samen Landung in Kronstadt findet großer Empfang statt und eine Reihe von Festlichkeiten sind zu Ehren unseres Kaisers während seines drei- oder viertägigen Aufenthaltes auf russischem Boden geplant. Diese glanzvolle Umrahmung der Monarchenbegegnung im Norden entspricht jedoch nur -Deren weittragendem politischen Charakter. Gewiß haben bei ihr persön liche Erwägungen und Regeln der höfischen Etikette mit eine Nolle gespielt, aber dieselben vermögen die politische Bedeutung der Begegnung zwischen Wil helm ll. und Alexanver III. nicht zu verdunkeln. Sie spricht schon aus dem Umstande, daß deutscherseits Staatssekretär Graf Herbert Bismarck und russischer seits der Minister von Giers an der Begegnung ihrer Souveräne Theil nehmen und überhaupt aus der ganzen Situation. Von dem persönlichen freundschaft lichen Meinungsaustausche der beiden Herrscher erwartet man, daß er zunächst volle Klärung in dem Verhält nisse Deutschlands zu Rußland bringen werde und die Aussprache der Souveräne kann da ja in glücklichster Weise an die Erklärungen der Reichstagsthronrede Kaiser Wilhelms anknüpfen. Die feierlichen Worte, welche der jugendliche Monarch damals an alle Völker Europas gerichtet und in denen er seinen festen Willen verkündigte, „Friede mit Jedermann" zu halten, sie sind ihm bei seiner Reise vorangezogen, während zu gleich die freundschaftliche Erwähnung Rußlands da selbst ein besonders sympathisches Echo gesunden hat. Wenn der nur durch konventionelle Rücksichten bedingte Besuch des Czaren am Berliner Hofe vom vorigen Herbste das tiefe Mißtrauen Rußlands gegen Deutsch land und die zwischen beiden Staaten vorhandenen Verstimmungen nicht zu beseitigen vermochte, so wurde nunmehr durch die Thronrede Wilhelms II. hierzu ein glücklicher Anfang gemacht und der direkte Ge dankenaustausch zwischen den Souveränen wird allge meiner Erwartung nach nur dazu beitragen, das deutsch-russische Einvernehmen wieder herzustellen. Da letzteres aber unstreitig von tiefgehendem Einfluß auf die gesammte europäische Lage ist, so darf man der ferneren Erwartung Raum geben, daß die Zusammen kunft der Kaiser Wilhelm und Alexander auch auf die Gesammtsituation Europas von beruhigender Rück wirkung sein werde. — Freilich, wer von dem Ereig nisse eine ganz veränderte Konstellation der Mächte erwarten wollte, würde sich täuschen, dazu sind den bereits bestehenden Verhältnissen die Grenzlinien viel »u scharf gezogen und deshalb steht auch von der Zu sammenkunft eine förmliche Lösung der schwebenden politischen Tagesfragen, in erster Linie der bulgarischen »rage und der in dieselbe hineinspielenden Interessen gegensätze schwerlich zu gewärtigen. Ebensowenig dürfte »S bei jener zu bestimmten „Abmachungen" kommen, Dieselben würden sich kaum ohne eine bedenkliche Be- Uthrung der bestehenden deutsch-österreichisch-italienischen Inserate, welche bei d« bedeutenden Auflage det Blattes «ine sehr wirk- same Verbreitung^ finden, «erden mit 10 Pfa. die Spaltenjeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und compkicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn reoaltioneken Theil«, die Spaltenjeile 20 Pf«.