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Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauplmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften der Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S-, Großröhrsdorf, Bretnig. HauSwalde, Ohorn, Oberstem«, Niederstem«, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FricderSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstvaße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in PulSnitz Pulsnitzer Fayeblatt Fernsprecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt PulSnitz Postscheck-Konto Dresden 2138. 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Februar 1932 84. Jahrgang » Amtlicher Teil O öffentliche Aufforderung zur Abgabe von Steuer erklärungen für dte Frühiahrsveranlagung 1SS2 Die SteuererklLruuge« fllr die Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und Umsatz steuer find i« der Jett vom 15. bi» 2S. Februar LSS2 unter Benutzung der vorgeschriedenen Vordrucke abzugeben. Steuerpflichtige, die zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet find, baden vom Finanzamt «inen Vordruck zugesandt erhalten. Die durch das Einkommensteuergesetz, Körperschaftssteuergesetz und Umsatzsteuergesetz begründete Verpflichtung, eine Steuererklärung ad- zugeben, auch wenn ein Vordruck nicht übersandt worden ist, bleibt unberührt; Pflichtige, denen bis 16. Februar 1932 Erklärungsoordrucke nicht übersandt worden find, haben solche vom Finanz amt anzufordrrn. Kamenz, im Februar 1932. Das Finanzamt WWenmeMe MU Mm-M In Ken Italiens Außenminister erinnert an die Versailler Abrüstungsverpflichtungen Auch Laudesdirektor Szigaud adgcsetzt Genf. Der italienische Außenminister Grandi hielt in der Abrüstungskonferenz eine aufsehenerregende politische Rede, in der er mit ungewöhnlicher Offenheit und größter Entschiedenheit Aufhebung der Ungleichheit des R üstungsstandes zwischen Sieger- nnd besiegten Staaten des Welt krieges forderte und die schwer gerüsteten Großmächte ausforderte, die im Versailler, im Völkerbunds- und im Locarno-Vertrag übernommenen Berpflichtun- gen setzt endgültig vollständig durchzuführen, da dies der einzige Ausweg aus der gegenwärtig katastrophalen Lage der Welt ist. In langen, rein politisch gehaltenen Ausführungen trat Grandi mit großer Schärfe der französischen Sicher- heitsthese und Gewaltpolitik entgegen, die er als die großen Gefahren der Zukunft bezeichnete. Grandi führte dann u. a. weiter aus: „Seit zehn Jahren drehen sich die Verhandlungen um die ewige Frage, ob die Sicherheit der Abrüstung varausgchen solle oder umgekehrt. Taten beweisen jedoch, daß es ohne Abrüstung keine Sicherheit gibt." Seit dem Ende des Krieges habe ein Wettrüsten ohne gleichen eingesetzt. Die Heereshaushalte in allen Ländern seien ins Uferlose angcwachsen. Das Wettrüsten habe merkwürdigerweise gleich zeitig mit dem Ausbau des Sicherheitsgedankens, mit dem Abschluß des Locarno-Vertrages, des .Kellogg- und des all gemeinen Schiedsgerichtsvertrages eingesetzt. Hieraus gcl>e deutlich hervor, daß der Ausbau von Siä^crheitsgarantien allein weder das Wettrüsten aufhalte noch das System des bewaffneten Friedens beseitigen könne. Dieses System könne nur durch die unmittelbare Herabsetzung der Rüstungen überwunden werden. Es sei irrig, anzunehmen, daß eine militärische Ueber- legenheit gleichbedeutend mit Gerechtigkeit sei. Im Gegen- teil verdunkele die militärische Macht den Sinn für Ge- rechtigkeit. Alle bisherigen Theorien bildeten nur eine Fassade, hinter der sich die Wahrheit verberge. Wenn man weiter wie bisher eine Politik der Rüstungen, der nackten Ichsucht und des Unverständnisses gegen über den wahren Strömungen der Zeit zeige, so müsse der Frieden zusammenbrechen. Die italienische Negierung sei bereit, alle Vorschläge zu prüfen. Aber die Friedensverträge bestimmten eindeutig, daß die einzelnen Staaten auferlegtenBcstimmungen nur den allgemeinen Abrüstung bedeuteten. Diese Bestimmungen bezweckten nicht, für diese Staaten eine Lage ständiger Unterlegenheit zu schaffen, son dern nach der feierlichen Erklärung des Präsidenten der Versailler Friedenskonferenz seien sie nur der erste Schritt zu einer allgemeinen Ubrustung und Beschränkung der Rüstungen. In Versailles wäre somit keineswegs eine Ver pflichtung zwischen zwei Gruppen von Staaten eingegangen worden, sondern es handele sich um eine Verpflichtung der Siegerstaaten gegenüber sämtlichen übrigen Mächten. Grandi legte sodann folgendes praktische Pro gramm vor: 1. Abschaffung der großen Kampfschiffe, der Unter- seebootc und der Flugzeugmutterschiffe. 2. Abschaffung der schweren Artillerie und der Tanks. 3. Abschaffung der Bombenflugzeuge. 4. Abschaffung aller chemischen und bakteriologischen Angriffswaffen. 5 Revision der internationalen Bestimmungen für einen' vollständigen und wirksamen Schutz der Zivil- bevölkerung. Japanischer Landungsversuch mißglückt Grandi, Italiens Außenminister. Grandi stellte abschließend fest: „Die bestehenden internationalen Verpflichtungen haben einen unabwcislichen Rechtscharakter. Für die Mächte gibt es nicht den geringsten Grund mehr, sich diesen Verpflichtungen zu entziehen. Ser Versailler Vertrag hat die Mächte auf diese Konferenz geführt. Die Bestimmungen dieses Vertrages müssen jetzt durchgeführt werden. Zwei schwere drohende Gefahren lasten auf der Welt: das Wettrüsten und die Wirts chaftskrile. Mehr als je müssen daher alle Menschen an die Sache der Abrüstung glauben und müssen ehrlich eine Lösung dieser Frage anstreben." Zwei Abrüsiungsgegner. Nach Grandi sprach der Japaner Metsuchire, der die französische Ansicht verfocht. Auffällig war, daß er für das U-Boot eintrat und erklärte, diese Waffe sei nicht anders als alle anderen auch. Im übrigen wies er auf die besondere Lage seines Landes hin und gebrauchte den Satz, daß inan auch bei der Abrüstung die.größte Vorsicht walten lassen müsse. Er lobte den Tardieuschen Entwurf und fand die Konvention als eine Grundlage der Besprechungen. Danach nahm der Pole Zaleski das Wort, der auf die zahlreichen Einfälle hinwies, denen sein Land in den vergangenen Jahrhunderten ausgesetzt gewesen iei. Er sprach von irregulären Banden, deren Bestehen untersucht werden müsse. Er trat dann weiter für eine genaue Untersuchung der verschiedenen Militürhaushalte ein und lobte den Tardieuschen Entwurf ebenfalls. Zaleski verlangte vor allem moralische Abrüstung. Die Rede Grandis wurde von der Abrüstungskonferenz mit stürmischem Beifal I ausgenommen. Die mutige und staatsmännisch überzeugende Rede des italienischen Außenministers war das Genfer Ereignis. Man horchte auf, als Grandi nachwies, daß die französische Auffassung von Sicherheit und Frieden nur auf Gewalt beruhe und mit dem Gedanken der Gerechtigkeit unvereinbar sei. Immer wieder appellierte Grandi an die Abrüstungsverpflichtungen des Ver sailler Vertrages und sagte mit Recht, daß die Großmächte zuerst mit der Abrüstung beginnen müßten. Grandis p o l i ti s ch e T a t hat den Kampf gegen die französische Ab rüstungssabotage eingeleitet. Das Ausland zur Brüning-Rede. Die englische Presse legt das Hauptgewicht auf die Erklärungen des Amerikaners Gibson. „Daily Mai l" erklärt, daß man von Or. Brüning eine heftige Antwort auf die französischen Vorschläge erwartet, daß er aber sehr ge müßigt gesprochen habe. „Daily Herald" meint, daß Brüning endgültig den deutschen Fehdehandschuh, wenn auch so, daß man es kaum bemerkt habe, in die Abrüstungskonfe renz geworfen habe. Von den amerikanischen Zeitungen erklärten die „NewPorkTime s" zur Kanzlerrede, der Versailler Ver trag enthalte keinerlei Verpflichtungen der Alliierten abzu rüsten, sondern bringe nur Erwartungen und Hoffnungen zum Ausdruck. „Herald Tribune" bemerkt, Deutsch, land werde niemanden dazu bewegen können, die Abrüstung Frankreichs zu erzwingen. Ohne eine Beschränkung der fran zösischen Rüstungen werde die Lage Deutschlands jedoch immer bedrohlicher. Litauische Frechheit gegen Deutschland. Ein Vertreter Litauens kann erst am 22. Februar nach Genf kommen. Der deutsche Staatssekretär v. Bülow hatte in einem Schreiben an den Völkerbundsrat verlangt, daß die Memel frage unverzüglich im Völkerbundsrat verhandelt werden müsse. Wenn der litauische Außenminister Zaunius krank sei, so müsse Litauen eben einen anderen bevollmächtigten Vertreter entsenden. Die litauische Regierung hat nun dem Generalsekretär des Völkerbundes mitgetcilt, daß der litauische Außenminister erst am 22. Februar in Genf eintreffcn werde. Weiter hat Litauen eine kurze Darstellung des Verlaufs der Ereignisse im Memelgebiet gegeben. Es wird behauptet, für eine beschleunigte Behandlung der deut schen Klage sei kein Grund vorhanden, da im Mcmelgebiet keinerlei Zwischenfälle vorgekommen wären! Die deutsche Abordnung in Genf hat deshalb Beratun- gen abgehalten, welche Schritte sie ergreifen muß, nachdem die litauische Regierung sich geweigert hat, unverzüglich einen bevollmächtigten Vertreter nach Genf zu senden. Kohn in Kowno. In den deutschen Kreisen des Mcmellandes und in Kowno ist man empört darüber, daß die litauischen amt lichen Kreise und die litauische Presse mit Lächeln und Hohn die deutschen Proteste und die deutsche Stellung nahme zum Memelfall hinnehmen. Man hat den Eindruck, daß es unbedingt notwendig wäre, erheblich energischer gegen Litauen vorzugehen. Es wird sogar als zweckmäßig bezeich net, dev deutschen Gesandten in Kowno, Morath, abzu- berufe*. Längst der memelländischen Grenze in Ostpreußen haben viele deutsche Protestkundgebungen stattgefunden. In den Reden wurde zum Ausdruck gebracht, daß das, was heute im Mcmellande geschehe, morgen sich in Ostpreußen ereignen könne. Von der Reichsregierung wurden so- fortige Taten verlangt. Auch Lan-es-irekior Gzigaud abgesehi Von Tolischus mit Gewalt entfernt. Landesdirettor Szigaud, das einzige Mitglied des Mcmcldirektoriums, das noch im Amte war, ist nunmehr ebenfalls von dem „Landcsdirektor" Tolischus gewaltsam seines Amtes enthoben worden. Tolischus erschien im Zimmer Szigauds und forderte ihn im barschen Ton auf, ihm die sämtlichen Amtsschlüflel zu übergeben, worauf ihm Szigaud erwiderte, das könne er nicht, da er sich noch im Amte befinde. Tolischus verliest darauf das Amts zimmer, hotte sich drei bewaffnete Polizeibcamte, die im Vorzimmer postiert wurden und gab nunmehr Szigaud den Befehl, das Zimmer zu räumen. Szigc nd mußte nun mehr der Gewalt weichen.