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Seitenthemen, die in der Reprise miteinander verbunden werden, überhaupt überrascht die Reprise mit manchen neuen thematischen Zuordnungen. Die Durchführung gründet auf einem eigenen Thema, das in Moll steht und elegische Züge in den Satz trägt. Der Mittelsatz setzt mit einem gravitätisch einher schreitenden Thema ein und wahrt diese Haltung auch in seinem thematisch reichen weiteren Verlauf. Das Finale, ein Rondo, macht durch etliche komische Episoden schmunzeln. Schon in dem Refrainthema verbindet sich Zierlichkeit mit Keckheit. Das anschließende erste Couplet führt ein einfältiges Motiv unisono in Sequenzen ein, gibt ihm dann aber sogleich reizvolle harmonische Ausdeu tung. Mozart jongliert virtuos mit der Form. Er stellt unerwartete Beziehungen her, läßt hier Teile weich ineinander fließen, setzt sie dort in scharfen dialektischen Kontrast. Dabei beachtet er stets, daß die Vergnüglichkeit, die Unterhaltsamkeit sich mit inhaltlicher Bedeutsamkeit verbindet. Carl Nielsen (1865-1931) galt zu seiner Zeit in den skandinavischen Ländern als Dänemarks „größter Sohn auf dem Gebiet der Künste nach Hans Christian Andersen". Aber dieser Ruhm überschritt zu Nielsens Lebzeiten die Grenzen Skan dinaviens nicht, und seine Leistungen wurden vom Ausland nur wenig beachtet. 1922 dirigierte er zweimal in Berlin eigene Werke, und auch Fritz Busch und Wilhelm Furtwängler setzten sich für ihn ein. Furtwängler dirigierte Nielsens 5. Sinfonie 1927 mit großem Erfolg während eines internationalen Musikfestivals. Erst nach dem Tode des Komponisten, insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg, gelangte Nielsens Schaffen mehr und mehr zu internationalem Ansehen. Der Komponist gilt heute als eine bemerkenswerte Persönlichkeit der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, die mit eigenwilligen Neuerungen der Musikentwicklung vorausgegriffen und zur Erweiterung der melodisch-harmonischen Ausdrucksmitte! beigetragen hat. Charakteristisch ist seine rhythmisch kraftvoll-akzentuierte, poly phon-lineare und polytonale Schreibweise. Anregungen für sein Schaffen fand Nielsen bei Mozart und Brahms, aber auch bei Bach und Händel. Ferner verar beitete er Einflüsse des dänischen Volksliedes sowie solche aus Werken von Gade, J. Svendsen und J. P. E. Hartmann. Seine Hinwendung zu Kontrapunkt und Linea rität wirkt anregend auf Komponisten der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nielsens Schaffen umfaßt nahezu alle musikalischen Genres. Er schrieb u. a. Lieder, vier Streichquartette, drei Instrumentalkonzerte, sechs Sinfonien, zwei Opern. Es ge lang ihm auf allen Gebieten, Werke von hoher künstlerischer Qualität zu schaffen. Erste musikalische Anleitungen erhielt Nielsen von seinem Vater, der von Beruf Anstreicher war und sich als Dorfmusikant Geld hinzuverdiente. Als 17jähriger begann Nielsen, von Niels W. Gade gefördert, am Konservatorium in Kopenhagen Violine und Komposition zu studieren. Noch während des Studiums erlebte er die erste öffentliche Aufführung einer seiner Kompositionen. 1890 91 führte ihn eine Studienreise nach Deutschland, Österreich und Frankreich, und er traf sich u. a. auch mit Brahms, 1894 wurde Nielsens 1. Sinfonie durch das Kopenhagener Hoi- orchester mit großem Erfolg uraufgeführt. Mit den Aufführungen seiner beiden Opern, „Saul und David" (1902) und „Maskerade" (1906), die begeisterte Auf nahme fanden, hatte er sich Kopenhagen erobert. 1908 bis 1914 war Nielsen Hof kapellmeister in Kopenhagen. Während dieser Zeit entstanden seine 3. und 4. Sinfonie. Sie machten Nielsen in ganz Skandinavien berühmt. 1915 bis 1927 leitete Nielsen den Kopenhagener Musikverein. Später wurde er auch Direktor des Kon servatoriums der Stadt und übernahm außerdem ab 1918 die Leitung der Göte borger Konzerte. Als Dirigent eigener Werke besuchte er verschiedene europäiscne Musikzentren. Die 5. Sinfonieop. 50 entstand in den Jahren 1920 bis 1922 und wurde 1922 in Kopenhagen unter Leitung des Komponisten uraufgeführt. In dieser Sinfonie brach Nielsen am konsequentesten mit den klassischen Formprinzipien, auch mit der klassischen Viersätzigkeit. Das Werk besteht aus zwei großen, in sich abge schlossenen Satzblöcken, die jeweils aus mehreren kontrastierenden Teilen zusam ¬ mengesetzt sind. Der erste Satz ist zweiteilig: Tempo giusto — Adagio non troppo. Er wird eröffnet von einem lang anhaltenden Bratschentremolo, das sich später melismatisch erweitert und ein zentrales Motiv des ersten Teiles ist. Es entwik- keln sich einzelne motivische Gestalten und Melodiebögen. Einen großen Kontrast dazu bildet das rhythmisch stark akzentuierte Spiel der kleinen Trommel. Völlig andersartig — ausdrucksmäßig wie strukturell — ist der zweite Satzteil, ein poly phones Adagio, eingeleitet durch ein melodiöses, diatonisches Thema. Es herrscht zunächst Klarheit, harmonische Ordnung — plötzlich aber taucht das Melisma des ersten Teiles wieder auf und wenig später auch noch der Trommelrhythmus. Diese beiden Grundelemente des ersten Teils laufen jetzt konsequent parallel zur im Adagio angestimmten Intonation und beeinflussen den Verlauf des zweiten Teiles erheblich. Es wird ein Kampf zwischen zwei völlig verschiedenen Kräften ausge tragen. Im zweiten Satz der Sinfonie, der aus vier Teilen besteht, wird dieser Kampf auf anderer Ebene fortgesetzt. Nach einem vitalen Allegro-Teil entwickelt sich zwischen Holzbläsern und Streichern eine stürmische, scherzoartige Prestofuge. Es folgt eine sehr eindringliche Andante-Fuge, die auf das rhythmisch umgeformte erste Allegro-Thema aufbaut. Den Abschluß bildet eine stark verkürzte Reprise des Allegros. In der Coda erscheint nochmals das Melisma des ersten Satzes, das sich hier aber dem Rhythmus des abschließenden Allegro-Themas anpaßt. Mit einem strahlenden Es-Dur-Akkord schließt das „gewaltige Lebenslied", wie Erich Brüll die Sinfonie bezeichnet hat. VORANKÜNDIGUNGEN : Pfingstsonntag, den 18. Mai 1975, 17.00 Uhr, Dresdner Zwinger Pfingstmontag, den 19. Mai 1975, 17.00 Uhr, Dresdner Zwinger 10. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Martin Flämig Solisten: Regina Werner, Sopran; Hans-Jürgen Wachsmuth, Tenor; Hermann Christian Polster, Baß Chor: Dresdner Kreuzchor Joseph Haydn: Die Schöpfung Freier Kartenverkauf Freitag, den 23., und Sonnabend, den 24. Mai 1975, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Härtwig (23. Mai in der Mehrzweckhalle) (24. Mai in den Gesellschaftsräumen) 9. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Hartmut Haenchen Solist: Walter Hartwich, Dresden, Violine Werke von Kunad, Liszt, Brahms, Malipiero und Bartök Anrecht A Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1974/75 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführungen in die Werke von T. Baird und C. Nielsen schrieb unsere Praktikantin Helga Cersovsky vom Fachbereich Musikwissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig. Die Einführung in das Mozartsche Klavierkonzert verfaßte Dr. Fritz Hennenberg (Leipzig) Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna — 111-25-12 2,85 ItG 009-45-75 (•biilharrmomio 8. PHILHARMONISCHES KONZERT 1974/75