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Adoner Grenzvoie Dies Dwtt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Oelsnitz des Amtsgerichts, der Amts» anwaltschast und des Stadtrates zu Adorf. Diese Ztiiuug erscheint an ftbew Wochentage nachmittag mit dem Datnm de» solgenden Tage». Lvnnabend» liegt die 8seiti8l!.Roma«,Deikage »Nene Illustrierte" bei Fernsprecher Nr. !4 Verantwortlicher Schriftleiter und Verleger Otto Meyer in Adorf. Postscheck Kio. Leipzig 37369 Kr. 279. Donnerstag, 18. Dezember 19M.HechrK. 88. Was gibt es Neues. — Der Reichspräsident einpfing am Dienstag zunächst den bisherigen Neichstagsprüsidenten WaNraf und dann die Parteiführer in der Reihenfolge der Fraktionsstärlen. — Im Reichstag hielten am Dienstag die Demokraten Und die Deutschnationalen Fraktionssitzungen ab, — Ncichswirtschaftsministcr a. D. v. Raumer ist ab? Sachverständiger zu den deutsch-französischen Handelsver tragsverhandlungen nach Paris abgereist. — Die englische und die französische Presse bespreche« »ngesichts der Lage in Nordafrika die Möglichkeit einer neuen Algeciras-Konferenz. — Die aufständischen Albanier haben Skutari und Couje eingenommen und marschieren auf Tirana. — „Westminster Gazette" meldet aus Kairo. Aegypten stehe vor einer weiteren Reihe von Krisen. Die Anhänger Zagluls hätten ihre Tätigkeit wieder ausgenommen. Geldstrafen vnd Kriminalität. Der amtliche preußische Pressedienst gibt eine Uebersicht über die Wirkungen der sogenannten „Geld- strafengesetze". Durch diese Gesetze ist das Anwen dungsgebiet der Geldstrafe bedeutend erweitert, der Ersatz der kurzen Freiheitsstrafen durch Geldstrafen allgemein ermöglicht und in der Bemessung und Voll streckung der Geldstrafen den veränderten Verhältnis sen in erhöhtem Umfang Rechnung getragen worden. Die wichtigste Neuerung ist die Befugnis der Gerichte, in den Fällen, in denen bisher Freiheits strafe zwingend vorgeschrieben war, z. B. beim Dieb- stahl, künftig statt der Freiheitsstrafe auf Geldstrafe zu erkennen, wenn die an sich verwirkte Freiheits strafe weniger als drei Monate beträgt und zu erwarten ist. daß der Strafzweck durch eine Geldstrafe erreicht werden kann. Die preußi schen Gerichte haben demzufolge im ersten Halbjahr 1922 etwa in drei Fünftel aller möglichen Fälle, im zweiten Halbjahr 1922 etwa in zwei Drittel aller möglichen Fälle und in den drei ersten Vierteljahren des Jahres 1923 in fast 5 Siebentel allermöglichen Fälle anstelle der an sich verwirkten Freiheitsstrafe aus Geldstrafe erkannt. An der Gesamtzahl aller Geldstrafen gemessen — insgesamt sind in Preußen im ersten Halbjahr 1922 rund 106 000, im zweiten Halbjahr 1922 rund 153 000 und in den drei ersten Vierteljahren des Jahres 1923 rund 297 000 Geld strafen verhängt worden — bedeuten die vorgenann ten Zahlen, daß durch die letzten Neuerungen der Geldstrafengesetze das Anwendungsgebiet der Geldstrafe im Jahre 1922 um rund 50 Prozent und im Jahre 1923 sogar um fast 65 Prozent er weitert worden ist. Der amtliche preußische Pressedienst glaubt aus den mitgcteilten Zahlen den Schluß ziehen zu können, daß das mit den Geldstrafen erreichte Ziel in erfreu lichem Maße erreicht worden sei. Als Beweis hier für wird allerdings im wesentlichen nur angeführt, daß dem Staat große Kosten erspart worden sind und daß ferner in den Strafanstalten der nötige Platz für Schwerverbrecher geschaffen worden ist. Dem Wirt- schastspolitiker, der die Sache nur vom finanziellen Standpunkt betrachtet, mag diese Beweisführung ge nügen. Der Kriminalist aber wird die Frage auf werfen müssen, ob durch Geldstrafen wirklich in allen Fällen der Strafzweck erreicht worden ist und erreicht werden kann. Das muß aber, namentlich für die In flationszeit, unbedingt verneint werden. Was machte es damals dem skrupellosen Schieber aus, wenn er zu einer scheinbar sehr hohen Geldstrafe verurteilt wurde, die schon wenige Tage später und erst recht zu dem Zeitpunkt, an dem die Strafe gezahlt wurde, zu einxm Nichts zusammengeschmolzen war'? Aber auch jetzt, nach Beendigung der^nflation, scheinen Geldstrafen kein geeignetes Mittel zur Be kämpfung des Schicbertums zu sein, das ja heute einen wesentlichen Bestandteil des Verbrechertums bildet. Die zu erwartenden Geldstrafen pflegen von diesen Schwindlern von vornherein als Risiloprämie bei ihren Geschäften mit in Ansatz gebracht zu werden. Ab schreckend wirken sie ganz gewiß nicht und bessernd auch nicht. Die Tatsache, daß wir noch immer keine Ab nahme der Kriminalität zu spüren haben, spricht jeden falls nicht zugunsten der modernen Strafrechtspflege. Es ist daher sehr begreiflich, wenn in den letzten Jahren vielfach der Ruf laut geworden ist, daß man Schie ber und Wucherer nicht zu Gefängnis-, geschweige denn Geldstrafen, sondern zu Zuchthaus verurteilen müsse, daß man also nicht in falscher Gefühlsdnse-ei die Stra fen abschwächen, sondern im Gegenteil verschärfen Müsse. - Regierungskrise in Nähern. Der Streit um das Konkordat. Der Streit um das Konkordat hat in Bayern eine Regierungskrise in greifbare Nähe gerückt. Im Ver- jassungsausschuß des Landtages hat Ministerpräsident . Or. Held erneut erklärt, daß die bayerische Regierung i öei Ablehnung des Konkordats zurücktreten werde. Er : wies dabei gleichzeitig auf die nationales Gefahren f des Wahlkampfes hin. Inzwischen mehren sich die Stimmen gegen das r Konkordat. So hat sich der Hauptausschuß des Baye- ! rischen Lehrerinnenvereins gegen die Annahme des Konkordats in der vorliegenden Form ausgesprochen, r Der bekannte Staatsrechtslehrer Prof. Dr. Piloty emp- , fiehlt in einem Rechtsgutachten die Zurückstellung der - Verträge bis zur Erledigung der Schul- und Ablösungs- l gesetzgebung des Reiches. Der Weihbischof von Mün- > chen, Dr. Buchberger, tritt im „Bayerischen Kurier" j den Bedenken der Lehrerschaft gegen das Konkordat entgegen. Die Landesvorstandschaft der Deutschen De mokratischen Partei, hat zum Konkordat eine Ent schließung angenommen, die das Konkordat ablehnt, weil es die Gewissensfreiheit und den religiösen Frie den sowie die nationale Aufgabe des deutschen Schul wesens auf das schärfste bedrohe, unveräußerliche Rechte des Staates preisgebe und dem Staate unabsehbare finanzielle Belastungen auferlege. Im übrigen könnte das Konkordat nur durch eine Zweidrittelmehrheit des Landtages beschlossen werden, vorbehaltlich der ver fassungsmäßigen Rechte des Reiches. Die Sozialdemo kraten haben im Landtag einen Antrag gestellt, der in das Mantelgesetz nicht weniger als 16 neue Bestim mungen über die Auslegung und Durchführung der Verträge ausgenommen haben will. LhamSerlains Reisebericht. „Behebung kleiner Hindernisse". Nach seiner Rückkehr von Rom hielt Austen Cham berlain im Unterhause eine große politische Rede, in der er zunächst über seine Reiseeindrücke berichtete. Ueber die Tagung des Völkerbundsrats äußerte er sich sehr befriedigt. Es sei nicht zweckmäßig, den Völ kerbund über den Rahmen seiner gegenwärtigen Auf gaben hinaus vorwärts zu drängen, sondern man müsse dafür sorgen, daß die Welt auch ohne sein Eingreifen Fortschritte mache, bis sie sich eines Tages bewußt werde, daß der Völkerbund ein größerer Machtfak tor geworden sei als man zunächst glaubt. Auf die gleiche Weise sei auch das Unterhaus zu seiner heuti gen Größe gelangt. Die Besprechungen in Paris und in Nom. hatten die Beseitigung der bestehenden Schwierigkeiten zum Ziel. Diese vertraulichen Aussprachen würden ihren Wert verlieren, wenn man darüber genauen Be richt erstatten wollte. Er könne nur versichern, daß der Inhalt der Besprechungen derart gewesen sei, daß er der Welt zur Beruhigung dienen könne. Zusammenfassend erklärte Chamberlain: „Ich will nicht behaupten, daß wir große Entscheidungen getrof fen haben. Wir haben auch nicht versucht, neue Ver wöge zu schließen und irgend welche neuen Beschlüsse ;u fassen. Wonach wir strebten und was, wie ich denke, wir durch unsere Aussprachen erreicht haben, war die Behebung kleiner Hindernisse, um später zu einer Ver ständigung in den großen Fragen der Weltpolitik zu kommen." Waren diese Mitteilungen Chamberlains über seine Besprechungen in Paris und Rom recht nichts sagend, so äußerte er sich ausführlicher über Englands Aegypten- und Rutzlandpolitik. Er sei im Auslände zu der Haltung der englischen Regierung in Aegypten vielfach beglückwünscht wor den. Macdonalds Botschaft an Zaglul Pascha sei auch für die heutige Regierungspolitik grundlegend. Im Vertrage mit Aegypten habe England vier wesentliche Punkte für spätere Regelung offen gelassen. Die Re gierung beabsichtige keinerlei Einmischungen in die Un- § abhängigkeit Aegyptens. Zu der Uebertragung der ägyptischen Frage ar den Völkerbund erklärte Chamberlain, daß die Bezie hungen der englischen Regierung zu Aegypten heute durchaus freundschaftlich seien, sodaß man hoffen könne, daß die Frage auf freundschaftlichem Wege zur beiderseitigen Befriedigung erledigt werden könne. Es sei daher keine Veranlassung vorhanden, sich an den Völkerbund zu wenden, und es gäbe auch sonst keine Klausel, die eine Einmischung des Völkerbun des in derartige Angelegenheiten bedinge. Zur Frage des Sinowjewbriefes sagte der Außenminister, daß der ganze Weg des Brie ses von seinem Ursprung bis in die Hände der Regie rung festgelegt worden sei. Nachricht über das Vor handensein des Briefes sei der Regierung auch von einer anderen Stelle zugegangen, die nichts mit der Stelle zu tun habe, durch die der Brief in den Besitz der Regierung gelangt sei. Die gleiche Nachricht habe die Regierung noch aus zwei weiteren Quellen erhallen. § Die Echtheit des Schriftstückes sei einwandfrei festge- ! stellt worden. Veutsch-sranzöMes SanbelSprovisM Aeutzerungcn des französische« Ha«delsminifters. Der „Exzelsior" hat dem Handelsminister Rey» ; naldi die Frage vorgelegt, was an den Gerüchte« Wahres sei, daß die deutschen Wirtschaftsabgeordnete» in Erwartung einer rechtsgerichteten deutschen Regie rung bei den letzten Verhandlungen weniger Entge genkommen gezeigt haben. Reynaldi erklärte: „De» ^montieren Sie kategorisch dieses Gerücht. Die Av- beiten nehmen einen äußerst normalen Fortgang. Da» Publikum wird nach dem Abschluß der Verhandlun gen die außerordentliche Kompliziertheit der Probleme begreifen." Auf die Frage: „Woher kommt es, daß der eng lisch-deutsche Wirtschaftsvertrag im Handumdrehen ab geschlossen werden konnte," antwortete der Minister: „Ein Vergleich ist in keiner Weise möglich. Der eng lisch-deutsche Vertrag bezieht sich auf gesetzliche Bestim mungen und ist auf dem Zugeständnis der gegenseitigen Meistbegünstigung aufgebaut. Unsere Wirtschaft und unser Handel würden in zwei Jahren zugrunde gerichtet sein, wenn jetzt ein solcher Vertrag zwischen Frank reich und Deutschland zustande kommen würde. Wir können uns den Luxus des Freihandels nicht leisten, der zudem mit dem Stande der französischen Gesetzge bung unvereinbar ist. Wir müssen nach einzelnen Ar tikeln und Positionen verhandeln, die aber langwie rige Vorarbeiten erheischen." Nach vem genannten Blatte werden die beide« Abordnungen ein Nebergangsabkommen treffen, da vor Anfang nächsten Fahres eine Berständigung nicht »ustanve kommen wird. Deutsches Reich. — Berlin, den 17. Dezember 1924. ° Bor der Rückkehr von Dr. Farres nach Duisburg. Reichsinnenminister Dr. Jarres weilte dieser Tage in Duisburg und besprach sich mit verschiedenen Partei führern über die Wiederaufnahme seines Oberbürger meisteramtes. Dr. Jarres wird in ganz naher Zeit die Leitung der Duisburger Stadtverwaltung wieder übernehmen. ° Begnadigung v. Fagows. Der ehemalige Poli zeipräsident von Berlin, Dr. Traugott v. Jagow, ist be gnadigt und aus der Festungshaft entlassen worden, v. Jagow war bekanntlich während des Kapp-Putsche- als Minister des Innern tätig, weswegen er im Jahre 1921 vom Reichsgericht wegen Hochverrats zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt wurde. Er hat mithin drei Jahre seiner Strafe verbüßt. Auslauds-Rnndschau. Frankreich: Annahme des Amnestiegesetzes. --- Die französische Kammer beschäftigte sich er neut mit dem Amnestiegesetz. Von dem Senat waren einige Abänderungen vorgenommen worden, die nicht klar erkennen ließen, ob die Wiedereinstellung der Eisen bahner fakultativ oder obligatorisch sein solle. Von der Rechten vertrat Abg. Blaisot den Standpunkt daß die Wiedercinstellung lediglich dem Ermessen der Eisenbuhngesellschaften überlassen werden müßte. Di, Kommunisten brachten einen Antrag im Sinne der obli gatorischen Wiedereinstellung ein, zogen ihn aber wie der zurück. Ein Antrag der Rechten im entgegengesetz ten Sinne wurde mit 355 gegen 255 Stimmen abge lehnt. Die Kammer nahm dann den Text des Senats an, der besagt, daß die Wiedereinstellung vorgenom men werden soll. .