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SS. Iahrga^,. > Sonnabend, den 19. Dezember Die Weihnachtsferien des Reichstages.!durchweg die größte Bereitwilligkeit, auch fand k »E- «W°- h" ««ü» - R^°ch I». -'Ä W AZ - aufzunehmen. Mehrere spanische Generäle, die zu den entschiedensten Anhängern der Regierung gehören, bekundeten ihre Unzu friedenheit darüber, daß auch einige Generäle von der dynastischen Linken bedeutende Stellen erhalten haben. Der Marschall Salamanca hat sich in einem Briese an den Minister-Präsidenten Sagasta darüber bitter beklagt. Nach einer Mittheilung des liberalen Organs „Daily News" erhielt die Königin von England ein Schreiben Gladstones, in dem sich dieser in seiner Eigenschaft als Mit« glied des Geheimen Raths über die Errichtung eines irischen Parlaments für die Erledigung irländischer Angelegen heiten ausspricht. Die „Pall-Mall-Gazette" versichert, Glad stone stimme für ein besonderes irisches Parlament in Dublin Projekt urplötzlich feste Gestalt bekommen könnte, ist jedenfalls nicht vorhanden, vielmehr find die diesem Plan entgegenstehenden Schwierigkeiten, namentlich von Seiten der auf ihr Reservat recht betreffs der Branntweinbesteuerung haltenden süddeutschen Regierungen, so groß, daß eine Verwirklichung fast unmöglich , scheint. Die jetzigen nutzlosen Erörterungen über daS Monopol könnten aber leicht dazu dienen, die günstigen Chancen zu be- eitigen, welche für eine andere Art von höherer Besteuerung wS Branntweins vorhanden sind. Authentische Nachrichten über die Stellung der Bundesregierungen zu dem Plane fehlen vollständig; die Meldung, daß Baiern dafür gewonnen iei, wird von glaubwürdiger Seite entschieden bestritten. — In der gestrigen Sitzung derBerlinerStadtverordneten- Kammer mit 253 gegen 244 Stimmen beschloß. Nachdem die Verlesung erfolgt war, erklärte der Minister Brisson, die Regierung werde sehr entschieden für die unveränderte Be willigung des Tonkinkredits eintreten, dessen Bewilligung be deuten werde, daß Frankreich in Tonkin bleiben müsse. Die Berathung der Tonkin-Vorlage ii» auf Montag festgesetzt. — Die Kommission zur Vorberathung der Münzlonvention besteht durchweg aus Anhängern der Vorlage. — Das in der Kammer vertheilte Gelbbuch über den Suezkanal enthält ein Rund« chreiben des Ministers Freycinet, wonach derselbe von Salis- mry ersucht wurde, jeden Meinungsaustausch bis nach den Bereinigung Bulgariens mit Ostrumelien, als für die gerech teste Entschädigung der Sieger, einzutreten. In der italienischen Kammer sand gestern der Schluß >er Generaldiskussion über die Vorlage statt, welche die Aus gleichung der Grundsteuer betrifft. Mit 27b gegen 168 Stimmen wurde die von der Regierung gewünschte Tages ordnung angenommen, wonach die Kammer über alle Anträge zur einsachcn Tagesordnung übergeht und in die Berathung der einzelnen Artikel der Vorlage eintritt. — Gestern fand im Vatikan in Gegenwart des Kardinal-Staatssekretärs Jacobini und mehrerer Kardinäle die Unterzeichnung des aus Grund )er Vermittelungsakte des Papstes in der Karolinen rage vereinbarten Protokolls durch den preußischen Ge- andten v. Schlözer und den spanischen Botschafter MarquiS v. Molins statt. Dieser Handlung folgte ein Diner bei dem Kardinal-Staatssekretär, zu welchen! alle bei dem Vatikan be glaubigten Diplomaten eingeladen waren und an welchem außerdem die Kardinäle Simeoni, Howard, Schiaffino, Bi anchi nnd Parocchi, sowie viele andere geistliche Würdenträger theilnahmen. Der im Auftrag der Tonkin-Kommission von Pelletan ver faßte Bericht ist gestern in der französischen Deputirten- kammer verlesen worden, worauf Pelletan vorschlug, die An sicht der Minorität der Kommission in dem „Journal osficiel" aufzunchmen. Der Dcputirte Bent verlangte aber, daß auch die Note der Minorität (welche sich für Aufrechterhaltung der Okkupation in Tonkin ausspricht) verlesen werde, was die fälle abgehen kann. Tagesschau. Freiberg, den 18. Dezember. In der gestrigen Plenarsitzung des deutschen Bundes- rathes wurde der Gesetzentwurf über die Rechtspflege in den deutschen Schutzgebieten mit einer geringen Abänderung an genommen. — In Bezug aus die Wahl Antwerpens zum Anlegehafen für die deutschen Postdampfer berichtet die „Köln. Ztg.", daß König Leopold vor zwei Monaten ein eigenhändiges Schreiben an den Fürsten Bismarck in dieser Angelegen heit gerichtet und der Reichskanzler erwiedert habe, er wäre hocherfreut, den Wunsch des Königs erfüllen zu lönnen. Der deutsche Reichskanzler litt in den letzten Tagen wieder sehr an Gesichts- und Fußschmerzen, befindet sich jetzt aber wieder in der Besserung. Lediglich diesem Unwohlsein wird es zu- g schrieben, daß unter Anderem auch eine Abordnung der Ostafrikanischen Gesellschaft nicht von ihm empfangen wurde. — In allen Kreisen der Reichshauptstadt, welche sich lebhaster für die Kolonialpolitik interessiren, sieht man mit Spannung der Heimkehr des Afrikareisenden Curt von Franyois entgegen, der zur Erforschung der unbekannten Zuflüsse des Kongos diesen Strom aufwärts gefahren war, jetzt wieder nach Europa zurückkehrte und bereits in Havre eingetroffen ist. Die meisten Berliner Blätter ergehen sich in Erörterungen über daS Branntwein- oder das Spiritus-Mono pol, trotzdem noch Niemand recht weiß, was und wie Inserate werden di» Vormittag 11 Uhr augenom-- S- men und bewägt der Preis für die gchxrltrne Zell« loOÄ oder deren Ramu 1d Pf. Sitzungen bis zum 8. Januar 1886 vertagt, nachdem er den ganzen Rest des Heeresetats, dauernde, einmalige und außerordentliche Ausgaben, durchweg nach den Anträgen der Budgetkommission erledigt hatte. Die von dieser Kommission vorgeschlagenen und vom Reichstag trotz aller Einwendungen des Kriegsministers Bronsart von Schellendorf vollzogenen Streichungen betrugen im Ganzen die netle Summe von 6730000 Mark. Der von dem Kriegsminister gegen die einzelnen Abstriche erhobene Widerspruch klang wett weniger energisch als sonst, was einzelne Organe der Opposition in der Annahme bestärkte, der Militäretat sei schon im Voraus englischen Parlamentswahlen zu vertagen. Frankreich beab- ichtigt, die Erörterung der Suezkanalfrage baldmöglichst wieder ' man einelmonopolisirt werden soll. Die Gefahr, daß daS Monopol- Arbeiter in den! Innungen ganz angemessen. Selbst der Vertreter der demo ¬ kratischen Vvlkspartei mußte aber die von den Sozialdemo ¬ kraten geforderten Arbeitsämter und Arbeitskammern für unausführbar erklären. Seitens der Regierung wies Geheim- ralh Lohmann nach, daß die Durchführung der sozialdemo kratischen Anträge zu einer vollständigen Desorganisation der bestehenden Verwaltung der Einzelstaaten führen müßte und daß aus demselben Grunde die Uebernahme der Fabrik- inspcktoren auf das Reich bedenklich erscheine. Nicht minder gespannt als auf das schließliche Resultat dieser Kommissions arbeiten ist man auf das Schicksal, welches der deutsche Bundesrath dem fast mit Einstimmigkeit vom Reichstag beschlossenen Erlaß eines Gesetzes über die Pensionsverhält- nisse der Reichsbeamten bereiten wird. AuS den sehr re- servirten Erklärungen, welche der Staatssekretär v. Burchard bei dieser Gelegenheit abgegeben hat, ließ sich durchaus kein Schluß auf den Willen der Regierungen ziehen. Da der Bundesrath den Reichstagsbeschluß an die Ausschüsse verwies, bleibt auch diese wichtige Angelegenheit während der Ferien noch völlig in der Schwebe. In der Hauptsache ist der Abschnitt der Session, der nun hinter dem Reichstage liegt, mit der Erörterung von Interpellationen und Jnitiativ-Anträgen ausgefüllt worden, so daß die Hauptarbeit des ReichstaaS erst im neuen Jahre beginnen wird. Da dann die Ausweisungs-Ange legenheit abermals auszutauchen droht, die heikle Frage der Verlängerung der Legislaturperioden gelöst und die Er- peuerung des Sozialistengesetzes genehmigt werden soll, wird es dann an Zündstoff wahrlich nicht fehlen. Das Damokles schwert der Auflösung hat freilich auch in letzter Zeit über der deutschen Volksvertretung geschwebt; gerade die erwähnten An gelegenheiten dürften aber eine passende Gelegenheit zu einer solchen Maßregel geben, die eines entschieden volköthüm- lichen Grundes bedarf, wenn sie einer gefügigeren Volks vertretung den Weg ebnen soll. In diesem Falle wird eine sehr bedeutsame Holle den Nationalliberalen zufallen, die sichtbar wieder in Gunst gekommen, vollständig bereit scheinen, den Kern der unbedingt regierungsfreundlichen Mittclpartei zu bilden. Diese Letztere ist unverkennbar be stimmt, die Stelle der konservativ-ultramontancn NeichS- tagsmehrheit einzunehmen, die mit der Unterstützung der Wirtschaftspolitik des Reichskanzlers ihre Aufgabe gelöst hat und mit den wachsenden Ansprüchen des Zentrums entbehrlich wurde. Freilich müßten die Nationatliberalen, um den Zweck einer Regierungspartei zu erfüllen, sich auch mit dem Gedanken befreunden, weit mehr als früher Rücksicht auf den deutschen Bundesrath zu nehmen, auf dessen Reichs- freundlichkeit Fürst Bismarck das unbedingteste Vertrauen setzt. Immerhin werden bei den Ungewißheiten der kommen den Session die meisten Reichstagsabgeordneten die Weih nachtsferien als eine sehr erwünschte Ruhepause ansehcn und nicht ohne bängliche Erwartung am 8. Januar 1886 zu der legislatorischen Arbeit zurückkehren, bei der eS unter den jetzigen Verhältnissen kaum ohne aufregende Zwischen- ' - md Tageblatt. " Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Lenmtwortlicher Rümktaa: IsUs» vrasn io Freiberg. so eingerichtet gewesen, daß davon ohne ernste Nachtheile etwas abgehandelt werden konnte. Die Behauptung, daß der preußische Kriegsminister bei der Erörterung der Sätze der Kommandozulagen letztere in dem geforderten Umfange selbst als nicht dringend bezeichnet habe, wird freilich von der .Nordd. Allg. Ztg." entschieden in Abrede gestellt. Die wiederholt abgelehnte Forderung von 289000 Mark für Errichtung einer Unterossizierschule in Neubreisach verthei- digte der Kriegsminister von Bronsart sogar mit warmer Beredtsamkeit, trotzdem er im Voraus von der Erfolglosig keit seiner Bemühunoen überzeugt sein mußte. So schloß der Reichstag seine Arbeiten in dem alten Jahre für die regierungsfreundlichen Parteien mit einem niederdrückenden Gefühl ab, während die aus dem Zentrum mit seinem An hang von Welfen, Polen, Dänen und Elsässern und aus den Deutschfreisinnigen bestehende, jetzt festgeschlossene Opposition eine ziemlich zuversichtliche Stimmung bekundete. Die letzt genannte Fraktion hat noch kurz vor der Vertagung ihre Entschlossenheit durch zwei im Reichstage beantragte Re solutionen bewiesen, von denen die eine die geplante Einfüh rung des Branntweinmonopols in politischer, wirthschaftlicher und finanzieller Hinsicht für verwerflich erklärt, die andere aber den deutschen Reichstag auffordert, die von der preußi schen Negierung verfügten Ausweisungen russischer und österreichischer Staatsangehöriger als durch das nationale Interesse nicht gerechtfertigt zu verurtheilen. Die letztere Resolution zeugt von dem Wunsche, auch im neuen Jahre gemeinsam mit den Polen die Frage nochmals aufzuwerfen, welche auf Wunsch des vorsichtigen Zentrumsführers Windt horst vertagt worden war. Nachdem die kaiserliche Botschaft dem deutschen Reichs tage das Recht abgesprochen hat, die Regierung des Königs von Preußen zu interpelliren, ist die Wiederholung dieses Versuchs immerhin gewagt und dürfte auf die jetzt der Heimath zueilenden deutschen Volksboten den Eindruck machen, daß ihrer bei der Rückkehr nach der Reichshaupt stadt im nächsten Jahre ernstere Kämpfe warten. Nicht minder wirkt der Eindruck der Worte verstimmend nach, welche Herr v. Helldorff bei der ersten Lesung des Antrages auf Ver längerung der Legislaturperiode über das allgemeine Stimmre'cht fallen ließ. Die Organe der deutsch-konser vativen Partei haben sich zwar beeilt, den Sinn jener Worte abzuschkvächen und dre freikonservative „Post" hat auf eine frühere Erklärung der deutschen Reichspartei ver wiesen, wonach dieselbe keine Diskussion über dieses Thema als zulässig erachtet; dennoch hält man cs für wahr scheinlich, daß bei der zweiten und dritten Lesung des An trages auf Verlängerung der Legislaturperiode diese Sache nochmals zu Weiterungen führen wird. Man erinnert sich, daß der Minister von Puttkamer, als vor zwei Jahren im preußischen Abgeordnetenhause eine ähnliche Angelegen heit zur Sprache kam, dort folgende Erklärung abgab: „Es wird Sache der ernsten Erwägung der königlich preu ßischen Staatsregierung sein, ob sie nicht darauf wird Be dacht nehmen müssen, rhrcn Einfluß dafür einzusetzen, daß Initiativanträge in Erwägung gezogen werden, welche auf die Abschaffung der geheimen Abstimmung für den Reichs tag abzielen." Durch die etwas früh eingetretenen Weihnachtsfcrien werden auch'die höchst wichtigen und mühsamen Kommissions arbeiten unterbrochen. Trotz der angestrengtesten Be mühungen ist es der von dem Reichstage eingesetzten Ar beiterschutzgesetz-Kommission noch nicht gelungen, greifbare Resultate zu liefern. Besondere Schwierigkeiten verursacht die Frage der Organisation der Arbeitervertretung. Den sozialdemokratischen Anträgen gegenüber äußerten die Mit glieder der anderen Parteien, daß die angestrebten berechtigten Zwecke auch durch weitere Ausbildung bereits bestehender Einrichtungen erreicht werden könnten. Zur Hebung und Stärkung des Instituts der Fabrikinspektoren zeigte sich Versammlung wurde der bisherige Stellvertreter des Vorsitzenden, Büchtemann, mit 63 von 110 Stimmen zum Vorsitzenden bis zum Jahresschluß gewählt. Wie die amtliche „Wiener Ztg." meldet, ernannte der Kaiser von Oesterreith den Feldmarschall Baron Cornaro um Statthalter von Dalmatien. — In den diplomatische« kreisen Oesterreich-UngarnS ist man nicht sicher, ob eS möglich ein werde, ohne militärische Maßnahmen die revanchelustige« Serben von der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten gegen die Bulgaren zurückzuhalten. Neuerdings wurden sehr bedenkliche taktische Bewegungen der serbischen Truppen gemeldet. Nach dem Oesterreich durch seinen Machcspruch Serbien von weiteren Niederlagen und Erniedrigungen gerettet hat, ist es auch fein« Pflicht, der äußerst loyalen Haltung Bulgariens Anerkennung zu zollen. DeSwrgen soll die österreichische Regierung die Absicht hegen, auf dem in Aussicht stehenden Kongresse für die