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Ausgabe » Nummer 2K5 — 32. Jahrgang sych,k«k k »al wöchentlich mlt ver illustrierten Drall» beilag« »Der FeuerreUer' und mehreren Tertbeilagen vlanall. v«r»g«xrel»t Ausg. A mit 8t. Bennoblatt M 2 70 Ausg. v ahn« 8t Bennoblatt M .L A Einzelnummer 10 Plg., Sonnabend-1». Sonntag-Nr. ro PsS- Sonnabend 28. November 1833 8 I 8 8 888 Da 8 8 8^^ die n"l"'°^mm'"'m. Peltt-eil- - ,llr Familienanzeigen Llelleng-Iuch« 20 Plg. - M 2"' Platzoorlchrilt«, können «l, kein« Gewöhr volksseUuna Nedaltlon: Dresd«n-A., Pollerstr. 17, Fernr. 2V711 u. 2tvl2 Eelchiytostell«, Den» und «erlag: Termanla Buchbruckerei u. «erlag Th. u. D Winkel, Polierstr. 17, Fernr. Lllllö, Postscheck: Nr. 1V2S, Bank: Eladtbank Dresden Nr. 91707 UnskkLngig« HgvSLvilung Güi« vki«HsGüvkv Ri. KuIGui« 2» Falle von höherer Gewalt, Berbol, Streit «der Betriebsstörungen hat der Bezleher oder Jnse'ent lein, Ansprache, «all» die Zeitung tn beschränktem Umsang« verspätet oder nicht erscheint. — Lrsllllungsorl Die neu Aas Kabinett Sarraltt ziMgettelen Aeue Verleumdungen der französischen presse und ihrer Hintermänner gegen Deutschland Gounin — Sieger über Sarraut Die Frage der Veamten-Gehaltskürzung Paris, 24. Nov. Das Kabinett Sarraut hat heute früh dem Prä sidenten der Republik seine Demission überreicht, die angenommen wurde. » Die Negierung Sarraut ist in der Kammer über einen Antrag des ncusozialistischen Abgeordneten Gali nin gestürzt worden. Gounin hatte einen Zusatzantrag eingebracht, auch die Gehälter von über 10000 Francs bis 12000 Francs jährlich von der Beamtengehälterkiirzung auszunehmen, während der Negierungsentwurf als äußerste Freigrenze 10000 Francs vorsah. In der Debatte hatte sich Ministerpräsident Tar rant bereit erklärt, die Freigrenze ans 11000 Francs heraufzusetzen. Aber Gounin bestand darauf, das; sämt liche Gehälter bis 12000 Francs von der Kürzung ver schont bleiben sollten. Der Antrag Gounin, gegen den die Regierung die Vertrauensfrage eingesetzt hatte, wurde mit 321 gegen 247 Stimmen angenommen. Die Minister verliehen so fort das Parlament, um das Nückrittsschreiben aufzu setzen. Die Kammersitzung wurde 3,35 Uhr früh MEZ. aufgehoben. Gin MstungSmärchen - Mhrelnfuhr von Aiüel > Berlin, 24. Nov. In letzter Zvit ist wiederholt in einem Teil der ausländischen Presse darauf hingewiesen worden, datz Deutschland in erhöhtem Matze Nickel einführe, welches zu Nüstungszwecken verwendet würde. Diese Gerüchte entbehren, wie festgcstellt werden mutz, jeder Grundlage. Zwar ist die Nickeleinfuhr gegenüber dem Vorjahre ge stiegen. Sie dürfte jedoch die Einfuhrmongcn der Jahre 1928 und 1929 in diesem Jahre noch nicht erreichen. Ein grotzer Teil der Mehreinfuhr wird von der Fiuanzver- waltung für Miinzprägungszwecke benötigt. Im übrigen findet die Einfuhrsteigerung ihre natürliche Erklärung in der durch die Maßnahmen der Regierung hcrbeige- führten Belebung des Geschäftes der verschiedensten Zweige der metallverarbeitenden Industrie, die infolge des von der Wirtschaftsdepression der vergangenen Jahre ausgeübten Liguidationsdruckes über normale La gerbestände an Rohmaterialien nicht mehr verfügte. 43. Tag im Michstagsbrandstister-Prozeß Leipzig, 24. Nov. In der Freilagverhandlung des Reichstagsbrandstifter- prozesses werden die Zeugenvernehmungen fortgesetzt. Zu der Aussage des Zeugen Barz wird Frau Beyer vernöinmeu, die damals als Pflegerin bei Barz wohnte und siir dessen Kinder sorgte. Die Zeugin bezeichnet es unter ihrem Eid ausdrück lich als ausgeschlossen, datz eine solche Besprechung, wie sie der Zeuge Grothe behauptet hatte, in der Wohnung von Barz statt gesunden habe. Zur gleichen Frage wird als Zeugin Frl. Macke vernommen, die in jener Zeit Untermieterin bei Barz war. Sie weis; ebenfalls von keiner solchen Besprechung, kann aber auch nichts Bestimmtes darüber sagen, weil sie selten in der Woh nung weilte. Der nächste Zeuge, der Elektromonteur Meyer, war kom munistischer Literaturobmann in derselben Organisationszelle wie Grothe. 1931 sei er aus der Partei ausgetreten, weil er das Zettelankleben und die Versammlnngssprcngnngen nicht mehr mitmachen wollte. Zu der ihm vorgchaltencn Aussage Grothes, datz Meyer In einem Lokal des Roten Frontkämpscr- bundes im Februar dieses Jahres sich in Alarmzustctnd befun den habe, sagt der Zeuge: Wenn Grothe das gesagt hat, dann hat er die Unwahrheit gesagt! Von einem Alarmznstand des Rotfrontkämpserbundes will der Zeuge nichts gemutzt haben. Er habe diesem Bunde auch nicht aimehört. Aus eine Frage des Oberreichsanwaltes bestätigt der Zeuge, datz ihm die Pa role „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" bekannt war. Dimitrofs: Wie hat der Zeuge diese Parole verstanden? Zeuge Meyer: Wir haben in unserer Zelle darüber diskutiert und haben gesagt, datz diese Parole sehr unglücklich gehalten sei. Wir haben darüber diskutiert, das; der Herausgeber dieser Pa role schliesslich die Bearbeitung der Nationalsozialisten meint. Vorsitzender: Haben Sie sonst im Leben schon einmal gehört, datz man unter „Schlagen ' ein Bearbeiten durch überzeugende Worte versteht? Der Zeuge schüttelt den Kops und der Bor sitzende erklärt: Ich auch nicht! Dimitrofs: Ich möchte z. B. die Anklage kaputt schlagen und das bedeutet für mich auch nicht, datz ich den Obcrreichsanwalt totschlagcn will. (Heiter keit.) Der Vorsitzende erwidert dem Angeklagten, das; er ja eine so eigentümliche Ausdrucksweise haben möge. Es folgen dann die Zeugenvernehmungen über die von den Angeklagten Taneff und Popoff behauptete Anwesen heit im A sch i n g e r l o k a l in der Potsdamer Stratze am Brandabend zwischen 7 und 9 Uhr. . In den letzten Tagen hatte in Berlin nochmals eine Gegenüberstellung Popofss und Tancfss mit den Kellnern stattgefunden. Darüber äutzert sich heute Kriminalassistent Kynast. Die beiden Angeklagten seien insgesamt sieben Kell nern einzeln gegenübergestellt worden. Die Angaben der An geklagten seien aber durchaus unsicher gewesen. Auch die heute vernommenen Kellner Dambeck, Borchert und Machmar können sich nicht erinnern, am Brandtage Poposs und Taneff Im Lokal gesehen zu haben. Bor der Mittagspause wurde dann noch der Koch Kraus von der Aschingcrfiliale am Bahnhos Friedrichstratze vernom men. Nctch Aussage des Zeugen kamen Torgler und Kocnen am Brandabend zunächst allein, nnd zwar zwischen 8.1!» und 8.30 Uhr. Auf den Vorhalt, datz es nach anderen Zeugenaus sagen später gewesen sein müsse, erklärt der Zeuge, er habe um 8.39 Uhr bereits Dienstschlutz gehabt. Der Oberreichsanmalt fragt den Zeugen, ob der verstorbene Kellner Slübling eines natürlichen Todes gestorben sei. In irgendeiner ausländischen Emigräntenzeitung finde sich die Behauptung, Stübling wäre umgebracht worden, weil er ein lästiger Zeuge sei. Kraus er klärt dazu, er habe gehört, datz Stübling wegen Familienstrci- tigkeiten Selbstmord begangen habe. Zuchthaus für ehemaligen Landrat Halle, 24. Nov. Der frühere Landrat des Kreises Merseburg, Dr. Guske, zuletzt Vizepräsident beim Oberpräsidium in Koblenz, wurde nach fünftägiger Verhandlung wegen gewinnsüchtiger Untreue In drei Fällen, einfacher Untreue in einem Fall und wegen schwerer Bestechung In einem Fall von der Strafkammer Halle zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteil«. Das beschlagnahmte Geld In Höhe von 23 999 Mark wird dem Staate als verfallen erklärt. Dr. Guske hatte in seiner Eigenschaft als Landrat des Kreises Merseburg die Kreissparkasse und Kommunalkassc da durch geschädigt, datz er über Vermögeusmerte der Kassen eigen mächtig zum Schaden der Kassen verfügte. Weiter hatte er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Baukommission, Sied lung Dürrenberg, Bestcchuugsgeldcr vom Generaldirektor der AHAG., Direktor Sommerfeld, angenommen. Garrauis Mißerfolg Von allen französischen Kabinetten, die nicht schon bei ihrem ersten Auftreten vor der Kammer gestürzt wurden, hat die Negierung Sarrauts die kürzeste Le benszeit erreicht. Vor genau einem Monat, in den Morgenstunden des 24. Oktober, war das Kabinett Dala- dier über die Frage des Budgetausgleiches gestürzt, und drei Tage später hatte Albert Sarraut, der in den vor angegangenen Kabinetten Kolonial- und Marineminister gewesen war, die meisten Mitglieder der alten Regie rung, darunter vor allem Daladier als Kriegsminister und Paul-Boncour als Autzenminister zu einer neuen Kombination unter seiner Führung vereinigt. Die dringlichste Aufgabe dieses Kabinetts war cs, die Wiederherstellung des Budgetgleichgewichts erneut zu versuchen. Während Daladier daran gescheitert war, das; er dieses Ziel mit einem Schlage erreichen wollte, ver suchte Sarraut, etappenweise vormachen. Er hatte durch den Budgetminister Kardey in schwierigen Auseinander setzungen mit dem Finanzansschus; der Kammer eine Reihe von Entwürfen ausarbeiten lassen, die das Bud- getgleichgewicht wenigstens zu einem Teil wiederherstel len sollte, während der endgültige Ausgleich Aufgabe des künftigen Finanzgesetzes blieb. Die Kürzung der Beamten gehälter, die auch unter der neuen Kom bination nicht zu vermeiden war. nber die Linksparteien, insbesondere die Sozialisten, in ein schwieriges Dilemma brachte, hat das rasche Ende der Regierung herbeigeiiihrt. Es ist die vierte Krise der gegenwärtigen Legislatur periode, die auf den Kammerwahlen vom Mai 1932 be ruht. Mitte Dezember wurde Herriot gestürzt. Ende Januar Panl-Boncour. Daladier batte durch außerge- wöhnliche Umstände, vor allem durch die langiährigen doktrinären und taktischen Auseinandersetzungen unter den Sozialisten, die schließlich zur Absplitterung der Neu sozialisten führten, eine längere Atempause. Es bat auch in Frankreich in der letzten Zeit nicht an Stimmen ge fehlt, die auf das Bedenkliche und Unzeitgemäße der fortwährenden Ministerstürzerei hinwiesen. Die Stabi lität der Macht wird auch dort als eine mebr denn je notwendige Borbedingung für eine besondere Politik er kannt. Wiederum werden sich bei der Lösung der Ka binettskrise zwei Tendenzen gegcnübersteben: Beibehal tung des Linkskartells oder Konzentration. Auf alle Fälle wird die außenpolitische A'-lin,><-.«,'Ub-UwU Frank reichs wieder einmal auf einige Zeit labmgeleat werden. Vie dank Die Gegenwart von Frauen in einem Parlament verpflichtet die Männer zu Höflichkeiten, welche sie Ab geordneten ihres Geschlechts gegenüber nicht immer zu üben pflegen. Im engl. Unterhause sitzt die konservative Abgeordnete Lady Astor. Sie sitzt aber auf den Bänken der Opposition, und zwar hat sie diesen Platz gewählt, damit sie besser auf die Ministerbank Hinsehen Kanu, und, damit sie leichter vom Sprecher gesehen wird. Eine Gruppe von Liberalen hat nun beschlossen, zur Opposi tion überzugehen und bekundete ihre Absicht, sich auf der Bank einzurichten, wo die Lady Astor ihren Sitz hat. Dies hätte die Verdrängung der Lady von einem Platz bedeutet, der die eben erwähnten Vorzüge hat. Es scheint, das; die liberalen Emigranten das Unbehagen der Lady bemerkt haben, den Platz räumen zu müssen. Die Herren, die zur Opposition übergegangcn sind, ha ben nämlich beschlossen, der Lady den Sitz auf der Bank zu belassen. Die Gefahren für die Lady Astor sind geringer als für diese wankelmütigen Herren der Liberalen Partei. Möglicherweise sind sie in einem Jahre end"ültig bei den Konservativen. Es wäre der beste Wahl ri ''' d?r Lady Astor.