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Friedrich Georg Wiecks — Deutsche Mustnrte Gewerbe^eiiuitg. Herausgegeben von Or. A. Lach mann. Abonnements-Preis: . . Jnseraten-Preis: Halbjährlich 3 Thlr. Verlag von A Berggold in Berlin, Links-Straße Nr. 10. pro Zeile 2 Sgr. Vlerun-dreißiqltrr Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Sogen. Inhalt: Gewerbliche Berichte: Das Paddeln des Eisens durch Maschinen. — Die Gesellschaft zur Ueberwachung und Versicherung von Dampfkesseln mit dem Sitz in Mann heim. (Schluß.) — Kndlmann'S Mittdeilnngen über den «rpstallisationsdrnck. — Neber den Ersatz von gewebten Weiß- und Bnntdriukwaaren durch papierne in England. — Raitt some'S Fabrikation künstlicher Steine. — Die neuesten Fortschritte und technische Umschau i» den Gewerben und Künsten: Patente vom Monat April. — Saffran-Verfälschungen. — Wohlfeil- Methode. Sauerstoff für gewerbliche Zwecke darzustelle». — 3. Ashcrofts verschließbares Sicherheitsventil mit doppeltem Sitz. — Apparat zur Erzeugung von erhitztem Nachfüllwasser für Dampfkessel. — Gintl'S Verfahren, das Roheisen auf seinen Gehalt an Schwefel zu prüfen. — Vorschrift zur Darstellung von Ein- schwärzwalzen für Schnellpressen. — Karl Schmidts neu constrnirter Zelttisch. — Feuilleton: Baumwolle-Eoninm in den amerikanischen Spinnereien. — Flüssige Wichse auf Leder. — Blaue Glimmerbrillen. — Prof. Artus' Verfahre» Preßhefe zu eonserviren. — Maschine znr Beseitigung zujammengeschanselter Schneemasfen. — In Brand gerathene Oele zu löschen. — Ein guter Kitt für Maurer. Steinmetzcr. Bildhauer. — Literarischer Anzeiger. Gewerbliche Jerichte. Das Puddeln des Eisens durch Maschinen. Die Coalitionen der Arbeiter behufs einer Erhöhung des Lohnes, die in England zu Hause sind und in der jüngsten Zeit auch bei uns in Deutschland gleichsam epidemisch geworden sind, haben nur in wenigen Ausnahmen den gewünschten Erfolg ge habt und statt des Segens großes Unheil über die Arbeiter und die Industrie überhaupt gebracht. Andererseits aber sind diese häufigen Arbeitseinstellungen in England ein Haupthebel für das Aufkommen der Maschinen gewesen. Um sich unabhängiger von den Arbeitern zu machen, suchte man neue Maschinen zu erfinden. Ein solches Resultat hat auch die letzte Arbeitseinstellung der Puddler in Staffordshire gehabt. Schon seit einer Reihe von Jahren haben sich denkende Ingenieure damit beschäftigt, den Puddlern ihre Arbeit, unstreitig eine der härtesten und anstren gendsten, durch mechanische Mittel zu erleichtern. Aber alle diese Bemühungen sind bisher mehr oder weniger erfolglos geblieben, theils weil die Vorrichtungen zu complicirt, theils weil die Lei stungen derselben ungenügend waren. So hat denn von allen Puddelmaschincn auch nicht eine sich als lebensfähig erwiesen. Die schon erwähnte Arbeitseinstellung, sowie die außerordentliche Auswanbrungslust, welche nach dem beendeten Kriege in Nord amerika plötzlich wie eine Epidemie die Arbeiter in den englischen Eisendistricten befallen hat, haben die Puddelmaschinen zu einer Art Lebensfrage für die englische Eisenindustrie gemacht. Ohne diese Maschinen würden die Eisenhütten in England sehr bald bedeutenden Verlegenheiten gegenüberstehen, die sicher bleibende Nachtheile zur Folge haben würden. Da man auf dem früheren Wege, dem Puddler seine Arbeit zu erleichtern, nicht zum Ziele gelangt ist, geht man jetzt noth- gcdrungen noch einen Schritt weiter und beabsichtigt jetzt den Puddler ganz entbehrlich zu machen, oder mit anderen Worten, man sucht die theure, weil geschickte Arbeit des Puddlers durch billige, gewöhnliche Arbeit zu ersetzen und zwar mittels mechani scher Vorrichtungen, die überall leicht zu haben sind und deren Handhabung ohne große Mühe in kurzer Zeit erlernt werden kann. Dieses Ziel ist denn auch bereits dadurch erreicht, daß man einen Apparat construirt hat, der die Functionen des Pudd lers mit denen des Puddelofens vereinigt. Ein solcher Apparat und wirklicher sclbstthätiger Puddelofen ist seit einigen Monaten auf dem berühmten Eisenwerke zu Dowlais, Stunde von Merthyr-Tydevil in Süd-Wales, mit vielem Erfolge in Thätig- keit. Allerdings hat man noch mit einigen Schwierigkeiten unter geordneten Ranges zu kämpfen,- indessen ist diese neue Errungen schaft doch als gesichert zu betrachten. Der selbstthätige Puddelofen ist von den gewöhnlichen da durch unterschieden, daß der mittlere Theil, der Herd oder Pud- delraum, beweglich ist. Letzterer hat eine eiförmige Gestalt und besteht aus zwei Stücken starkem Kefselblech, welche mit ihren Flanschen in der Mitte an einander geschraubt sind- Aus jedem Ende ist ein kurzer ringförmiger Hals aufgesetzt, mit denen das Ei auf zwei verticalen FrictionSrädern ruht, sodaß das Ei mit Leichtigkeit, wie eine Trommel, um seine horizontale Axe ge dreht werden kann. Das Umdrehen des Eies wird durch eine kleine Dampfmaschine bewirkt, und zwar reicht eine Maschine für je zwei Oefen, zwischen denen sie ausgestellt ist, aus. Auf der sogenannten neuen Hütte zu Dowlais sind bereits vier dieser Oefen im Betriebe und vier andere sollen gebaut werden. Das Ei wird mit 6 Ccutner, Roheisen und einer ent sprechenden Menge Pukdelschlacke geladen und kurz vor dem be endeten Einschmelzen des Roheisens ein paar Mal umgedreht, damit sich das noch halb teigige Eisen bester vertheilt und mit der Schlacke vermengt. Darauf versetzt man das Ei in mäßige Umdrehung. Nach einiger Zeit zeigen sich in der Maste glän zende Körner von Eisen, deren Zahl rasch so znnimmt, daß sie beginnen sich zu kleinen Klumpen von der Größe einer Erbse oder Nuß zu vereinigen. Wie Schneebälle, die einen Abhang hinunterrollcn, ballen sich jene dann zu größeren Klumpen von Faustgröße zusammen. Um nun alle diese Klumpen zu einem einzigen zu vereinigen, läßt man das Ei zwei bis drei Minuten still stehen, thut eine neue Menge Schlacken hinein, und setzt es dann wieder in eine langsame Drehung. Ist die Vereinigung nach wenigen Umdrehungen erfolgt, so wird das Ei mittels eines Dampfkrahns herausgehoben. Zuerst läßt man die Schlacken ab fließen und beim Kippen des Eies fällt dann die Luppe in einen untergeschobenen eisernen Wagen, der sie dem Dampfhammer zu führt. Die während des Protestes zu verrichtenden Arbeiten be schränken sich auf das Schüren des Feuers und gelegentliches, aber unbedeutendes Arbeiten mit einer langen Krücke, um Eisen- theile, welche sich an der Wand des Eies festgesetzt haben, abzu lösen. Diese Vorrichtungen sind von jedem -gewöhnlichen Arbeiter leicht zu erlernen, während das gewöhnliche Puddeln von dem Arbeiter eine große Erfahrung und Geschicklichkeit verlangte. Jeder Ofen erfordert einen gewöhnlichen Arbeiter zur Bedienung; ein Krahnwärter und zwei Schmiede reichen für acht Oefen aus. Große Schwierigkeiten macht noch die Herstellung einer allen Anforderungen entsprechenden Ausfütterung des Eies. Am besten 22