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IS. Februar L8S7 Nr. 37 Prei» für da« Bierteljahr l'/, Thlr.; jede eixzelne Nummer 2 Ngr. Freitag Aeipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Montag« täglich Nachmit tag« für den folgenden Tag. , «Zu beziehen durch alle M A Postämter des In- und Deutsche Allgeuitint Zo1mg.M» InsertionSgebübr «Wahrheit o«d Recht, Freiheit ayd Tesch!" für den Raum einer Zeile 2' Ngr. D eutschla«-. Preußen. ^Berlin, 11.Febr. Ueber die Gebäudesteuer spricht sich der Berichterstatter der freien Spccialcommission dahin auö, daß sich der betreffende Gesetzentwurf auf den ersten Anblick, weil al- Anfang und Anbahnung einer aügemeinen Grundstcuereinrichtung, zu empfehlen scheine. Der in den Motiven des Regierungsentwurfs selbst geschilderte fehlerhafte Zustand des Grundsteuerwesens in den verschiedenen LandeStheilen, beson ders der östlichen Provinzen, sei mit Mühe und Noth langer als 40 Jahre aufrechterhalten, werde aber zusammenfallen und mit Nothwcndigkcit einer neuen Grundsteuerregulirung Platz machen muffen, sobald an jenem Zu- stände einmal gerüttelt werde, wie eS der vorliegende Gesetzentwurf der Ne gierung zur Folge habe. Insofern scheine das Gesetz auch den Wünschen der westlichen Provinzen nachzukommen, als bei ihnen die Gebäudestcuer von der Grundsteuer ab- und zurückgerechnet und eine neue Steuerbcla- stung. nur den östlichen Provinzen aufgelegt werde. Dessenungeachtet sei dieser Gesetzentwurf zur Annahme nicht zu empfehlen. Derselbe führe auch für die westlichen Provinzen große Uebelstände mit sich. Gegenwärtig sei die Grundsteuer der westlichen Provinzen contingentirt und könne daher im Ganzen genommen über das zur Zeit feststehende Maß nicht erhöht werden. Die Besteuerung neuer Objecte oder die Erhöhung des Ertragswcrths der bisherigen komme nicht der Staatskasse zugute, sondern den beiden Provin zen. Dieses Verhältniß sei ihnen durch das Stcuergesctz von 1839 wenig stens solange gewährleistet, als in den östlichen Provinzen keine allgemeine Grundsteuerregulirung platzgrcife. Mit diesem Zeitpunkt höre allerdings jene Contingentirung auf und trete die Fortbildung einer lebendigen Grundsteuer in den westlichen Provinzen auch dem ganzen Staate gegenüber ein. Zu folge deS neuen Steuergesetzes solle letzteres aber theilweise, nämlich hinsicht lich der Gebäudesteuer, etwa zum fünften Theil der Grundsteuer der west lichen Provinzen, schon jetzt cintreten, obwol in den östlichen Provinzen keine allgemeine Grundsteuerregulirung platzgreift. Wenn sich crfahrungs- mäßig Fortschritte und Veränderungen bezüglich des Hinzutxiltö neuer oder der Verbesserung vorhandener Steuerobjecte hauptsächlich nur bei den Ge bäulichkeiten, nicht sowol bei den Liegenschaften, ergeben, so komme mit Ein führung der Gebäudesteuer die naturgemäße Steigerung des steuerbaren WertHS der Realitäten in den westlichen Provinzen nicht mehr diesen, son dern dem ganzen Staate zugute, was sich als richtig und gerecht nur an erkennen läßt, sobald alle Theile des Staats, auch die östlichen, einer allge meinen gleichmäßigen Grundsteuer unterliegen. Vom Standpunkt der öst lichen Provinzen betrachtet, könne der Auffassung der Motive nicht beigetreten werden, daß die Steuer von Gebäuden keine Grundsteuer, sondern eine da von ganz verschiedene Abgabe sei. Denn auch die Grundsteuer der Liegen schaften ruhe nicht sowol auf Grund und Boden, sondern auf dem Rein erträge desselben; sie umfaßt alle Objecte, die mit dem Grund und Boden zusammenhängen, insofern sie einen Reinertrag abwerfcn. Die Gesetzgebung aller Länder behandle die Gebäudesteuer als Theil der Grundsteuer, nirgends als eine davon gesonderte und verschiedene Steuer. Gebäude- und Liegenschaftssteuern gingen überall Hand in Hand. Das bestehende Grundsteuergesch vom Februar 1850 habe die gleiche Grundbesteuerung für alle Provinzen zugesichert und könne nicht willkürlich auf eine einzelne Seit« dieses Steuergcbiets blos deshalb be schränkt werden, weil die Negierung augenblicklich Geld gebrauche und sich in eine Lage gebracht habe, welche die Ausführung des Grundsteuerregulirungs- gesetzeS von 1810 mit eigcnthümlichen individuellen Schwierigkeiten umgebe, weil nämlich die mächtig gewordene Partei der großen Grundbesitzer in den östlichen Provinzen der Ausführung dieses Gesetzes widerstrebe und daher auf Kosten der kleinen ländlichen und der städtischen Grundbesitzer geschont werden solle. Diesen Letzter« werde die Last der neuen Steuer wesentlich aufgebürdet. Allerdings sei innerhalb einzelner LanVestheile die Ungleichheit der Grundbesteüerung groß und diese für die einen Und andern Grundbe sitzer, besonder» für viele kleine Häusler und Büdner in verschiedenen Ge genden der östlichen Provinzen drückend. Der Hauptübelstand, dessen Wcg- schaffuna endlich in Angriff genommen werden müsse, bestehe aber doch viel wesentlicher noch in der völlige« Steuerfreiheit der großen Grund-(Ritter- gutS-)Befitzer. Daß die Tendenz des Gesetzes dahin gehe, diese Claffe von großen Grundbesitzern zu schonen, ergebe sich auch daraus, daß bei den städ tischen OebäudM der denselben aufzulegende Grundsteuerbetrag keine Grenze habe, während «ine solche in dem Maximalbetrag von 25 Lhlrn. für länd liche Gebäude gegeben sei, diese Grenze aber nur die großen und nicht auch die kleinen ländlichen Grund- und Hausbesitzer begünstige. Wenn die Mo tive der RegierungsentwurfS der drückenden Ungleichheit und daraus fol genden Jnrxigibilität der Grundsteuer vieler kleiner Häusler und anderer kleinerer Grundbesitzer in den östlichen Provinzen erwähnten, so hätte «och viel mehr auf die Ungleichheit in der Besteuerung der großen und Ritter gutsbesitzer im Verhältniß zu den weil schwerer besteuerten Bauern hinge- wiesen wntzfp sollen. Für eine Mehrzahl der kleinem Grundbesitzer trete nach dem Gesetz keine Erleichterung ein, diese ländlichen und städtischen Be sitzer müßten nach dem neuen Gesetz vielmehr eine größere Steuer auf ihre Schultern nehmen. Der für sie platzgreifende Steuersatz werke nach dem Maximum von 10 Proc. Reinertrag der StaatSkasse gegenüber abgemessen. Ob die westlichen Provinzen und namentlich di« Rheinprovinz dM Staate gegenüber mit mehr als 10 Proc. des Reinertrags zur Grundsteuer heran gezogen werde, könnte gegenwärtig vielleicht bezweifelt werden; die Wirkung der Regierungsvorlage in den östlichen Provinzen werde im Allgemeinen aber die sein, daß viele kleine städtische und ländliche Grundbesitzer den Ma ximalbetrag der Grundsteuer, nämlich 10 Proc. deS Reinertrag-, schon jetzt zu übernehmen haben, ohne daß das allgemeine Gesetz wegen der Grund steuerausgleichung, wie cs seit 1850 besteht, in Ausführung gebracht wird. Denn die Gebäudestcuer soll in den östlichcn Provinzen Nur insoweit abgcftht werden, als sie 10 Proc. des Reinertrags der Grundstücke übersteigt. Ge legentlich dieses Gesetzes und ohne die durch das Gesetz vom 24. Febr. 1850 verheißene Aufhebung der Grundsteuerbefreiungen wird die Haussteuer von Büdnern, Häuslern und ähnlichen kleinen Grundbesitzern in eine Grund steuer verwandelt und bei den Städten, welche nur soweit entbürdet wer- den, als die Grundsteuer und Häuserstcucr 10 Proc. übersteigt, tritt die selbe Wirkung ein, während bei den Rittergütern die Häusersteuer eine sehr geringe und ausschließlich als solche festgehalten wird. In allen diesen Verhältnissen liege eine große Ungerechtigkeit. Zwei Punkte, welche diese Ungerechtigkeit hinsichtlich der Behandlung der bestehenden Grundsteuerbe- frciungcn ebenfalls ans Licht stellen, seien nicht zu übersehen. Die bestehen den Befreiungen der großen (Ritter-) Güter würden von dem Gesetz in kei ner Weise ergriffen; sie würden aufrechterhalten, wogegen in dem Gesetz von den Grundsteuerbefreiungen der städtischen Freihäuser, der Lehn- und Freischulzen, mancher Büdner und Colonisten nirgends di« Rede sei, weil wie die Motive sagen, die Fortdauer von Befreiungen / welche auf specitllen Rechtstiteln beruhen, sich von selbst verstehe; und allerdings müßten solche aus Specialtiteln beruhende Privilegien respcctirt werden. Die gerügte Fas sung des Gesetzes habe aber dessenungeachtet mehrfache Uebelstände. Seit der Finanzgesetzgebung von 1811 stehe das Princip fest, daß dergleichen Grundsteuerbefreiungen aufgehoben werden sollen; fraglich sei eS nur ge blieben, bei welchen die Aufhebung gegen und bei welchen sie ohne Ent schädigung erfolgen solle. Man habe bereits früherhin deü, zwanzlgsächen Betrag als ein ausreichendes Acquivalent für Aushebung der Befreiung be trachtet. Jetzt sollten die Privilegien, mithin ein Zustand fortdauern, den man seit länger als 40 Jahren als einen höchst mangelhaften erkannt habe. Während ferner gegenwärtig die Frage in suspenso bliebe, ob für die Aufhebung der Privilegien und welcher? eine Entschädigung einzuräumen sei, die Regierung früher aber erklärt habe, sie werde die Grundsteuerfrei heit der Rittergüter niemals anders als gegen Entschädigung aufhebcn, müßte doch nach gleichmesscndcr Gerechtigkeit angenommen werden, daß ähn liche Grundsteuerprivilegien städtischer und ländlicher kleiner Grundbesitzer ebenfalls nicht ohne Entschädigung beseitigt werden dürsten. Hinsichtlich die ser Letztem entscheide aber der vorgelkgte Gesetzentwurf die Frage ohne wei teres zu ihrem Nachtheil und lasse etwa nur wegen dcr speciellen Rechtstitel die Entschädigungsfrage offen. Alle diese Mängel könnten nur die Ablehnung des Gesetzes empfehlen. Das Resultat der Specialdebatte stimmte im Wesentlichen mit den Ausführungen des Berichterstatters überein. Das Ergebniß drt von der freien Specialcommission gepflogenen Betathungen über die neuen Finanz- Vorlagen ist nun ein von den Abgeordneten v. Patow, v. Bardeleben und Oster- rath gestellter und von 87 Mitgliedern dcr Linken und deS Eentrums unter stützter Antrag, welcher im Wesentlichen dahin geht: daß die ^yj^liche Staats regierung die Frage einer nochmaligen Prüfung unt«rw«rfen mogc, ob nicht die nothigen Mittel zur Deckung der in der Denkschrift bezeichneten Mehr ausgaben, soweit sie überhaupt unabwcisllch sind, ohne die beabsichtigte Ein führung oder Erhöhung von Steuern suckM^ ^ Staats ¬ haushalt und durch andcrwcite Verwaltungrc. dis- ponibel gemacht werden können. Die AntraAßiell« sind durchaus dieser letz ter« Ansicht, und sie führen da» in den Hwin Anträge b«ig«gcbenen Mo tiven näher aus. j ' — Zn der gestrigen Sitzung deS Hgufek der Abgeordneten ging das- selbe, mit Ausnahme der Minister und der äußersten Rechten, zur einfa chen Tagesordnung über in einer sehr erregt bchandelten Frage, nämlich drei Petitionen wegen entzogener Jagdgerechtigkeiten. Die bcricht- erstattcode Commission hatte beantragt, hie Petitipnrn der StaatSregierung zur Erwägung zu überweisen. Im Plenum hatte Abg. v. d. Horst den Antrag gestellt, die Petitionen an di« StaatSregierung mit der Erwägung zn überweisen, „wie den Rechtsansprüchen d«r Verletzten baldigst genügt werden könne". Er vertheidigte seinen Antrag dahin: Daß Gescy von 1848 trage den Stempel des hämischsten Hasses gegen die Feudalaristo- kratie und keine Maßregel sei von den Revolutionären so freudig begrüßr