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MqckilW zm AWt» NMitiiU Nk. 122. zu Nr. 16 des Hauptblattes. 1924. Beauftragt mit der Herausgabe: RegterungSrat Brauße in Dresden. LandtagsvtrlMdlunM. (Fortsetzung der »1. Sitzung von Donnerstag, den 17. Januar.) Abg. Licberasch <Kom.) (Fortsetzung): Als endlich der Plan, eine Aktiengesellschaft zu grün den, durchgeführt wurde, sagten wir Kommunisten, das; wir uns zwar auf den Boden der Gründung einer Aktiengesellschaft stellen, aber rein formal: Diete Aktien gesellschaft must voll in den Händen des Staates blei ben, eS darf nichts verpfändet, nichts verändert, nichts verkauft werden, wenn nicht zwei Drittel des Landtages damit einverstanden sind. Auf diesen Boden hat nian sich gestellt und da sah das Finanzministerium: Ja, was nutzt uns diese Aktiengesellschaft? Jetzt haben wir überhaupt nichts mehr zu fagen, jetzt werden die Ar- beiter darüber verfügen. DaS Finanzministerium fühlte sich als betrogener Betrüger und sagte: So geht die Sache nicht, wir können diese Geschichte nicht an nehmen, für uns ist diese ganze Angelegenheit un tragbar. Wenige Worte noch zu den Sozialdemokraten, die immer gesagt haben: Ausbau der Gemcinwirtschaft nach jeder Richtung hin. Wenn sie diese Vorlage, so »vic sie jetzt vorlicgt, wie sie selbst gegen den Willen ihres früheren Finanzministers umgeändert ist, annehmcn, wenn sie auch noch die Kuxe und die Staatlichen Kohlenfeld- Oberflächen, die als Voraussetzung für eine Sicherheit der Werke bezeichnet wurden, herausuehmen, dann dokumen tieren sie damit, daß sie nicht nur politisch den Ban- krott angeiagt haben, sondern auch wirtschaftlich die letzte Position der Arbeiterschaft preisgeben. Sie sagten: Wir müssen uns politisch auscinandersctzen und aus diesem dauernden Reden und dieser dauernden Regierungskrise herauskommen, um endlich einmal praktische Arbeit in Sachsen leisten zu können. (Abg. Günther (Plauen): Sehr richtig!) Wenn so die erste praktische Arbeit dieser Koalition aussieht, dam; werden die sächsischen Arbeiter begreifen, wem diese prak tische Arbeit nutzt, daß sie nicht der sächsischen Ar beiterschaft dient, daß das nicht der Weg zum Sozia lismus ist, sondern daß das wieder ein Stück Verrat ist am Proletariat und feiner Ideologie und daß diejcr Weg, den hier die Sozialdemokratie gehl, emc Stärkung der kapitalistischen Gesellschaft, des Feind s der Ar beiterschaft, bedeutet. Tie Arbeiterschaft wird durch ihren praktischen Kampf außerhalb dieser Parlamente diesen Raub, den die Kapitalisten an dem gesamten Volk vornehmen wollen, mit außerparlamentarischen Mitteln zu verhindern wissen. (Beifall bei den Koin.) Abg. Lippe (Dtsch. Bp.): Ich habe nur noch die Auf gabe, die Minderheitsanträge unter Ziff. 4 der Tructsache Nr.664lurzzu begründen. Ich habe bereits in denAusschuß- beiatungen ausgesührt, daß der Entwicklung die die staat Uchen Betriebe jetzt nehmen, von vielen Kreisen der Ver braucherschaft außerordentliches Mißtrauen cntgegcu- gebracht wird Die Monopolstellung, in die die staat lichen Betriebe immer mehr hineinwachsen, erregt auf vielen Seiten der Vcrbraucherschaft Bedenken und diese Bedenken sind, wie ich schon n der ersten Beratung ausgesührt habe, durchaus berechtigt, denn die Politik des Staates hinsichtlich der Strompreise hat uns doch gar zu oft Anlaß zu Beschwerden geben. Ter Gcsamt- vorstand des Verbandes Sächsischer Industrieller hat sich in seiner Sitzung vom 14. d M. ebenfalls mit der Aktiengesellschaft Sächsische Werke befaßt und folgende Entschließung gefaßt: Ter Gefamtvorstand des Verbandes Sä sischer Industriell r hat sich in seiner Sitzung vom 14 Januar 1024 mit der Frage der Umwandlung der staat ichen Kohlen- und Eleklrizitätsunternehmum en in eine Aktiengesellschaft beschäftigt. Er begrüßt grundsätzlich diesen Schritt der sächsischen Regierung, da er die Durchdringung dieser Staatsbetriebe mit privatwirt- schaftliuem Geiste erhoffen läßt. Er erna tct aber anderseits mit aller Bestimmtheit, daß die Mono polstellung, in die auf dieiem Wege die staatlichen Unternehmungen 'mmer mehr und mehr hinein wachsen, nicht zu einer Machtstellung, besonders auf dem Gebiete der Stromversorgung und d r Slrom- preispolitik, entwickelt wird, die den Interessen von Jndustr e, Handel, Gewerbe und Landw.rtschau, sowie der Kleinvcrbraucherschaft ziwiderläuft. Auch die neue Aktiengesellschaft muß sich in erster L me als gemeinnütziges Unternehmen betrachten, dessen vor- nehmste Aufgabe die Erzeugung und Abgabe billigster elektrischer Energie sein muß. Ter Geiamworstano macht daber seine Zustimmung zu diesem Gesetz von der Beachtung folgender Richtlinien abhängig: 1. Die Gemcinnü'ngkeit des Unternehmens muß un bedingt gewährleistet werden. 2. Die geplante Umbildung muß zur weitgehendsten Loslösung der Aktiengesellschaft vonr Einfluß der Staatsregierung führen. 3. Allen Kreisen der sächsischen Verbraucher muß durch eine Vertretung im Aufsichtsrat und Ber- waltungsrat der Aktie; gesell chast die Wahr- nehmung ihrer berechtigten Interessen ermöglicht werden. In dieser Entschließung lieat die Begründung meiner Anträge ohne weiteres. Wir wollen mit dein Minder- heit-antrag zu Zisf. 1» erreichen, daß das EnteignungS- recht der Aktiengesellschaft nicht unbedingt zugesprochen wird, sondern daß die Aktiengesellschaft, falls sie die En'eignung in bestimmten Lagen bei bestimmten An gelegenheiten notwendig hat, das Enteignungsrecht von Fall zu Fall zugesprochen erhält. Begründet ist dieser Antrag durch Beobachtungen, die schon wiederholt Gegenstand unserer Beratungen im Ausschuß 8 ge wesen sind Der Minderheitsantrag zu Zifs. 4K will festlegen, daß das Unternehmen ein gemeinnütziges Unternehmen ist und daß die Richtlinien, die im Antrag aufgeführt sind, auch fernerhin gelten sollen Wir erwarten, daß, wenn die Minderheitsanträge abgelehnt werden, trotz alledem die Regierung nach wie vor es als ihre vor nehmste Ausgabe betrachtet, mit diesen Unternehmungen des Staates gemeinnützig zu wirken und sie nicht als einseitiges Monopol lediglich im staatlichen Interesse als werbende Betriebe auszunutzen, sondern immer zu beachten, daß das Unternehmen ein gemeinnütziges sein wll, aus dem das ganze Volk Nutzen ziehen soll. Der Entschließungsantrag zu Nr. 5 hat den Zweck, darauf hinzuwirken, daß der Vorstand der A.-G in einer Weise zusammengesetzt wird, die den Bedürfnissen der A -G. entspricht. Tie Regierung hat in der letzten Be ratung in dieser Hinsicht uns beruhigende Erklärungen abgegeben. Wir wünschen und hoffen, daß die A.-G, die nun heute wohl endgültig ins Leben treten wird zum Segen des Landes sein möge. Ich betone dabei nochmals ausdrücklich, daß die Vorwürfe, die Herr Kol- lege Lieberalch den Vertretern des Direktoriums im Ausschüsse 8 gemacht hat, durchaus unberechtigt sind. Wir haben von der bürgerlichen Seite lange objektiv au der Lösung dieser Aufgabe mitgearbeitet und haben niemals irgendwie privatwirtschattliche Interessen in den Vordergrund treten lassen. Wir haben, wenn wir verschiedene Abänderungsanträge gestellt haben, ledig lich das Interesse im Ange gehabt, der Gesellschaft eine Form und einen Inhalt zu geben, der sie in die Lage versetzt, gemeinnützige Arbeit zu leisten im Interesse des Staates und im Interesse des sächsischen Volkes. (Bravo! bei der Dtsch. Bp. und bei den Dem.) Abg. I)r Eberle (Dtscbnat.s: Aus der Tatsache, daß der Herr Berichterstatter sich nicht dazu hat aufichwingcn können, die Vorlage zur Annahme zu empfehlen, son dern daß er seine persönlichen Bedenken nicht völlig zurüctstellen konnte, mag das Haus schließen, daß bei einigen meiner Freunde die Bedenken gegen die Vor lage so weit gehen, daß wir die Vorlage ablehnen. Ter erste Grund ist der, daß wir in der Vorlage eine dauernde und schwere Gefahr sehen, eine Gefahr der Kolli iou zwischen der ethischen Aufgabe des Staates und seinen wirtschaf'lichen Interessen. Wir fürchten, das; der Weg, den der Staat cinscblägt, ein kapitali stisches Monopol zu erringen im Gegensatz zu dem im übrigen Tonischen Reiche üblichen gesetzlichen Monopol, die G fahr mit sich bringt, daß die cntgegenstehenden Interessen, die fönst in den Gesetzen in schonender Weise ausgeglichen worden sind, hier einfach nieder gewalzt werden. Ter zweite Grund, aus den; wir Bedenken herleitcn, ist das Verhältnis, in welchem der Staat mit dem Monopol zu den Gemeinden tritt. Enmal sehen wir dr, daß das Ende des Steuerwirrwarrs im Leben des deutschen Vaterlandes das sein muß, daß eines Tages der Reichsgesetzgeber sich dazu aufrafft, Rick tlinien über die Grenzen aufzustellen, in denen der Staat einerseits und die Gemeinden ander seits Steuern erheben können. Tiefe Richtlinien und Grenzen werden vom Reiche ausgestellt werden für alle Staaien und alle Gemeinden, in weitem Maße bindend. Wenn in der Stunde, in welcher diese Ent scheidung vor der Tür steht, das sächsische Finanzmini sterium die Hand auf diejenigen Wirliäwflsg« biete legt, aus denen die Gemeinden ihrerseits wirtschaftliche Erfolge erzielen und so ihre Steuerbedürfnisse ergänzen können, dann bedeutet dieses Vorgehen des Finanz ministeriums eine praktische Aufhebung desjenigen Ausgleichs in den Lcbensquellen, den das Reich zu schaffen im Begriffe steht. Licht und Schatten, die das Reich gerecht verteilen will, werden hier im voraus unter allen Umständen einseitig zugunsten des Staates verteilt, und dre Gemeinden, die schon in puneto Steuern als Bittsteller zum Staate kommen müssen, werden dann auch als Bittsteller kommen müssen, wenn sie aus der Strom- und Gasversorgung in Zukunft noch irgendwelche Einnahmen haben wollen. Ich stehe nicht an zu erklären, daß für m ch heute die Sterbe- stunde der gemeindlichen Stromversorgung fchlägt Es ist kein akrner Tod, es geht nicht mit Erschießen, aber es geht oasür auf dem Wege der Schwindsucht, herbei- geführt durch ein Abdrosseln von feiten der monopol starken Hand. DaS dritte Bedenken, das wir haben, geht dahin, daß mit der Stromversorgung, in welcher man die Gemeinden für entbehrlich hält, ein Verwaltungsmon- strum geschaffen wird. Ich fchütze die zukünftige Monopol- A.-G. ähnlich ein wie unsere Eiseubahnverwaltung, sie ist nur etwa fünf- oder zehnmal großer und infolgedessen fünf- oder zehnmal unbeholfener. Ich denke mit Grauen daran, daß ungefähr 3GX) Gemeinden da sein werden, die, wenn sie Schmerzen empfinden und Beschwerden tra. en, alle miteinander n it ihren Beschwerden nach Dresden gehen sollen, um eine Entscheidung zu finden, noch da;u an eine Stelle, die in Zukunft unabhängig vom Landtage ist. Ein letztes Bedenken, das ich habe, ist das, daß bei der Monopolstellung etwas ganz anderes herauskommt, als was sich manche Konsumenten davon versprechen. Ich höre von der technischen Seite der Herren, die sich für das Monopol erwärmen, daß die kommende ein heitliche Verwaltung naturgemäß eine rationellere sein und zur Verbilligung führen wird. Ich bin aber der Auffassung, daß der Weg ein anderer sein wird, und zwar, von allen anderen Gründen abgesehen, schon aus der Notwendigkeit der Schwerfälligkeit des Apparats heraus, der hier entsteht. Deswegen kann ich die Hoff nungen meines Vorredners, des Herrn Abg. Lippe, ebensowenig teilen, wie ich mich seinen frommenWünschen anschließcn kann, denn ich kenne das, was bei all diesen Dingen in Frage kommt, besser, als das; ich nicht im voraus wüßte, daß seine Wünsche fromme Wünsche bleiben und sich nicht erfüllen werden. (Bravo! bei den Ttschnat.) Finanzminister vr. Reinhold: Meine Damen und Herren! Man brauchte kein Prophet zu sein, um vor her sagen zu können, daß die Vertreter der Kommuni stischen Partei heute das Gesetz damit zu diskreditieren versuchen würden, das; sie darin die berühmte Ver- schacherung des Staatsbesitzes an die Privatindustrie lehen. (Lebhaftes Sehr richtig! bei den Kommunisten) Nein, das ist ganz falsch, und das gerade wollte ich mir erlauben hier kurz auszuführen; vielleicht sind Sie (zu den Kommunisten gewendet), wenn ich auch wenig Hoffnung habe, doch noch davon zu überzeugen, im Ausschuß ist es mir allerdings nicht gelungen. (Leb hafte Zurufe bei den Kommunisten.) In der Regierungserklärung hat der Herr Minister präsident gesagt: Als eine vornehme Ausgabe sieht es die Regierung an, den staatlichen Besitz zu erhalten und weiter auszubauen. Meine Damen und Herren! Wir stehen vollständig aus dem Boden dieser Worte, und die Vorlage, die wir heute verabschieden sollen, dient gerade diesem Zwecke der Erhaltung und des Ausbaues des staatlichen Besitzes. (Zurufe bei den Kommunisten.) Wir wollen den staat lichen Besitz durch diese Vorlage ausbauen, indem wir vor allen Dingen die Mittel schaffen wollen, die dazu nötig sind, um die Arbeiten, die zur Vollendung des groß gedachten Werkes jetzt noch unternommen werden müssen, nicht ins Stocken kommen zu lassen und um nicht Tausende von Arbeitern brotlos werden zu lassen. lSehr richtig! bei den Regierungsparteien.) Aus diesem Grunde, zum Zwecke der Kapitalaufnahme, war es eben nötig, ein Sondervermögen zu schaffen, das sich zur hypothekarischen Belastung und dazu eignet, ohne Inanspruchnahme und ohne Überspannung des Staats- kredits die Mittel aufzubringen, die zum Ausbau der Werke erforderlich sind. Tabei war andererseits darauf zu achten, daß für den übrigen Staatskredit die Basis nicht zu schmal wurde. Ich möchte dabei aber betonen, daß der Staats kredit durch die Gründung dieser Aktiengesellschaft in keiner Weise irgendwie geschmälert wird, denn der Staat als solcher bleibt ja Besitzer des gesamten Aktienkapitals dieser A-G., das als Unterlage für den Staatskredit genau denselben Wert darstellt, und, da wir diese Werke ausbauen wollen, sogar noch einen größeren Wert darstellt, als wenn wir das direkt an die Gläubiger des Staates verpfänden, was wir jetzt in die A.-G. hereinbringen. Außer dieiem Grunde der leichteren Möglichkeit der Kapitalbeschaffung liegt dann für uns für die Grün dung der A.-G. auch noch der Grund vor, den ich mir ja schon vor Jahren in diesem Hause auszuführen er laubt habe, daß wir nämlich die Staatsbetriebe von allen Hemmungen befreien wollen, die nun einmal den Staatsbetrieben anhaften und auhaftcn müssen. Ich glaube, es ist hier eine Pflicht, vor dem Lande das auszuspicchcn, daß die sächsischen Staalsbctriebe, vor allem die Elektrizitäts- und Kohlenverforgung, in einer Weise ausgebaut worden sind, wie es für Staats betriebe autzerordentlrch selten ist. Und ich möchte hier meiner Pflicht nachkommen, wenn ich den Tank dafür vor allem dem Ministerialdirektor der II. Abteilung, Herrn lür. Just, ausspreche, der auf Grund feiner frei heitlichen Auffassung diesen Ausbau der Staatsbetriebe ermöglicht hat. An diesem Erfolge haben werter Herr Perghauptmann Fischer und Herr Geheimrat Kopke einen großen Anteil. Ich glaube, es ist nötig, das hier festzustellen ehe wir heute diese Staatswcrke m eine A.-G. überführen. Aber trotz dieser in Sachsen ganz außergewöhnlich sreicn Entwicklung unserer Staatsbetriebe waren eben doch die Hemmungen, die jedem Staatsbetriebe an- haften, nicht zu vermeiden, die Hemmungen, die darin ihren Grund haben, daß eben die Staatsbetriebe in die bureaukratifche Staatsmaschinerie cmgefügt werden mußten und daß der Staatsbcan te aus psvchologffcdcn Gründen nicht ganz die freie Verantwortungsmöglrch- keit und Beweglichkeit hat wie ein Privarvertrags- angestellter. Tas waren für uns in zweiter Linie die durch schlagenden Gründe zur Überführung der Staatswcrke, vor allen Dingen der Elektrizitätsversorgung, in eine A.-G. Run sind hier von verschiedenen Seiten des Hauses, vor alllm von Herrn Abgeordneten Lippe und dann noch in verschälster Form vom Herrn Abgeordneten vr. Lbcrle Befürchtungen geäußert worden, daß die Elektri zitätsversorgung ihren Monopolcharaktcr durch die Über führung in eine A.-G. vielleicht noch schärfer hervor- kehrcn könnte, als das bisher schon bis zu einem ge wissen Grade der Aall gewesen ist. Meine Damen und Herren! Ich kann hier die Er-