Volltext Seite (XML)
Werk ist vorwiegend in dunklen Orchesterfarben gehalten; Oboen, Baßklari nette, Fagotte, Hörner, Posaunen, Harfe, Schlagzeug und vielfach aufgeteilte sordinierte Streicher bestimmen das Klangbild. Tragendes Melodieinstrument ist das Englischhorn, durch das der einsame Gesang des über die Wirbel des Flusses dahingleitenden Schwanes wiedergegeben wird. Auch „Lemminkäinen zieht heimwärts", das in seiner Grundhaltung lichte und idyllische Finale des Zyklus', besitzt ein vorangestelltes Programm: „Lemminkä inen ist der Kriegsheld, der Achilles der finnischen Mythologie. Seine Uner schrockenheit und Schönheit machen ihn zum Liebling der Frauen. Von einer langen Reihe von Kriegen und Kämpfen erschöpft, entschließt sich Lemminkäi nen, sein Heim wieder aufzusuchen. Er verwandelt seine Sorgen und Bekümmer nisse in Streitrosse und begibt sich auf den Weg. Nach einer an Abenteuern reichen Fahrt gelangt er endlich in sein Heimatland, wo er die Stellen wieder- findet, welche so voller Erinnerungen an seine Kindheit sind." Das lebenssprü hende, ungehemmt dahinstürmende Werk besteht in seinem thematischen Ma terial aus kleinen motivischen Bruchstücken und Fragmenten, die anfangs von einem Instrument zum anderen übergehen und sich erst allmählich zu organi schen Themengebilden entwickeln (ein für Sibelius überhaupt oftmals sehr charakteristisches Verfahren). Die Komposition vermittelt das Gefühl einer ständigen Spannungssteigerung bis hin zu der vollen Orchesterwirkung in der Presto-Stretta mit ihren glanzvoll-triumphalen Es-Dur-Dreiklangspassagen, die die ganze Tondichtung krönt. Von Dmitri Schostakowitsch, dem heute unbestreitbar bedeutend sten und eigenwilligsten sowjetischen Komponisten, der darüber hinaus zu den profiliertesten und führendsten Persönlichkeiten der internationalen Gegenwarts musik zählt, erklingt ein Werk, das den großen Meister der Sinfonie (bis jetzt Hegen 13 Belege vor, überragende Dokumente zeitgenössischer Sinfonik, dane ben Beiträge zu fast jeder musikalischen Gattung) einmal von einer anderen Seite zeigt: das seinem Sohn Maxim gewidmete Konzert Nr. 2 für Kla vier und Orchester F-Dur op. 102 aus den Jahren 1956/57. Maxim Schostakowitsch spielte den Klavierpart bei der Moskauer Uraufführung des Konzertes am 10. Mai 1957, seinem 19. Geburtstag. Das erste Werk dieser Gattung schrieb Schostakowitsch bereits 1933 als op. 35, ein kammermusikalisch-durchsichtiges Opus, das neben dem Klavier auch die Trompete solistisch beschäftigt und sich musikalisch durch Witz, Ironie und gro teske Parodien auszeichnet. Dem damals eingeschlagenen Weg folgte der Kom ponist auch in seinem zweiten Klavierkonzert, das man - nach seiner inneren Haltung - ein Konzert für die Jugend nennen möchte, obwohl es stets erken nen läßt, daß sein Autor ein ausgezeichneter Pianist ist. Das zweite Klavier konzert, dessen geistvolle Thematik manchmal an Poulenc und Prokofjew erin nert, geht wie das erste allem romantisch-emotionalen Überschwang aus dem W'ege, obwohl es tonal traditioneller, harmonisch weniger kühn angelegt ist als dieses. Sparsam wiederum ist der Klaviersatz, der häufig in Oktaven-Uni- sonogängen und in Terzen und Sexten geführt wird. Nicht das Virtuose steht im Vordergrund, sondern die Plastik des musikalischen Ausdrucks, die Klar heit der Linie (man beachte die durchsichtige Instrumentation), der Einfallsreich tum dieser Musik, der wie immer bei Schostakowitsch fasziniert. Mit einem witzigen, marschähnlichen Thema in den Fagotten, Klarinetten und Oboen, das an Schostakowitschs erste Sinfonie anklingt, beginnt der erste Satz (Allegro). Einen kontrastierenden Seitengedanken bringt danach das Klavier, während die Holzbläser an ihrem Thema festhalten. Fanfarenartig wirkt sodann das zweite Thema des Klaviers mit seinen Tonwiederholungen, dem sich etwas später ein schönes Legato-Motiv des Soloinstrumentes in fließender Achtelbewe gung anschließt. Wie meisterhaft Schostakowitsch das vorgegebene Material verarbeitet, spielerisch-musikantisch damit schaltet, Motorik und fesselnde rhythmische Pointen verknüpft, muß man einfach nacherleben. Worte vermögen es kaum zu sagen. Hingewiesen sei noch auf die reizvolle Zweistimmigkeit der Solokadenz. Der lyrische zweite Satz (Andante) verarbeitet einen fast brahmsisch anmuten den Liedgedanken (in den Streichern zu Beginn) und ein romantisch-empfin dungsvolles Klavierthema mit charakteristischer Triolenbegleitung. Vom Klavier rhythmisch und figurativ vorbereitet, folgt unmittelbar das wirblige Finale (Allegro), das sein Spannungsfeld aus der rhythmischen Bewegtheit und grotes ken Turbulenz seiner beiden Themen empfängt, aus dem ersten (im Klavier) mit seinen beharrlichen Tonrepetitionen auf c und aus dem zweiten (von den Bläsern angestimmt) mit seinem vitalen 7/8-Rhythmus und gleichfalls typischen Tonwiederholungen. Dankbar ist der Klavierpart. Der mitreißende rhythmische Schwung des Satzes zwingt den Hörer bis zum letzten Takt in seinen Bann. „Symfonie in d-Moll, Sr. Hochwohlgeboren Herrn Richard Wagner, dem un erreichbaren, weltberühmten und erhabenen Meister der Dicht- und Tonkunst in tiefster Ehrfurcht gewidmet" — schrieb Anton Bruckner 1872 über einen Entwurf zu seiner Sinfonie Nr. 3 d-Moll, deren zweite Fassung am 16. Dezember 1877 unter Leitung des Komponisten in Wien uraufgeführt wurde. Publikum und Kritik reagierten jedoch negativ. Das bewog Bruckner, eine dritte Fassung zu beginnen, die 1890 veröffentlicht wurde und in unserer heutigen Aufführung erklingt. In der „Dritten" zeigt sich deutlich das ganz eigene Ver hältnis Bruckners zu Wagner. Obwohl es in der Sinfonie reichlich „wagnerl«j| kann man in gar keinem Falle von Epigonentum, Abhängigkeit, höchstens v^Q einer musikalischen Geistesverwandtschaft sprechen. Immerhin hat Bruckner ja die instrumentatorischen und harmonischen Errungenschaften Wagners auf die Gattung der Sinfonie übertragen. Am Beginn des ersten Satzes steht — vor dunklem Streicherhintergrund - ein sich zu kraftvoller Männlichkeit steigerndes Trompetenthema, dem ein zweites gesanglich-idyllisches Thema folgt. Heroisch, in Oktaven, schreitet das dritte Thema einher. Daneben wird ein Zitat aus der d-Moll-Messe wichtig, das Bruck ner noch einmal in seiner letzten, unvollendet gebliebenen neunten Sinfonie einsetzte, ein Umstand, der ein bezeichnendes Licht auf die innige, gefühls mäßige Katholizität des Komponisten wirft. Dennoch ist dieser Satz nicht etwa so „christianisiert", daß nicht auch ausgesprochen heidnische, naturhaft-schwär merische Elemente Eingang finden konnten. Im Gedenken an den Geburtstag seiner Mutter schrieb der Meister den zweiten Satz mit seiner überwiegend elegischen Stimmung der drei Themen (im vollen Streichersatz das erste, in den Bratschen das zweite, geheimnisvoll-verklärt wirkt das dritte). Wie im ersten Satz kommt es auch im langsamen Teil der Sinfonie zu ausgesprochenen dramatischen Ausbrüchen. Das Scherzo ist zweifellos von einem österreichischen Bauerntanz beeinflußt worden. Aus spielerischen Geigenfiguren und dem Pizzicato der Bässe entfaltet sich das eingängige Hauptthema, das an das Hauptthema des ersten Satzes erinnert. Anmutig ist der Kontrast, den das Trio bietet, das ebenfalls der öster reichischen Volksmusik verpflichtet ist. Das Finale wird mit einem monumentalen Bläserthema eingeleitet. Das fol gende gesangliche Doppelthema (als Choral in den Bläsern, tänzerisch-be schwingt in den Streichern) deutete Bruckner selbst: „So ist das Leben. Die Polka bedeutet den Humor und den Frohsinn in der Welt —der Choral d^B Traurige, Schmerzliche in ihr." Doch alles Schmerzliche ist am Ende der SinSB nie überwunden (ein drittes kämpferisches Oktaventhema trägt dazu bei). Sieg haft-strahlend erklingt zum Ausklang des Werkes das Hauptthema des ersten Satzes, gleichsam als optimistisches Bekenntnis zum Leben. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG: 16. und 17. März 1968, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 13. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Annerose Schmidt, Leipzig, Klavier Werke von Nono, Schubert und Brahms Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1967/68 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 40596 III 9 5 1,7 368 ItG 09/20/68 (•Hiilharnoonii 6. PHILHARMONISCHES KONZERT 1967/68