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Dresdner Journal : 27.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189604276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960427
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960427
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-27
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 27.04.1896
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Ve»»s»rr«: 'M Dresden vierteljährlich , Mr, so Pf., bei den Naiser- tich dcuüchrn Postanstatte» menetithrlicd » Mark, außer- duld de» Deutschen Reiche» Poß- und Etrmprljulchla« Einzelne Nummern: 10 PI Grschei»««: Lsglich »it Lutnahme der Sonu - und Seiertagr abend«, -ernspr -«nschluß- «r UEE. NukLustsuussseßRhreur Fktr den Aaum einer arfpal» lenen Zeile kleiner Schrift >0 Pf Unter „Eingesandt"" die Znle bv Pf. Bei labellen < und Ziffernsatz entsprechender Äusschlag Hero »»Order: Ednigliche Expedition de» Dresdner Journal» Dresden, Zwingerstr. »0. HerafprUuschluß^ Nr 1896. Montag, den 27. April, abends. Ämtlichrr Ttil. 5^ Tresdev, 26. April. Se. Großherzogl. Hoheit der Prinz Maximilian von Baden ist gestern Nachmittag hier eingetroffen und hat in der König!. Villa Strehlen Wohnung genommen. Se. Majestät der König haben den Besitzern der in Dreidcn unter der Firma Jordan k Timaeus de stehenden Chokoladcn-, Zuckerwiaren- und Cichorien- sabrik, Thee-, Kaffeesurrogat- und Ehvkoladenhandlung, dem Kaufmann Gerhard Heinrich Edmund Timaeu« und dem Kaufmann und Handelsrichter Wilhelm Max Hustig, das Prädikat „Königliche Hoflieferanten" Allergnädigst zu verleihen geruht. Mit Allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs ist den: Vorstande der Betriebs-Telegraphen Oberinspektivn bei der Staatseisenbahn-Verwaltung, welcher künftig den Titel „Betriebstelegraphendirektor" zu führen hat, der Rang in der 13. Abstufung der IV. Klasse der Hofrangordnung beigelegt worden. Dresden, am 24. April 1896. Finanzministerium. Für den Minister: - Meusel. Wekclnntrnachunc;. Mit Allerhöchster Genehmigung wird bestimmt, daß diejenigen Untersteuerämter und Übergangssteuer ämter, die wegen ihres Geschästsumfanges größere Vedeutnng besitzen, künftig die Bezeichnung „Steuer amt" zu führen Haden. Die Bekanntmachung derjenigen Ämter, die hier von betroffen werden, und der unter ihnen vor kommenden Veränderungen wird durch die Zoll- und Steuer-Direktion erfolgen. Dresden, am 25. April 1896. Finanzministerium. Für den Minister: l)r Tiller. Or. Krauße. WekannLtnclchung. Zufolge der vorstehenden Bekanntmachung des Königlichen Finanz Ministeriums vom 25. dieses Monats iocrdcu die bisherigen Untersteucrämtcr in Borna, Meerane, Bischofswerda, Mutzschen, Crimmitschau, Nossen, Dahlen, Neustadt, Dippoldiswalde, ^deran, Döbeln, Oschatz, Frankenberg, Pegau, Frohburg, Pirna, Glauchau, Reichenbach, Großenhain, Riesa, Hainichen, Rochlitz, Kamenz, Tharandt, LeiSnig, Waldheim, Lengefeld, Weißenberg, Löban, Wilsdruff und Lommatzsch, Wurzen vom 1. künftigen Monats ab die Bezeichnung „Stener- amt" führen. Dresden, am 25. April 1896. Königliche Zoll- nnd Stener-Direktion. Or Löbe. vrueuuuuge«, Versetzungen re. im öffentlichen Tteufte. Departement »er Finanzen. Bei der StaatSeisen" bahnbauverwaltuna ist ernannt worden: Julius Richa»d Herrmann, zeithrr Eisenbahnselcctär, als Bureaumspeltor. Departement »es Kultus und öffentlichen Unterricht». Zu besepen: Eine ständige Leyreistelle an der Bürgerschule zu Großenhain Kollator: der Stadtrat daselbst. Da- Ein kommen der Stelle beträgt einschließlich ti'ohnungSentichädigung lÄk»o M. und steigt nach der GeyaltSstafsrl bis 2500 M Ge suche sind mit d.n gesetzlichen Beilagen bi» zum v Mai an den Stadtral zu Großenhain einzusenden nichtamtlicher Teil. Tie Zustände in Frankreich. Eine französische Ministerkrisis ist an sich etwas so Gewöhnliches und so geringen Anlaß zu Aufregung Bietendes, daß es kaum erforderlich wäre, eines solchen Ereignisses mit größerem Aufwande an Worten zu gedenken. Und auch die gegenwärtige Krisis bietet in ihrem äußeren Verlaufe nichts Bemerkens wertes. Daß der Präsident der Republik den oder jenen Politiker zu sich ins Elyf«-'e „beruft" und ihn feierlich niit der Bildung des neuen Kabinetts beauftragt, daß dieser Glückliche dann ebenso feierlich erklärt, sich mit seinen Freunden beraten zu wollen und dann die Ausführung des Auftrags bedauernd ablehnt, daß dann mit einem zweiten Politiker dieselbe Asfaire sich wiederholt und schließlich der zuerst gerufene doch noch den Auftrag annimmt, — das alles hat sich schon so und so oft ereignet Diesmal heißen die Namen der zunächst Beteiligten Meline und Sarrien. Der erstere, der „Gemäßigtere" von beiden, hatte den Auftrag zur Kabinettsbildung zu nächst abgelehnt, der Radikalere, Hr. Sarrien, hat dies hierauf auch gethan und nunmehr ist der Präsident mit seinem Auftrage wieder zum ersteren zurückgekehrt, der diesmal wahrscheinlich mit sich reden lassen wird. VielZeitverbrauchtman während seinerMiuisterlaufbahn in Frankreich heute nicht. Das weiß jeder zu einem solchen Amte Berufene. Es gehört also gar kein so großer Entschluß dazu, dcrAufforderung, sich füreine Weile im Ministersauteuil niederzulasscn, Folge zu leisten. Wird also aller Voraussicht nach die Neubildung des Kabinetts in einigen Tagen regelrecht, wie sonst, vollzogen sein, so läßt sich doch nicht leugnen, daß die sogenannte Kabinettsbildung von einem Marr zunk andern immer weniger die wirkliche Schaffung einer neuen Regierungsgewalt darstellt, sondern vielmehr zu einer nur für kurze Zeit berechneten Über- klcisterung der überall klaffenden Gegensätze herab- gesnnkeu ist. Man kann sogar behaupten, daß sich die ganze Haltlosigkeit und Zerfahrenheit der inneren politischen Zustände Frankreichs noch nie in so Hellem Lichte gezeigt hat, wie bei dem dies maligen Wechsel des Kabinetts. Ein rein radikales Ministerium war so ziemlich die letzte Kombination, die noch in Frankreich zu erproben war. Mit dem Sturze von Bourarois und seinen Kollegen ist auch dieser Versuch gescheitert. Was man jetzt nur noch zu bieten hat, ist die bekannte Phrase von der „Ver söhnung" und „Konzentration". Das aber kommt cirer Bankcrotterklärung völlig gleich. Denn es fehlt durchaus und in jeder Beziehung sowohl an solchen Leuten, die sich „konzentrieren" könnten, wie auch an solchen, die irgendwelche Neigung zur „Versöhnlichkeit" hätten. Am welligsten von Allen denken jedenfalls die jenigen an Versöhnung, in deren Hände immer mehr die Entscheidung der politischen Fragen hinabglcitet, die Sozialisten und Radikalen. Im Gegenteil wächst ihre Frechheit und Zügellosigkeit täglich mehr, und sie niuß auch wachsen angesichts der Thatsache, daß daran, ihnen mit Energie entgcgenzutreten, niemand denkt oder, was noch schlimmer ist, niemand denken kann. Ein rein radikales Ministerium ist unmöglich, wie man jetzt gesehen hat, aber ebenso unmöglich ist ein ausgesprochen antiradikales. Es würde zwar über eine Mehrhcit in der Kammer verfügen, aber diese Mehrheit ist unter sich in ihren Bestreb strebungen und Parteiintercsfen so gespalten, daß sie bei keiner Gelegenheit unter einen Hut gebracht wer den kann. Das alles zusammengenommen nennt man eine „segensreiche parlamentarische Herrschaft". Daß die sozialistischen Führer unter solchen Ver hältnissen schon den ersten Schritt gethan haben, uin, wie sie sich geschmackvoll auszudrücken pflegen, „auf die Gaffe hinabzusteigen", ist erklärlich. Große Er folge scheinrn sie allerdings bei ihen ersten Schiitten auf der Gasse nicht davongetragen zu haben, wohl aber tüchtige Prügel. „Auf der Straße", schreibt der Berliner „Vorwärts" heute über die jüngsten Pariser Tumulte, „soll es zu heftigen Zusammenstößen gekommen sein — jedoch ohne daß Polizei und Militär die Waffe gebrauchte." Was die Polizei „gebraucht" hat, nämlich ihre Siöcke, erzählt der „ Vorwärts" merkwürdigerweise nicht. Unsere Leser finden hierüber Einiges an anderer Stelle unseres Blattes. Auch eine andere Bemerkung des deutschen führenden SozialistenblaiteS ist interessant. „Wenn reaktionäre Blätter sich lustig machen", heißt es da, „daß das Volk keine Barrikaden gebaut hat, so ist das recht albern Die Revolutionen in Frankreich fingen stets mit harmlos scheinenden Kundgebungen an und giebt cs nicht auch Revolutionen ohne Barri kaden?" Man sicht, die „Harmlosigkeit" der Vorgänge ärgert Hrn. Liebknecht sehr. Nun, vielleicht kann er bald seine Helle Freude an den Pari-cr „Genossen" erleben. Lagesgeschichte. Dresden, 27. April. Ihre Majestäten der König und die Königin besuchten mit Sr. Großherzogl. Hoheit dem Prinzen Maximilian von Baden am Sonnabend abend die Vorstellung des Schauspiels „Narciß" im Neustädter Hoftheater. — Am gestrigen Sonntage wohnten Beide Maje stäten und Ihre Königl. Hoheiten die Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses dem Vor mittagsgottesdienstc in der katholischen Hoskirche bei. Nach dem Kirchgänge erteilten Se. Maj der König im Residenzschlosse Audienzen an eine größere Anzahl höherer Eioilstaatsdiever, Vertreter der Kunst und Wissenschaft, des Handels und der Industrie, sowie an einige Subalternbeamte, welche dem Landesherr» für die ihnen anläßlich des Allerhöchsten Geburtstages verliehenen Gnadenbeweise ihren Dank abstattctcn. Ihre Majestät die Königin gewährten gleichfalls mehrere Audienzen. Nachmittags um 5 Uhr nahmen Ihre Majestäten mit dem Durchlauchtigsten Prinzen von Baden an der Familientasel bei Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Georg im Palais Zinzendorsstraße teil und besuchten alsdann die Vorstellung der Mozartschen Oper „Die Zanberslöte" im Altstüdter Hofthcater. — Se. Majestät der König kamen heule vormittag von Villa Strehlen ins Residenzschloß, nahmen zu nächst militärische Meldungen und danach die Vorträge der Herren Staatsminister und Departementschefs der Königl. Hofstaaten entgegen. Nachmittags 8,3 Uhr gedachten Se Majestät der König die Dresdner Pferdeausstellung mit Aller- höchstseinem Besuche auszuzeichncn. — Ihre Majestäten der König und die Königin werden Allerhöchstfich voraussichtlich am Sonntag, den 3. Mai, nachmittags zu dem alljährlich üblichen Frühjahrsaufenthalte nach der schlesischen Besitzung Sibyllenort begeben. — Se. Grobherzogliche Hoheit der Prinz Maxi milian von Baden gedenkt heute abend von hier nach Berlin zurückzukehrcn. Dresden, 27. April. Gestern nachmittag um 5 Uhr fand bei Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Georg im Palais Zinzendorsstraße Familientasel statt an welcher Ihre Majestäten dcr König und die Königin, Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August, Ihre Königl. Hoheten der Prinz und die Fran Prinzessin Johann Georg, Prinz Albert und Prinzessin Mathilde, sowie Se. Großherzogliche Hoheit Prinz Maximilian von Baden teilnahmen. Dresden, 27. April. Se. Königl Hoheit der Prinz Friedrich August hat sich, begleitet von Höchstseinem persönlichen Adjutanten, Rittmeister Keil, gestern, Sonntag, nach Bad Elster bcgeben, nm da selbst d-r Auerhahnjagd obzuliegen. Am 29. April beabsichtigt Sc. Königl. Hoheit über Leipzig nach Köln a. Rh zu reisen, um daselbst den Übungen des westfälischen Pionierbataillons Nr. 7 beizuwohnen. Auf dieser Dienstreise wird Höchstderselbe vom Ad- jutanieu der I. Jnfanteriebrigade Nr. 45, Hauptmann v. Eriegern, begleitet werden. Tie Rückkehr erfolgt voraussichtlich am Sonntag, den 3. Mai. Dresden, 26. April. Das am 25. d. Mts. ausge- gebene Gesetz- und Verordnungsblatt enthält das Gesetz, betreffend die ärztlichen Bezirksvereint und die dazu erlassene ausführliche Ausführungsverordnung, beide vom 23. März d. Js Als Zeitpunkt des Inkrafttretens ist der l. Lktober d. Js. festgesetzt. Bis dahin werden daher die ärztlichen Bezirksvereine ihre statutarischen Be stimmungen den neuen gesetzlichen Bestimmungen anzu- pafsen baden Es wird sich aber empfehlen, mit der Auf stellung der neuen Statuten jedenfalls noch so lange An stand zu nehmen, bis das Königl. Ministerium des Innern die einheitliche Standes- und Ehrengerichts- Ordnung für die ärztlichen Bezirksvereine erlaßen haben wird, über deren Entwurf nach den Bestimmungen des Gesetzes zunächst noch die Bezirksvereint, die Kreisvcreins- ausschüße sowie das Landes Medizinalkollegium zu hören sind. Deutsches Reich. ' Berlin, 26. April. Se. Majestät der Kaiser sind gestern nachmittag um 3 Uhr von der Wartburg nach Schlitz abgcreist und daselbst abends gegen 6 Uhr an- gekommcn — Der Kronprinz von Rumänien ist am Freitag abend in Potsdam einoetroffen und hat bei seinem Bru der, dem Erbprinzen von Hohenzollern, Wohnung ge nommen — In dcr Kommission des Reichstags für das Bürgerliche Gesetzbuch sind gestern die Anträge des Zentrums und eines Teils der Konservativen, welche gegen die obligatorische Zivilehe gerichtet waren, ab gelehnt worden, und zwar erhielten die des Zentrums nur die Stimmen dieser Partei, die konservativen Anträge nur einige wenige Stimmen mehr. Mit größter Bestimmt heit traten namens der Regierungen der Staatssekretär deS Rcichsjustizamts, Nieberding, sowie die Vertreter der bäuerischen, der württembergischen und der badischen Regierung den Anträgen entgegen Diese haben im Plenum keine besseren Aussichten, und die sie befür wortenden Gruppen werden sich daher lediglich zu ent scheiden haben, ob sie wegen dcr Ablehnung der Anträge gegen das Gesetzbuch stimmen wollen oder nicht. — Staats sekretär Nieberding bemerkte ungefähr folgendes: Die verbündeten Regierungen stünden auf dem Standpunkt,daß da« Eheschließungsrecht, wie es 1875 reichsgesetzlich geregelt Kunk und Wissenschaft. K. Hofthcater. — Altstadt. — Am 25. d. Mts.: „Violetta". Oper in vier Akten von F M. Piave Musik von Verdi. Die vorgestrige Ausführung der Oper erhielt einen ungewöhnlichen Reiz durch die Mitwirkung von Frl. Prevosti, welche die Titelrolle gab Die italienische Sängerin, seit Jahren schon in der Musikwelt bekannt und hochgeachtet, steht heute nicht mehr in der Blüte ihrer Stimme und erfreut sich nicht des Vorzugs einer schönen Bühnenerscheinung, obwohl die schmächtige Gestalt mit den brennenden Augen speziell für die Violetta der letzten Akte geeignet ist. Aber selbst wenn ihr Organ, das immerbin noch genügend Kraft und Wohlklang hat, selbst wenn ihre äußeren Mittel sie in minderem Grade unterstützten, würde sie doch einer außerordentlichen Wirkung auf ihre Hörer sicher sein. Denn sie beherrscht alle Künste des einfachen und virtuosen Gesänge« und verbindet damit ein meisterhafte« Spiel. Technik und Vortrag bestechen durch größte Bravour wie durch feinsten Geschmack, sind gleichmäßig vollendet in Kolo ratur und Kantilene, reich in den Tonsärbungen, beseelt im Ausdruck und lassen alle« so leicht, so obne jede« Verraten physischer Thätigkeit gelingen, daß man Helle Freunde und Bewunderung darüber empfindet Mit dieser Gesangskunst einigt sich, ein charakteristisches, leidenschaftlich empfundene« dramatische» Spiel, welche« von viel Geschmeidigkeit und Grazie der Bewegungen gehoben wird, und es entsteht insgesamt eine im Musikalischen wie im Darstellerischen wahre und fesselnde Leistung, die un« ungewöhnlichen Genuß gewährt Fr! Prevosti geht im eigentlichen Sinne de« Worte« m ihrer Rolle auf, sie lebt wirklich darin und vermeidet, weil sie immer im Bann der regsten Illusion ist, das übertreiben der Effekte und mehr noch den Gebrauch konventionell theatralischer Mittel Ihr« Violetta ist eine reiz volle und rührende Figur, di« mit innerster Hingebung, mit dem vollen Zauber zwangloser Unmittelbarkeit von der Künstlerin verkörpert wird und den Hörer deshalb auch unmittelbar ergreist und hinreißt Es handelt sich hier um eine Darstellung von so starkem individuellen Leben, von soviel künstlerischem Glanz, daß man einzelne Eigen heiten der Sängerin, wie das Tremolieren, das vielleicht Schwäche oder auch nur Neigung der Südländerin ist, und die im Affekthe zuweilen flache Tongebung, bald vergißt und sich unge mmt dem Eindruck des Ganzen hmgiebl. . . Die Künstlerin wurde von unserem Publikum mit enthusiastischem Beifall überschüttet, besonders nach dem ersten und dem letzten Akt, welche beide die Glanzpunkte der Partie enthalten. Indessen stand die Leistung Frl Prevostis in den mittleren Aufzügen nicht niedriger, namentlich nicht in dem dritten Finale, wo sic im Septett die drei kleinen Zwischensähchcn (Oraml Vio, pwt») jedesmal mit anderem und gesteigertem Ausdruck wundervoll gesungen hat Der Gast (dcr sich der Heimatsprachc bediente) wurde in erster Reihe von Hrn Erl (Alfred), in zweiter von Hrn. Scheidemantel (Georg Germont) überraschend gut unterstützt Überhaupt verlief die Vorstellung sehr glücklich, woranHr. Schuch und die Königl Kapellehervorragenden Anteil hatten Oer Dirigent folgte dem rythmisch ganz freien Vortrag der Sängerin mit souveräner Sicherheit und die Königl. Kapelle, die unvergleichlich schön und diskret spielte, ent sprach jedem Wink des Führers auf da» leichteste. Es war ein eigenes Vergnügen, diesen Wetteifer zu beobachten Der Leitung de« Hostheaterü aber gebührt der herz- lichste Dank unserer Musikfreunde dafür, daß sie diese« wertvolle Gastspiel veranstaltet hat Uns steht die That sache auch um deswillen hoch, weil sie die Rückkehr zu dem früher geübten vornehmen Brauch der Königl Bühne anzudeuten scheint: dem Publikum die Bekanntschaft sonderlich bedeutender fremder Künstler und Künstlerinnen zu vermitteln ohne Rücksicht auf vorübergehende materielle Schäden, die sich au« dcr Überlegenheit einzelner Gäste über einheimische Kräfte ergrden möchten H. P K. Hofthcater — Neustadt. — Am 25. April: „Narciß" Schauspiel in fünf Akten von A E. Brach vogel. Nahezu ein Menschenalter hat sich, dank seinen Vor zügen wie seinen kraßen Mängeln, A. E. Brachvogels wunderliches Drama „Narciß" aus den Brettern erhalten, nahezu alle Eharakterfpielcr haben sich in der Rolle des Narciß Rameau versucht und gefallen, die Mischung von feincrn und gröbcrn, ja ollergröbsten Effekten, zu denen das phantasievolle, aber raffinierte Stück und die halbwahre und halbwillkürliche Gestalt des verkommenen Musikers hcraussordern, ist nicht ohne starke theatralische Wirkung Jedem bedeutenderen Schauspieler stellt sich die Rolle als eine psychologische Studie dar, die die ver schiedensten Kräfte und eine ganze Skala von Tönen zu entfalten erlaubt Da« Drama und seine Titelfigur gründen sich bekanntlich auf Diderots dialogisches Meister werk „RameauS Neffe"" und 'n die abenteuerlich-unwahrschcin lichc, aber phantasicvolle Handlung ist gerade genug von der geistvollen Schilderung der Pariser Gesellschaft am Vorabend der Revolution übergegangcn, durch die der Dialog Diderot« von ebenso großem kulturhistorischem al« litterarischem Wert bleibt, daß sich da« Schauspiel stellen- wei« über die bloße theatralische Geschicklichkeit weit er hebt An den Umwandlungen, die Brachvogel mit der überlieferten Gestalt de« jüngeren Rameau vorgenommen und an der tendenziösen Spitze, die er dem Schauspiel gegeben hat, würde sich da« Gesetz erweisen lassen, nach dem ein ausschließlich auf die Phantasie gestellter, jede andere dichterische Kraft entbehrender Poet dennoch immer wieder der äußerlichen Spannung ohne Be seelung und überzeugende Gesühlskraft verfallen muß Aber diese naheliegenden Betrachtungen sind so unzähligemal schon angeftellt und Brachvogel ist bis auf den „Narciß" schon so in den Hintergrund gedrängt worden, daß es beinahe an der Zeit ist, zu betonen, daß ihm wirklich eine seltene Beweglichkeit der Phantasie, ein Instinkt für das stark Wirksame innewohnten, denen unter glücklicheren Um ständen Bessere« hätte entspringen können Aus Narciß Rameau hat sich der Gast Friedrich Haase eine eigentümliche Gestalt geschaffen, die sich von seinen Lieblingssiguren wesentlich unterscheidet Daß die Reflexion an dieser Gestalt einen starken Anteil hat und daß es auch seiner Kunst nicht völlig gelingt, den un geheuren tragischen Widerspruch, der in den letzten Scenen des fünften Aktes in dem unseligen Helden zu tage treten soll, völlig der Sphäre des effektvollen Scheins zu ent rücken und in erschütterndes Leben zu wandeln, trifft mehr den Dichter al« den Darsteller. Aber alle anderen Elemente, aus dencn sich die seltsame Figur zusammensctzt: der cynische Hohn des verlumpten Rameau gegen die bevor rechtete Gesellschaft und die Berühmtheiten des Tages, die zigeunerhafte Ungebundenheit, der Nachhall bcßerer Tage in seiner Seele, das rätselhafte Etwas, das ihn stundenwcis über sein Elend und seine materialistische Lebensphilosovhie emporhebt, die geistige Verwirrung, in die ihn die Güte und da« Zutrauen der Ouinault versetzen, die allmähliche Erhebung mit ihren Rückfällen, sind in Meisterzügen ver körpert DaS bis auf den letzten Platz gefüllte Haus folgte der Darstellung des Gastes mit gespanntester Teil nahme und überschüttete ihn mit rauschendem Beifall Der Gast wurde von der farbenreichen Ecenierung des Schau spiels, auck von der Mehrzahl dcr Mitwirkenden, nament lich von Frl. Salbach (Doris Ouinault), Frl. Ulrich (Marquise de Pompadour), Hrn Winds (Ehoiseul), Hrn Müller (Diderot) vorzüglich unterstützt Ad Stern Konzert. Mit einer Aufführung der „Jahres zeiten" beschloß der Vach-Verein das erste Winter halbjahr seiner öffentlichen Wirksamkeit, als deren Pro gramm disher di« Pflege klassischer Ehormusik im allge meinen erkennbar geworden ist, sodaß ein stärkerer Einsatz für den erkorenen Verein«patron der Zukunft vorbehalten bleibt Haydn« Oratorium, zu keiner Zeit stiefmütterlich in unserem Kunstleben behandelt, wirkt schon al« Gegen satz zu der bedeutend m den Vordergrund getretenen modernen Musiksprache immer wieder erfreuend Ist es
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