Volltext Seite (XML)
Wilsdruffer Tageblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochmblütt sÜs Wllsdmff UNd llMgegMd Postscheckkonto Le,pz,g 28644 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, sür den Inseratenteil: Arthnr Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 264. Sonnabend den 13. November 1920. 79. Jahrgang. Amtlicher Teil. Fettverteilung. Das Wirtschaftsministerium hat durch Verordnung vom 4. November 1920 — 1620 VL^VI — die Ausgabe von Butter in sämtlichen Ueberschußbezirken in der Woche vom 14. bis 20. November 1920 untersagt und die Ausgabe der dadurch ersparten Butter an die Landesfettstelle zur Belieferung der Zuschußkommunalverbände angeordnet. Im Kommunalverband Meißen-Stadt und -Land wird daher auf die Zeit vom IS. bis 21. November 1920 50 Gramm Schmalz als Brotaufstrich auf den Abschnitts der Landesfettkarte ausgegeben. Der Preis für das Pfund Schmalz beträgt 20 Mark. Die Krankenbutterkarten sind gleichfalls mit 5V Gramm Schmalz zu beliefern. Sämtliche Butter ist an die Sammelstellen abzuführen. Der Kommunaloerband weist daraufhin, daß weder die Gemeindebehörden noch die Mitglieder der örtlichen Ernährungsausschüsse oder die Verkaufsstelleninhaber das Recht haben, die Ausgabe von Butter anstatt von Schmalz zu veranlassen. Wer unbefugt Butter abgibt oder sonst unbefugt über sie verfügt, wird nach K 35 der Speisefettbekannt- machung vom 20. Juli 1916 mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 10000 Mark oder mit einer dieser Strafen belegt. Diese Strafen treten ein, sofern nicht nach den allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuches noch härtere Strafen wegen Nötigung, Bedrohung usw. verhängt werden müssen. Die Verteilungsstellen haben ihren Bedarf an Schmalz unverzüglich der Butter zentrale, Meißen, Görnische Gaffe, anzumelden. Meißen, am 10. November 1920. Nr. 1207 u 110. Kommunaloerband Meißen-Stadt und -Land. Das Ministerium des Innern in Dresden hat durch Verordnung vom 23. Ok tober 1920 Nr. 2411 II 6 folgenden II. Nachtrag zur Satzung für den ElektrizitätS- verbond Gröba genehmigt: » II. Nachtrag. § 19 Absatz 5 fällt weg. Dafür tritt folgender Wortlaut: Der Aufsichtsrat hat das Recht, den Vorsitzenden als berufsmäßige« Verbandsbeamten anzustellen. Im übrigen erhalten die Mitglieder des Vor standes eine Entschädigung und eine Vergütung des Reiseaufwandes. S. In ß 43 Absatz 2 wird der 2. Satz gestrichen und durch folgende Fassung ersetzt: Die Gemeindebehörden der Derbandsmitglieder sind berechtigt, auf jede Rechnung eine Vergütung sür die Einhebung der Stromgelder von Strom abnehmern zu erheben, deren Art und Höhe vom Aufsichtsrat bestimmt wird. k. In ß 14 unter x werden zwischen die Worte »und" und ,des" die Worte »den Mitgliedern" eingeschoben. Gröba (Elbe), am 9. Juli ISLO. ««« Elektrizitätsverband Gröba. Verbandsvorstand. gez. Rudolph, Vorsitzender. Großenhain, am 10. November 1920. Die Amtshauptmannschaft 1028 c r. als Aufsichtsbehörde des Eleltrizitätsverbandes Gröba. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Aus Brüssel wird gemeldet, daß die geplante Sachver- ftändigenkonferenz in der Wtedergutmachungsfrags jedenfalls «n 20. November ibre Sitzungen beginnen werde. " Das Gerücht von einer bevorstehenden Aufhebung der Lwangsbewirtschaftung der Milch wird amtlich als unrichtig bezeichnet. * Die Pariser Blätter behaupten, daß die deutschen Diesel, motoren doch zerstört werden sollen. " Gerüchtweise verlautet aus Paris, daß die Entente eine Verlängerung der fünfzehnjährigen Besetzung des Rheinlandes beabslchtrge. Amerikanisierung. Von einem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter wird uns geschrieben: Die Amerikanisierung des deutschen Wirtschaftslebens schreitet weiter und ist, wie es scheint, je länger je weniger «ufzuhalten. Das spricht sich nicht nur in den Woche nach Woche neu bekanntgegebenen Zusammenschlüffen aus, eS ist »nK gn anderen Vorgänge» im deutschen Großgewerbe deutlich erkennbar. , Besonders kennzeichnend vielleicht ist nach dieser Richtung hin die neueste Abmachung in der Farbengruppe, die sich ja äußerlich eher als das Gegenteil einer Zusammen- Fassung darstellt. Sollen doch die großen Ammoniakwerke Oppau bei Ludwigshafen und Leuna bei Merseburg aus der Gemeinschaft der Farbengruppe, genauer gesagt, aus den badischen Anilin- und Sodafabriken herauWmommen rmd in eine eigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingebracht werden. Um was für Werte es sich dabei handelt, zeigt am besten die Tatsache, daß man diese G. m. b. H. mit einem Grundkapital von 500 Millionen Mark ausstatten will, einer Summe, die, wie verlautet, kiM dem Buchwert entsprechen soll. Besonders Leuna, das binnen kurzem auf eine Stickstofferzeugung von rund LOS ooo Tonnen im Jahre gebracht werden soll, stellt eines ier gewaltigsten Werke dar, die nicht etwa nur das chemische Großgewerbe überhaupt in der Welt.besitzt. Für die Farben- gruppe handelt es sich bei diesem Geschäft anscheinend darum, die Hände für ihre alten Geschäftszweige (Farben, Apotheker- waren usw.) ftsfex, ihre Bilanzen etwas kleiner zu bekomm?«. Deün besönhers die Abschlüsse der Badischen Fabriken waren 'durch die riesigen Geldbedürfniffe der Stickstoffabriken mit lehr hohen Ziffern belastet, die im Grunde genommen das eckte Geschäft des Unternehmens nicht viel angingen. Es ist schwer, im Augenblick ein Urteil über die Zukunftsausstchten gerade des Stickstoffgewerbes zu gewinnen- Der Haupt wettbewerber um den Markt, der Chilesalpeter, wird ja durch die chilenischen Ausfuhrzölle teurer, als er an sich zu sein brauchte. Diese Belastung kann aber natürlich mit einem Schlag weggenommen werden, wenn sich das für den Absatz als unbedingt notwendig erweisen sollte. Die Erzeugung selbst aber scheint entgegen früheren Voraussagen noch aus recht lange Zeit hinaus ziemlich unbegrenzt vermehrungs- fähig. Trotzdem darf man natürlich mit gutem Recht die Möglichkeiten des künstlichen Salpeters ganz außerordentlich hoch einschätzen. Es muß in dieser Hinsicht einerseits an die Erfahrungen erinnert «erden, die man seinerzeit beim künstlichen Indigo gemacht hat. Auf der anderen Seite ist die Tatsache recht bezeichnend, daß man, ohne daß dem Gerücht im Augenblick «klerdings auf den Grund zu kommen wäre, in der letzten Zeit sehr viel von Verhandlungen der Gruppe der Badischen Fabriken hört, die auf die Errichtung von Stickstoffabriken nach Lem Haberoerfahren in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und in Japan hinauslaufen. Die Auslands patente sind übrigens auf die Riesen-G. m. b. H. nicht mit übergegangen, um so kennzeichnender erscheint die gewaltige Kapitalsumme. Dem Laien kann man das Riesenhafte des Unternehmens allerdings vielleicht aus einer anderen Ziffer noch klarer machen. Im letzten Friedensjahr führten wir nämlich im ganzen 770 000 Tonnen Chilesalpeter im Wert von — damals — 170 Millionen Mark nach Deutschland ein. Da Chilesalpeter einen Stickstoffgehalt von etwa 16 o/o hat, so bedeutet das nur rund Sechszehntel der Mengen, die das eine Leuna nach vollem Ausbau auf Grund der jetzigen Pläne — man dachte zeitweilig an noch höhere Leistungsfähigkeit — würde Herstellen können. Natürlich beschränkt sich die Amerikanisierung keines wegs auf die technische Seite des gewerblichen Lebens, die wirtschaftliche und finanzielle liegen ihr vielmehr weitaus näher. Auch dafür hat die letzte Woche ein Beispiel gebracht, das an sich und als Anzeichen von kaum zu überschätzender Bedeutung ist: den Zusammenschluß der Siemens-Schuckert- werke mit der Rhein-Elbe-Union. Gewiß, auch diese Tat- sacke hat einen Vorläufer gehabt in der großen Anzahl Aktien, welche die Felten Guillaumewerkc (A. E. G.-Gruppe) vor einigen Monaten eine große luxemburgisch-belgiiche Eisengruppe begaben. Dort handelte es sich aber um die Sicherung des Rohstoffbezugs aus dem Ausland durch Fortgahe einer Minderheitsbeteiligung. Hier schließt sich die größte deutsche fchwerindustrielle Gruppe mit dem einen der beiden ganz großen deutschen Elektrizi tätsunternehmungen zusammen, rechtlich auf der Grund lage der Gleichberechtigung. Wenn aber Gelsenkirchen, Deutsch-Luxemburg und Siemens zu je einem Drittel an dem Gesamtunternehmen tetlhaben, — so heißt das eben nichts anderes, als daß die Schwerindustrie, noch genauer gesagt wohl die Kohle über zwei Drittel deS Ein flusses bei dem Gesamtunternehmen verfügt. Dieser Sieges zug der Kohle in das gesamte deutsche Gewerbe hinein, für den der Sttnnestrust ja nur ein, wenn auch wohl das kenn zeichnendste Beispiel ist, beginnt überhaupt einen Umfang anzunehmen, der sicherlich bemerkenswert ist. Unzweifethast liegt übrigens in der Erkenntnis von der Macht der Kohle auch ein gut Teil der Erklärung für das Vorgehen der Franzosen an der Saar, im Ruhrgebiet und in Oder- schlesien. 230 Milliarden Krank. Unsinnige Wiedergutmachungsforderunge n. Das »Echo de Paris" sagt, der englisch-französische Vergleich in der Wiedergutmachungsfrage erkenne zwar die Autorität des Wiedergutmackungsausschuffes an und gebe die Möglichkeit, dort die französischen Forderungen, die das Blatt auf 230 Milliarden Frank beziffert, geltend zu machen. Der entscheidende Augenblick werde aber erst kommen, wenn der Oberste Rat die Sicherheitsmaßnahmen für den Fall einer deutschen Weigerung festsetzen solle. Die englische Politik ändere sich von Tag zu Tag. Die Bedingung, daß zunächst in Oberschlesien abgestunlyt werden soll, sei ein Zeichen dasür, ein zweites die HDe, die Lloyd George in Guild Hall gehalten habe. Das .ELo" schreibt: »Aus der Tatsache, daß die Deutschen das Übereinkommen von Spa innegehatten haben, hat Lloyd George kühn auf di- deutsche Aufrichtigkeit geschloffen. Deutsche Aufrichtigkeit? Vielleicht, Herr Premierminister, aber unter Androhung der Besetzung LeS Ruhrgebietes, die Sie dem Deutschen Reich gegenüber gelegentlich der Kohlenfrage und der Entwaffnung angewandt haben. Die Zelt arbeitet gegen uns." Tte englisch-französische Einigung. über die zwischen England und Frankreich anscheinend zustandegekommene Einigung über das gegenüber Deutsch land zu beobachtende Wiedergutmachungsoerfahren verlautet folgendes: Eine Konferenz alliierter Sachverständiger tritt in Brüssel zusammen. Sie ist aus Mitgliedern der Wiedergut machungskommission zusammengesetzt, die ihre Regierungen vertreten. Sie wird die deutschen Sachverständigen anhören und prüfen, welche Summe Deutschland zu zahlen auf gefordert werden soll. Diese Prüfung erstreckt sich auch auf Deutschlands Fähigkeit, die fragliche Summe zu leisten. Eine internationale Konferenz wird in Genf abgehalten werden, bei der die Deutschen in beratender Eigenschaft zugegen sein werden. Die Ziele dieser Konferenz sind die gleichen wie die der vorhergehenden. Doch wird sie, dem Ver nehmen nach, in Übereinstimmung mit dem Wunsche der britischen Negierung nicht eher als im Februar statifinden, bis die Resultate der Volksabstimmung sn Oberschlesien bekannt sind, da von dem Ausgang dieser Abstimmung Deutschlands Zahlungsfähigkeit in erheblichem Maße ad- hängt. Die Wiedergutmachungskommission wird sodann, sich auf die Beschaffe von Brüssel und Genf stützend, die Gesamtsumme der deutschen Schuld gegenüber den Alliierten und die deutsche Zahlungsfähigkeit festlegen. Die Häupter der alliierten Regierungen treten schließlich zusammen, um den aus den vorhergegangenen Beratungen sich ergebenden Gesamtbericht zu prüfen und die Maßnahmen zu erwägen, für den Fall, daß Deutschland nicht zahlt. (Sozialisierung Ves Kohlenbergbaues. Zwei Vorschläge. Im Sozialisierungsausschuß des Reichswirtschaftsrates werden zurzeit die Ergebnisse der Essener Verständigungs kommission über die Sozialisierung des Kohlenbergbaues ein gehend beraten. Es liegen zwei Vorschläge vor: einer von dem Siebenerausschutz (Verständigungskommission) und einer von der Kommifsionsminderheit. Beide Vorschläge haben manches Gemeinsames. Definition der Sozialisierung. Der Vorschlag des Ausschusses definiert Sozialisierung als: „Die Sicherstellung, daß alle Produktionsmittel im höchsten gesamtwirtschaftlichen Interesse der Volksgesamtheit so vollständig und rationell wie möglich ausgenutzt werden, unter gleichberechtigter vollwertiger Mitbeteiligung und dem entsprechender Mitbestimmung und Mitverantwortung aller an der, Produktion Beteiligten." Trustbildungen aus lediglich finanziellen Tendenzen werden abgelehnt, die Bildung natür licher Interessengemeinschaften zwischen Kohlenbergbau und Weiterverarbeitung könne allein höchste Produktivität gewähr leisten. Die Beteiligung der Arbeiter- und Beamtenschaft am Kapital der groben, unpersönlich gewordenen Unter nehmungen soll gesetzlich geregelt werden. Kleinaktien l1V0 Mark) oder als Übergang Genußscheine, die später in Aktien umgewandelt werden können, werden vorgeschlagen. Diese Kapitalbeteiligung gibt die Grundlage zur Vertretung in den Aufsichtsräten. Der Vorschlag sieht ferner neben dem materiellen Aufstieg der Arbeiterschaft deren geistigen Aufstieg durch Schule und Schulung vor. Zur Frage der Organisation der den Kohlenbergbau betreibenden Einzelunternehmungen empfiehlt er für den Anschluß von Bergwerken als besonders geeignete Gesellschaftsform die Gewerkschaft mit nicht be grenztem Kapital, auf der anderen Sette für die in Förderung stehenden Bergwerksunternehmungen vom Beginn der dauernd gesicherten Rentabilität ab die Aktiengesellschaft Dor Gegenvorschlag. Dieser betont, daß die Ansichten über die drohenden wirt schaftlichen Gefahren sowie über das anzustrebende Ziel einer möglichst groben Ausfuhr von Fertigtabrikaten in der Kom mission übereinftimmten, daß ader uver den Weg zu diesem