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s« Wilsdruffer Tageblatt euthSlt die amtliche« Bekauutmachuugeu der Amtshauptmannschaft Meitze», des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forftreutamts Tharandt, Finanzamts Nasse» Montag, den 3. Mai 1926 Wilsdruff-Dresden Postslbeck: Dresden 2K40 JeiitsPM Mittler zmWn Sst md West ron. 'kercke.i Sil s- von 200 Gewerkschaften hat den Beschluss gefasst, sur Dienstag den Generalstreik unter Einschluß der lebenswichtigen Betriebe und des Verkehrswesens zu ver künden, wenn die Streitigkeiten im Bergbau bis dahin nicht beigelegt sind. Der Generalstreik wird sich aus die Eisenbahnen, das Land- und Wasserverkehrswesen, die Werften, die Buchdruckereien einschließlich der Prefle, die Metallwerke, die Betriebe der chemischen Industrie, die Bauunternehmungen, mit Ausnahme derjenigen, die Wohn- und Krankenhäuser Herstellen, ausdehnen. Die in den Elektrizitäts- und in den Gaswerken tätigen Arbeiter werden die Belieferung der Industrie einstellen. Die Dienstzweige, die die öffentliche Gesundheit und die Volks ernährung betreffen, sollen nicht unterbrochen werden. Die Gewerkschaften erboten sich, bei der gerechten Ver teilung der wichtigsten Lebensmittel durch eine freiwillige Organisation mitzuarbeiten. Aus allen Bergwcrksbe- zirken liegen Meldungen über die völlige Arbeitseinstel lung in den Bergwerken vor. Nur die zur Instandhal tung der Gruben notwendigen Arbeiten werden ausge führt. Die Regierung hat Truppen nach Südwales, Lancashire und Schottland gesandt, die nötigenfalls die Polizei bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in ihrer Tätigkeit zum Schutze des Lebens und Eigentums der Bürger unterstützen sollen. Ferner sind Vorkehrungen ge troffen worden, damit die Flotte, die am Dienstag zu einer Kreuzfahrt in See gehen sollte, nötigenfalls zu Hilfsmaßnahmen herangezogen werden kann. Der König hat den A u s n a h m e z u st a n d prokla miert. Alle Reserveoffiziere haben Befehl erhal ten, sich zur Verfügung zu halten, da man mit revolu tionären Unruhen rechnet. - Deutschland treibt eigene Politik. Reichsaußenminister Dr. Stresemann ist bemüht, den im Ausland propagierten gehässigen Tendenzen gegen den Abschluß des deutsch-russischen Freundschaftsvertrages nach Möglichkeit zu begegnen. Zu diesem Zweck hat er sich neuerdings im Rundfunk über den Berliner Vertrag verbreitet, wobei er auf seine geschichtliche Entwicklung und seinen durchaus friedlichen Charakter, wie schon öfters vorher, nochmals zu sprechen kam. Dr. Stresemann be zeichnete den Abschluß des Vertrages als eine Selbst, verständlichkeit, zumal zwischen Rußland und Deutschland eine jahrhundertelange traditionelle Freund schaft bestehe. Letzten Endes erscheint es, als wenn manche Kritik im Auslande wesentlich ausgeht von der Überra schung über die selbständige Politik, die Deutschland mit diesem Schritt offenbart. Aber die Politik, die nach Lo carno führte, war auch selbständige Politik. Man muß sich daran gewöhnen, daß D e u t s ch l a n d die Gestal - tung des deutschen Geschickes selbst in die Hand nimmt und nicht unter Vormundschaft irgend welcher Mächte oder Mächtegruppierungen, sei es im Osten oder im Westen. Niemals, so betonte Dr. Stresemann, war es die deutsche Absicht, sich im Westen zu einer Kampfgemein schaft gegen den Osten zu verbinden. Unsere Politik war vielmehr, das System friedlicher Abmachun gen aus ganz Europa zu erstrecken. Mit nahezu allen unseren Nachbarstaaten haben wir weitgehende Schieds verträge abgeschlossen oder stehen in sortgeschrittenen Ver handlungen mit ihnen darüber. Welch eine andere euro päische Großmacht kann ein gleiches Bekenntnis zur Schiedsidee aufweisen? Diese Idee istBasisunserer Friedenspolitik. Darüber hinaus ist Deutschland traft seiner geographischen Lage der gegebene große Mittler und die Brücke zwischen Ost und West. Man vergesse auch das eine nicht: gegenüber der früheren völlig aggressiven Haltung Rußlands gegenüber dem Völkerbund ist die Hinnahme der deutschen Erklärun gen über seine friedensichcrnde Tendenz auch ein Stück politischer Evolution und kann Grundlage künftiger Ent wicklung sein. Wir haben ein ganz bestimmtes Ziel euro päischer Entwicklung vor Augen. Wir verfolgen es gerad linig und ohne Schwanken. Wir wissen, daß wir Macht politik nicht treiben können, aber wir wollen in der Politik der Friedenssicherung unseren eigenen Weg gehen. Wer guten Willens in der Welt dasselbe Ziel ver folgt, kann und muß uns unterstützen. Er möge, so schloß Dr. Stresemann, nur Verständnis dafür aufbringen, daß neben dem Wunsch der Friedenssicherung für alle Völker dieser Weg gekennzeichnet ist durch die Lebensinteressen Deutschlands. Die Liquidationen in poLen. Eindeutsches Memoire. Am 15. April hatte die polnische Gesandtschaft in Ber lin dem Auswärtigen Amt ein umfangreiches Melnoire der polnischen Negierung über die Liquidationsverhand lungen übergeben. Die polnische Regierung beharrte dar auf, daß sie aus prinzipiellen und tatsächlichen Gründen auf die Durchführung der im Gange befindlichen Liquida tionen nicht verzichten könne, und erklärte, daß sie bis zum 1. Mai ihr früheres Angebot ausrechterhalte, wonach sic bereit wäre, das noch nicht von der Liquidation ergriffene Eigentum gegen eine entfprechende deutsche Gegenleistung freizugeben. Aus den früher von der polnischen Delega tion vorgelegtcn Listen hatte sich ergeben, daß es sich hier bei nur um eine» geringfügigen Nest handelte, der als Ber- handlungsobjclt nicht inBetracht kommen könne. Das Auswärtige Amt hat am 28. April der Berliner polnischen Gesandtschaft seine Antwort auf dieses Me moire mitgeleilt. Darin wird nochmals eingehend dar gelegt, daß das polnische Angebot für eine Verständigung nicht genüge, und daß es für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern von größter Wichtigkeit fei, den Li- quidationen allgemein ein Ende zu machen. Das deutsche Memoire weist ferner darauf hin, daß die polnische Re gierung in den letzten Wochen überetwa 50 Objekte, die in den Freigabelisten stehen, neue Liquidations- verfahren eingeleitet habe. Da sie gleichwohl ihr An gebot in vollem Umfange aufrechterhalte, ergäbe sich, daß sie bereit wäre, das Liquidationsverfahren in diesen Fäl len einzustcllen. Wenn die prinzipiellen uns praktischen Bedenken gegen die Einstellung schwebender Liquida- tionsversabren in 50 Fällen zurückgestellt werden könnten, müsse das doch Wohl auch in den übrigen Fällen möglich sein. Die deutsche Regierung glaube sich daher mit den1 Scheitern ihres Verständigungsvcrsuches noch nicht abfinden zu können, sondern richte noch einmal das d r i n- gende Ersuchen an die polnische Regierung, ihre Einwendungen gegen die völlige Aufhebung der Liqui- datiouen im Interesse des künftigen Verhältnisses fallen zu lassen. Bluiige Maifeiern in Polen. Sonst ruhiger Verlauf. Bei den Maifeiern in Warschau kam es mehrfach zu schweren Zusammenstößen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten. Als Opfer der Ausschreitungen wur den bisher insgesamt 4 Tote und 3V Verletzte ge zählt. In Neuhof kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und den Kommunisten, die in das Rathaus eindringen wollten. Die Menge wurde von der Schutz- mannschaft durch eine Salve ausciuandcrgetrieben. Eine Person wurde hierbei getötet, 14 verletzt. Auch in Wilna kam es gelegentlich der Maifeier zu Schlägereien, in deren Verlaus eine Person ernstlich verletzt wurde. Sonst sind die Maifeiern sowohl in Deutschland wie im Ausland ruhig verlaufen, überall, wo der 1. Mai gefeiert werden durfte, fanden große Arbeiterkundgebun gen statt, teilweise ruhte der Verkehr, in Prag waren so gar die Läden geschlossen. Mimatum an die Meute. Paris. Nach einem offiziösen Kommunique hat du franzö,ische und die spanische Delegation in Udjda den Rif- leuten bekanntgegeben, daß die beiden Regierungen am 7. Mai ihre volle Aktionsfreiheit wieder erhalten würden, falls nichl bis zu diesem Zeitpunkt die im Nifgebiet znriickgehaltenen Ge fangenen und die Mohammed Aserkan am 11. April über gebenen Bedingungen grundsätzlich angenommen würden. !e ilk clitsl Wl Dr. Stresemann über den Berliner Vertrag. Verwahrungen des Reichsaußen Ministers Reichsaußenminister Dr. Stresemann machte einem Pressevertreter folgende Darlegungen über den deutsch- russischen Vertrag: . Die deutsche Außenpolitik muß in erster Linie Frie denspolitik sein, Friedenspolitik nach allen Seiten. Aber wenn wir Außenpolitik mit dem Westen und mit dem Osten machen müssen, so bedeutet solche „zweiseitige Politik" doch nie und nimmer zweideutige Politik! Die Grundlinie unserer Politik ist in beiden Fällen der Frieden, und diese Linie haben wir von jeher mit aller Klarheit verfolgt und werden sie weiter verfol gen. Auf dem Wege unserer Friedenspolitik liegt das Dawes-Abkommen, liegt der Vertrag von Locarno und unsere Anmeldung zum Völkerbund. Alle diese politi schen Akte bezwecken, das Verhältnis eines wahren Frie dens zwischen uns und den anderen Staaten, den der Vertrag von Versailles doch nicht gebracht hat, herzu stellen. Es liegt jedoch in der Natur der Dinge, daß diese Politik, die sich mit dem Westen beschäftigt, für uns sozu sagen mehr tägliche Arbeit bringt. Denn die großen Pro bleme lösen sich praktisch stets in eine Unzahl Fragen kleiner und kleinster Art auf, die man bewältigen muß, um einen Schritt vorwärtszukommen. Ein gleicher müh seliger Weg war für die Politik gegenüber dem Osten nicht notwendig. Aber weder der Vertrag von Rapallo und der Berliner Vertraa »och die Schritte, die wir iu Englands Bergbautn'se. . . Acht Monate hat England versucht, die wichtigste ^iner Industrien durch Staatszuschüsse zu erhalten. Man bat geglaubt, daß diese Subvention an die Be sitzer der Kohlengruben nur eine vorübergehende Maßnahme bleiben würde. Es ist auch gelungen, den Preis für die englische Kohle nicht unbeträchtlich zu senken, >o sehr, daß sie sogar im deutschen Binnenlands Hilliger war als die rheinisch-westfälische Kohle. Gelungen war es auch, den Export der englischen Kohle recht erheblich zu steigern. Und das war eine Lebensfrage für den englischen Handel. Freilich, die goldenen Zeiten find vorbei, als England die halbe Welt mit Kohlen ver sorgte; der Rückgang des Kohlenexports war schrecken erregend groß geworden. Zwanzig Millionen Tonnen weniger als 1913 hatte man 1924 exportiert. Ein wenig veyer wurde es in jener Zeit, als durch die Negieruugs- fttvvention die Defizitwirtschaft im englischen Bergbau gemildert worden war. Diese Subventionspolitik hat die englische Regie runa eine erkleckliche Summe gekostet. Offiziell wird zu- das; mindestens 200 Millionen in diesen sieben mimiate» von der Regierung hergegeben worden sind, mabrscheinlich ist aber die Gesamtsumme doppelt so hoch, "rotzdcm war die englische Negierung bereit, diese Sub - vVutionspolitik fortzusetzen. Eine besondere Koblenkommissiou hatte über den -Zustand und die Zu kunft der englischen Kohlenwirtschast vor em paar Wochen einen Bericht abgestattet, der dahin ging, daß nur jene Kohlengruben in Betrieb bleiben sollen, die über die modernsten Einrichtungen verfügen. Stillgelegt wer den sollte alles, was unrentabel ist — nur sträuben sich hiergegen natürlich die Bergarbeiter. Die Grubenbesitzer andererseits stehen auf dem Stand punkt, daß eine Lohnkürzung zahlreiche Gruben wieder rentabel machen würde„ und sie haben daher für den 1 Mai die Lohnkürzung angekündigt. Die Antwort der Beroarbeiterschaft ist die gewesen, sich diese Lohnkür zung nicht gefallen zu lassen. Aber die Berg herren denken nicht daran, nachzugeben. Die Konzen tration, die wir m Deutschland übrigens in letzter Zeit unter vielen Schmerzen durchgesührt haben, muß auch in England durchgefuhrt werden. Die Kohle ist ja längst uicht mehr das einzige Heizmittel; nicht mehr ist Herr- scher der Welt, wer Beherrscher der Kohle ist. Die Wärmewirtschaft hat andere Pfade eingeschlagen. In folgedessen sind die Kohlengrubenbesitzer, auch die eng lischen, keineswegs auf Rosen gebettet. Und allein mit ^"Echer Unterstützung sich rentabel zu erhalten, und A i/ner Unterstützung bisweilen nicht einmal, l o Dauer unmöglich. basiert darauf, daß die AE«' ^?Er.""ch England transportieren, unbedingt !ümÄb dort Rückfracht zu erhalten: ! Auch das ist zu einen: guten Teil vorbei; namentlich das amerikanische Geschäft Englands ist von den Vereinigten Staaten zu einem großen Teil geschluckt worden Wenn jetzt der Bergarbeiterstreik den Kohlenver- anderswo hemmt, dann mögen die englischen Absatzmöglichkeiten auch aus anderen Märkten vielleicht «uf die Dauer geschädigt werden. b dw Arbeiterschaft Anlaß hat, die eng- llichen Streikenden irgendwie zu unterstützen, ist jeden- falls zweifelhaft. Es wird nämlich von solcher Unter stützung schon gesprochen. Man soll nicht vergessen, daß vor drei Zähren, als der Ruhreiubruch unsere Kohlen produktion stillegte, der englische Kohlenbergbau der spende Dritte war und auf unsere Kosten ein gutes Geschäft machte. * Abbruch des englischen Berg arbeitet streiket. Landon ergebnislos" den Bergarbeitern sind in offiziell bekanntgegeben, Es wurde wurde Die Kündigung d°s r-, m.^''"guug nicht erzielt . Glejchzeitia beoa,.,, ^NlibkommenS tritt somit Ins Un,e,I,m,s »--uftn u°d S-n^ sor herbeigeholt, um den Vorsitz jm Sur Verhättgung Von Notstandsmaßn a b m e n zuständig ist, zusühren. Der Geheime Nai erteMe dem Kabinett alle Vollmachten für das Inkrafttreten c „es in dustrielle,l Notstandsgesetzes. Ferner ergingen durch das ^ohlfahrtsministerlum die entsprechenden Anweisungen alle Stadtbehörden und Grafschaftsrate für das Eiu- HMeu der Technischen Nothttfe. ^m Falle der weiteren ,7sdehnunq der Arbeitseinstellung auf andere Industrie. Zweige soll der Kern der Technischen Nothilfe durch Rckru. Lirung von Freiwilligen nach einem bereits früher den Fehörden übermittelten Plane ergänzt werden zwecks "'sirechterhaltung aller lebenswichtigen Betriebe Nr 102 — 85 Jahrgang. rci.gr «dr : .«mt-bian England vor dem Generalstreik. Verhängung des Ausnahmezustandes. steht vor ernsten Ereignissen. Der jetzt aus- lch„k?Aene Bergarbeiterstreik droht das ganze Wirt- ueben in Enaland lahmzuleaen. Eine Konferenz Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, .Wilsdruff«« Tageblatt- erscheint täglich nach». S Uhr für de» T-g. Bezugspreis: Ser Abholung in d« LeschLslsstelle »nd den Ausgabestellen 2 Md. im Manat, bei Zustellung dnrch die Boten 2,30 Md., bei Postdestellun, < Md. zuzüglich Abtrag. . gebühr. Einzelnummern »v,g. «lleP-st-nstalten Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend Postboten und unsere An, «Iger »nd Geschäftsstellen ' u nehmen zu jeder Zeit Be. WeDulllgcn entgegen. 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