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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- Prei« 22j Sgr. (f Thlr.f vierteljährlich, 3 Thaler für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. a g a für die des z i n Ausla Man pränumerirt auf diese» Beiblatt der Allg.Pr. StaaiS- Zeitung in Berlin in der Expedition «Mohren - Straße Rr. 34); in der Provinz so «je im Auslände bei de» Wohllöbl. Post - Aemtern. 123. Berlin, Montag den 14. Oktober 1833. England. Eitles ok Illv Osrgvan.-orai. (Geschichten aus dem Kara- vanserai.) Von I. B. Frazer. Des Lhan'S Erzählung. London, 1833. Herrn Leilh Ritchie'« Romanen-Bibliothek, welche jetzt alle zwei Monate erscheint, fängt an, bessere Sachen als bisher zu liefern. Das vorliegende Werk des Heirn Frazer ist eine orientalische No velle voller Anmutb und Abenteuer und in dem wahren Geiste jener reiche» und poetischen Literatur geschrieben, welche das au«zeich- ncndc Merkmal des Ostens ist. Die Geschichte ist reich an Ereignissen, wenn sie auch eben nicht mit großer Kunst an einander gereiht sind; die Cbaraktcre sind gut gezeichnet, und eine ausgebreilele Kenntniß der Sitten und Gebrauche des Orients ist darin unverkennbar. Liebe und Krieg geben den Stoff zu den Haupt-Scenen her. Vielleicht kommen zu viele Kämpfe in dem Buche vor; der Leser möchte wohl mitunter der vielen Gefechte müde werden, die vor seinen Augen Vorgehen; allein der besondere Charakter des morgcnländischen Ril- terlhum«, welcher hier so genau und in so scharfen Zügen beibehal- te» ist, giebl den häufigen Raufereien so viel Abwechselndes, daß man die österc Wiederkehr derselben nur in der Anlage des Buchs selbst unpassend findet. Herrn Frazer S Bekanntschaft mit den Sit ten des Ostens und der äußerlichen sowohl als inneren Charakteristik der Gesellschaft im Morgenlande erstreckt sich weiter als die irgend eines anderen Schriftstellers unserer Tage. Er ist kein bloßer Nach ahmer des allegorischen Stils, der leidenschaftlichen Sprache, Les glänzenden Worrgepräitges des Orients, sondern ein treuer Maler der Gebräuche, Sitten, Borurtheile, des Aberglaubens und der con- ventionnellen Einrichlungcn jener Gegenden. Er malt jede Klasse des Volk« mit gleicher Treue und in den kleinsten Zügen und ent wirft ein so lcbenstrcues Gemälde der verschiedenen Stämme und Nationen, daß er, während er eine angenehme und unterhaltende Erzählung schreibt, seine Leser in der Tbat mit Kenntnissen in einem Gebiet bereichert, welche sie nur an Ort und Stelle selbst hätten sammeln können. Der Eingang der Geschickte bekundet sein Talent für Schilde rungen auf eine glänzende Weise. Die fünf Reisenden stnd wie aus dem Leben gegriffen, und die Genauigkeit, mit welcher ihr Kostüm gezeichnet und kolorirt ist, beweist, daß Herr Frazer seine Kcnnlniß nicht aus Büchern allein geschöpft hat. Wir «heilen einige Auszüge als Probet! mit: ,, Gegen das Ende eines bleichen und trüben Dezember-Tage«, als das kärgliche Licht, welches die Jahreszeit gestaltete, noch durch den heftig webenden Wind geschwächt wurde, eilten fünf berittene Reisende durch die kahle und ausgedehnte Ebene hin, indem sie ihre erschöpften Thicre gegen den scharfen Wind antrieben, welcher in wilden Stößen über die Fläche hinfuhr und cS ihnen sehr sauer machte. Der Auszug dieser Reisenden verrieth eine lange und müh selige Wanderung, und die unbehaglichen Blicke, welche sie zu den dicken Wolken emporwarsen oder in die Ferne richteten, um die Dunkelheit zu durchdringen, welche sich immer dichter aus ihren Pfad legte, vcrrietb ihre Sehnsucht, irgend ein Obdach zu erreichen, ehe Sturm und Nacht sie wirklich überfielen. Der erste Reisende war ein Mann über die mittleren Jahre hinaus, von mächtiger und athletischer Gestalt, dessen strenges und würdevolle«, doch nicht unangenehmes Gesicht das ernste Gepräge eines Kriegers trug. Ein schwarzer buschiger Barl verbarg seinen Mund fast gänzlich, seine große und vorstehende Nase und schattigen Angenbraunen verkündeten eine Festigkeit und Entschlossenheit, welche das sunkelndc und forschende Auge, da« unter denselben bcrvorblickte, vollkommen bestätigte. Aus seinem Haupte trug er die Kuzzil Basch- Mütze, die noch vor kurzem unter dem furchtbaren Nadir der Schrek- ken, der Feinde Iran« war; allein sie war, gleich jener Eroberer-Fa milie in dem Zustande ihres Falle«, jetzt schmutzig und von dem Hauch de« Ungemach« besudelt. Sein Leib war in einen weiten Ba- roni, oder Nock von Scharlachluch, gebullt, mi, abgetragenem Pelz verbrämt und mit goldener, jetzt verblichener und' fadenscheiniger Stickerei verziert.- Eine kleine, aber schwerfällige Lunienslinie hing über seinem Rücken, deren Schloß sorgfältig mit einen, seidenen Tuche lnnwickelt war, um cs vor der Nässe zu schützen. Ein krummer Sä- del hing an seinem Kurt, doch zur linken Hand blickie unter der Satteldecke noch der Griff eines anderen breiten Schwerdte« hervor, welche« so zur Hand hing, daß es jeden Augenblick gezogen werden konnte. Zn seinen Halftern steckten ein Paar lang gezogene Türki sche Pistolen, zwar von roher Arbeit, aber treu und bewährt; er selbst ritt rin mächtige« Roß von jener bewundernswürdigen Race, welche in den Wüsten östlich vom Kaspischen See gezogen wird. Der zweite der Gruppe rill zwar neben seinem Anführer, hielt sich aber dennoch immer einen Schrill hinterwärts, gleichsam den Vorzug de« anderen anerkennend, dennoch aber mit jener Vertrau lichkeit, die unter Waffengefährlen statlzufindcn pflegt, denn auch er war ein Krieger, obgleich sein Ansehen und Auszug einen niedrige ren Rang «„zeigten. Er war jünger, behender und mehr zur schnel len Bewegung geeignet al« der andere. Dec gutmüthige Au«druck seines dunkeln sonnegefchwärzten Gesichts milderte einigermaßen den Zug von schelmischer Frechheit, welcher seine Verbindung mit dem Hofe verrieth, und der da« unfehlbare Gepräge eine« Gholaum- e-Schakie ist. Ein Baschlog oder breiter Filzhul bedeckte ihm Kopf und Schullern, und eine dicke wollene Juba umhüllte seinen eng anschließenden Ormah oder Ncilrock. Auch er war von Kops bis Fuß bewaffnet, trug Säbel und Karabiner und Pistolen und Dolch in seinem Gurt. Der Drille lrug da« bescheidene Gewand derer, welche dem ge- lehrlen Stande «»gehören. Der große dunkelgrüne Turban, der braun und grau gestreifte Abba oder Arabische Mantel, der über einem Rock von dickem, braunem, wollenem Tuch hing und über der Brust kreuzweise befestigt und mit einem großen grauen Kcrman- Shawl umgürlet war, der lange, glatte, wohlgekämmte Bart, das volle hervorstehende graue Auge, das blaffe Gesicht und ein Ansehen nichtssagender Wichtigkeit ließen keinen Zweifel, daß er ein ehrwürdiger Mullah, irgend ein Priester oder Doktor der Lehre Les Islam sey. Allein die Würde seines Anzuges und seiner Haltung baue durch den scharfen Wind grausam gelitten, und das rastlose Umherblicke» seines unruhigen Auge« verkündete etwas ganz Andere« als die be dächtige und philosophische Ruhe eines Heiligen oder Weifen, der bereits einen Borschmack von den Freuden des Paradieses hat. Er ritt auf einem großen starken Esel von der berühmten Zucht von L'haffa in Arabien, welche, obgleich von den edlen Rossen de« Lan des «>> Schnelligkeit übertroffen, ihnen doch an Ausdauer und sicherem Schritt nichts nachgebcn. Der Mullah, fast beständig in seinen eige nen Betrachtungen oder Besorgnissen verlieft, ritt ein Paar Schritte hinter de» Anderen, doch nah genug, um mit einem Spornstich ne ben ihnen zu sepn und an dem Gespräch Theil zu nehmen, wenn eS erfordert wurde. > Der Vierte von der Gesellschaft, ein rauher Veteran mit einer furchtbaren Schmarre über dem Gesicht, nicht weniger gut bewaffnet als die klebrigen, trug einen schmutzige» grünen Oemah und eine grobe Tartarischc Mütze und rill ein großes kräftiges Roß. Seine Kleidung und sein Anstand bezeichneten ihn al« einen jener Klasse von Dienern, die man im Persien Jcludar« nennt. Er ritt hinter den Andere», trieb jedoch von Zeil zu Zeil sein Pferd bi« zur Seite sei ne« Anführer«, dem er einige Worte sagte, oder er mischte sich auch mit einer Bemerkung in das Gespräch, nach Art verlrauler Diener. Ganz zuletzt sah man aus einem Haufen Gepäck, welche« die Ladung eines starken Maulchieres ausmachtc, einen Man» sitzen, in einen alten Postien oder Schafpelz gekleidet, der mit der stumpfen Behag lichkeit eine« niederen Knechte« sich aus seinem Sitz wiegte." — Die Schwierigkeit muß nicht gering gewesen sepn, eine lange Geschichte in einem Styl zu halten, dessen Ausdruck von dem unse rigen so verschiede» ist, die gewöhnliche Sprache der Beschreibung und Erzählung in eine Art poetischer Prosa zu verwandeln; allein Herr Frazer scheint sich in dieser eben so eigcnlbümlichen al« kunst vollen Manier mit der größten Leichtigkeit zu bewegen. Da« Haupt- Interesse beschränkt sich eigentlich aus drei Personen, den Prin;en Rczza-Kulih, die Prinzessin» Gulcpaz, seine Schwester, und die Prin zessin Leilab, seine Braut. Die hingehende Liebe der Prinzessin Ku- levaz sür ihre» Bruder macht eine äußerst schone Episode, und die beständigen Drangsale der Liebenden, da die Brant von den Bewer bungen eines kriegerischen Häuptlings verfolgt wird, aus dessen Hän den Rczza-Kulih sic befreit, eine Reihe von Widerwärtigkeiten und Unfälle», welche unseren moderne» Empfindlcrn da« Herz dre cken würdci!, stillen, nebst einem Panorama von Wanderungen durch die Wüste, wilden Abenteuern und bewundernswürdigen malerischen Darstellungen den übrigen Theil de« Bandes. Eine Skizze von einem Einsiedler und seiner einsamen Wohn stätte wird uns einen Begriff von dem G ist dcs Werke« geben: „Zur Zeil, in welche unsere Erzählung fällt, konnte, die Durgah