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o p. 95 entstand »lnillnarrr~TOMio des Konzerts für und mache die Schlußsatz saß. Immerhin Amerika, die er ein gan- Dr. habil. Dieter Hartwig das aus die von Der 1. PHILHARMONISCHES KONZERT 1978/79 Antonin Dvoraks?, und letzteSinfoniee-Moll 1893 in New York während des Amerikaaufenthaltes des tschechischen Meisters. Er war 1892 in die „Neue Welt" gekommen, um drei Jahre lang als Direktor des Konservatoriums in New York tätig zu sein. Die Rationalität und Betriebsamkeit des amerikanschen Lebens, die neuen Maschinen, Wolkenkratzer usw. machten großen Eindruck auf Dvorak, der sich gewiß gerade auf die Gestaltung des ersten und letzten Satzes der 9. Sinfonie, seines ersten „amerikanischen" Werkes, aus gewirkt hat. Besonders wichtig jedoch waren die menschlichen Begegnungen für Dvorak, seine Berührung mit den schlichten Liedern der Ureinwohner Amerikas, der Indianer, und mit den Gesängen der Neger. Ein Widerhall dieser amerika nischen Volksmusik ist in der Partitur der Sinfonie „Aus der Neuen Welt" unmit telbar festzustellen, ohne daß der tschechische Meister irgendwelche fremden Melodien verwendet hätte: „Ich habe von keiner dieser Melodien Gebrauch ge macht. Ich habe nur eigene Themen geschrieben, denen ich die Besonderheiten der Indianermusik verlieh. Indem ich diese Themen zum Vorwurf nahm, habe ich sie mit allen Errungenschaften der modernen Rhythmik, Harmonik und Kontra punktik sowie des Orchesterkolorits zur Entwicklung gebracht." Die Uraufführung der Sinfonie erfolgte am 16. Dezember 1893 in der New Yorker Carnegie Hall unter der Leitung von Anton Seidl, einem Freunde Richard Wagners. Als Dvorak von den amerikanischen Kritikern als „Erfinder der ameri kanischen Musik" gepriesen wurde, entgegnete er mit dem ihm eigenen Humor; „Es scheint, ich habe ihnen den Verstand verdreht! Bei uns zu Hause wird man VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 7. Oktober 1978, 20.00 Uhr (Außer Anrecht) Sonntag, den 8. Oktober 1978, 20.00 Uhr (AK/J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Carl von Garaguly, Schweden Solist: Zoltän Kocsis, Ungarische VR, Klavier Werke von Sibelius, Liszt und Berlioz gängern unterscheidet, ein Werk des Abschieds. „Es ist das musikalische Gegen stück Mozarts brieflicher Bekenntnisse, daß das Leben jeden Reiz für ihn verloren habe", sagt Alfred Einstein in seinem Mozart-Buch. „Er hatte zwei furchtbare Jahre hinter sich, Jahre der Enttäuschung in jedem Sinne, und das Jahr 1790 war noch furchtbarer gewesen als das Jahr 1789. Und er lehnt sich nicht mehr auf gegen sein Schicksal wie in der g-Moll-Sinfonie, zu der dies Konzert eine Art Komplement ist, und nicht bloß in der tonartlichen Beziehung . . . Die Re signation bedient sich nicht mehr lauter oder starker Ausbrüche; alle Regungen der Energie werden abgewiesen oder abgedämpft; aber um so unheimlicher sind die Abgründe der Trauer, die in den Schattierungen und Ausweichungen der Harmonik berührt werden . . . Dies letzte Klavierkonzert ist auch wiederum ein Werk letzter Meisterschaft in der Erfindung — Erfindung von jener uns be kannten .zweiten Naivität', reichster und innigster Beziehung zwischen Solo und Tutti, des transparenten Klanges, der Verschmelzung von .Galant 1 und .Gelehrt’. Sie ist so vollkommen, daß die Frage des Stils wesenlos geworden ist. Der Ab schied ist zugleich die Gewißheit der Unsterblichkeit." In diesem Werk hat Mozart eine einzigartige Einheitlichkeit und Verinnerlichung seiner Tonsprache erreicht. Vom Solisten wird wie stets eine glänzende Technik gefordert. Doch im Vordergrund steht die musikalische Gedanklichkeit, deren Entwicklung auch das schon an Beethoven gemahnende Dialogisieren zwischen Soloinstrument und Orchester dient. Gleich der Beginn des Konzerts durchbricht den Rahmen damals üblicher „Gesellschaftsmusik": ein lyrisch-versonnenes B- Dur-Thema, dem unerwartet ein scharfer Bläserruf antwortet. Resignation und Schwermut hegen über diesem Satz wie über dem ganzen Werk. Unve-mittelt ein tretende Moll-Partien verstärken diesen Zug. Konfliktreich gestaltet sich die Durchführung: Streicher und Bläser konzertieren gegen das Soloinstrument. Mit einer überraschenden Modulation tritt die Reprise ein. Verklärt-träumerische Innigkeit kennzeichnet das romanzenhafte Larghetto. Von einzigartiger Wirkung ist es, wenn das Hauptthema vom Solisten schließlich aufgegriffen, von Flöten und Violinen mitgespielt wird. Das Refrainthema des verschleiert-fröhlichen Rondo-Finales hat Mozart wenige Tage nach der Fertigstellung das Lied „Sehnsucht nach dem Frühling" (Komm lieber Mai Bäume wieder grün) noch einmal verwendet. begreifen, was ich meinte!" In der Tat: Dvorak ließ mit der Sinfonie „Aus der Neuen Welt" eines seiner besten und zugleich typisch tschechischen Werke in die Welt hinausgehen, das seitdem zu den volkstümlichsten, beliebtesten Schöp fungen des internationalen sinfonischen Repertoires gehört. Eine schwermütige, langsame Einleitung ist dem ersten Satz vorangestellt, aus der sich zunächst zaghaft, dann immer bestimmter der Hauptsatz (Allegro molto) mit seinem zweiteiligen markanten Hauptthema, eine plastische Dreiklangs- Melodie entwickelt. Freudig bewegt ist das zweite Thema, vom ersten abgeleitet. Dieses Material bildet die Grundlage des einfach, übersichtlich und vor allem mitreißend gestalteten Satzes. Einen der schönsten langsamen Sätze der sinfonischen Weltliteratur stellt anschließende Largo dar, das durch die Szene eines Indianerbegräbnisses Longfellows Epos „Hiawatha" angeregt wurde. Das Englischhorn stimmt ergreifende, melancholische Trauermelodie an, die Klage über den Tod Hiawathas treuer Gefährtin Minnehah. Das Largo ist dreiteilig angelegt. Mittelteil weist eine glechsam indianische Intonation auf, ist erregter in seiner Haltung und führt zu einem feierlichen Gesang der Holzbläser. In großer Stei gerung erklingen schließlich die Hauptthemen des ersten Satzes, bis dann wie der die erhabene Klage des Anfangs einsetzt. Nach dem gedankenreichen Largo führt uns das Scherzo (Molto vivace) in eine gänzlich andere Welt. Wieder liegt ein Bild aus Longfellows Dichtung zugrunde: der Festtanz der Indianer zur Hochzeit Hiawathas. Ein rhythmisch akzentuiertes, harmonisch geführtes Thema charakterisiert den Indianertanz. Ein anmutger, lyrischer Mittelteil mit walzerartigem Rhythmus löst die lebhafte wirbelnde Be wegung ab. In der Überleitung zum Trio erscheint unvermutet das Hauptthema des ersten Satzes. Nun erklingt eine echte tschechische Tanzmelodie mit lust ; gen Sprüngen und zarten Trillern der Holzbläser - Ausdruck sehnsuchtsvoller Erin nerungen des Komponisten an seine Heimat. Eine strahlende Coda krönt die Wiederholung des Scherzo-Hauptteiles, in der das Hauptthema des ersten Satzes von den Hörnern kraftvoll vorgetragen wird. Zart klingt sodann der Hochzeits tanz aus. Einen freudig erregten, ungestümen, aber auch erhabenen Charakter hat das Finale (Allegro con fuoco). Marschhaft, energisch ertönt zugleich das Haupt thema, das im weiteren Satzverlauf mit den Hauptthemen aus den vorangegan genen Sätzen verbunden wird. Nicht nur Empfindungen über die „Neue Welt”, sondern auch Gedanken an die ferne, geliebte Heimat sind in diesem schwung vollen, mitreißenden Satz dem Komponisten aus der Feder geflossen, der gerade mit besonders starkem Heimweh über der Arbeit am erwartete er zu jener Zeit die Ankunft seiner Kinder in zes Jahr nicht gesehen hatte. Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1978/79 - Chefdirigent : Prof. Herbert Kegel Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2.850 T. ItG 009-57-78 EVP 0,25 M