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Die Havas-Agenkur meldet aus Gens: Der Völkerbundsrat hat beschlossen. dahLhamberlain in seiner Eigenschaft als Berichterstatter der politischen Kommission morgen der Voll versammlung des Völkerbundes vorschlagen solle, die Aufnahme Deutschlands und die Frage der Erweiterung des Völkerbundsrates bl» ,um Seplemberzuvertagen. <w. I. V.f Szenenwechsel von Slun-e zu Stunde. Die Entwicklung der letzten Phase der Genser Verhand lungen bi« »um endgültigen Bruch wird durch solgcndc Meldungen gekennzeichnet: Ge«s. 1«. Mär». Um « Uhr abends verlautete von «atzgebender Seite, daß die Ansnahmc Deutschlands i» den Völkerbund infolge dcS brasilianischen «etoS biS »um Herbst vertagt werde. Knrz nach dem Bckanntwerden dieser Nachricht, die natürlich daS grüble Aussehen erregte, ergab sich jedoch die Möglichkeit eines nochmaligen Versuches, vrasilie« um» »stimmen. Angcnblicklich finden Be sprechungen »wischen den Alliierten und Brasilien statt, aus die man die letzten Hoffnungen setzt. Eine maßgebende Persönlichkeit erklärte der Tclcgraphcn- Union: Die Ereignisse sind in Fluß. Die Verhand lungen dauern an und von B t e r t e l st » » d c » u B i e r t el- stunbeändcrtstchdaSVild.sv das, sich im Augenblick noch nicht mit Bestimmtheit sage» läßt, ob die Aufnahe noch in dieser Tagung erfolgt oder ob das gesamte Problem aus den Herbst vertagt werden wird. Sollte cS wirklich «och gelingen, Brasilien «mznstimmcn, so würde cS bei der heute fcstgclcgten Einigung bleiben, dab die Tschccho- Slowakei und Schweden ans dem Rate ansschcidcn, Polen und Holland an ihre Stelle treten und Deutsch land seinen ständigen Natssitz erhält. Englischer Gegenbefehl. Berlin, 16. Mär». Die Nachrichten, die in den Abend stunden aus Gens in Berlin eingctrosfen sind, lauten nach wie vor ernst. Nachdem der Besuch ChambcrlainS und BriandS bei Luther und S t r e s e m a n n »»nächst das Ergebnis »u haben schien, das, die Vollversammlung biö in d en Herbst vertagt wird, trat gegen 7 Uhr abends wieder eine Wendung ein, die darin bestand, daß der eiiglischc Pressechef im Auftrag Ehambcrlains erklärte, daß eine Vertagung dcS Völkerbundes nicht mehr beabsichtigt sei. Man glaube, das, die Vollver sammlung morgen doch stattstnden wird, nachdem derer- neute Einspruch Brasiliens zurückgezogen sei. Vorläufig liegen aber hier noch keine Mitteilungen darüber vor, daß Brasilien dies tun wird; vielmehr bleibt die Aussicht bcstchcu, dah an den süd- amerikanischen Staaten die ganze Locarnopolitik scheitert. Der Derlagungsanlrag angenommen. Genf, 10. März. Wie der Sonderberichterstatter des N. T. B. aus Kreisen der fremden Delegationen erfährt, soll am Schlutz der heutigen nichtofsizicllcn StatSsitzung eine Ab stimmung über die Frage der Vertagung des deutschen Ausnah meantrages und der damit zu sammenhängenden Angelegenheiten vorgenommen worden sein, bei der sich sieben Natsmitglieder für und drei gegen die Vertagung ansgesprochcn lmtten. Als die drei letzte» Ratsmächte werden Belgien, Schweden und Japa » genannt. Daß auch die VerhandlungSführer der Hauptmächte jede Hoffnung aus einen günstigen Umschwung der Loge so gut wie anfgegeben haben, zeigt deutlich der Inhalt des folgenden amtlichen Kommuniques, das in später A de,rd stunde aus- gegeben wurde: Die Locarno-Derlräge -leiben in Krasl. Das Kommunique der Locarno-Mächte. Gens, IS. März. Heule abend wurde folgende amtliche Mitteilung der an den Loearno-Verlrägen beteiligten Mächte bckanntgcgeben: Die Vertreter von Deutschland, Belgien, Frank reich, Großbritannien und Italien haben sich heute vereinigt, um die Lage zu prüfen, wie sie sich anS den ansgetauchtcu Schwierigkeiten des Versahrens ergibt, die sich der Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele cutgegenstellen. Sic stellen fest, das, sie im Begriffe waren zu einer Ucbereinstimmung zn gelangen nnd die Hindernisse zu überwinden, die zu einem gegebenen Zeitpunkt unter ihnen entstanden waren. Falls, wie zu befürchten ist, die eingangs erwähnten Schwierigkeiten iortbcftehc« sollten, würde» die Vertreter, der siebe« Siguatarmächte deS Protokolls von Locarno bedauern, daß sie i» gegen wärtigen Augenblicke das von ihnen äu ge strebte Ziel nicht erreichen können. Sie stellen jedoch mit Befriedigung fest, daß daS Friedcnswerk. das sic in Locarno verwirklichten nnd das in seinem ganzen Wert und in seiner Kraft de« stehen bleibt, dadnrch nicht berührt wird. Sie halte» daran sest, heute wie gestern, und sind seft ent schlossen, sich gemeinsam dafür cinzufetzcn. cs ausrcchtzucr» halten nnd sortzucntwickcln. Sie bleiben bei der Ueber» zeugung, Last bei der nächsten Buudcsvcrsamm, lung die gegenwärtigen Schwierigkeiten überwunden sein werden und dass die Verständigung, die hinsichtlich der Vor aussetzungen für den Eintritt Deutschlands in den Völker bund erzielt worden war, verwirklicht werden wird. lWTB.j Genf, l». März. Die nichtoffizlellen RatSbesprcchungcn ginge» heute abend um 7,30 Uhr zu Ende. Chamberlain begab sich darauf sofort ins -Hotel „Metropole" zu den deutschen Delegierten. Um 8,1!; Uhr erschien auch Briand, um an der Besprechung teilzunehmrn. Der englische und der fran zösische Delegierte verließen gemeinsam um 8.30 Uhr wieder das Hotel. sWTB.» « Ueber die Auffassung zu der auS dem amtlich vereinbarten Kommunique sich ergebenden Lage erfährt der Sonderbericht erstatter des W. T. B. aus Kreisen der deutschen Delegation, daß es für die Beurteilung des NtchtvollzugcS des deutschen Eintrittes wichtig sei, daß dieser negative Ausgang aus einer Schwierigkeit des Verfahrens hcrvorgche, die nicht vorher gesehen werden konnte. ES wird dabei ausdrücklich festgestcUt, baß die vorher bestehenden Hindernisse, mit denen man sich u. a. noch heute vormittag befaßt hatte, beseitigt waren. Die Ursachen des negativen Ausganges sind daher außerhalb der Locarnomächte bei einem südamerika- nischen NatS Mitglied zu suche». Die deutsche Dele gation vermeidet cS jedoch, ihrerseits die Schulbfrage näher zu erörtern und überläßt cs der Meinung der Welt, die Schlüsse zu ziehen, auf denen ihre Entscheidung beruhen wird. Bestürzung in Völkerbunöskreisen. Keule Abreise -er Deulschen. Gens, 17. März. In den Nachmittags- und Abendstunden machte sich eine außerordentlich starke Erregung in den Kreisen sämtlicher Delegationen bemerkbar, die sich auch aus die in Gens weilende Presse übertrug. Von sran- zösischer Seite war bereits um 5 Uhr der Presse dle Parole gegeben morden, daß die Verhandlungen alS gescheitert zu betrachte« seien und Deutschland nicht in den Völkerbund ausgenommen wer den könnte. Die Parole der sranzösischen Delegation war in wenigen Minuten im Völkcrbundssckrctariat verbreitet und wurde dort lebhaft kommentiert, jedoch mit einem gewissen Mißtrauen ausgenommen. Um » Uhr glaubte auch die d c u t s ch c D c l c g a t i o n in der Lage zu sein, die Vertagung der Verhandlungen in einer, wenn auch bedingten Form zu bestätigen. Um 0.30 Uhr wurde icdoch in sämtlichen Dclega- ttonen mitgcteilt, daß die Vertagung zurzeit noch nicht endgültig scstitehe und noch eine leise -Hoffnung vorhanden sei, Brasilien von seinem Veto abzubringcn. Erst «m « Uhr abends wurde der Presse mitgetcilt, dab unter allen Umständen die Vollversammlung am Mittwoch statt» finden würde, daß cS sedoch nicht scststehe, ob Deutschlands EintrittSgcsuch behandelt würde oder ob die Genfer Tagung ohne Ergebnis abgeschlossen werde» würbe. — Der Tag der Abreise ber deutsche« Delegation steht noch nicht sest. doch wird erwartet, daß sie a« Mittwochabend Gens »erlasse» »trd. Auch Briand reist ab. Paris, 16. März. Der französische Ministerpräsident Brtand hat seine Kabinettskollegen davon verständigt, dab er Mittwoch aus Genf abrciscn und dem Donnerstag früh zu» sammentretenden Mlnisterrat, der den endgültige« Wortlant der Regierungserklärung scstlegcn will, beiwohnen wird. Die Regierung tritt am Donnerstag nachmittag vor daS Paria, ment. An die Verlesung der Regierungserklärung wird sich eine poltttsche Aussprache anschlictzen. Chamberlalns Skttliirg erschüttert. London, 16. März. Wie auch immer das Ergebnis von Genf aussallcn mag, eines steht fest: Der englische Austen» minister Chamberlain wird bei seiner Rückkehr nach England seine Stellung im Kabinett schwer erschüttert vorsinoen. DaS Vertrauen in seine Fähigkeiten ist endgültig dahin. Hierzu kommt »och, das, Chamberlain. an dessen guten Absichten kaum einer in England gezweifelt hat, persönlich über keine große Anhängerschaft verfügt. Ganz England fühlt, daß er durch sein Verhalten in Genf nicht nur seinem eigenen Ruf, sondern auch dem Prestige Englands erheblichen Schaden zugcsügt hat. Unter normalen Verhältnissen würbe man nach seiner Rückkehr nur eine einzige Folgerung ziehen können, nämlich seinen sofortigen Rücktritt. Aber die Lorbeeren von Locarno sind noch zu frisch, als daß man einen solchen Schritt zurzeit wagen könnte, ohne einen recht un. angenehmen Nachgeschmack zu Hintersassen. Immerhin «ird vielfach sei« Rücktritt nur noch sitr ein« Krag« der Zeit ge halten. Die grobe Blamage des Völkerbundes. Das Repertoire in Genf hatte ursprünglich ein grobe« Kulturstück vorgesehen, die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund als Einakter, ohne Neben- und Zwischenspiel. Aus dem prächtigen Wcltschauspiel ist dank der allzu spitz findigen Regie ber Bühnenleiter von London und Pari« eine Tragikomödie geworden, und die aushorchcnde Kultur. Menschheit ist sich noch nicht ganz im klaren, ob sie über dieses jämmerliche Ende mehr lachen oder weinen soll. Wenn nicht noch in letzter Stunde ein rettendes Wunder ein- tritt, woran die Hauptakteure der Handlung nach ihrem heute abend aus-gegebenen Kommuniquö selbst nicht mehr glauben» dann muß der Vorhang vorzeitig fallen, um wenistenS not dürftig den Skandal zu verdecken, der sich hinter den Kulisse» des VölkerbundstheatcrS abspiclt. Dieses traurige End« märe vermieden worden, wenn sich Briand und Chamberlain Deutschland gegenüber ebenso aufrichtig verhalten hätten, wie dieses offen und ohne Hintergedanken sich dem Völkerbund« genähert hat. Sie haben sich aber nicht gescheut, das Gentl»- »lan-Abkommcn von Locarno zu Noßtäuscherkniffen zu miß. brauchen, in der Absicht, das Reich um sein teuer erkaufte« Recht zu prellen. Die Schlingen, die sie heimtückisch gelegt hatten, haben sich »m ihren eigenen Hals geschlungen. Die südamerikantiären Geister, die sie riefen, um mit ihrem Ge polter den Widerstand der deutschen Abordnung zn breche«, wurden sie tm entscheidenden Augenblick nicht mehr Io«, al« da- Ziel schon halb und halb erreicht war. Mit ihre» eigenen Waffen geschlagen, sind die stümperhaften Zauberlehr linge von Paris und London heute am Ende ihres Latein- nnd stellen kleinmütig und verzagt den Antrag auf Vertagung bis zum Herbst. Was übrig bleibt, das ist eine einzigartige, nie dagewcsenc Völkerbundsblamage. Man muß sich jetzt fragen, ob eS nicht besser gewesen wäre, wenn die deutschen Unterhändler nicht mit solcher Lammesgeduld das Ausreisen der Intrigen gegen ihr Laub abgewartet hätten, wenn sie vielmehr im gegebenen psycho logischen Augenblick die Koffer gepackt hätten, und -war am Freitag oder doch am Sonnabend, als fcststand, daß etn glatter Sieg des deutschen Standpunktes nicht mehr möglich war, nachdem die taktisch vorzügliche Stellung der Deulschen durch StrescmannS Kompromißvorschlag schon einen schwere« Einbruch erlitten hatte. Man kann darüber geteilter Meinung sein, man wird Tr. Luther und Dr. Stresemann aber »«- billigen müssen, daß gewichtig« Gründe für ihre ab» wartende Haltung sprachen, vor allem die Aussicht auf eine Kabinettskrise im Innern, di« Gefährdung dcS ganzen Locarno-Werkes, der zu erwartend« kräch zende Rabenchor der Verbandspresse, die Deutschland alS Friedensstörer trotz dem krassen Widerspruch zur Wahrheit im öffentlichen Urteil hcrabsehen würde. So zauderten die deutschen Vertreter und spannen den Faden der Hoffnung auf ein Kompromiß weiter. Kompromisse sind manchmal kom promittierend, wenn sie Grundsätze pretSgcbcn, an denen nicht gerüttelt werden darf. Kann man der deutschen Delegation diesen Borwurf machen? Ein Blick auf den Verlauf der Ver handlungen wird es zeigen. Zuerst war alles ganz klar, reinlich und zweifelsohne. Deutschlands Ausnahme sollte allein erfolgen und damit dem Völkerbund endlich ein neues Mitglied zugcsührt werden, da« ebensosehr aus Notwendigkeit wie aus eigener Neigung un ehrlicher Gesinnung auf eine mit ber nationalen Würde ver trägliche internationale Verständigung hinarbcitet. und dessen Fehlen im Völkerbunde diesem in stets steigendem Maße de« Stempel kultureller Unzulänglichkeit anfdrückte. Mit einem Male aber trat ein neuer Mitwlrkender in den Vordergrund, Polen, der Vasall Frankreichs. Dasselbe Polen, das bis in die letzte Zeit hinein dem deutschen Nachbar tausend blutige Wunden geschlagen hat. sollte gleichzeitig mit Deutschland in den Völkerbund htncinbugsiert werben, alS Pariser Geschäfts- führer. Um der Aktion einen gewissen äußeren Anschein von Allgemeinheit, ohne direkte Beziehung auf Deulschland, zu geben, erfand die Pariser Politik die Formel von einer Er weiterung des Rates durch Vermehrung seiner Mitglieder und stachelte gleichzcttig auch Brasilien und Spanien auf, ebenfalls ihren Anspruch auf einen ständigen Natssitz anzu- melden, nachdem beide Staaten sich bisher widerspruchslos mit einem nichtständigen Sitz begnügt hatten. Der Plan scheiterte aber an dem ln Parts und London nicht voraus gesetzten energischen Widerspruch Schwedens. Das war das erste Stadium der Entwicklung. Der deutsche Standpunkt wurde demgegenüber fest und bestimmt dahin präzisiert, daß wir nicht grundsätzlich gegen eine Erweiterung des Rate» überhaupt sind, sondern nur gegen eine solche Maßnahme in unmittelbarer Verbindung mit unserem Eintritt: sowie gegen jedwede vorhertge Bindung unserer späteren Entscheidung. Hierauf nahmen Frankreich und England einen Wechsel der Methode vor. indem sie das Schlagwort RatScrweiterung sollen ließen und zunächst ihren ganzen Einfluß aufbotcn. um Schweden kirre zu machen. „Der Mann muß hinauSI" hieß es mit Bezug ans den allzu aufrechten und knorrigen schwedi schen Premierminister Undsn. Wer nicht pariert, der fliegt! Wie eS möglich gewesen ist. den schwedischen Widerstand, auö dem ein so ruhige» und männliche», schöne» Selbstbewußtset« sprach, über Nacht zu brechen, entzieht sich vorerst der «ffeul-