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Meißeritz -Zeitung 66. Jahrgang. Dienstag, den 18. Dezember 1900. Nr. 148. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche AmtshanMmmfchast, das Königliche Amtsgericht und den Stadlrath zu Dippoldiswalde. Inserate, welche bei de» bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden» werden mit 10 Pfa. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltcnzeile 20 Pfg. Verantwortlicher Aedarkeur: Paul Jehne. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem ..Illustrirten Unterhattimgsblatt". Mit land, und hauswirthschaftlichrr Monats-Bellage. Die „Weiherih - Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich S4 Pfg, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Der Schneider und Trichinenschauer Herr Paul Otto Rüdiger in Glashütte ist am heutigen Tage als stellvertretender Laienfleischbeschauer sür Glashütte in Pflicht genommen worden. Dippoldiswalde, am 3. Dezember 1900. Königliche Amtshauptmannschaft. 1423 o. I. A.: vr. Fischer, Bez.-Ass. Ghlr. Der Försterkanditat Herr Reinhold Albin Belger in Bärenfels ist von der unterzeichneten Königlichen Amtshauptmannschaft als stellvertretender Guts vorsteher für den Bezirk des Königlichen Forstrevieres Bärenfels in Pflicht genommen worden. Dippoldiswalde, am 12. Dezember 1900. Königliche Amtshauptmannschaft. 908 A. Lossow. HI- Die Vergütung für die von den Gemeinden im Monat Dezember dieses Jahres an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangende Marschfourage betrügt: für 50 Kilo Hafer 7 M. 87,5 Pfg-, „ „ „ Heu 3 „ 5l,i „ „ „ „ Stroh 3 „ 22,7 „ Dippoldiswalde, am >5. Dezember 1900. Königliche Amtshauptmannschaft. Lossow. Sn. Nach Z 139 des Allgemeinen Baugesetzes für das Königreich Sachsen vom 1. Juli dieses Jahres ist bei allen Neubauten an leicht sichtbarer Stelle ein Anschlag anzubringen, welcher den Stand, den Familiennamen und wenigstens einen aus geschriebenen Vornamen, sowie den Wohnort oder die eingetragene Firma nebst Niederlassungsort der Bauherren, Bauleiter und Bauausführenden in deutlich lesbarer und unverwischbarer Schrift enthalten muh. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmung werden an den Bauherren, den Bauleitern und Bauausführenden, welche für deren genaue Beobachtung in gleicher Weise verantwortlich sind, auf Grund der Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 30. August 1898 mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen bestraft. Den Herren Bürgermeistern und Eemeindevorständen des amtshauptmannschaft lichen Bezirks aber wird hiermit noch besonders zur Pflicht gemacht, die genaue Befolgung der fraglichen Bestimmung streng zu überwachen und jede wahrgenommene Zuwider handlung hiergegen sofort zur Bestrafung anher anzuzeigen. Dippoldiswalde, am 7. Dezember 1900. Königliche Amtshauptmannschast. 1998 S. Lossows Sg. Bekanntmachung. Im Interesse des Rechnungswerkes bei den städtischen Kassen werden alle Gewerbetreibenden und sonstigen Personen, die noch Forderungen an diese Nassen haben, aufgefordert, ihre Rechnungen baldigst und längstens bis Ende dieses Monats bei der Stadtkassenverwaltung einzureichen und die ihnen zustehenden Beträge bei der selben zu erheben. Gleichzeitig fordern wir auch diejenigen, die noch mit Pacht- und Wafserzinsen, Holzkaufgeldern, sowie sonstigen Steuern und Abgaben im Rückstände sich befinden, auf, ihre Rückstände ungesäumt und längstens bis Jahresfchluß an die Stadttasse abzuführen. Dippoldiswalde, am 14. Dezember 1900. Der Stadtrath. Voigt. Eg. Die Don Lnixcks in der dentschen Politik. Der auf grosse Heldenthaten und Abenteuer aus gezogene komische spanische Ritter Don Quirote hat sein größtes Bravourstück im Kampfe mit den Windmühlen flügeln geleistet, aber zum Gaudium der ganzen gebildeten Welt auch seine schmählichste Niederlage dabei erlitten. Der brave Don Quixote mit seinen reckenhaften Versuchen, die von Ungeheuern erfüllte und entartete Welt aus den Angeln zu heben, ist aber auf dem geistigen und öffent lichen Gebiete nicht ausgeslorben, er lebt da noch und kämpft gegen die so schlechte wirkliche Welt und die Windmühlenflügel des Zeitgeistes und Kulturfortschrittes. August Bebel, der wackere Kämpe von der rothcn Fahne, hat nun wieder einmal im deutschen Reichstage den „großen Krach" und den „finanziellen Zusammenbruch" der modernen Gesellschaft und des deutschen Reiches prophezeit, und er hat wieder einmal mit seiner Rosinante „Grauschimmel-Sozialdemokratie" einen mächtigen theoreti schen Anlauf gegen die Drachen Kapitalismus und Klassen ausbeutung unternommen. Die deutsche Politik besteht aus nichts als Fehlern nach Bebel, ganz besonders schauder haft steht es mit der Kolonial- und Finanzpolitik, früher hätten die Nationalliberalen schon miserabel die politischen Geschäfte im Reiche beeinflußt, und jetzt besorge dies die Centrumspartei noch viel miserabeler, sodaß Bebel aus nachträglich bei ihm entstandener Hochachtung vor den Rationalliberalen seinen Hut abnehmen will. Bebel sah auch bereits in Gestalt neuer Gewehre und neuester Kanonen wieder zwei große Giftschlangen heranschleichen, die das Mark des deutschen Volkes aufzehren, und es ist nur schade, daß der Kriegsminister von Goßler keine Ahnung davon hat, daß ein norwegischer Ingenieur oder Krupp oder irgend Jemand mit neuen Gewehren und Modell kanonen dem deutschen Reiche Offerten gemacht haben. Grandios ist geradezu der Glaube und die Verheißung der Sozialdemokraten auf den baldigen Zusammenbruch der gegenwärtigen Kulturwelt. In dieser vorgefaßten und zäh festgehaltenen Meinung sind sie die reinen Chinesen mit zwei Zöpfen. Zielbewusst stützen sich die sozialdemokratischen Führer auf die ZusamMenbruchs- theorien ihrer Propheten Lasalle, Engels und Marr, aber die Untersuchungen ernster nationalökonomischer Forscher, wie die eines Wilhelm Roscher und Lujo Brentano, ferner auch die Beobachtungen und Erfahrungen des praktischen Lebens haben schon längst dargethan, daß Lasselle, Engels und Marr nur glänzende Irrwische waren und keine Apostel der reinen Wahrheit. Nun ist aber auch seit einigen Jahren der Sozialdemokratie das zwar noch nicht . eingestandene, aber doch wirkliche und wahrhaftige Unglück passirt, daß einer ihrer befähigtsten Anhänger, der sozialistische Schriftsteller l)r. Eduard Bernstein, sich scharf und sachlich gegen die Hoffnungen und Theorien der Sozialdemokratie im Sinne des Don Quixote wendet und in mehreren Werken nachweist, daß die heutige menschliche Gesellschaft und ihre Kultur für viel fester und lebensfähiger angesehen werden müssen, als es in der Theorie der Sozialisten geschieht. Bernstein nennt aus Höflichkeit gegenüber seinen alten Parteigenossen deren Zusammenbruchswünsche und Verdammungsurtheile in Bezug auf die moderne Kultur welt „naive" Vorstellungen der Anfänge der heutigen Sozialdemokratie. Nun an diese „naiven", also kindlichen Vorstellungen will aber doch Herr August Bebel die Welt und seine Anhänger noch immer Glauben machen!!! Die altersschwache deutsche Kulturwelt hat in den letzten 70 Jahren seit der Schaffung der Eisenbahnen, der Dampf schiffe, der Maschinenbetriebe in der Industrie und Technik, seit der glänzenden Fortschritte der Naturwissenschaften, der Hebung der Volksbildung, der nationalen Einigung, der dreifachen Verstärkung der Wehrkraft so große Fort schritte gemacht wie nie zuvor in einer früheren Ent wickelungsperiode. Diese 70 Jahre deutscher Kulturarbeit eristiren natürlich für die Sozialdemokratie nicht, und Don Quixote kann weiter gegen die Windmühlenflügel kämpfen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am 15. d. M. ist die Meldefrist für die hiesige Kantorstelle abgelaufen. Die Zahl der Bewerber beträgt 27. Aus dem amtshauptmannschast- lichen Bezirke Dippoldiswalde befindet sich darunter einer. — Nach einer vorläufigen Zusammenstellung der Volkszählung ergiebt sich für die Städte der Amtshaupt mannschaft Dippoldiswalde folgendes Resultat: 1900: 1895: o/o: Dippoldiswalde 3519 3363 -f-156 4,6 Glashütte 2259 2117 -j-142 6,7 Altenberg 1751 1892 —141 8,0 Frauenstein 1280 1208 -j- 72 2,4 Geising 1240 1271 — 31 2,4 Lauenstein 833 837 — 4 0,4 Bärenstein 607 545 -s- 62 11,4 — Wahrscheinlich um dem am gestrigen Sonntage herrschenden Sturme zu trotzen, trieb sich in den Gärten der Mühlstraße ein lustiger — Schmetterling herum, wurde aber leider gefangen und als Kuriosum in unserer Expedition abgeliefert. — Wir bringen hierdurch wieder in Erinnerung, daß die Zeit zur Vertheilung der segensreichen Rüdgcr- stiftung wieder heran rückt und können sich alte be dürftige, ehrbare Bürgerswittwen noch bis Mittwoch Mit tag beim Stadtrath melden. — Künstlich zerbrochene Schaufenster sind die aller neueste Reklame, das Publikum auf die Schaufenster-Aus stellung aufmerksam zu machen. Man kann sie in Chemnitz an einem Geschäftslokalc beobachten. Der Wirk lichkeit täuschend nachgeahmt, ist durch künstliche Mittel ein recht gefährlich aussehender Fensterbruch dargestellt. Glashütte. Um die durch den Weggang des Lehrer Zill erledigte vierte ständige Lehrerstelle haben sich 11 Bewerber gefunden und sind von diesen seitens des kgl. Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts dem Schulvorstande Lehrer Kühnert aus Piskowitz b. Meißen, Lehrer Ficke aus Rechenberg b. Frauenstein und Lehrer Seidel aus Vlattersleben zur engeren Wahl vorgeschlagen. Dresden. Nach mehr als 3 Jahre langen Vor erörterungen hat der Rath den Stadtverordneten eine Vorlage zur Erbauung eines Stadthauses nach den Plänen des Geh. Baurathes Professor vr. Wallot ge macht. Der Bau soll an die 40 Meter breite Ringstraße, die 17 Meter breite Schulgasse und die 12 Meter breite Pfarrgasse zu stehen kommen. Von der Kreuzkirche, deren Fassade er gegen die Ringstraße zu verdecken wird, soll der Bau einen Abstand von 27 Meter erhalten. Im Erdgeschoß soll sich nach der Ringstraße zu der Haupt eingang befinden, hinter welchem ein großartiges Vestibül und die Haupttreppe zu liegen kommen. Das Vestibül soll auch zur Aufstellung der bildnerischen und architekto nischen Schätze des Stadtmuseums dienen, für welche es gegenwärtig an jedem geeigneten Raume zur Aufstellung und Besichtigung fehlt. Im klebrigen sollen in den Räumen des Erdgeschosses Geschäftsläden eingerichtet werden, womit auch eine stärkere Belebung der Gegend, in deren Nähe sich das neue Nathhaus erheben soll, an gestrebt wird. In den beiden Obergeschossen sind Räume für die Stadtbibliothck und das Rathsarchiv, sowie für das Stadtmuseum und nach Befinden auch für das Museum des Vereins für sächsische Volkskunde vorgesehen. Außerdem soll in dem neuen Hause neben anderen Ge schäftsstellen des Nathes die Sparkassenhauptgeschäftsstelle untergebracht werden. Das Gebäude wird an der Ring straße eine Hanptsimshöhe von 21 Meter und eine First höhe von 40 Meter, nach den Seitenstraßen eine Haupt simshöhe von 19 Meter und eine Firsthöhe von 29 Meter erhalten. Die Stadtverordnetenausschüsse nehmen zu der Vorlage eine abwartende Haltung ein und wollen mit ihrer definitiven Zustimmung zum Baue bis zur end- giltigen Gestaltung des Nathhausbauplatzes zurückhalten. Der Bail ist also mehr eine Frage der Zeit. Gegen wärtig gereichen die auf dem geplanten Bauplatze stehenden Gebäude der sächsischen Residenz durchaus nicht zur Zierde. Pirna. Die bisher im Rathhause auf dem Markte untergebracht gewesene militärische Hauptwache wird nunmehr aufgelöst. Eine alte Einrichtung wird damit verschwinden. — Unsere städtischen Kollegien beschäftigen sich jetzt in lebhafter Weise mit dem Geschoß- und Wachtgeld, dessen Beseitigung allseits gewünscht wird. Da es sich dabei aber in der Hauptsache um alte, im Grundbuche eingetragene Lasten-handelt, ist die Erfüllung dieses Ver langens nicht so ohne Weiteres angängig. Mit der