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WHeritz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 78. Jahrgang. Dienstag, den 16. Februar 1909. Nr. 19. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mil achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Inserate werden mit 1» PW., solche au» unserer Amtshauptmunnschast mit 12 Pfg. die Spaltzeil« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Sette (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 3s bez. ZV Pfg. - Tabellarisch« und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg Die ,Welb«ri--Ze«tung' scheint wöchentlich drei- mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen« oenWendenausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 44 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- galten, Postboten, sowie msereAusträger nehmen Bestellungen an. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am Sonntag hielt die hiesige Krankenkasse für selbständige Gewerbetreibende in der „Goldenen Sonne" ihre Generalversammlung bei in Anbetracht der Bedeutung einer solchen Einrichtung gering zu nennender Beteiligung unter Leitung ihres Vor sitzenden, des Herrn Schmiedemeister Mende, ab. Die zum Bortrage gelangenden Jahres- und Kassenberichte über das Jahr 1908 (das achte Bereinsjahr) ergeben, daß dieses, wenn auch besondere Vorkommnisse nicht zu verzeichnen waren, doch sür die Kasse insofern von Bedeutung ist, als es die bisher größte Ausgabe (71 Krankheitsfälle und 468 Unterstützung erheischende Krankheilstage) aufweist. Die Mitgliederzahl betrug 112, gegenüber dem Vorjahre 2 mehr. 2 Mitglieder verlor die Kasse seit ihrer vor jährigen Generalversammlung durch Tod. Einer Einnahme von 2730,41 Mark (7,50 M. Eintrittsgeld, 2204,80 M. Beiträge, 300 Mark zurückerhobene Sparkasseneinlage usw) stand eine Ausgabe von 2636,23 Mark (486,50 Mark Arzlhonorar, 271,49 Mark für Arzenei, 1172,60 Mark Krankengeld, 90 Mark Sterbegeld, 350 Mark Sparkassen einlage usw.) gegenüber. Das Bereinsvermögen betrug Ende 1908 4598,85 Mark und erhöhte sich gegenüber dem Vorjahre um 105,37 Mark; also trotz der hohen Aus gaben ist noch ein wenn auch geringer Ucberschuß ge macht worden, was ein Zeichen für die Lebensfähig keit der Kasse ist. Nach der Richtigsprechung der geprüften Jahresrcchnung wurden die statutgcmäß ausscheidenden Vorstandsmitglieder (die Herren Lohgerbermeister Müller als stellvertretender Vorsitzender, Lohgerbermeister Röhringer als Kassierer, und Schuhmachermeistcr Gäbler als stellver tretender Kassierer) und Ausschußmitglieder (die Herren Schuhmachermeister Jäckel, Schuhmachermeister Linse und Lohgerbermeister Fleischer-Schmiedeberg) sämtlich wieder- gewählt und nahmen Lie Ämter wieder an. Wenn der Herr Vorsitzende nach Erledigung der Tagesordnung Ge legenheit nahm, sein Bedauern darüber auszuspiechen, daß nicht noch viej mehr selbständige Gewerbetreibende der Kasse als Milglieder angehörcn, da doch hierdurch eine billige Gelegenheit geboten sei, sich in guten, gesunden Tagen eine im Krankheitsfälle meist so nötige Hilfe (ein Mitglied bezog z. B. in einem Jahre an Kranken geld 250 Mark und, als dann der Tod eintrat, erhielten die Hinterlassenen 90 Mark Sterbegeld) zu sichern, was doch heute nöliger als je ist, so kann man dem gewiß nur zustimmen, denn 112 Mitglieder (darunter eine Anzahl Auswärtige) sind gewiß noch lange nicht alle die, für welche die Kasse seinerzeit ins Leben gerufen wurde; wenn aber der Zeitpunkt eintriit, wo die Unterstützung gebraucht wird, dann — ja dann ist es zu spät. — In der letzten Generalversammlung der Schützen gesellschaft wurde an Stelle des Herrn Stadtrat Liebel, der eine Wiederwahl ablehnte, Herr Gasthossbesitzer Haubold als Vorsteher und Herr Schlossermeisler Hamanu als dessen Stellvertreter gewählt. — Einem Besucher der hiesigen Müllerschule waren in den letzten Tagen 80 Mark aus seiner Brieftasche ent wendet worden. Als Täter wurde ein Dienstmädchen er- miltelt, das von dem gestohlenen Geldbeträge sich bereits verschiedene Kleidungsstücke gekauft hatte. — Am 13. Februar wurde von der hiesigen Schutz- Mannschaft der Fleischer Mar Sovowka festgenommen. Derselbe wurde wegen Diebstahl seit dem 19. Januar vom Kgl. Amtsanwalt in Hof steckbrieflich gesucht? — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder I auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalmerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 1. Dekade, Febr. 1909; Vereinigte Weißeritz: beob. 53, norm. 9, Abwchg. -j-44; wilde Weißeritz: beob. 101, norm. 13, Abwchg. -s-88; rote Weißeritz: beob. 99, norm. 13, Abwchg. -s-86; Muglitz: beob. 97, norm. 13, Abwchg. -j-84. Geising. In seiner letzten Sitzung hat der hiesige s Stadtgemeinderat unsern um dos Wohl und die Entwicke lung unserer Stadt treuverdienten Bürgermeister Herrn Carl Sieber einstimmig auf Lebenszeit gewählt und ihm gleichzeitig eine namhafte Gehaltszulage gewährt, wie auch eine Gehaltsstaffel mit dem Bürgcrmcisterpostcn verbunden worden ist. Bärenstein. Einen sehr guten Erfolg hatte die Winter sportabteilung des hiesigen Turnvereins mit ihrem ersten öffentlichen Auftreten seit der im Herbst des vorigen Jahres erfolgten Gründung zu verzeichnen. Für Sonn tag nachmittag war ein Wettrodeln auf der neben der Metallwarenfabrik hergerichteten, 400 Meter langen, tadel losen Rodelbahn angesetzt, zu dem die Schuljugend Bären steins eingeladen war. Bier Rennen fanden statt. Im Wettrodeln von 16 Turnvereins-Zöglingen wurde Martin Berger erster, Paul Dittrich zweiter und Wilhelm Seifert dritter. Den Beschluß bildete ein Wettrodeln der Mit glieder, wobei die Herren Mar Schwenke erster, Paul Schmieder zweiter, Michael Kasper und Lothar von Lüttichau dritte, Otto Löhnert vierter, Artur Sieber fünfter und Paul Kühnel sechster Preisträger von den 12 am Start erschienenen Herren wurden. Bärenstein Am Sonnabend trafen abends 23 Zög linge des Pirnaer Seminars unter Führung ihres Klassen lehrers, des Herrn l)r. Friedrich, hier ein, die einen größeren Ausflug in das Erzgebirge unternommen hatten, um den landschaftlichen Charakter des gebirgischen Winters zu studieren. Am Sonntag früh ging es über Geising, Altenberg, Zinnwald zum Mückentürmchen weiter, von wo der Rückmarsch nach Lauenstein angetreten werden sollte. Cunnersdorf. In körperlicher und geistiger Frische begingen am 11. d. M. der Gutsauszügler Moritz Nitzsche und dessen Ehefrau hier das seltene Fest der goldnen Hochzeit. In den Vormittagsstunden wurde der Jubilar, der früher hier das Amt eines Gemeindevor stehers bekleidete, von dem Gemeinderate beglückwünscht und mit einem sinnigen Geschenke überrascht. Herr Pfarrer Ludwig segnete das Jubelpaar in seiner Behausung ein und überreichte ihm die vom hohen Landeskonsistorium gestiftete prächtige Ehrenbibel. Tharandt, 13. Febr. In vergangener Nacht brannte die sogenannte Klippermühle nieder. Ein 21 jähr. Wirt- schastsgehilfe, ein Enkel des Besitzers, wurde unter dem Verdachte der Brandstiftung verhaftet. Dresden. Das Befinden des Königs ist ein durch aus befriedigendes, sodaß Bulletins nicht mehr ausgegeben werden. — Die Dresdner Jnterimsbrücke wurde am Sonntag wieder sür den Fußgängerverkehr freigegeben. Dohn». Ein unheimlicher Fund hält hier alle Ge müter in Aufregung. Am Mittwoch nachmittag fanden Kinder beim Spiel in der Nähe eines Grundstückes der unteren Königstraße ein ziemlich umfangreiches Paket, das in braunem und gelben Papier sorgfältig verschnürt war. Die Polizei, die benachrichtigt wurde, nahm sich der Sache an. In dem Paket fanden sich verschiedene Teile eines menschlichen Körpers, und zwar Arme, Füße, ein Stück ver Wirbelsäule und der Kehlkopf mit der Stimmritze. Es wurde natürlich sofort die Staatsanwaltschaft in Dresden benachrichtigt. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt ein Ver brechen vor, das vor wenigen Tagen begangen worden sein muß. Die Füße sind von dem Sprunggelenke und dem Unterschenkel glatt abgetrennt. Die Zehen sind wieder von den Füßen entfernt. Die Arme sind vom Rumpfe losgeschnilten und von der Hand sind gleichfalls die Finger abgetrennt. Die Haut erscheint förmlich abgezogen. Merk würdig ist, daß die Arme noch blutfrisch schienen. Nach der Stärke der Knochen und nach der Muskulatur kann man schließen, daß die Leichenteile einem äußerst kräftigen Menschen männlichen Geschlechts angehören müssen, der etwa in den zwanziger Jahren stand. Es erscheint aus geschlossen, daß das Hochwasser der Müglitz benutzt wurde, um die Spur eines Verbrechens zu verwischen, vielmehr ist es wahrscheinlich, daß das Paket mit seinem grauen haften Inhalte von einer Person beim Durchfahren der Stadt Dohna mit der Eisenbahn von der Plattform aus meggeworfen worden ist. Die Fundstelle ist in der Nähe des Estenbahndammes, nicht altzuweit vom Flutzbett der Müglitz. Etwas Bestimmtes läßt sich noch nicht sagen, da ebensogut andere Lösungen der rätselhaften Angelegen heit möglich sind. Jedenfalls wäre es sehr erwünscht, wenn recht bald Licht in die dunkle Sache gebracht werden könnte. — Diese schauerliche misteriöse Geschichte berichtete der „Pirn. Anz." am Sonnabeno und bereits am folgen den Tage gab er die ziemlich harmlose Aufklärung: Am 6. Februar verendete im Zoologischen Garten ein — — Eisbär, dessen Kadaver von einer Dresdner Firma er worben wurde. Die vorderen und Hinteren Gliedmaßen, sowie ein Teil des Rückens und den Kehlkopf nahm ein junger Mann, Angestellter der Firma, an sich, um die Krähen auf dem Felde zu füttern. Dort muß eine andere Person die Ueberrcste gesunden haben, die sie, getäuscht durch die Aehnlichkeit mit menschlichen Gliedmaßen, an sch nahm und am Ufer der Müglitz niederlegte. Die ganze Sache hat sich also in Wohlgefallen aufgelöst, es ist von Lust- und anderen Morden nichts übrig geblieben. So viel Aufsehen hätte der Bär in seinem Leben nie gemacht, wie nach seinem Tode. Annaberg. In letzter Zeit wiederholt vorgekom^ene Typhusfälle haben eine gewisse Beunruhigung in öie Bevölkerung gebracht. Wie von zuständiger S nie ver lautet, liegt zu Befürchtungen indes kein Anlaß -or, da sofort die nötigen Vorsichtsmaßregeln gegen ein weiteres Umsichgreifen des Typhus angeordnet worden sind. Ein Teil der Kranken ist dem Krankenhaus zugeführt worden. Zwickau. Der Kreisausschuß genehmigte die Auf nahme einer Anleihe von 40000 M. seitens der Stadt Lengenfeld zur Erweiterung des Wasserwerks und einer Anleihe von 42 000 M. seitens der Stadt Adorf zur Er weiterung des Elektrizitätswerks. Reichenbach. Der Bau der städtischen großen Über- landzentral« geht seinem Ende entgegen. Ende April sollen die Stadt, Anfang Juli die angeschlossenen zahl reichen Ortschaften Strom erhalten. Johanngeorgenstadt. Ein blühendes Menschenleben ist wieder dem unglückseligen Spielen mit Schießgewehren zum Opfer gefallen. Im nahen Oberjugel beschäftigte sich der 10 Jahre alte Fankhänel aus Wittingsthal mit einem geladenen Gewehr, welches sich dabei entlud. Der Schrot schuß traf die 16jährige Rosa Unger an den Kopf und verletzte sie schwer, sodaß sie verstarb. Das Gewehr hatte der Bruder des unglücklichen Mädchens auf kurze Zen in das Zimmer gestellt. Berggießhübel. Bürgermeister Bobsrt hierselbst wurde von 146 Bewerbern zum Bürgermeister der Stadt Greußen in Thüringen gewählt. Mit dem Posten ist gleichzeitig die Wahrnehmung der Amisanwalisgeschäfte für die Fürstlichen Amtsgerichte Greußen und Ebeleben verbunden. Kottmarsdors. Wegen eines Mißtrauensvotums, das ihnen eine öffentliche Versammlung in Sachen der letzten Gemeindevorstands-Neuwahl ausstellte, legten hier sieben Gemeinderäte ihre Aemter nieder. Tagesgeschichte. Berlin. In dem Etat für den Reichstag hat die Budgetkommission aus dem Voranschläge der fortlaufenden Ausgaben über 250000 Mark gestrichen. Die Abstriche beziehen sich auf die Geschäftsbedürfnisse, Schreibgebühren usw., für die 521 850 Mark angefordert waren und von denen 61 190 Mark abgesetzt sind, sowie auf den Ansatz sür Aufwandsentschädigungen für die Reichstagsmitgliedrr mit 1 191000 Mark, die auf 1 Million Mark ermäßigt wurden. — Die Nachricht von dem Abschluß des deutsch französischen Abkommens hat in Tanger sowohl in marok kanischen Kreisen als bei den dortigen Deutschen lebhafte Erbitterung hervorgerufen. — Der Entwurf einer Fernsprechgebührenordnung ist jetzt im Reichstage zur Verteilung gelangt. Danach soll sür jeden Anschluß eine Grundgebühr und eine Ge sprächsgebühr erhoben werden. Die Grundgebühr beträgt in Netzen von nicht über 1000 Anschlüssen 50 Mark, bei mehr als 1000 bis einschließlich 5000 Anschlüssen 65 Mark, bei mehr als 5000 bis einschließlich 20000 Anschlüssen 80 Mark, bei mehr als 20000 bis einschließlich 70 000 Anschlüssen 90 Mark, bei mehr als 70000 Anschlüssen für jede angefangenen weiteren 50000 Anschlüsse je 10 Mark mehr jährlich für jeden Anschluß, der von der Vermitt lungsstelle nicht weiter als fünf Kilometer entfernt. Die Gesprächsgebühr beträgt 4 Pfg. für jede Verbindung. — Drei Schiffe der deutschen Marine befinden sich etzt ununterbrochen zehn Jahre lang im Ausland. Ls ind dies der kleine Kreuzer „Seeadler", sowie die Kanonen boote „Iltis" und „Jaguar", die 1899 die Heimat ver- ließen. Der Kreuzer „Seeadler" war während der ersten Jahre seines Auslandsdienstcs in Ostasien, dann eine Zeit lang in Australien und ist seit 1905 an der ostafrikanischen Küste stationiert. Die beiden Kanonenboote „Iltis" und „Jaguar" sind während des ganzen Jahrzehnts in Ost- asten stationiert gewesen und haben dort den deutschen Interessen wertvolle Dienste geleistet. „Jaguar" ist gegen- wärtig nach den Karolinen detachiert, wo die Stationie rung eines deutschen Kriegsschiffes notwendig geworden