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Vor zehn Jahren — man denkt ungern daran, aber es ist doch aus vielen Gründen lehrreich, daran sich zu erinnern — hatte Deutschlands Regierung das Lon - doner Ultimatum annehmen müssen. Mitte Mai 1921 war Deutschlaitv genötigt worden, sich zur allmäh lichen Zahlung von l32 Goldmilliarden zu verpflichten; Lloyd George war es, der als englischer Ministerpräsident namens der Entente uns die Wahl ließ: Besetzung deut schen Landes oder Unterschrift. Wir unterschrieben. Jetzt sind der deutsche Reichskanzler und sein Außen Minister in London Gäste der englischen Regierung —, allerdings einer solchen, die der Arbeiterpartei angehört; von dieser war vor zehn Jahren kaum die Rede —, aber heute ist Llsyd George von geringerem politischen Einfluß als vor zehn Jahren die Partei und die Persönlichkeit Macdonalds. Und von den damaligen 132 Milliarden redet schon längst niemand mehr. Aus dem Wolken- kuckucksheim phantastischer Wünsche hat hernach die brutale Wirklichkeit die Lloyd Georges an den Beinen her untergezogen, bis diese auf einem etwas realeren Boden standen. <^ine gewaltige Last deutscher Wünsche und deutscher Verzweifelung, letzten deutschen Hoffens, hat der Hapagdampfer mit Dr. Brüning und Dr. Curtius zu sammen nach England getragen. Und weil es eben die letzte Hosfnung ist, weil diese auch sozusagen allein den inneren Halt dafür abgibt, die neuen schweren Be lastungen durch die kommende Notverordnung auf uns nehmen zu sollen —, ist es wohl menschlich zu verstehen, daß aus dieser Verzweifelung und grauer Trostlosigkeit die Hoffnung aus Chequers hier und da in Deutschland allzu üppig emporschießt. Es wäre nicht das erstemal, daß ein deutscher Vertreter hinauszog, hoch beladen mit dem Hoffen, Wünschen und Sehnen des deutschen Polkes —, aber es wäre auch nicht das erstemal, daß er zurückkäme, niedergedrückt von der Erfolglosigkeit seiner Arbeit, zu dem Herzen des Auslands zu sprechen. Er war nur auf Egoismus, Jnteressenpolitik, ja Haß gestoßen, aus Ver ständnislosigkeit oder nur geringes Verständnis für die fchon anderthalb Jahrzehnte währende deutsche Not. Das sollte vor allzu großen Hoffnun gen warnen. Es ist ja keine „Konferenz", die in Chequers stattfindet, sondern nur ein Wochenend- gespräch. Ein Gedankenaustausch, von dem aus frei lich die Gedanken zu Absichten und Talen führen sollen. Revision des Young-Plans —, das ist nun wirklich zum Problem auch im Ausland ge worden, ist nicht nur mehr deutsche Forderung, die draußen von vornherein auf verstopfte Ohren stößt. Ge wiß ist es nicht die einzige „politische" oder wirtschaftlich finanzielle Frage in der Gegenwart, ist für England dei Kamps um die Abrüstung nicht weniger wichtig. Aber die deutschen Minister Haven doch nicht vor ihrem Besuch in London und Chequers einen Wink bekommen: „Über Thema darf nicht gesprochen werden!" Sondern im Gegenteil rechnet man in England damit, daß über .Thema", also die Revision und den Weg zu ihr gesprochen wird. Zumal Dr. Brüning im Reisekoffer auch die neue Notverordnung mit sich bringt als Beweis dafür, „Wir haben schon so viel für euch getan, Daß uns zu tun nun nichts mehr übrig bleibt." wie wir über Gretchen in Goethes „Faust" hinaus wohl sagen dürfen. Wir wissen, daß bei diesem Wochenendgespräch auf dem Landsitz des englischen Ministerpräsidenten der FranzoseamSchlüsselloch horcht oder über die Parkmauer von Chequers guckt. Er kann ruhig zuhören, zuschaucn. Wir haben nichts zu flüstern, nichts zu ver stecken. Was in Chequers gesprochen wird, ist „in den Ohren" der Wett. Und daß bei den Unterredungen keine „Beschlüsse gefaßt" werden, weiß sie auch. Was wir tun wollen und wie wir unsere Lage betrachten, soll den Eng ländern persönlich gesagt werden; ihr Für oder Wider werden wir erfahren Ihr? Ratschläge oder Warnungen werden wir zur Kenntnis nehmen. Und beide Seiten, wir die beiden gemeinsame Not, die Wlrtschastskrcke zum der „Unterhaltung" haben. Verhältnissen war Deutschland Großbritanniens bester Kunde! Es werde sich um eine u nformelleUnterhal- tung von verz zu Herzen handeln" schreibt die amtliche Nachnchten-Agentur der englischen Regierung in dem Augenbltck, da die beiden deutschen Minister die Fahrt nach England antraten Daß sie offen und ohne jeden Rückhalt sprechen werden, ist so selbstverständlich wie es klar ist, daß wir eben nichts mehr zu verheimlichen haben Und wenn vie deutschen Minister ihre ganze Meinung vom Herzen herunter sagen, dann werden sie es aus- sprechcn müssen, daß die Gegenseite die Durchführung des Young-Plans uns weit über das notwendige Maß hinaus erschwert habe. Wieviel ist denn von der Mahnung der Sachverständigen, die diesen Plan schufen, nun wirklich erfüllt worden, daß er nur bei einem offenen Zusammenarbeiten des Schuldners und der Gläu biger durchführbar sei? Unserem Außenhandel baute man immer höhere Zollmauern über den Weg, vom Kapital markt des Auslandes sperrte man uns ab durch Forderung unmöglich hoher, jede Rentabilität ausschließenden Zinsen. Mit Kreditentzug „bestrafte" man mißliebiges voll- Henderson Ster die mWiernng des MWedens London, 4. Juni. Außenminister Henderson hielt am DvMerslcMbend im Lincolns Nm in London einen Vortrag über die Konsolidierung des Weltfriedens. Henderson ging von dem Gedanken aus, daß bis zum Ausbruch des Weltkrieges noch niemals der Friede Md seine Erhaltung sachgemäß organisiert worden sei Die Ursache der Katastrophe von 1914 sei der Rü- stungswettbewerb gewesen. Das europäische Konzert, das sich auf der Idee der Zusammenarbeit der Völker aufgebaut habe, sei zu- sammengebrochen, weil die notwendige Maschinerie zur prakti schen Durchführung des Zusammenwirkens der Nationen gefehlt habe. Tie beiden hauptsächlichsten Gründe aber seien die Sy steme der Bündnisse und Gegenbündnisse gewesen. In Versailles habe man erkannt, daß zur Stabilisierung des Friedens zwei Dinge notwendig seien: Ein wirkliches Geichgewicht der Mäch te, das sich auf der Abrüstung aufbauen und sein Ansehen nicht von der Macht und der Gewalt herleiten müße, sondern von der Achtung vor der Verträgen, dem geeigneten Schutz gegen einen Angriff, dem Respekt vor den Rechten der kleineren Nationen und der Gerechtigkeit sür die Minderheiten. Ferner sei man sich darüber klar gewesen, daß eine dauernde Maschinerie geschaffen werden müsse, die als europäisches Konzert wirklich wirksam fei. Der Völkerbund sei ein Konzert der Mächte in einer vollendete ren Form als es Lord Salisbury jemals vvrausgesehen habe. Der Völkerbund stelle eine kollektive Verantwortlichkeit zur Er haltung des Fiebers dar. Seine Mitglieder dürften nicht etwa die Freiheit haben, im Intereste ihrer Sicherheit unbeschränkt und ohne Rücksicht auf ihre Verpflichtungen gegenüber den an deren Mitgliedern des Völkerbundes zu rüsten, da dies die zivi lisierten Nationen wieder in den Rüstungswettbewerb verwickeln müßte. Der Tag sei nahe, wenn er nicht schon überhaupt gekom men sei, wo es ur-denkbar wäre, daß eine Nation sich weigern könnte, ihre Streitfragen entweder dem Völkerbundsrat oder dem Haager Gerichtshof zu unterbreiten. Uebergehend auf die Abrüstungskonferenz meinte Henderson, daß der bisherige Fortschritt in der Abrüstungsfrage verschwin den würde, wenn es nicht gelänge, die Abrüstung zum Erfolg zu führen. Er halte dies jedoch für möglich, wenn die Regierungen, die die Abrüstung wünschten, entschloßen seien, die Konferenz vor einem Fehlschlag zu bewahren. Eine plötzliche Abrüstung würde das Gefühl des Vertrauens und Ler Sicherheit Wieder- Herstellen, das nach Ansicht Hoovers mehr als ein anderer Faktor zur Beendigung der Wirtschaftskrise beitragen würde. Die öf fentliche Meinung in den Ländern sei den Regierungen weit vor aus, aber das mühte auch so zum Ausdruck kommen, daß die Ab ordnungen der einzelnen Staaten in Genf weitmöglichste Zuge ständnisse machen könnten. Die Völker seien bereit, sich von ihren Staatsleulen zu einer neuen Welt führen zu lasten, wo es leinen Krieg mehr gebe, sondern wo der Reichtum und der Geist der Menschheit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der schmachtender Masten in jedem Lande ausgenutzt werden solle Laßt uns sehen, so schloß Henderson, daß wir, wenn im nächsten Jahr der Tag der Prüfung kommt, die Völker nicht enttäuschen. Die deutsche Wirtschaftskrise gefährdet die Welt. Generaldebatte auf der Tagung des Internationalen Arbeitsamtes. Ter Generalsekretär der christlichen sozialen Gewerk schaften, der holländische Arbeiterführer Serrares, unter strich bei der Generaldebatte der Genfer Tagung die gro ßen Gefahren der Arbeitslosigkeit in Deutschland und England, die große politische Gefahren für die ganze Welt in sich berge. Serrares schlng an Stelle des bisher immer noch nicht durchgeführten Washingtoner Achtstundentag- Abkommens den Abschluß eines neuen Krisenabkommsns für drei Jahre vor, in dem eine vorläufige Beschränkung der Arbeitszeit für einzelne Industriezweige, zum Beispiel für die Textilindustrie vorgeuommeu werden soll. * Sie MWHmg de; Verfuhren; über dieZMMnMdemHWeiMrWrhof Berlin, 4. Juni. Wie die Telegraphen-Union erfährt, hat der Haager Gerichtshof, der vom Völkerbundsrat bekannt lich um ein Rechtsgutachten über den Plan einer deutsch-öster reichischen Zollunion ersucht worden ist, inzwischen den beteiligten Regierungen — darunter auch der deutschen Regierung — seinen Beschluß über die Durchführung des Verfahrens mitgeteilt. Da nach können die Regierungen bis zum 1. Juli 1931 dem Ge richtshof eine schriftliche Darstellung ihres Standpunktes einrei chen. Noch Austausch der eingehenden Schriftsätze soll dann in der zweiten Hälfte des Monats Juli eine öffentliche Sitzung des Gerichtshofes statlfinden, in der die beteiligten Regierungen durch ihre Vertreter nochmals z» Wort kommen. Der Gerichts hof wird sein Gutachten daraufhin voraussichtlich im Laufe des Monats August verkünden. Zum Vertreter der deutschen Regie rung vor dem Gerichtshof ist der Äniversitätsproftsfor Dr. Vik tor Bruns, Direktor des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin, bestellt worden. * Professor Kausmanv-Bonn österreichischer Vertreter sür die Behandlung der Zoll union im Haag. Wien, 4. Juni. Zum österreichischen Vertreter für die Behandlung der Zollunionsfrage vor dem internationalen Schiedsgericht im Haag ist Universitätsprofessor Dr. Erich Kauf mann in Beim bestellt worden, der bereits wiederholt mit Erfolg vor dem Haager Schiedsgerichtshvf plädiert hat. ! !! IlklM» tisches Verhalten Deutschlands, und den einen Ausweg anbahnenden Plan einer Zollunion hat man in Genf fast zerrissen und uns vor die Füße geworfen. Jedem Balkan- staat gibt man Kredite in Höhe von Hunderten von Dollar millionen; Deutschland kriegt so gut wie nichts. Wir wissen, daß dies alles nun in Chequers nicht ohne weiteres ausgeräumt werden kann. Wir wissen, daß Dr. Brüning nicht mit einem revidierten Young-Plan in der Tasche oder mit der Zusage, eine neue Reparations konferenz zusammcnzubringen. Chequers wieder verlassen wird. Aber wir werden in einer hoffentlich nahen Zu kunft wissen, ob in Chequers r^nigstens dem deutschen Versuch, zu einer Revision des Young-Plans zu gelangen, Englands Zustimmung und Unterstützung aus den schwie rigen Weg mitzugebeu beschlossen worden ist. Ist das der Fall, dann zeigt sich doch ein leiser Schimmer von Hoff nung auf eine lichtere Zukunft. Dann, aber auch nur vann wird das heutige „von Herz zu Herzen" nicht eine schnell vergessene Höflichkeitsphrase, sondern Wirklichkeit sein und seine Wirkung tun. Sie Mtionalsoziali-en fordern Einberufung des Reichstages Zur Aufycbung der Notverordnungen. Die Retchsraqsfraktton der Naitonaljozialtsti scheu Partei nabm eine an den Reichspräsidenten und an die R e t ch s r e ft i e r u n g gerichtete Enischlteßunft an in der sie sich zunächst mit dem Terror marristischer Bandei gegen Angehörige rechtsstehender Organisationen, tnsbesonder, gegen Nationalsozialisten, befaßt und dann Verwahrung gegen Vic neuen angeblich der Sanierung der Reichssinanzei dienenden Maßnahmen der Reichsregterung einlegt. Da dies, Maßnahmen nur zur weiteren V e relendung der werk tätigen Massen des deutschen Volkes und zur völligen Vernich lung ver deulschcn Wirtschaft führten, verlange die Reichstags frattion der NSDAP, zum Zwecke der Aufhebung dieser Matz nahmen die sofortige Einberufung des Reichstages. Amerikas Außenminister kommt nach Deutschland. Wichtige „Höflichkeitsbesuche". Der amerikanische Staatssekretär des Äußeren Stimson wird in der zweiten Hälfte des Juni eine Reise nach Europa «»treten, deren Dauer auf zwei Monate be- Der amerikanische Aussenminister Stimson. rechnet ist. Stimson, der die europäischen Verhältnisse ein- pehcnd studieren will, fährt zuerst nach Neapel und bereit! dun» Italien, Frankreich, Deutschland und England. Er erklärte, er werde offizielle Empfänge zu vermeiden