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WscheUMsMila «eiu,«prrt», Beilage virrteljül Deutschland < rNch ir.l»^, In Hau» »,S» Dresden und «n Oesterreich Idl»Baab«v RerteljUhrltch i,ko^ Dresden und aanz Deutschland frei Hau« ir.itiS ^ in Oesterreich 1,07 X. — ktiijel-Nummer 10 1 "" «°e-m»htg ,n den ersten Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Vie illustrierte Zeit An»rtgea> I Annahme von »cschlistSanzeiaen bi» IO Uhr, von Famtlien- s anjetge» bis II Uhr, I Preis für die Pelit-Spallzcilc LO 4. Im SieNametetl OO I Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher auf- »gegebene Anzeigen können wir die VerantworUtchkeU für ' die Richtigkeit des Leiter nicht übernehmen, Redaktions-Sprechstunde: 10 bis I I Uhr vormittags, Für Rückgabe etnaesandler Schrittst, macht sich die Redaktion I nicht verbindlich: Rücksendung erfolgt, wenn Rückporto bei- I gefügt ist. Brieflichen Anfragen Isl Antwortsporto betzufügen. Nr. 142 Befchäftsftrlle und Redaktion DreSden-A. 1«, Holbeinftratze 4« Donnerstag den 24. Juni 1915 Fernsprecher 213VV 14. Jahrg. Der Oapst über wichtige Uriegsfragen Ai Weit IN W Gcschoßexplosion Stettin. 2:;. Juni. (Ä. T. B,) Wie die „Abend- eesl" meldet, fanden in dem nahen Scheune drei Knaben im Alter oon k- 12 Jahren eine Granate russischen Ursprung. Sie spielten mit dem Geschah und klapsten mit Steinen daraus, bis es erplodierte. Tie Kinder wurden sämtlich läiwer verletzt, Einem Knaben wurde die Wade abgerissen. Inzwischen ist nach ein zweites Geschah ausgefunden war^ den. Wahrscheinlich haben Arbeiter, die mit dem Bergen der russischen Beute beschäftigt waren, sich die Granaten an- geeignet. Eine amtliche Richtigstellung B erlin , 21, Juni. (Nichtamtlich.) Durch Neuter ist in» IN Juni über Pvldlm und in der Presse die Nachricht verbreitet Warden, dem Kapitänieutnaut Hersing sei der liahe Orden „I'.mr I,- ini-i-ito" als Belohnung für die van ilnn vollbrachte Versenkung der 2 u s i t a u i a ver liehen worden. Van unterrichteter Seite wird uns hierzu mitgeteilt, das Kapitänleutnant Hersing diese hohe Aus zeichnung für Kriegsdienste erhalten habe, die mit der Ver- niwtnng der Lusitania in keinem Zlisamiuenhang stehe. Tic Lcmbcrgfeicr in München München. 24. Juni. Aus Anlah der Eroberung ron Hemberg bereiteten etwa 1(1000 Personen dem König Bidwig eine begeisterte Huldigung. Tie versammelte Menge sang di? KönigShymne, worauf der Köni g auf dem Bal lon des Palais erschien und folgende Ansprache an die Menge richtete: Ich danke Ihnen, das; Sie hierher ge- lammen sind und das; Sie sich mit mir freuen über das sieg reiche Vordringen unserer und unserer verbündeten Armeen. Wir sind durch dasselbe dem Frieden vielleicht näher gerückt; ober noch lauge heiht es, Geduld haben und ausharren, bis imsere Feinde in Ost und West und Süd vollständig nieder- gernngen sind. Tah wir heute schon so weit gekommen sind, das verdanken wir in erster Linie unseren tapferen Trup pen, die Sieg auf Sieg errungen haben, das verdanken wir aber auch den Zurückgebliebenen, die durch ihren auf- vpferndeu Fleiß die Arbeitskräfte der im Felde Stehenden ;n ersetzen wuhten, unserer Industrie und unserer Land wirtschaft. die es uns, eingekreist von Feinden, ermöglichen, ans eigener Kraft den Bedürfnissen des Landes und des Heeres gerecht zu lverdeu, und unser Volk zu ernähren, nicht zuletzt unserer arbeitenden Bevölkerung, die wie wenige andere Länder für das Wohl des Ganzen eingestanden ist. Aber es heiht noch ausharre». Viele von Ihnen haben schon Cnrch den Verlust lieber Angehöriger schwere Opfer bringen müssen, und es stehen noch grohe Opfer bevor. Möge der Oledanke Ihnen zum Trost gereichen, dah dieselben gebracht werden in groher Zeit für die grohe Sache unseres Landes, des Reiches und des ganzen deutschen Volkes. Nochmals danke ich Ihnen. Gott befohlen! Kundgebung vor dem Palais Nikvlajewitsch Nach dem „Bert. Tagcbl." hätten die Berichte über Lemberg in Petersburg große Kundgebungen vor dem Palais Nikolai Nikvlajewitsch veranlaßt. Tie Einberufung einer außerordentlichen Dumatagung und eines Kronratcs stehe unmittelbar bevor. Tic Verlegung der Residenz nach der Krim wird erörtert. Vorboten einer russischen Revolution Nach der „Morgcnpost" mehren sich die Vorboten einer russischen Revolution. Im Moskau seien bereits Offi ziere ans der Straße verprügelt worden. Freudcnkundgcbungen in Berlin Laut „Berl. Tagebl." fand gestern vor dem österreichisch- »»garischen Botschafter-Palais eine Kundgebung statt, für die der Botschafter von dem Balkon aus persönlich dankte. Eine schwedische Stimme über de» Sieg von Lemberg Stockholm. 23. Juni. Tie Blätter heben die zu erwartende moralische Wirkung des Falles von Lemberg auf die russischen Volksmasseu und auf Rumänien hervor. Tagens sagt: Dies sei wirklich ein entscheidender ürategischerSieg von bestimmendem Einfluh auf die Weiterentwickelung des Krieges. Lemberg unversehrt Verschiedene Morgenblätter schreiben, der sehr harte stampf uni Lemberg habe die Stadt unversehrt gelassen. Bedeutsame Worte des Papstes Luga n o , 22. Juni. Die „Liberia" veröffentlicht ein Interview, das der Papst mit ihrem Chefredakteur Lapa- tie hatte, und in dem sich der Papst mit großem Freimut auf den Standpunkt absoluter Neutralität stellte. Was er sagte, ist auch deshalb von größter Be deutung, weil es zur Veröffentlichung in einem franzö sischen Blatte bestimmt war. Ter Papst sagte, dah man ihm unrecht tue, wenn mau in Frankreich behaupte, dah sein Schweigen über so viele im Kriege begangene Verbrechen Parteinahme bedeute. Bei Beginn deS Krieges habe er in einem Briefe die Leiter der Völkergeschicke beschworen, ihre Streitigkeiten zu vergessen. Er habe einen Weih u a ch t 3 - Waffenstillstand vorgeschlagen nnd Schritte znm Austausch Ose fang euer unternommen und am 22. Januar im Konsistorium jede Ungerechtigkeit verurteilt nud für n u a n g e in essen erklärt, das; die p ä pstliche Autorität in die Streitigkeiten de r K r ieg - sührenden verwickelt werde. Ter Redakteur warf ein, es handle sich nicht um Streitigkeiten, sondern um Ber ti r e ch e u. Ter P a p st : „Soll ich vielleicht jedes einzelne Ver brechen tadeln? Jede eurer Anklagen würde eine Antwort der Deutschen zur Folge haben. Ick; kann keine Diskussion darüber eröffnen und keine Untersuchung anstellen." Ter Redakteur: „Es ist vielleicht eine Untersuchung nötig, um festzustellen, daß die Neutralität Bel giens verletzt wurde." Ter P apst: „Tas geschah unter dem Pontifikat Pius X." Ter Redakteur: „Ist nicht allgemein bekannt, das; zahlreiche belgische und französische Priester als Geiseln weg- geführt und erschossen wurden?" Ter P a p st : „Ich erhielt von österreichischen Bischöfe» die Versicherung, das; das r u s s i s ch e H eerkathoIi s ch e P r i e st e r als Geiseln fortgeführt habe nnd dah s ü n s - h undert Jude n v o r r ussi s ch e n T r u p p e n marschieren muhten, um als menschliche Barriere zu dienen. Ter Bischof von Ereniona teilte mir mit, das; das italienische Heer scho n achtz e h n öfter- reichische Priester als Geiseln fortgeführt habe. Alles das sind Erzesse, die ich in meiner Enzyklika tadelte, in der ich veickündete, das; es niemand aus welchem Grund immer gestattet sei, die Gerechtigkeit zu verletzen." Ter Redakteur: „Tie Deutsche» begingen auch andere Grausamkeiten." Ter Papst: „Vertreter von sieben belgische» Kongre- gationeu erklärten, das; kein einziger Fall von Gewalttätigkeit in ihren Kongregationen vorge kommen sei. Wir sind nicht vollständig über diese Tinge auf geklärt worden, über den Brand von Löwen und das Bom bardement der Kathedrale von Reims. Die Tentschen ant worten, dah man auf ihre Truppen geschossen, das; auf den Türmen der Kathedrale Beobachtungsposten standen. Wir werden die Bibliothek von Löwen wieder aufbauen. Selbst verständlich verurteilen wir alle diese Gewalttaten. Jeder Schuh, der auf die Kathedrale von Reims abgegeben wurde, hallt in meinem Heizer wider. Aber die Stunde ist noch nicht gekommen zur Feststellung der Wahrheit. Dcr Vatikau ist kein Gerichtshof; wir können keine Urteile verkünden. Der Richter thront im Himmel." Der Redakteur: „Man hätte doch wenigstens gegen die Verhaftung eines Kirclienfürsteii protestieren können." Der Papst: „Es wird euch Wundern, Kardinal Mercier i st nie verhaftet worden, er kann sich frei in seiner Diözese bewegen. Ich empfing von General v. Bissing, dem Gouverneur von Belgien, einen Brief, in dem er mir versichert, dah er mit der größten Energie alle Gewaltakte gegen Geistliche verhindern werde." Durch diese Antworten des Papstes wurde der R e d a k- teur außer Fassung gebracht und wollte nun wenigstens ein V c r d a in in u n g s u r t e i l über die Torpedierung der ,. Lusitani a " höre». Hier handele cs sich nicht um Kriegführende, sondern um unschuldige Opfer. Der Papst: „Ich kenne kein größeres Verbrechen. Welcher Schmerz, unsere Generation solchen Greueln ver fallen zu sehen! Mein Vaterherz i st durchbohrt worden. Aber glaubten Sic, daß dieBlockade, die zwei Reiche einschlicßt und Millionen von Unschul- d i g e n z u m H u u g e r n zw i u g t, v o n s e h r in e u s ch- lichen Empfindungen eingegeben ist?" Alles das sprach der Papst im Tone höchster Erregung, und er fügte hinzu: „Nach dem Kriege werde ich vielleicht einen Syll a b u S v e r ö f f e n t l i ch e u , um die Lehren der Kirche über die Pflichten kriegführender Völker zu sammenzustellen. Daun wird man in diesem Dokument zweifellos die formelle Verurteilung aller Greuel finden, die in diesem Kriege begangen wurden." Darauf wandte sich das Gespräch der italienischen N eutraIität zu. Ter Papst erklärte freimütig, das; er Neutralist gewesen und in diesem Sinne die Katholiken und die Zeitungen instruiert habe. Erstens weil ein Papst nie den Krieg predigen dürfe, sondern nur eine Friedens- inission habe. Zweitens weil er Italien, das er liebe, die Schrecken deS Krieges ersparen wollte, drittens aber auch, weil er an die Interessen des Heiligen Stuhles denken müsse. Ter Redakteur: „Ist der Papst nicht frei?" Ter P apst: „Ich muh anerkennen, dah die italie nische Negierung uns Beweise guten Willens gibt. Unsere Beziehungen sind gebessert, aber die Dinge entwickeln sich nicht ganz zu unserer Zufriedenheit. Könnte man mir zum Beispiel nicht meine Garde lassen, die ich zur Sicherheit meiner Person und der mir anvertrauten Güter brauche? Man hat mir zwanzig Nobelgarden, darunter einige Offiziere, genommen. Aber das ist unbe deutend im Vergleich zu der Störung meiner Beziehungen zu den Gläubige». Tie Regierung hatte die F r e i h e i t des E h i f f r e v e r ke h r s den bei dem Vatikan beglau- bigten Gesandten z u g e st anden , aber unter Kontrolle und Garantie desHeiligen Stuhles. Das wae zu gefährlich. Man hätte uns Indiskretionen, die den Krieg betrafen, zum Vorwurf machen können. Ich habe das abgelehnt, und man versprach mir zensur freie Korrespondenz. Aber heute früh hat man dem Kardi nal-Staatssekretär einen Brief des Patriarchen von Venedig überbracht, dessen Siegel erbrochen waren. Der geistliche Gerichtshof, der sich mit privatrechtlichen Ange legenheiten beschäftigt, empfing einige geöffnete B ries e. Wir hören nur immer die eine Melodie: die Be ziehungen zu den italienfeiudlichen Nationen sind unter bunden. Unsere Garantien sind unwirksam ge worden. Wir habe» Vertrauen zur jetzigen Negierung, aber wir fürchten, uns der Unsicherheit des öffentlichen Lebens in Italien ausgesetzt zu sehen. R o i» i st in beständigc r Gärung begriffe». Was wird morgen geschehen? Wie wird das Volk eine Niederlage aufnehmen, wie wird cs sich im Fall eines Sieges betragen? Man wird begreifen, warum wir uns mit allen unseren Kräften gegen den Bruch der Neutralität gewendet habe». Tie Zukunft ist dunkel. Die Stunde zur F r i e d e n s v e r in i t t e l u u g i st n och nicht geko in in e n. Erst wenn die Gewißheit des Erfolges vorhanden ist, kann ich, ohne das moralische An sehen der Kurie zu gefährden, Schritte tun. Aber ich er- warte die Gelegenheit mit fieberhafter Spannung. „Eorriere d'Jtalia" bemerkt zu diesem Interview, daß. wenn es nicht sofort energisch dementiert werde, seine W irku n g kat a st r o p h a I sein müsse. Zur Rückeroberung von Lemberg lieber die Zurückeroberung vom Lemberg berichtet ein Korrespondent: Nachdem die Armee Mackensen den Feind im Norden erneut geschlagen hatte und nachdem die Süd- forts der während der Besetzungszcit neugeschaffencn starken Befestigungen erobert worden waren, räumten die Russen um die Mittagsstunde die galizische Hauptstadt. Mit dem G l o ck e n sch l a g e 12 Uhr zogen die Spitzen der Ver bündeten Armee in das von zehnmoiiatiger Fremdherrschaft befreite Lemberg, von der Bevölkerung mit unbeschreiblichem Jubel begrüßt, mit Blumen überschüttet und unter endlosen Hochrufen auf Oesterreich, Ungarn und Deutschland, dem jeder seinen besonderen Tank zum Ausdruck bringen möchte. Aeuherlich hat die Stadt nicht besonders gelitten, nur im Weste» wütet ein ungeheuerer Brand, da die Russen vor ihrem Abzug de» Bahnhof, alle benachbarten Fabriken so wie die Petroleum- und Benzinlager in Brand gesteckt hatten. Während der letzten drei Tage hatte die Bevölkerung besonders schwer zu leiden. Alle Männer von 1e> bis äO Jahren wurden sestgenomuien. Wer sich nicht rechtzeitig verstecken konnte, wurde von den Russen mitgeschleppt. Eine Darstellung, wie Lemberg erobert wurde, wird aus dem österreichisch-ungarischen Kriegspresseguartier wie folgt gegeben: Lemberg ist von der Grodckscitc her von den Truppen der Armee Böhm-Erinolli, die siegreich in die Stadt einzog, genommen worden. Die Sammlungsversuche