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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921013021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892101302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892101302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-10
- Tag 1892-10-13
-
Monat
1892-10
-
Jahr
1892
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^ »d« de» t» Stodä» Bezirk »d de» Vororten errichtete, «,«. aabestrlleu «bgeholt: vierteljährlich^«4^0; «t t»«imali«r täqUcher Zvstella»- in« H«l» Sbüc Durch dt» Post d«»oa»a für D»»tscht«,d «d Oesterreich: vierteliLhrltch . Direkt» täglich« Kreuzdandjeudiuig tu« moxMich A— DieMoryru-Nusgab« erscheint täglich'/,7 Uhr, dt» Lbeud-Aiisgade Wochentag« b llhr/^' Re»«tto» u»L Lr»e>itt«»r Iuh«»or«gaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- »nunterbeocha geöffaet von früh 8 bi« «bead« 7 Uhr. Filiale»: vtt« Ae«« « r«rtt«. («lfretz HM), Uviversttätsstrabe 1, Laut« Lisch«. KaHarinrnstr. 1«, put. n»d König-Platz 7. Abend-Ausgabe. 'ch)mer.TagMM Anzeiger. AM för Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Jusertionspreis Die 6 gespaltene Pctitzeile 20 Reclamea unter dem Redactionsstrich (4 ge stalten^ bO^, vor den Familiennachrichlea ;6gejpalten) 40^. Größere Cchrislen laut uul'erem PreiS- derzeichoih. Tabellarilcher und Ziffcrnsaß nach höherem Tarif. vrtra-veilagen (gesalzt-, anr mit de» Morgen-Ausgabe. obne Poslbesörderunz 60.mit Poslbesörderung 70.—- Ännalitueschluß für Inserate: Übend »Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morg» »»Ausgabe: NachminagS 4 Uhr. Sonn» und Festtag» früh '/,0 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen l« eln« halbe Stund« früher. Inserat« stad stets an di« Oxpetzitt«» zu richten. Druck und Verlag von S. Polz ia Leipzig. .1° 525. Donnerstag den 13. Oktober 1892. 88. Jahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. Oktober. In der .Nordd. Allg. Ztg." kann irgend Jemand nicht verstehen, wie nichtdemokratijche Richtungen die .taktischen Vorstöße" unterstützen, welche von demokratischer Seile gegen die in Aussicht stehende Militairvorlage erfolgen. Der überraschte Herr findet, daß auch konservative und sonst nicht zu demokratisirenden Extravaganzen geneigte Blätter (also wohl nationalliberale) auf den vom Richter'schen Blatte angeschlagenen Ton einsallen. Da« ist nun selbst verständlich falsch gehört, in Wahrheit ist da» Gegentheil zu verzeichnen. Während die Richter'scke Presse die Militair vorlage als einen Anlaß zum Eonflict begrüßt, auf den sie sich freut, wie rin Kind auf die WeihnachtSbcschecrung, be kämpft die von der .Nordd. Allgeni. Ztg." gekennzeichnete Presse übergroße Militairvorlazcn, gerade weil sie einen Eonflict für verderblich hält, sich aber der Befürchtung nicht verschließen kann, daß in der geplanten Borlage der Stoff zu einem Eonflict aufaehäuft liegt. Der Nichtverstehenkc der „Nordd. AUaem. Ltg." betont wiederholt, daß man über einen nach Inhalt und Begründung noch nicht bekannten Entwurf nicht urtheilen dürfe und könne. Diese Mahnung wird nun nachgerade recht langweilig. An der DiScussion über die Militairvorlage trägt lediglich die Regierung mit ihren geflissentlich gemachten halbe» Andeutungen die Schuld und die Segel der Demokraten werden ausschließlich vom Regierungswind gebläht. Wollte die Regierung die frühzeitige Besprechung nicht, so hätte sie nicht« „transpiriren" taffen dürfen, und will sie jetzt die Er örterung einer .unbekannten" Vorlage nickt, so soll sie ihren Entwurf in Gotte« Namen bekannt geben. Parallelen mit früheren Militairvorlagen sind ganz unzulässig, denn früher wurden derartige Dinge in den Vorstädten ganz anders gc- handhabt und eiuer vorzeitigen Kritik kein Spielraum gegeben. Die .Nordd. Allg. Ztg." beschwert sich auch darüber, daß die Blätter (eS ist dies vornehmlich die freiconservative .Post" gewesen) die Chancen der .angeblich unvermeidlichen ReichS- tag«auflvsung di-cutiren". Wenn damit gesagt sein soll, daß in keinem Falle an eine Auflösung gedacht wird, so werden die« alle Prcßorgane, die der Artikelschreiber der .Nordd. Allg. Ztg." nicht begreift, mit Genugthuung begrüßen. Als ob die Welt an den iodiScreten halbe» Audzzltuugen über den Inhalt der Militairvorlage noch nicht genug und ihre Väter mit diesen Andeutungen noch nicht die geringste üble Erfahrung gemacht hätten, läßt man jetzt auch noch Angaben au- der Begründung der Vorlage in die Leffrnt- lichkeit dringen. So schreiben beute die „Ben. Polit. Nachr.": „Wenn zur Zeit keinerlei Anzeichen für eine nahe Krisis vor- liegr», so wird der tiefer Blickende doch schon nach der Beschicht: der letzten Jahre keinen Zweifel darüber hegen, daß die Gr- fahr deS AuSbruchS eine« DoppelkrtegeS in unver änderter Stärke fortbefteht. Die betreffende» Vorgänge in Frankreich sind noch in frischer Erinnerung. Was Rußland anlaugt, so mag man an die Vorgeschichte des letzten russisch-türki- schen Krieges erinnert werden, über deffen Ursache Leroy-Beaulieu ia seinem Buche »Da« Reich de- Zaren und die Russen" sich folgendermaßen treffend an-drilckt: „Ungeachtet deS Widerspruchs deS Herrschers und der Minister, ungeachtet de« spöttischen Unglauben» der PeterS» bnrger, begann Rußland, von Kops bi- zu Füßen ergriffen, allmälig den Kreuzzug zu einem großen nationalen Krieg», an den zwei oder drei Jahre vorher Stiemand hätte glauben können, zu einem Kriege, der im Gegensatz zu de» Verblich» tigungen de« Westen« weit weniger durch politische Berich» nungen als durch ein Bedürsniß nach Aeußerung der Sym» pathie, durch eine plötzliche Explosion lange unterdrückter Ge» fühle entflammt wurde, die sich Luft machen mußten." Besteht aber die Aesahr eine« DoppelkrtegeS und zwar des on- schriuend plötzlichen Auäbruch« eine« solchen, so folgt darau» für Deutschland die unabweisbar« Rothwendigkeit, sich kriegerisch so stark zu halten, daß ein Krieg mit doppelter Front siegreich durch» Fauillatsi». Dämmerungen. Roman ia drei Büchern von Rudolf von Gottschall. 11) «-»druck »erdolen. (Fortsetzung.) .UmS Himmels willen, Doctor! Ick bin schon jetzt in Sorge . . Aufregungen verderben den Teint . . wenn solche Scenen im Hause wiedrrkehrten . . ich fürchte, aus meinem Gleichmaß berauSzukommen und damit ist alles für mich ver loren. Dann stellen sich gewiß auch krampfhafte Zufälle rin und man bekommt einen verzerrten Zug ins Gesicht . . vielleicht nur leise angcdeutet . . aber wer genauer hinsieht, der merkt diese Fältchrn und Falten!" .Da« geht nicht so rasch mit dem Altwerden, dazu braucht man Zeit", sagte der Doctor lächelnd. .Ach eS gehl oft erstaunlich rasch! Und die grauen Haare.. da« erste weiße Haar würde mir so vielen Kummer machen, daß darüber alle andern grau werden würden I Kann man nicht in einer Nacht graue Haare bekommen?" .Gewiß, da« wird von der Königin Marie Antoinette erzählt." „Und da« war eine Königin", versetzte Frau von Senden zerstreut, „die keine Sorgen hatte. Ach Gott, ja, sie sollte ja hingerichtet werden; aber, lieber Herr Doctor. taffen wir die Haar«, beschäftigen wir un« lieber mit den Füßen! Ich werbe doch nicht etwa lahm bleiben! Um « Himmel-Willen nicht ... ich habe rin« Freundin; r« ist eine Schönheit, wenn sie sitzt oder liegt . . . dock wenn sie gebt ... da ist alle- verloren! Eine hinkende Teufclin ... statt der Bewunderung da- Mitleid! Ich werde zwar nickt bewundert» aber bemit leidet möcht' ich auch nicht werden." „Fürchten Sie nicht«! Denn Sie folgsam sind, werden Sie nach vierzehn Tagen wieder hrrgestellt fein... und e« Wird auch kein hiickendrr Bote Nachkommen." Die Zofe kam mit den Eisumschlägeu; der Doctor Wie ste genau au, wis sie dirseldea auflegen und erneuern sollt«. gejochten werden kann. LS handelt sich dabei einfach um Sein oder Nichtsein; denn daß e« bei einem europäischen Kriege der bezeich- ueten Art sich um die Existenz von Ttaalengrnppen Handel» wird, unterliegt wohl keinem ernstlichen Zweifel. So geneigt man sein mag, sich durch die augenblickliche friedliche Lage über den Ernst -er Dinge wegtaujchen zu lasten, so wird doch derjenige, welcher namentlich an der Entscheidung über Militairsragen mit- znwirken bat und sich dieser Verantwortung voll bewußt ist, von der Nothwendigkeit, jederzeit auf »inen Toppkkkrieg gesaßt und zur siegreichen Durchführung dcssetben gerüstet sein zu müssen, auS- zugehen haben. Dabei würden die Thatsachen, daß Rußland beinahe soviel Einwohner zählt, als der Dreibund zusammen, daß sein stehendes Heer so stark ist, wie das deutsche und oster- reichische zusammen und daß das französische Heer das deutsche zu überflügeln droht, in vollem Umsange mit berücksichtigt werden müssen. Hält man sich diese Thatsachen in Verbindung mit der Nothwendigkeit, toujour» en velletto gegenüber einem Doppelkriege sein zu müssen, vor Augen, so wird man zu dem Schluffe gelangen müssen, daß Deutschland im Interesse der eigenen Existenz gar nicht ander« kann, als seine Wehrkraft bis zu der wirthschastlich erreichbar höchsten Höhe zu entwickeln." Daß die Vorlage aus ähnliche Weise begründet werden würde, konnte man freilich von der Stunde a» vorauSseben, in der zum ersten Male von einer neuen Militairvorlage die Rede war. Aber von eben dieser Stunde a» legte man sich auch die Frage vor, was denn in Frankreich und Rußland seit der Berathung der letzten Militairvorlage geschehen sei, was die damalige Abneigung de« Reichskanzlers »nb so vieler anderer Autorikaten gegen die „rage ckes nomdres" in VaS directe Gegentheil verkehren konnte. Und gerade diese Frage ist eS, auf deren Beantwortung man beute mit höchster Spannung wartet. Was die „Berl. Polit. Nachr." ansühren, gerade das hat vor nicht langer Zeit unsere militairischen Autoritäten dazu geführt, besonderes Gewicht auf eine weniger zahlreiche, als vielmehr gründlichst durchgebildete und diS- ciplinirtc Feldarmee zu legen. Warum jetzt eine Vorlage, die mit dem bricht, was man noch unlängst als höchste militairische Weisheit vertheidigtc? Will man auf diese Frage nicht eber Antwort geben, al« bis dem Reichstage die fertige Vorlage überwiesen werten kann, so verschone man auch die Welt mit Motivirungen, die früher das Gegentheil vou dem motiviren mußten, was jetzt motivirt werden soll. Bon Paris ist in diesen Tagen die Melkung eingegangeu, daß auf den Kaiser von Rußland bei seiner Ankunst in Skiermrwice ein Dynamit-Attentat versucht worden sei. Der .XlX. Siöcle" wollte nämlich von der russischen Grenze die Nachricht erhalte» haben, bei der Einfahrt des kaiserlichen Zuges im Bahnhof Skicrnicwicc wäre unter dem Schicncngelcise eine Dynamitbombe aufgcflogen und hätte niedrere Personen getödtet und verwundet, doch wäre das zerstörte Geleise nicht dasjenige gewesen, auf welchem der laiscrliche Zug lief. Wir haben diese Meldung ihrer zweifel haften Quelle halber ignorirt. Heute wird sic ergänzt durch folgendes Telegramm des „Hirsch'schen Telegraphen BureauS" au« Wien: „Trotz aller Dementis liegen Privatmeldungen aus Warschau vor, nach denen bei der Ankunst des Zaren in Skierniewice aus dem Bahngeleij« eine Dynamitbombe geplatzt sein soll; 1 Personen seien getödtet und 14 schwer verletzt worden. Die Explosion sei durch eine elektrische Leitung bewirkt worden und der Zar sei nur dadurch dem Verderben entgangen, daß der Sonderzug, in dem er sich be fand, irrtümlicher Weise aus ein anderes Geleit, al« ursprünglich bestimmt, gesadre» war. als er in der Station ankam. 40 Her- dächtigr seien verhaftet worden. Das Altenlot werde dem nihi- iistischen Geheimbund Narodnaja zugcjchrieben." Trotz dieser eingehenderen Schilderung de« angeblichen Vorgänge- sind wir von diesem nicht überzeugt und warne» um so mehr vor leichtgläubiger Hinnahme der Sensations nachricht, al« un« soeben die folgende telegraphische Mit »Heilung zugeht: Petersburg, 13. Lctober. Ter Kaiser Alexander ist gestern Abend 6'/« Uhr von der Jagd bei Mitzka, einer 17 Werft vo» und versprach wirderzukommen. Zwei Fahrten an einem Tage — er hatte kein Verbandszeug mit. Unten vor dein Hause traf er Marie mit ihrer Gesell schastcrin, einem sehr munter aussehenden Fraulei», das einige Prüfungen glücklich bestanden hatte, ohne daß durch ihre Studien ihre Gesichtsfarbe und ihr Humor Schade» genommen. Der Doctor konnte beruhigende Auskunst ertl'cilen und Mariechcn empfand doppelte Freude; einmal daß der Mutter keine Gefahr drohe, dann aber, daß sic mit ruhigem Gewissen und fröhlichem Sinn den Spaziergang in den Wald unternehmen konnte, aus den sic sich schon Tage lang gefreut hatte. Niemand traue den harmlosen Mädchen... sie führen Arges im Schilde, sobald einmal der Pfeil deS kleinen Gotte« sie geritzt hat. Marie batte bei ihrer Begegnung mit Enrico aus der Promenade der Stadt eine Lusammcnkunst ver abredet ... und zwar zu einer bestimmten Stunde dicse« heißersehnten Tages ... oben aus dem Breiten Stein, einem Au«sicht«puncte des Wäldchens, das an Helmesheim- äußerster Grenze lag. Dorthin wollt« er, ohne da« Schloß zu berühren, auf den nächsten Wegen reiten. Mariechen besuchte noch ihre Mutter, die sie getröstet fand, eilte in den Hof hinunter, sah dann ängstlich nach dem Zeiger der Schloßuhr über dem Portal; sie kam zurecht und brauchte sich nickt einmal außer Atbcm zu lausen. Die muntere Susette nabm sie mit sich al« An- standSdame — und trotz ibrer zwei Prüfungen als Erzieherin fand diese nicht« Verfängliche« darin, wenn sich zwei Liebende zusammenfinden, wo e« ihnen gerade am bequemsten und geeignetsten schien. Wie leuchtete der schöne Tag dem glücklichen Mädchen, dessen Schritte die Liebe beflügelte! Ueber breite Kornfelder flogen machtlose Wolkrnschatten ... sie konnten nicht bindern, das; gleich darauf wieder da- Gold der Aehren, über denen ein leiser sommerlicher Dust schwebte, im Sonnenglanze leuchtete! Da pflückte sie >m Borüberzehen Cyanen und Kornraden und wand auch üppigen Mohn in den Kranz ... alles für ihn. Jene waren dir schwärmerischen blauen Augen der Kornfelder, dieser ihre roth« feurige Gluth! Schwärmerei tzkierneivice gelegenen Zwischenslation» wohlbehalten dorthin zurückgekehrt. Kaum haben die Verhältnisse in Dabomey eine für Frankreich günstigere Wendung angenommen — immer noch vorausgesetzt, baß die von Paris aus darüber ver breitete» Meldungen sich allenthalben bestätigen —, so brobt ganz neuerdings der französischen Colonialpolitik m Tonkin abermals eine arge Schlappe. Wie wir bereit« in der Morgeiinummcr melke» konnte», bat Prinz Heinrich von Orleans eine Studie über Tonkin, da- er kürzlich bereiste, veröffentlicht und erklärt, die dortige Lage sei sehr düster: der Piralenausstand sei von Ebina unter halten, das seine Absicht, sich TonkinS zu bemächtigen, zäh verfolge, und andererseits verletze Siam fortwährend die Grenzen Kambodschas. In Tonkin scheint eS in der Tbat schlechter als je zu geben. Man bat in Paris nur abgerissene, höchst unzulängliche Nachrichten über die dortigen Ereignisse, da die Behörden nur diejenigen Mittbeilungen machen, die sich nicht umgehen lasse». So kürzlich die Nach richt, betreffend die Wcgsübrung des BabnunternebinerS Vczin, den die „Piraten" nur gegen 2.1000 Piaster Lösegcld sreigaben. Der General Reste bat »m Enthebung vom Ober befehl gebeten, da ihm die verlangten loooo Mann Ver stärkung nicht gewährt werden können. Es befinden sich 6000 europäische Soldaten in Tonkin, womit kaum im Delta Ruhe und Ordnung bewahrt werben können. Von diesen 6000 sind stets 3000 krank oder der Erholung bedürftig. Verlustlisten werden hier nie veröffentlicht. Eine Zusammen stellung der erreichbaren Nachrichten crgicbt indessen, daß seil Januar 16 Ossieiere dort gefallen siit, was immerhin auf einige Hundert gefallene Soldaten schließen läßt. Allge mein siebt man eine Nachsorderung für Tonkin »» Anzug: wahrscheinlich werden eS 8—kO Millionen sein, vielleicht viel mehr. Nachdem die bulgarische Regierung den Ansprüchen Griechenlands wegen der Schulen in Bulgarien, noch ehe baS von der griechischen Regierung an die Vertrags mächte versendete Rundschreiben überreicht war, Rechnung getragen hat, versiebt es sich von selbst, daß damit auch das diplomatische Vorgehen Griechenlands erledigt scheint. Nach vorliegenden Berichten dürste jindcß die griechische Regierung seitens mehrerer BertragSmächtc nicht »u Zweifel gelassen worden sein, daß diese in keinem Falle dem griechischen Proteste durch irgend einen Schritt Folge gegeben haben würden, da cs sich um eine einen Vasallenstaat der Pforte betreffende Beschwerde Griechenlands gebandelt hat und Griechenland sich tabcr ausschließlich au die Regierung des sonzerainen Staates hätte wenden inüsscu. Seit dem 8. August d. I. besitzt Japan ein neues Cab in et, dessen Präsident Gras Ito ist. Dieser japa nische Staatsmann und neben ibm Graf Inouyc, der Minister des Innern, gaben der Regierung baS Gepräge. Beite sind die hervorragendsten Vertreter des gegenwärtig in Japan herrschenden eonstitutioncllcn RegierungssyslemS. Gras Ito insbesondere darf als Begründer des modernen Japan betrachtet werden. DaS gegenwärtige VerwaltungSsnstcm, die Einrichtung de« CabinctS, der StaatSratb, die Verfassung sind sein Werk. Unterstützt wurde er hauptsächlich von Adligen der vier südliche» EtanS-Provinzen Salsuma, Eboschu, Josa und Hize», in deren Händen die Regierung des Landes bis beute geblieben ist. Die jüngere Generation ist demo kratisch gesinnt und will weder von dieser StaatSrcgierung, noch vo» dem consiitutioncllcn System länger etwas wissen; sie erstrebt die Einführung einer rein parlamentarischen Regierung. Im ersten Puncte dürfte Graf Ito, der schon in sei» jetziges Eabiuct einige nicht den genannten Elans angehörige Fachminister ausgenommen hat, zu Eoncessione» und glühend Verlangen . . . das war ja die Liebe! Das fühlte sic, ohne es auSzusprecken. Schweigend schritt sie an der Seite ihrer Begleiterin, welche, ei» Liedchen trällernd, sobald fliehende Wolken die Sonne verdeckten, ihren Schirm dazu benutzte, Tisteln zu köpfen, so gut es gehen wollte, unk allerlei lwchstengelige» Blumen, die am Wege standen, den GaranS zu macken. Wie ein golden wallender Schleier breiteten sich tbalaus, tbalab die Korngefildc zu den Waltbügeln, die am ferne» Horizont im Sonnenglanze stammten ... und blaue duftige Berge balsinter. Dorthin ging die Sehnsucht! O wie war die Welt so groß, bas Leben so reich, baS Her; so weit und glücklich! Welch ein Summen unk Surren der Ereatur, die sich bcS Leben« freute! Es war eine Gebeimsprache. mehr gefühlt al- gekört, die einen Wirerklang im Herzen fand. Um die Distel- blllkhen summten die Bienen ... au« den Kornfeldern zwitscherte die junge Lerckcnbrut... o warum sink die Tonwelle» so schwach, auf denen der Klang sich zum Obre de« Menschen wiegt! ES war so still ringsum, man hätte den Flügelschlaa deö Tagpfauenauges hören müssen, baS um eine Glockenblume, die Vorboti» de- nahen Waldes, gaukelte. WaS aber Marie hörte, baS war da- Klopfen ihre« eigenen Herzen«, eine leise Bangigkeit wegen deS verbotenen Wege- und die freudige Erwartung de« WiedersekcnS. Susette fand den Weg sonnig und heiß, und erst, als sie in den Schatten de« Waldes traten, ließ sie lauter ihre Lieder ertönen. Es waren nicht Salonliedcr von Schubert und Schumann, sondern Volks weisen, oft recht keck und naiv, und dazwischen auch manche lüstern kichernde Operettenmelodie. Sie waren ja aus der Wanderung zu einem Abenteuer — und da war ja der ganze Wald verzaubert, und die Vögel aus den Bäume» sangen solche flotten censurwidriaeu Lieder! Ia, censurwltrig war Alle-, was sich im Kopfe und Herzen der mit re» besten Schulcensuren auSqeslatteten Susette bewegte ... zu einer Erzieherin und Gesellschafterin batte sic nickt da- gcrinaste Talent! E« gekörte die ganze UrtbcilSlosigleit »»d Blindheit von Mariens Eltern dazu, um ihr einziges Kind einer so bedenklichen Führung anzuvertraucn. Die guten Zeugnisse batten sie bestocken und ihnen da» eigene Urtheit erspart. Susette würde am liebsten dies Abenteuer selbst erlebt haben. geneigt sein. WaS er aber unter allen Umständen zu erhalten jucken wird, ist da« jetzige gemäßigt coustituiioncllc Rcgierung«- systeni. wonach die Minister von dcrKronc ernannt werten und nur der Krone verantwortlich sind. Mit wciserVorsicht bat der jetzige Ministerpräsident dieses der deutschen Verfassung nachgebiiceie System gcwädlt : es gegen dic aus parlamcinariiche Regierung ge richteten Bestrebungen der Demokraten zu vcrtbcikigcii. tritt er jetzt selbst in die Bresche. Muß Graf Ito der parlamenta rischen Opposition weichen, so sind eie Hilfsmittel des gegen wärtigen coiistiluliencUen RegiertuigSsyslems erschöpft. Hat aber Japan erst eine parlamentarische Regierung, tan» dürfte cö gar bald eine Republik »ach dem Muster der sürameri- kanischen Staaten werte». Wenn Gras Ito sich am Ruder erkalten will, so muß er einen Tbcil der Opposition aus seine Seite herüber z» zicben sticken. Ta er auch bei seinen Gegnern großes Ansehen genießt, wird ibm daö vielleicht gelinge», aber erhebliche Schwierigkeiten werden ihm zwcisclleS zu überwinden bleiben. Mit dem Einzug des Generals Crespo in Caracas scheint der Bürgerkrieg in Venezuela definitiv sein Ente erreicht zu babc». General Ioagui» Crespo ist un- gcsäbr 47 Jahre all und war schon einmal Präsident von Venezuela während der Iabre I88k—1886. Als zn Ende vorigen Jahres der Eonflict zwischen dem Präsidenten Palacio und dem Eongrcß ausbrach — Erstercr wollte sich bekanntlich die Herrschaft »och über baS Ende seiner AmtStaucr ;2o. Februar 1802- sickern —, war EreSpo Mit glied des ScnlaS. Ta es ibm an Rednergabe fehlt, bat er sich i» der Debatte nie ausgezeichnet. Nack tem der Präsident und die Mehrheit des Eongresses sich durch ihre Proclamationcn vom 14. bczw. 11. März den Krieg erklärt Halle», betrachtcle man eS als selbstverständlich, daß der durch seine srühercn Waffeiilhatcii i» Venezuela sehr populair gewordene Gcncral EreSpo den Oberbefehl über die Truppen der Aussländischcii übernehmen werde. Daö geschah denn auch, und der General bat, von Westen und Oste» vordringcnd, die Truppen der Negierung immer weiter zurück gedrängt. Der Präsident Palacio hat das Ende nicht ab- gewartct, sondern ist bereits Ente Juni aus Vcnezucla al- acreist. — Nach einer Meldung des .Ncw-Ljork Hcrald" au» Vcnezucla ist das von Gcncral Crespo ernannte proviso rische Ministcriui» solgciidcrmaßc» zusammengesetzt: Pedro Ezcquicl RojaS, Auswärtlges; Löon Eolina, Inneres; Pietri, Finanzen; General Gnzmaiin Alvarcz. Krieg; Gcncral Victor Rodrigucz, Polizei-Ehes; Leopold» Baptista, Ebcs dcS Tele- graphciiamtcö^ Nunez Trbcr, öffentliche Bauten; Silvo Gandolpby, öffentlicher Unterricht; General Ramon Gucira, tiouörnl-ou-t. >,, t', und Aiikrade. Gouverneur von Euraz.ao. Die Wahl dieser Männer soll allgemein befriedigen, da sic säiiiiiillich die Sache der Legalista«, der Antzänger der .Geistlichkeit", uiitcrstüyt haben. Ter venezolanische Eonsul i» London, Nathauiel I. Borch, hat gegenüber ciiicm Berichterstatter des „Bureau Reuter" die neue Re gierung ebenfalls sehr gelobt. General Crespo, so sagte er, sei gegenwärtig ohne Zweifel die volkStbüinlicksle Persönlich keil ui Venezuela; vo» jeher habe er besonders die Industrie deö Landes ru heben gesucht »nd da- Ausland werde u»lcr seiner Regierung auch wohl fahre». Das von ihm gebildete Ministerium bestehe au« eiuflußrcicheii und fähigen Leuten. Daß General Crespo schon jetzt triumpkirt bade, sei für Venezuela hochwichtig, da die Kaffee-Ernte bald cin- geheimst wirk. Wäre der Krieg fortgesetzt worden, so hätte sic a»S Mangel a» Arbeitskräften leicht verloren geben können. Der Krieg der Parteien sei jedenfalls jetzt zu Ende. General Crespo sei allgemein beliebt und bade auch die Macht, wie die Fähigkeit, dem Lanke den Frieren wiedcrzugcbe». Crespo habe selbst bedeutenden Grundbesitz. Hoffentlich behält der Herr Coiisul Recht, den» bis jetzt habe» die Präsidenten von Venezuela mehr an ihre» persönlichen Vvrthcil, als an den jenigen des Landes gedacht. Doch man mußte sich trösten. Heute war man Publicum, inorgcn spielte man vielleicht selbst Komödie. Durch daö Dunkel des Waldes führte der Pfad lange über knorrige Wurzeln, über welche Susette oft genug stolperte; denn sie sah nickt auf de» Weg, und wenn sich ihr die ewigen Melodien der Operette durch die Glieder bewegte», so sing sie an zn tänzeln und zn Klipsen mit dem ganzen Chic der Künstlerinnen, welche mit ihren Kehlen und Füßen zugleich dem Dämon der Lffcnbachiatcn huldigen. Marie, welche wie berauscht war von dem würzigen Dust, der ans dem brütenden Walddunkel ibr cntgcgenatkmcte, körte nickt aus den Inball dieser Lieder hin ; sie freute sich nur an der Munterkeit ihrer Begleiterin, und erst als diese, i» kcrNäbe deS FelSvorsprungeS angekommen, ans dem die Begegnung statlsinben sollte, eine» schmetternden Lockruf anSsticß, verbot ihr Marie diesen llebermutb, der ibr als eine Entweihung der ticsernsten Ceelenstimmiing erschien, i» welcher sie sich dem Geliebten »äderte. Schon waren sie ans der Höbe des WaldkügclS angckommen, da schimmerte etwas durch das Buschwerk; näher herantretend, erkannten sie Enrico'« Schimmel, der, am Eichenast angebunden, ibncn sröblick ent- gegcnwiehertc . . . und bald konnte Marie ihrem Freunde die Hand drücken. .„Komm, mein Schimmelchen! Ich wie du, wir sind hier beide ziemlich überflüssig, nachdem wir de» Transport be sorgt . . . plaudern wir ein wenig zusammen" ... So sagte Susette zu dem Pferd, indem sic ihm den Nacken streichelte und die Mähne kraute; „hält' ich nur ei» Stück Zucker mit genommen , . . du könntest auch etwas Süßes genießen wie dein Herr und brauchtest nicht so in der Lust herum- zuschnuppcrn " Der Breite Stein war früher ein wcitschaucnbcr AuSsichtS- punct gewesen, doch die am steilen Hang, über dem sich ein Felsbalcon erhob, auswachscndcn Fichten ließen nur noch den Fernblick zwischen ihren Wivsein zu und kalten den sonst so weit sichtbaren Felsvorsprung in einen Versteck verwandelt, wie er den Liebenden nickt willkommener sein kennte Sie saßen ans der Steinbank . . zu beide» Seiten erbeben sich zwei zitternde Espen . . auch ohne Luslhauch bebte da«
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