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für ZHcrmM, RsffeN, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche GerichLsaMt WilsdrLlffmlddenStadtrath daselbst. 39. Freitag, den 19. Mai 1876. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 18. Mai 1876. In der gestrigen „Berliner Börsenzeitung" ist eine Korrespondenz aus einer gewichtigen Feder aus Dresden enthalten über den Ankauf der Leipzig - Dresdner Eisenbahn durch den sächsischen Staat, bei welcher Gelegenheit der Korrespondent am Schluffe des Artikels auch der Stadt Wilsdruff wiederholt gedenkt. Die betreffende Stelle lautet: Durch den nun feststehenden Uebergang der Bahn an den Staat gewinnt auch das jahrelange Bemühen der Stadt Wilsdruff und ihrer reichen Umgegend um eine Eisen bahnverbindung an Wahrscheinlichkeit des Erfolges, indem es dem Staate noll-wendig erscheinen wird, die nun in seine Hände übergehende Verbindung zwischen Dresden und Leipzig frei zu machen von den Fährlichkeitcn des Elbüber- gangcs. Durch die neulichst von Wilsdruff erbetene Ver bindungsbahn Von Bahnhof Potschappel der Dresden- Chemnitzer Staatsbahn nach Station Deutschenbora der Döbelner Linie der Leipzig - Dresdner Bahn wird dieser Zweck erreicht uud zugleich eine ziemlich gerade Linie von Dresden nach Leipzig auf dem linken Elbufer hergestellt werden. Dresden. Auch die 1. Stäudekammcr hat in einer Sitzung am 12. d. den Ankauf der Leipzig-Dresdner Eisenbahn durch den Staat einstimmig gcucbmigt. — Nach dem „Dr.J." hat die Volks zählung am I. Dec. 1875 für das Königreich Sachsen eine Bevöl kerung von 2,760,416 Seelen ergeben, gegen 2,556,244 im Jahre 1871. Zur 2. Dresdner Pferdeausstellung, welche am 24. und 25. Mai auf dem Centralvichmarkte iu Vorstadt Neudorf abgehalten werden soll, sind dem Vernehmen nach jetzt schon über 600 auszu stellende Pferde angemeldet. Dresden. Zu der Hundeausstellung, welche hier in der Pfinst- woche staUfinden wird, haben der König und die Königin einen Ehren preis bewilligt. Derselbe wird in einem silbernen Becher bestehen. Leipzig. In den kaufmännischen Kreisen hört man überall Klagen über den schlechten Geschäftsgang der diesjährigen Ostermesse Es sollen in keiner Brauche wesentliche Geschäfte gemacht worden sein und kann man sich eiucö derartigen schlechten Geschäftsganges gar nicht erinnern. Man vermuthet hiernach, daß das augenblickliche Darnicderliegen der Industrie auch für längere Zeit hinaus sich noch ausdehnen, ja sogar verschlimmern wird und daß aller Wahrschein lichkeit nach für die Arbeitcrbevölkerung infolge von Neducirung der Arbeitszeiten in den Fabriken, möglicherweise auch gänzlicher Schließung derselben die schwersten Zeiten iu Aussicht stehen dürften. Auch aus den in Leipzig einmündenden Eisenbahnen ist der diesjährige Meßver- kehr als ganz schwach im Vergleich zu anderen Jahren zu bezeichnen. Sowohl in der Engros-Woche, als iu den beiden verlaufenen Detail- Wochen hat sich ein nur annährend früheren Jahren zu vergleichender Personen- und Frachtverkehr nicht entwickelt und die Züge, die sonst von und nach Leipzig bis auf den letzten Platz besetzt waren, ließen in diesem Jahre kaum eine erhebliche Vermehrung des gewöhnlichen Personenverkehrs bemerken. Zur Charactcristik des Verlaufs der Verhandlungen der drei Kanzler in Berlin mag das folgende Telegramm des Wiener „Fremden blatt" mitgethcilt sein: „Berlin, 12. Mai. Von hochosfiziöser Seite wird versichert, daß Graf Audrassh vom Empfang in Berlin außer ordentlich befriedigt ist. Bismarck's Entgegenkommen ist wohl selbst verständlich, allein noch nie soll ein österreichischer Minister mit so viel Freundlichkeit und Aufrichtigkeit empfangen und behandelt worden sein, wie Andrassy von Gortschakoff; Gortschakoff erklärte gestern vor Beginn der Konferenz, daß er namens des Zaren beauftragt sei, die Aufrichtigkeit der Gesinnung desselben für Oesterreich zu betonen, daß es des Zaren einziger und mächtiger Wille sei, daß das Einvernehmen der drei Mächte iutact bleibe, daß er das Drci-Kaiser-Bündniß als das Palladium betrachte uud alle Mittel zur harmonischen Vereinigung aufgeboten werden sollen, damit nicht durch die leiseste Trübung eine Störung des europäischen Gleichgewichts eiutrete. Dem „Journal de St. Pctersbourg" wird von Berlin tclegraphirt, daß der Kaiser von Rußlaud in den schmeichelhaftesten Ausdrücken seine Genugthuung über den ihm in Berlin bereiteten Empfang ge äußert habe. Die preußischen Eiscubahudirectioueu sind durch Verfügung des HaudelSmiuistcrs ausgcfordert worden, für den Besuch der 'Weltaus- stelluug nach Amerika eine Anzahl von Eisenbahntechnikern iu Vor schlag zu bringen. Denselben werden 1070 Mark Reisekosten und 50 Mark Tagegelder für die Zeit eines 4—Owöchentlichcn Aufenthalts in Amerika bewilligt werden. Den ungemein gewachsenen Gefahren im Orient tritt nach den besten Nachrichten aus Berlin und Wien Rußland, Oesterreich und Deutschland in voller Einigung gegenüber. Das Drei-Kaiser-Bünd- niß scheint seine Feuerprobe zu bestehen. Kaiser Alexander iu Berlin zeigte, als er den Oesterreicher Andrassy zum erstenmal empfing, auf seine Brust, auf welcher 3 Ordenssterne glänzten, der russische Georgs- ordcn, das österreichische Thcresicnkrcuz und der preußische paar Io moriw uud sagte: Hier sehen Sie die Grundlage meiner Politik! — Uud diese bildliche Erklärung, doppelt bedeutsam dem Minister Oesterreichs gegenüber, hat Wort gehalten in den Berathungen der Kanzler. Die 3 Kanzler haben sich über ihre Haltung vollständig geeinigt und das Resultat ihrer Entschlüsse bereits dem Botschafter Frankreichs, Englands und Italiens mitgethcilt. Rußland und nament lich dem Fürsten Gortschakoff soll dabei ein wesentliches Verdienst zufallen. — Der Frieden im Herzen Europa's soll nicht gefährdet werden. Der kranke Mann in Konstantinopel scheint sich noch einmal mit aller Gewalt aufraffen zu wollen, um sich seiner Gegner zu erwehren. Der Großvczier Muhamed Pascha, der Vertreter der Partei, die mit den abendländischen Mächten auf gutem Fuß zu bleiben wünscht, ist entlasten und an seiner Stelle Hussein Avni Pascha Groß« Vezier, Kriegsmiuister und Generalissimus aller Heere geworden. Man hat also in seiner Person alle kriegerischen Würden vereinigt. Sehr bedeutsam ist die gleichzeitige Absetzung des Scheich-ul-Islam d. h. des höchsten geistlichen Würdenträgers, gleichsam des muhamedanischcn Papstes, der an Einfluß fast so mächtig ist wie der Sultan. Soll die Fahne des Propheten erhoben werden? Zunächst hat seine Ab setzung wohl eine andere Bedeutung. Der Scheich-ul-Jslam ist Ver walter der großen Kirchengüter, deren inan, weil Niemand mehr borgen will, zu den Kriegsrüstungen bedarf; er hat sich wohl gc- wcichert, sie herzugeben und wird durch eineu nachgiebigen Nachfolger ersetzt. Kaiser Alexander erhielt von seinem Gesandten General Jg« natieff in Konstantinopel die Nachricht von der Absetzung des Mu hamed Pascha zugleich mit dem Hinweis, daß Leben und Eigenthum der christlichen Europäer in Konstantinopel gefährdet seien. Ein Derwisch im Gewände Muhamcnds predigt den Religionskrieg. Eine Depesche der Londoner Times bestätigt diese Gefahr, sie meldet: In Konstantinopel herrscht allgemeine Aufregung. Die Muselmänner kaufen Waffen und sprechen drohend von der Niedermetzelung der Ungläubigen. Die Reisenden verlassen massenhaft die Stadt, die fremden Staatsangehörigen senden ihre Familien zurück. Die diplo matischen Vertreter des Auslandes sind fortwährend versammelt, um gemeinschaftliche Maßregeln zu verabreden. Der Krieg zwischen den Türken und Bosniern und Herzego winern ist ein Gebirgskrieg ocr schwierigsten Art und daher die lange, enischeidungslose Dauer desselben, abgesehen von den politischen Ein flüssen aut die Führung desselben. Ein deutscher Militär, (I. v. W.) der vor einigen Jahren Bosnien im militärischen Interesse bereist und studirt hat, gibt darüber in der A. A. Z. mancherlei Aufschlüsse. Bos nien besteht fast nur aus wild zerrissenen und tiefen Thalschluchten