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Schönburger Tageblatt »Md Dienstag, den 8. August 1922 «r. 183. Bankkonto: veretnabanl ro Lowitz Geschäft«!»!» Waldenburg Sa. Semetndegirokonto Waldenburg IP Valienburger Anzeiger. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen de» Amtsgericht» und de» Stadtrats zu Waldenburg. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg. Erscheint tägüch mIt Uurnahn» der Tage nach Sonu- und Festtagen. Annahme von Inseraten bk Vorm.S UHr de, «urgabetager. Berugspre«, monatlich 30 Mk., ohne Bringerlohn, durch die Post bergen monatlich SO Mt. Einzelne Nrn. 1 Mk. Sonutag^Nr. 1.80 Mk. Ins»- ratenpreis 1 Zeile 4.— MI., Reklamezell« 88 mm breit 12 Mark, dir dreigespallene Zeile im amtllchen Teile S.— Ml. Kinweise aus Anzeigen und Eingesandtr 1 Prüt-ZeUe 2 Mk. Nachweisung-grbühr 2 Mk. Anzrigenannahmeschlutz Borm, g Uhr am AaegaSetu, GeMstrstelle in Wawenbnrg Sachsen, Obergass, Mj EejchSftrzeit: Bormittag 7—1, Nachm. 2—5 Uh^ FUialen: in AUstadt Waldenburg bei Herm Ott» IG» ster; in Lallender, bei Herm Strumpfwirker FrtMH Hermann Richter; in Langenchursdors bei Herm Hermann Esche; in Penig bei Firma WWebu Dahler; in Wolkenburg bei Herm Lina, Fried» mann und in Ziegelheim bei Herm Eduard »mstm. Gegründet 1878. Fernsprecher Nr. 8. Postschlietz- fach Nr. 8. Postscheckkonto «mt Leipzig Nr. 4438. . _ . Zugleich Veit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Brämädorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufui^en, Langenleuba- Niederham, Langenleuba-Oberhain, LangenchnrSdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichmbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. «itternngsbericht aufgenommen am 7. August, Mittag» 12 Uhr: V«r««e1erst»«b 757 mm reduziert auf den Meeresspiegel, rhermsmeterstau» -f- 20,»° L. (Morgens 8 Uhr 4- 17,»° L. Tiefste Nachttewperatur 4- 14* O.) Fe«»UgkUjr,rh«ll der Lust nach Lamprecht» Polymeter 73°/,. T«»p»»tt -s- 15,»'. Wiu»richt««g Südwest. Meberschl«g<»t«g« in den letzten 48 Stunden bi» früh 7 Uhr: 4,» mm. Daher «MernngSanSfichte» für den 8 August: Neigung zu Niederschlägen. Beginn der französischen Retorsionen. Der Raubzug Frankreich» gege« Deutschlaub hat Se- gauueu. I« Preutze« ist das Kiffe« be» alte« Reichsfah«, a«f staatliche« UN» kam»««ale« Gevs«-e« berbaten. Der Dollar stieg a« Soauaveub wieder auf 788 Marl. Bayern führt da» ReichSgetreidtgesetz durch. Die Sozialisten i« batzerische« Landtag gaben der R«- giernng ein Mißtrauensvotum. Am Moutag sollen UV Dentfche au» Elsaß rothri«gen anrgewiese« werde«. Dänemark will die Einfuhr von Schuhware» «>d Zigarren verbiete«. Poiucarü traf am So««tag i» Lo«do« ei«. I« Mailand erstürmte» die KaSziftr« da» Ratha«». England beantragt Snspendiernng der dentsche« Iah- lnnge«. Ler «ene polnische Ministerpräsident ««twickette i« Sejm sein Programm. Di« griechischen Truppe« i« der Türkei ziehe« sich zurück. Japa« und China wollen die Sowjetregieruug anerkennen, Amerika verlangt bei Annullier««, der Kriegsschulden «ad zugleich Abrüstung. In Nordamerika ereignete sich ei« schwere» Eisenbah«- «nglüü. *W«lde«v»rs, 7. August 1922. Mit den Schlagworten: Wirtschaftliche Hochkonjunktur und riesenhafter Unternehmergewinn! lassen sich weite Kreise unseres Volke», insbesondere die Arbeitnehmer, seit der Revolutionszeit blindlings berausche«. Das Unternehmertum könnte wahrlich stolz sein auf die in seine unverwüstliche Kraft und materielle Leistungsfähig- keil gesetzten Hoffnungen. Man verläßt sich darauf, daß die Reparationslasten, die Fehlbeträge in Reich, Staat und Gemeinde, Zuschüsse zu den WohuungSbauten rc. durch In dustrie und Handel aufgebracht werden können. Die von Monat zu Monat sprunghaft steigenden Lohnforderung«« brauchen nur in die Preise einkalkuliert zu werden, ein einfache» Rechenexempel. Die Entwertung der Mark er möglicht hohe Valutagewinne, denn das Ausland kann deutsche Waren nicht entbehren, und diese find bisher viel zu billig verschleudert worden. Lies« unverdienten Ge winne müssen der Allgemeinheit zugute kommen. Hohe Dividenden wirken aufreizend und sind weiter zu beschneiden. Beruht die Verbreitung einer solche« Lehre auf Ander- stand oder Parteipolitikk Die politischen und wirtschaft lichen Verhältnisse find allerdings seit der Revolution so verworren und unberechenbar, daß man nur bei vor urteilsfreier, sachlicher Prüfung von Ursachen und Wirkung, von Phantasie und Wirklichkeit die tatsächliche Lage und die weitere Entwicklung unserer Volkswirtschaft einiger maßen beurteilen kann. Die Indexziffer unserer Geldentwertung nach den Groß. Handelspreisen beträgt zur Zeit ca. 7000 Prozent. Löhne, wie auch Gehälter der unteren und mittleren Beamten haben den 40—KOsachen Friedenspreis erreicht. Demnach hat sich die Kaufkraft de» Arbeitseinkommens gegenüber der Bor- kriegszeit um ca. 28 Prozent vermindert. Eine weit höhere Entwertung ergibt sich für den Kapital- Ertragswert der Unternehmer bez. Aktieninhaber. Früher betrug die Durchschwttsdividende aus Industrie und Handel beispielsweise s Prozent jährlich. In den letzte« drei Jahren dürfte der Ertrag auf durchschnittlich höchsten» 27 Prozent gestiegen sein. Da» ist da» 3fache g«genüb«r einer 70sachrn Geldentwertung, demnach ei« Rückgang um 95 Proz««t von 9 auf 0,4 Prozent i« Soldmark. E» sei zugegeben, daß a„ßer dem verteilten Gewinn noch scheinbar höhere Beträge als Eonderabschreibungen »d«r Rückstellungen erübrigt werden. Unter Berücksichti gung der Geldentwertung schrumpft« aber auch diese Zah len auf rin ganz bescheidener Maß zusammen. Das Operie ren mit de» effektiven Bilanzzahlen muß somit als eine verhängnisvolle Irreführung der Oessentlichkeit beklagt werden. In diesen ausgeworfenen Scheingewinnen ist auch der Anteil der Allgemeinheit in Korm von Steuern enthalten, welcher den Kapitalertrag für die Aktionäre übersteigt. Allein die Körperschaftssteuer beträgt 20 Prozent auf de» nicht verteilten, 35 Prozent auf de» verteilten Gewinn. Auf letzteren werden dann noch 10 Prozent Kapitalertrags- steuer und die Einkommensteuer in Höhe von 10—60 Pro zent abzüglich 10—15 Prozent nach 8 12 des Körper- schaftSsteuer-Gesetz«» erhoben, ganz abgesehen von sonstige« Lasten auf dem Kapital. Bon dem Gewinuanteil aus einer Erwerbsgesellschaft bleibt den Kapitalisten in den höheren Steuerklassen nicht mehr al» ein Viertel. Die Abgaben zehren die restlichen 75 Prozent auf. Eine noch weitir- gehende Konfiskation des Ertrages aus der Wirtschaft müßte naturnotwendig jede» Interesse de« Unternehmer» unter drücken. Ohne Initiative eine» selbstverantwortlichen Unter nehmer«, ohne Kapitalbildung kann aber die Wirtschaft, die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmärkte nicht auf- recht erhalten werden. Das habe» die rusfischen und au- derweitigen Experiment« mit erschreckender Deutlichkeit be wiesen. Die Balutagewinne sind nur eine vorübergehende Er scheinung. Unsere GestehungSpreise haben sich immer den Weltmarktpreisen genähert, teilweise find letztere schon über schritten. Die Menge der inländischen Rohprodukte ist völlig ungenügend für die Beschäftigung unserer Industrie. In der Hauptsache sind wir aus den B«zug aus dem Aus lände angewiesen: Baumwolle, Wolle, Jute, Gummi, Kupfer, Zinn, Erze, Oel, Petroleum usw. Die Einkaufs preis« find für uns mindestens um Fracht und Zoll höher, als für unsere ausländische Konkurrenz. Dazu kommen Rückfrachten der fertigen Ware, die vielfach erhöhten Ein fuhrzölle und teilweise besondere Abwehrzölle für Ware« deutschen Ursprung». Diese Mehrkosten können durch unsere verhältnismäßig billigere» Arbeitslöhne kaum ausgeglichen werde«. Außer für Spezialitäten mit Monopolstrllung find nennenswerte Valutagewinne nicht «ehr möglich, wohl aber erweisen sich Exportgeschäfte für den Unternehmer häufig als verlust bringend, wen« er zu feste« Preisen verkaufen, aber bi» zur Vollendung der Fabrikation erhebliche Teuerungs zuschläge tragen muß. Der Export geht durch die künst liche Absperrung des Auslandes auch zusehends zurück. Di« schon erwähnten, scheinbar hohen Rückstellungen find bei der Mehrzahl der Betriebe nicht ausreichend zur Be schaffung der Erneuerungen und Verbesserungen, welche eine fortschreitende technische Ausgestaltung der Fabrikanlagen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit mit dem kapital kräftigeren Ausland» eigentlich erfordert. Größere An schaffung«« werden wegen der ebenfalls um 5000—7000 Prozent höheren Kosten nur in ganz dringenden Fällen gemacht. So treiben wir schon seit der KriegSzeit gezwungener maßen Raubbau, und bleiben von Jahr zu Jahr weiter zurück gegen die Konkurrenz in de« valutastarken Staaten, welche unter dem Schutze der früheren Kriegs- und jetzi ge« Ei«fuhrblockade fieberhaft an der Ueberflügrlung der deutschen Industrie arbeitet. Nur einmütig« Abwehr der Erdrosselungspolitik unserer Feinde und gleichzeitige Abkehr von einer kurzsichtige« sozialistische« WirtschastStheorie köunen unser Volk allmäh lich wieder au» den finanzielle« Röten herausfahren. Politische Rundschau. Deutsches «eich. 1 Im bayerischen Landtag gab ein Regierung»Vertreter die Erklärung ab, daß die Staat»regier«ng da» ReichSge- treidegesetz für 1922/23 in Bay-rn durchführen werde Die bayerische Regierung hofft, daß die bayerische Bauern- schäft der Smlagepsiicht, wenn auch widerwillig, aber mit Rücksicht auf die sich verschärfende Notlage weiter Bolk»kreise doch erfüllen werde. lieber den Eintritt der bayerischen Mittelpartei in di« Regierungskoalition wird halbamtlich «ine Au»laflung ver- breitet, worin festgrstellt wird, daß «ine Aenderung de» po litischen Kurse» durch den Eintritt der Bay-rischen Mittelpar tei in die Koalition nicht bedingt wird. Die Gesamt kosten für die weiter« Wirtschaft»entwick«lung Oberschlesien» werden von dem preußischen Handel»minister auf 4 Milliarden veranschlagt. Nachdem da» preußische Staat»ministerium beschlossen hat, daß die staatlichen Gebäude sowohl die Lande»fiage wie die ReichSsiagge zu hissen haben, hat der preußische Minister de» Innern in einem neuen Erlaß da» Hisse» der alten Reich»fahnr" auf jedem staatlichen oder kommunalen Dienst- gebäude verboten. Auf Privathäuser erstreckt sich diese Ver ordnung selbstverständlich nicht. Der Ausfuhrabgabenausschuß de» Reichrwirtschaft». rat», von dessen sech» Mitgliedern nur fünf anwesend waren, nahm nach längerer Debatte folgenden Antrag an: „Der Au»- fuhr-Abgaben Au»schuß spricht sich grundsätzlich für eine An passung der Au»fuhrabgabe an die Valuta au»." Die bei den Arbeitgeber de» Handel» und der Industrie hatten sich gegen den Antrag erklärt. Bei der Hau»halt»beraiung im bayerisch«« Landtag gab der Abg. Timm (Soz.) nawen» seiner Parteifreunde die Er klärung ab, daß sie gegen da» Finanzgesetz stimmen; nach parlamentarischen Grundsätzen wolle die Partei dadurch ihr schärfste» Mißtrauen gegen die augenblickliche daywische Staat»regier«ng zu» Ausdruck bringen, die in einer Zeit höchster politischer und wirtschaftlicher Not eine bi« Reichrein heit bedrohende, die Ziele Frankreich» fördernde jeden kulturelle« Fortschritt verneinende Politik betreibe. Der Redner erhielt »inen Ordnung»ruf. Der Abg. Neumann (K. E. P.) schloß sich der Erklärung de» Abg. Timm vollinhaltlich an, weshalb er vvm Präsidenten ebenfall» zur Ordnung gerufen wurde. Nach Annah»« de» Haurhalt» vertagte sich der Landtag. Die Nachricht von der Reise de» bayerischen Ministerprä sidenten v. Lerchen selb nach Berlin ist au» der Lust ge griffen. Am Sonnabend traf» die beiden Reichrmimister» Fehr und Seßler in München ein, um mit der bayrrischen Staat»- regierung wegen de» Echutzgesetze» zu verhandeln. Unter dem Verdacht de» Lande»v,rrat» wurden in Wilhelm»haven zwei Personen au» Württemberg festge- nommen. In ihrem Besitz befand sich umfangreiche» Mate rial über deutsche Marineangelegenheiten, da» anscheinend dem Nachrichtendienst einer fremden Macht aurgeliefert »er den sollte. Der neue Raubzug Frankreich» hat begonnen. Die französische Regierung hat beschlossen, da die deutsche Regie rung nur eine dilatorische Antwort erteilt hat, die Nurgleich»- ämter vvn Pari» und Straßburg anzuweisen, daß sie bi» auf weiterer keine deutschen Forderungen anerkenuen und keine Entschädigungen zahlen und die Wirkungen de» franzö- fisch deutschen Abkommen» vom August September 1921 su»- pendiert werden. Weitere progressive Bestimmungen »erde» in Aussicht gestellt. Poincarö hat 15 Sanktionen in einer Pressebesprechung erwähnt, die allmählich zur Anwendung kommen sollen. Deutschland hab» Millionen übrig für Er- greifung von Mordbuben, »ährend e» bi« Levlsenankäuf« für di« Reparationen einstellr. Diese» Spiel sei zu Ende. Da»