Volltext Seite (XML)
/reitilg. M «3. 23. Gctober 1857. I Zf)' Weißerih-Zeituna SM'lnt Dienstags undj Freitag». Zu beziehen durch alle Postaystal- >eu- Prci? pro , Opar». lstNgx. ' AnsytSft tvertze« «Yit - «Mg, M» di, AM berechnet 4> »nd in allen HMhWnru «ygenonWen. Ein unterh-lten-es Wochenblatt f-r -en Bürger und Sandmann. Verantwortlicher Redacteur L Carl Zehne in Dippoldiswalde. England und die indische Krise. ES scheint den Engländern in Indien in einer Be ziehung eben so zu gehen, wje es ihnen in der Krim gegangen ist: zuersthabep die Engländer den Mund ^möglichst voll genommen, dann allmälig hie englische Verwaltung schlecht gemacht und endlich nach Jahresfrist streicht, was nach den kühnen Reden in einem Monate erlangt werden sollte. Als die großen Expeditionen gegen Sehastopol und Kronstadt vorbereitet wurden, war es bekanntlich nicht blos der gewaltige Charles Napier, der die Katze gleich in den Sack stecken wollte ; gapz England «nd alle Eng« ländcr hielten die beiden russischen gewaltigen Festungen sofort für verloren, sobald fie nur das erste englische Pulver gerochen hätten. Pie Engländer sagten zuversichtlich, daß ihre Expeditionen die bestausgerüsteten seien, welche je die Welt gesehen, bis auf den kleinsten Nagel und das kleinste Strickchen war Alles in Ordnung. Aber es dauerte nicht lange, und aus der Belagerung Kronstadts wurde über haupt nichts, und vor Sebastopol traten hinsichtlich der Verwaltung und Führung die schreiendsten Mißstände vor; die Schilperungen enthüllten dem erstaunten England die haarsträubendsten Djn-e. Als endlich das Comznando gewechselt hatte und die Verpflegung der Truppen ein« bpffere geworden wgr, fiel Sehastopol, aber mehr durch die Franzosen, als die Engländer. In Indien wiederholten sich diese Vorgänge in ziemlich gleicher Weise. Kaum, daß die ersten bösen Nachrichten von dort überstanden waren, so kündigte die gesammte englische Presse das baldige Ende des Aufstandes an. Zunächst sollte die wichtige Feste, die Stadt Delhi, fallen; die nächste Post müsse die Nachricht bringen, daß Delhi übergeben sei, und damit sei die Kraft des Auf standes gebrochen. Aber nun find Monate vergangen, Delhi ist noch nicht gefallen, der Ausstand ist allgemeiner geworden. Zugleich erhebt sich in der englischen Presse jener Nothruf, der.auch nach der Krim hin erscholl über schlichte Verwaltung in Ostindien und über unfähige Lei tung. Namentlich der General-Gouverneur van Indien, Lord.Kanniug ist es, gegen den sich die Anklagen richten. Daneben wird hier und da ein alter General schlecht ge macht. Einen Mittelpunkt hat der Tadel ans militärischem Gebiete noch nicht gefunden, da der neue Oberbssehlshaber, Kampell, eben erst auf dem Schauplätze seiner Thätigkeit angolangt äst Md beim besten Willen weher' etwas ver brochen, noch etwas Gutes auSgerichtet Haden kann. Es sollte unS indest .gar nicht wundern, wenn guch auf ihn sich di« Angriffe richteten, im-Fallthm nicht bald das schwere Merck gelingen sollte, Indien zuv Muhe zu dringen, die Künden langer Jahre und die Fehler der setzten Mo nate wieder gut zu machen. Die englische Presse hat >nun «her angefangen, «die bange Erwartung ihres PublieumS auf eine lange Gedulds probe vorzubereiten. Sie scheint jetzt einzufehen, daß die Dinge in Indien so gut, rpie die Pejageruyg vchn Sehastp- pol, ihre Zeit haben wollen. Man hat nun eine MßppAli: vorsichtigere Haltung angenommen. Die Redakteure speisen nicht mehr eip Dutzend rebellischer SipoyS kalt zum Früh stück; fie stippen Delhi nicht mehr in ihren Thee; die AeWen find ihnen picht Wehr Feiglinge, hie vpr dem bloßen Hauch englischer Tapferkeit erliegen, HLix lesen statt dessen jetzt die verständigsten Erwägungen in dep englischen Blättern. Der ministerielle ..Glotze" legt das merkwürdige Gestäntzniß atz: Während pir .dgpauf vsp- trauen, keine Nachricht mehr vpv einW großartigen tzlnfast zp erhalten, müssen wir unsre Keser doch davor MryW, sich der Hoffnung hinzugeben, als würden in dtp nächsten zwei Monaten entscheidend« Nachrichten eintreffen, Ws haben keinen Grund, anzunehmen, daß «in« große ypd entscheidende Aentzerung zum Besten, ein Karses Eplpyr, quellen der rächenden Fluthen vor der dritten Woche des Monats October, wo vorauSsichjliH di« erste starke Schaar der aus England entsendeten Verstärkungen auf den Haupt schauplätzen der Meuterei anlangen wird, eintreien werde." Diese Sprache des Ministeriums bezeichnet eine ganz andere, viel ernstere Auffassung der Dinge in Indien, als fie bisher sich in England künd gab. Darnach werden also gegen Ende des gegenwärtigen Monates die ersten namhaften Verstärkungen aus Europa am Ort ehr« Be stimmung sein und ihre Thätigkeit beginnen, und daß st« dann, wenn auch Alles gut geht, in weitorn zwei Mopatey mit dem Aufstand des weit gedehnten Sandes fertig sein sollten, ist eine zu kühne Hoffnung. Vor dem neuen Jahre also werden wir, nach dem Zugeständniß englisch«.Diätt«, auf keine Aenderung zum Gute« in Indien denken können, bis dahiA werden die Indier noch furchtbar« Grausamkeit«« ausüben, und der Frühling wird im günstigsten Falle Hexan kommen, ehe England sein neues Regiment dort nur in seinen ersten Anfängen wieder beginne« kann. , Die Sprache scheint eine verständigere zu sein, als die bisherigen Prahlereien der englischen Presse. Gern möchten wir daran die weitere Hoffnung knüpfen, daß in die englische Presse, in Bezug aus Indien, auch in anderer Hinsicht mehr Maß käme. Wie der Leser weiß, sind in Indien von den Aufständischen Gräuel nevübt worden, welche chie Lettern der englischen Zeitungen wiederzugeben sich sträuben. Daß dafür von den Engländern blutige Rache genommen wird, ist schlimm, aber «Ilärlich, denn wen« einmal die Bestie im Menschen loSgelaffen wird, so darf für den Augenblick de» rohen Krieges nicht mit höher« sittlichem Maßstäbe gemessen ««den. Anders ab« stehl die Sache, wenn mit -kalter Ruhe und Uebrrlegüng die Rache in ein System gebracht wird, wie es die englischen Blätter beim Empfang der Nachrichten über jene Greuel g-than haben. England Neppt sich nicht bloS ein rivili- firteS Land, «S brüstet sich auch mit seiner Christlichkeit;