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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.05.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110510021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-10
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Bezugt-Prei- N» L«tv«is »*d vsrsrtt durch ,»l«e Triaer und Eoedttrnr« 2«al tialtch in» Hau, grdrachl » Vt-monatl„ 2.7V Rik. vieneltahir. Uet unsern Äiltalrn n. An» »ahmestellen nda'doU 7S Vs- »onatl, LSR». vtrrtrltährU »nrch »t, V»kt: timertzalL Deutichiand» »nd d«r dentlch«, Kolonien oteneljahct. 8.« Bit., monaU. Mk. au»I<hl. Posrbeltellaeld Ferner »Velgten. Dänemark, den Donanftaatrn, Italien. Lu;emtura. Niederlande, Nor wegen. Österreich »Ungarn, Rahland, Schweden, Schwei, n. Spanien. 2n allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Geschäftsstelle de» Blatte» rrhäUlich. Da» Leipziger Dagedlatt «rfchetn» r«al tSglich. Sonn- n. Feiertag» nur morgen». Lbonnem«nt»-Lnnadm«: 2»d»m«»galf« 8, bet anseren Drägern. Filialen. Spediteure» und Annatzmekellen, l»«t« Postämtern und Briefträger«. Gt»,«lverkaus»»ret» »Ps. Abend-Ausgabe. MiMer Tageblatt «el..L«s<!>l.^uM» Handelszeitung. Tki-^schi^!!^ Amtsblatt -es Aales und des Vokizeiaintcs der Ztadt Leipzig. Lnzeigkn-Prets f»r Snferat» »u» Uerozia und Umgebung di« IfpaltigeVetitielle L Pf, dre NeName- zril« I Mk.. von auswärt» 30 Pf^ Reklamen I^v Mk.. Inferate von Behörden im amt lichen Teil dl« Petttieil« » Pf. Selchäfiranieigen mit Platzvorfchrrften w in der Ldendausgad« tm Preis« erhobt Rabatt nach Daris, «eilagegebuyr Gesamt, auslag« S Mk. p Taufend «rkl. Poslgrbuhr. Teildeilag« höhet. Festerteilt« Luttraar können nicht zurück gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plagen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme. I»h»»»t»»«p« 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen« Ezpeditionen de» In- und Au»lande». »ruck uu» Verl», »«, Leipzig», Da,»- blatte» S. Polz. Inhaber: Paul Rürste». Redaktion und G«lchift»st«8«: Iohannisgasfe 8. -«»pt - Filiale De«»drn: Eeestrag« T 1 (Telephon 4621). Nr. 12S. los. Ishrgsn- Mittwoch, üen 10. Mal 1911 Die vorliegende Ausgabe umfaßt 6 Seiten. Line Erklärung ües Dltmsrkennereins. o. Berlin, 10. Mai. (Priv.-Tel.) Der geschästsführende Ausschuh des Hauptvor- standes des Deutschen Ostmarkenvereins hat am Dienstag in Berlin eine Sitzung abgehalten und Stellung zu den Aeuherungen des preußischen Landwirtichaftsministers in der BudgettommiMon des Abgeordnetenhauses genommen. Es wurde eine Entschliehung angenommen, in der von dem Artikel der .Ostmark", gegen den sich der Minister wandte, gesagt wird: „Den fraglichen Artikel, der den Bericht der An- siedlungskommission bespricht, hat der Redakteur der Zeitschrift mit seinem Namen gezeichnet und damit die Verantwortung übernommen. Wir zögern aber nicht, auch unsererseits für den Inhalt Les ge- nannten Artikels einzutreten. Nach den bis jetzt über die Verhandlungen der Budgetckommission vorliegenden Berichten hat der Herr Minister an nicht den leisesten Versuch gemacht, die durchaus sach gemässen Ausführungen -es Artikels über die Gefähr lichkeit der gegenwärtigen Lage zu widerlegen. Im 'ihrigen sind die bis jetzt bekanntgewordcnen Mit teilungen des Herrn Ministers so unzureichend und widerspruchsvoll, dah zunächst die öffentlichen Verhandlungen im Abgeordnetenhaus abgewartet werden müssen." Werter heisst es in der Entschliehung deutlich un scharf' „Gegenüber den fortgesetzten Bemühungen des Herrn Ministers, sich zwar grundsätzlich auf den Boden des Enteignungsgesetzes zu steilen, praktisch aber seine Anwendung auf ungewisse Zukunft hinaus zuschieben und auf diesem Wege theoretischer Gesinnungstreue das öffentliche Gewissen zum Schweigen zu dringen: ferner gegenüber der in diesem Sinne auch jetzt wieder gebrauchten Versiche rung. dah für sein Verhalten in der /frage „nur sach liche, nicht politische Gründe in Betracht kämen", be merken wir, dah seit Jahr und Tag zur Deruhia:in-> non Abgeordneten und sonstigen um das Schicksal der Ostmark besorgten Persönlichkeiten die Verzöge- rung der Anwendung des Gesetzes mit immer neuen Versicherungen und Vorwän den begründet worden ist. Diese Versiche rungen. die ihren Einfluh leider nicht verfehlt haben, waren weit entfernt, sachlicher Natur zu sein, sie waren rein politisch und standen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der eigentlichen Frage. Der Ostmarkenvercin ist es, der in der Frag.' auf dem Boden des Gesetzes steht, und es ist der Herr Landwirtschaftsminister, dessen Tätigkeit nach seinen eigenen Erklärungen im Erfolge dahin geht, das Enteignungsgesetz nutzer Wirksamkeit zu setzen, das Ansiedlungswerk allmählich einzustellcn und so, da diese Schöpfung Bismarckscher Staatskunst der Eck stein der Ostmarkenpolitik ist, den elften Wechsel in dieser Politik einzuleiten. Wenn nun angesichts der durchaus gesetzmäßigen Haltung des Vereins der Herr Minister erklärt, er verzichte in Zukuizft Pern auf den Rat und die Unterstützung der Vereins leitung, so erwidern wir, daß er auf etwas ver zichtet. was er nicht besessen hat; jedenfalls nicht besessen hat seit dem Tage, wo er in seiner persönlichen Auffassung der Frage eine voll kommen alle Beobachter überraschende Schwenkung vollzogen hat. Wir aber werden fortfahren, das deutsche Volk auf die unabsehbare, aus diesem Wandel ent stehende Gefahr aufmerksam zu machen, die in gleichem Matze das monarchische Ansehen, die Autorität der Regierung und die Interessen des Deutschtums unheilbar zu schädigen geeignet ist." Die interpretierende und rektifizierende Erklä rung, die der preußische Landwirtschaftsminister am Dienstag in der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses abgegeben hat — wir veröffent lichten sie im Depeschenteil der heutigen Morgen nummer —, werden voraussichtlich dazu beitragen, die bestehende Spannung und die berechtigte Ver stimmung des Ostmarkenvereins zu mildern. Oie Lage in Marokko. Die gegenseitigen Ueberfälle unter der einzelnen Stämmen Lauern fort. Hier und da sucht man sich zu vereinigen, um einen „Ausstand" zu machen. Ein wirklicher Kamps hat sich nur Lei Belaresi ab. gespielt, wo sich das Lager Les Generals Moinier befindet. Dreimal griffen Tausende von Eingebore nen die Franzosen an; schließlich wurden sie jedoch zum Rückzug gezwungen . Folgende Telegramme bringen Näheres: Paris, 10. Mai. (Tel.) Die „Agcncc Harms" meldet aus El Kassar unter dem 8. Mar: Hauptmann Moreau; ist am 7. Mai mit zwei Geschützen nach Suk el Arba abgcgangcn, um dort crnc Kamelreiter abieilung zu bilden. Bei Suar vereinigten sich zwei Stämme und sandten Sendboten an andere Stämme mit der Aufforderung, sich mit ihnen zum Auf stand c zu verbinden. Der Stamm Ler Rmaila, der sich gegen Raisuii erhob, wurde auf dessen Befehl in der Nacht vom I. Mai von dem Kaid Lendahan überfallen und öOO Rinder uns IWO Hammel nach Alkassar entsühn. Die Rmailla erhoben bei den Be Hörden von Rabat Einspruch. — Am 7. Mai über schritt Oberst Gouraub mit IWO Mann Kolonial truppen den Bu Regrog, um sich nach El Knitra zu begeben. Madrid, 10. Mai. (Tel.) Line Depesche des „Heraloo" aus Tanger vom 9. Mai nachmittags be sagt: Nach einem Funkentelegramm aus Rabat stürz ten sich vormittags Tausende von Eingebore nen in geschlossenem Zuge auf das bei Belaresi, etwa drei Kilometer von Saleh. errichtete Lager, wo sich General Moinier befindet. Dieser über nahm den Oberbefehl über die Truppen. Der Feind wurde durch Gewehr und Artillerieseucr zurück geworfen, wiederholte aber dreimal den A n - griff und zog sich dann nach dem Heiligtum Sidi Labe in der Nähe von Saleh zurück. Eine französische Truppenabteilung verließ sofort Saleh und eröffnete das Feuer auf den Feind, der nach heftigem Wider stände mit einem Verlust von .10 Toten und zahl reichen Verwundeten den Rückzug antrat. Weiter heißr es in dem Telegramm, eine Pionierabteilung sei nach dem Lager bei Belaresi entsandt worden, um ähnliche Vorkommnisse zu verhüten. Schließlich be jagt das Telegramm, Latz, nach Meldungen aus El Knitra, dre vereinzelten Angriffe auf die französischen Posten und Truppen, welche Verprovianticrungszüge begleiten, fottdauern Marseille, 10. Mai. lTel. > Das T r o n s p o ri sch i s f „V i n h l o n g" ist gestern abend mn 550 Offi zieren, Unteroffizieren und Mannschaften Kolonial- rnfanterie, einer Batterie Artillerie mit Material, Munition und vollständiger Ausrüstung eines Mili tärhospitals nach Casablanca abgegangen. London, 10. Mai. (Tel.) Reuterbureau meldet aus Tanger: Die Mahalla machte einen Ausfall aus Fez, schlug die Aufständischen und nahm den festen Punkt Nejala Faraüji. p Milche Nachrichten. Der Kaiser in Wiesbaden. Wiesbaden, 10. Mai. (Tel.) Der Kaiser traf heute morgen 8 Uhr bei prächtigem Wetter mit Ge folge auf dem Hauptbahnhofe ein, wo sich u. a. Eene- raladjutant General der Kavallerie v. S ch o l l, Poli zeipräsident v. Schenck und Oberst v. Butt lar- Brandenfels zum Empfange eingefunden hatten. Von der Bevölkerung begeistert begrüßt, begab sich der Kaiser im Auiomobil nach dem Schlosse. Die Straßen sind festlich geschmückt. Im Schlosse überreichten dem Kaiser anläßlich des gleichzeitig hier stattfinbenden Kornblumentages zwei weiß gekleidete Kinder Korn blumensträutzc. Zur Europareise des amerikanischen Geschwaders. New York, 10. Mai. (Telegramm.) Die zweite Division Les atlantischen Geschwaders ist unter dem Kommando des Rearadmirals Badger von Hamponreads zu einer Kreuzfahrt nach der Ostsee abgefahren. Das Geschwader weilt vom 21. bis ?>0. Juni in Kiel. Türkisch-montenegrinischer Grenzzwischensall. Konstantinopel, 10. Mai. (Tel.) Nach Depeschen Les Walis von Kossowa wurden gestern bei Zusammenstößen an der türkisch-montenegrinischen Grenze zwei Soldaten getötet, ein Korporal ver wundet und gefangen genommen. Die Mon tenegriner hatten zwei Tote Ministerernennung in der Türkei. Konstantinopel, 10. Mai. (Tel.) Senator Mail Bey wurde zum F i n a n z m i n i st c r ernannt. Anarchische Zustände in Mexiko? Washington, 10. Mai. (Tel.) Der Umstand, Latz M adcro anscheinend die Kontrolle über sein halb organisiertes Rebcllenheer verloren hat, erweckt hier die größte Beunruhigung. Wie aus SanDiago (Kalifornien) gemeldet wird, bra nn ten Lie Aufständischen einen Teil der ein genommenen mexikanischen Grenzstadt Tia Juana nieder. Auf beiden Seiten sind schwere Verluste zu verzeichnen. El Paso, 10. Mai. (Tcl.s Bei dem Angriff auf Iuarez entwickelten sich verzweifelte ^tratzenkämpfe. Die Aufständischen drangen von allen Seiten in die Hauptstraßen ein, ohne sich um die Verschanzungen zu kümmern. Die Verteidiger feuerten aus Fenstern und Haustüren. Der Kom mandant ließ auf den Hauptstraßen an den Krenzun Die große Liebe. R oman von Louise Schulze-Brück. tRachöruct verbaten.) Von vier Seiten kamen die elektrischen Bahnen in ewig fortlaufender Kette. Dazwischen drängten reihenweise andere Gefährte aller Art, riesenhafte Omnibusse, schwere Lastwagen, Taxameter, deren in dicke Mäntel gehüllte Kutscher mit den weitzlackierten Hüten ihr besonders spaßhaft erschienen, Autos aller Art, vom enormen Omnibus bis zum kleinen Ge- jchäftsdreirad. Und das rasselte, ratterte, fauchte, tutete, lärmte durcheinander, daß ihr die Ohren gell ten. Und über all dem Lärm das blauweitze, blen dende Licht, das von einem Dutzend gewaltiger Lam pen ausging, die von hohen Masten herab weithin leuchteten. Und aus all den Häusern, die den Platz begrenzten, blendende Lichrerfüllc, aus den Fenstern der großen Konditoreien, wie aus denen der palast artigen Hotels, und drüben über den Leipziger Platz hinüber das Riesenkaufhaus mit bohen gotischen Bogenfenstern, ganz von rötlichem Licyt erfüllt, so daß es wie von einem geheimnisvollen Leben durchpulst erschien. Und in die lange Leipziger Straße hinein eine Riesenperlenschnur von über der Straße frei schwebenden Kugellampen, und über all dem ein bläu lich violetter Dunst, und in den Straßen ern dicker Brodem, Gerüche aller Art aus den Delikateßlädcn, den Obstkellern, den Konditoreien und Restaurants kommend. Und in allen Straßen ein brausender Men- ichenstrom, viele geputzte Frauen mit riesenhaften, überkccken Hüten, und Männer, die sie dreist und neu gierig ansahen. Ianna mutzte lachen, wenn sie sich jetzt daran er innerte, wie erstaunt, ja entsetzt sie dies alles zum erstenmal angestaunt hatte Und dann dachte sie an die eine Petroleumlaterne auf dem Marktplatz zu Hause und die war nach neun Uhr abends kaum mehr notwendig und wurde um zehn Uhr pünktlich vom alten Matthes, der zugleich Büttel und Polizei diener und wer weiß noch was alles war, ausgelöscht. Ja, cs waren zwei Symbol« des Lebens, der Marktplatz daheim und hier der Platz der Weltstadt. Gerade so wie der heimische Omnibus es war, der di« anderthalb Personen ins Städtchen beförderte, in seinem gemüttichen Trapp der alten Gäule, der bei -er kleinsteil Steigung zum Schritt wurde, und so ein Autoomnibus hier, ganz besetzt mit eiligen Menschen, mir wütendem Tut lut durch die Straßen rasselnd, daß alles erschreck, auseinanderstob, nur schnell, nur schnell, damit kein Augenblick der kostbaren Zeit ver loren gehe. Diese kostbare Zeit! Wieviel hatte sie davon zu Hause gehabt, immer, sogar als sic aufs Examen los arbeitete. Und später erst! Der Tag war ihr oft unendlich lang erschienen. Hier zerrannen die Tage wie Sand unter den Händen Jeden Tag hatr« sie etwas anderes vor, etwas, das gerade an diesem Tage geschehen mutzte, des Vormittags und auch noch am Nachmittag ihre Kurse, und dazwischen immer etwas anzus'hcn. Lücken ihrer Bildung zu ergänzen, so vieles in sich auszunehmen, zu verarbeiten, mit sich eins zu machen. Ihr schwindelte manchmal vor allem, was auf sie einstürmte. Da hatte Minnie es fast besser. Die ging un beirrt ihren Weg, den sie klar vor sich sah. Es war ja freilich nicht der, den Ianna gegangen wäre, aber es war doch einer. Und sie selber sah noch keinen für sich aus diesem Chaos heraus, in das sie sich gestürzt hatte. Und was das schlimmste war, sie war nicht einmal mit ganzem Herzen dabei. Immer wieder gingen ihre Gedanken zurück, gingen oft zu dem sonnigen Platz am Waldrand, wo sic zwischen dem blühenden Thymian gesessen hatte und weit ins Land geschaut über die reifenden Kornfelder, wo einer ihre Hand genommen und gedrückt hatte, und ihr gern ein Freund und Berater geworden wäre. Und dann dachte sie an die Wochen, die folgten nachdem sie sich freigemacht hatte. Da hatte er sich freilich zurück gehalten, und sie dankte ihm seine Zartheit. Aus feinen Augen aber hatte sie etwas anderes gelesen, das hatte auch in ihre Seele einen Brand geworfen und machte sic jetzt noch unruhig und erregt. Und dann empfand sie jedesmal ihre Schuld gegen Paul doppelt schwer. Aus ihrem Nachsinnen ritz Minnie sie gewaltsam auf. Sie stürmte herein, cinen Brief in der Hand. „Von Tante Rosine! Neuigkeiten, Ianna, Neuig keiten, du wirst staunen! Nein, was du nur sagen wirst!" Ianna lächelte. Was konnten das wohl für Neuigkeiten sein? Die Verlobung einer ihrer Freun dinnen oder sonst ein wclterschurterndes, derartiges Ereignis. Minnie setzte sich auf den Rand ihres Bettes und begann pathetisch vorzulesen: „Meine lieben Kinder! Immer, wenn die Zeit kommt, daß ein Brief von Euch fällig ist, und ehe ich ihn dann habe, bin ich in Unruhe um Euch. Ich denke immer, es ist Euch irgend I etwas passiert in diesem schrecklichen Berlin, wo man seines Lebens nicht sicher ist, wo man von einem dieser gräßlichen Automobile umgerannt wird, ehe man ich's versehen hat, und wo alle Tage Mord und Tot- chlag passiert. Gestern las ich wieder im Kreisblatt, Latz sie sich gegenseitig da irgendwo rotgemacht haben. Und Ihr seid so ganz allein da mitten drin in all dem Gewühl und Getümmel, und Minnie mutz mor gens schon so früh weg, wo es noch dunkel ist und sicher ganz einsam in den Straßen" — „Die gute Tante Rosine! Sie müßte nur einmal hier sein, wenn man in Ler elektrischen Bahn keinen Platz zum Mitfahren bekommt, vor lauter Einsam leit!" schaltete Minnis lachend ein. „Ja. ich ängstige mich wirklich viel um Luch Ich habe Berlin noch in der Erinnerung, als ich vor dreißig Jahren mal da war. Da war es auch schon schrecklich genug, obgleich der Vikioriapark, von dem Ihr geschrieben habt, mit seinem Wasserfall damals noch eine Landwüste war und gar keine Häuser drum herum, sondern man mutzt« von einem Tore, ich glaube, es hietz das Hallesche, mit einem Stellwagen hinfahren. Und so wirs es wohl in allem sein, es wird jetzt wohl noch hundertmal toller sein als da mals! Ich glaube. Ihr könnt Euch schon gar nicht mehr hineindenken, wie es hier jetzt ist. Gestern ist der Bahnomnibus oben am Wald im Schnee stecken geblieben und mutzte ausgegraben werden, und ich bin schon acht Tage nicht mehr vor die Tür gekommen und zum Kaffeekränzchen von Frau Direktor Basch bin ich zum erstenmal gestern wieder ausgewesen. Und da mutz ich Euch etwas erzählen, was ich gehört habe, li«be Kinder. Ich wußte es wohl schon länger, aber ich wollte Euch nichts schreiben, bis es ganz definitiv war. Ich denke, daß cs Ianna besonders ongenehm sein wird. weil»ne sich doch immer Vorwürfe machte." Gespannt richtete sich Ianna in ihrem Bette auf. Minnie machte eine Kunstpause. „Lies doch weiter, Minnie". drängte Ianna ärgerlich. „Ja, jetzt bist du doch neugierig! Na, ich will dich nicht länger auf die Folier spannen." „Nämlich, daß Doktor Köster sich verlobt hat. Ja, und denkt Euch, mit einem ganz jungen Mädchen, sie ist gerade achtzehn. Sie soll sehr hübsch sein und auch vermögend, aber vor allem, sagt die Frau Direk tor, hat er daraus gesehen, Latz sie „bildsam" ist. Na, er wird wohl seine Grunde dazu haben! Liebe Ianna, Du brauchst Dich also nicht mehr zu kränken, er hat sich schnell genug getröstet, und das war auch dos beste, I gen Maschinengewehre aufplanzen. Die Verteidiger zogen sich in die hügeligen Teile der Stadt zurück Die Zahl der Toten wird bereits auf dreihun dert gejchätzi, darunter befinden sich fünfzehn ameri kanstche Mitkämpfer. Oberst Steever wurde an gewiesen, sein möglichstes zur Durchführung der Neu rralitätsgesetze zu tun, um die Amerikaner von der Feuerzonc fernzuhalten Alle hiesigen Dächer sind mit Zuschauern angefüllt. El Paso, 10. Mai. (Tel.) Die Aufständischen steckten die Stadt Iuarez in Brand. El Paso, 10. Mai. (Tel.) Da ein scharfer Wind herrscht, greift das Feuer in Iuarez schnell um sich und ist meilenweit jichibar. Die Aufständischen setzten den Kampf fort. Die Sport-Abteilung suk üer Nygiene-Ausstellung. (Spezialbericht für das Leipziger Tageblatt.) " Dresden, 9. Mai.. Hygiene und Spott, zwei Begriffe, die unzertrenn lich voneinander sind. Es war deshalb auch nicht anders zu erwarten, daß auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden dem Sport ein größerer Platz eingeräumt wurde, als es sonst ge meinhin bei nicht reinen Fachausstellungen der Fall ist. Man Hai hier eben zeigen wollen, welch eine Macht und welche Bedeutung der Sport heute in unserm Volksleben ist und hat. Man dürfte diesen Plan, wie er hier zur Ausführung gekommen ist, als vollständig gelungen bezeichnen können, denn immer hin bleibt der Sport als Ausstellungsobjekt eine recht undankbare Sache, die eigentlich doch nur durch ihre praktische Vorführung wirkt. Im Gegensatz zu früheren Ausstellungen ist man nach einem systema tischen Plan oorgegangen, der alles Einschlägige ein heitlichcn Gesichtspunkten unterordnet. Deswegen hat man zu der eigentlichen Ausstellung nicht, wie es sonst geschehen ist, die Industrie herangezogen, sondern man ist mit den interessierten Kreisen in Verbindung getreten und hat diese zur Mitarbeit herangezogen. Es wurden verschiedene Ausschüsse gebildet, und zwar der Sport-hygienisch-wissenschaftliche, dessen Vorsitz der Geheime Regierungsrai Professor Dr. Zuntz - Berlin, Sanitärsrat Professor Dr. Schmidt- Bonn und Abgeordneter E. v. S ch c n L e n d o r s - Görlitz übernahmen. Weiter ist Ler Deutsche Sportausschuß, der unter dem Protektorat des Deutschen Reichsaus schusses für olympische Soiel« steht, unter dem Vorsilz des Staatsministers a. D. o. Podbielski, des Oberrcgierungsrats U. o. Ocrtzcn und des Dr. phil. Martin. Diesem Ausschuß gehören als Mitglieder Lie Vorsitzenden und Schriftführer der großen deut schen Sportverbände an. Der einheitliche Arbeits ausschuß hatte in Dresden seinen Sitz und vereinigte ein größeres Präsidium unter dem Vorsitz des Amts präsidenten Dr. Vecker. So gelang es, fast sämtliche deutschen Sportver bände gewissermaßen unter einen Hut zu bekommen, und das Fazit war, daß wir jetzt in der Abteilung etwa ,'iO Sonderausstellungen zu sehen bekommen. Diese Ausstellungen geben ein sehr charakteristisches Bild der verschiedenen Arbeitsgebiete, und der Sportsmann wird es sicher mit großer Freude be grüßen, hier einmal die ganzen Sportzweige in einem Gesamtbilde vereint zu sehen. Die Verbände selbst Haden größere Summen geopfert, um die Aus- was er tun konnte. Du wirst Dich freuen, und er wird hoffentlich recht glücklich werden, denn da ist er ja in seinem Element, wenn er bilden kann, und für die bildsame Braut hoffe ich, daß das Experiment möglichst schmerzlos für >re sein wird." „Sreh, sieh, Tante Rosine", Minnie lachte. „Sie kann ja ordentlich boshaft werden!" „Das war die große Neuigkeit, wegen der ich Euch eigentlich schreiben mußte, sonst geht alles hier gut. Hermann ist sehr vergnügt und wächst ordentlich in die Breite, Onkel Apotheker hat seinen gewöhnlichen Winterschnuvfen und ist infolgedessen ziemlich schlcch ter Laune, rnd bei mir hat sich wieder der eine schlimme Vackenzahn gemeldet, den ich nächstens doch ausziehen lassen muß Nun schreibt mir bald und gebt acht, wenn Ihr auf die Straße kommt, laßt Euch nicht überfahren Und wenn Ihr mir ein schwarzes oder braunes Kleid für die Marianne besorgen wollt zu Weihnachten, so wäre das sehr nett. Es darf zwanzig Groschen die Elle kosten, kauft es aber in einem soliden Geschäft, nicht in einem ,ogenannten Ausverkauf, denn davon halte ich nichts, und man kann sehr dabei herein fallen. Liebe Kinder, es bleibt doch daber, daß Ihr Weihnachten kommt, nicht wahr? Das ganze Haus freut sich darauf, und Ihr dürft Weihnachten wirklich nicht so in der Fremde sein, wenn Ihr es auch bei Frau Dennecke so sehr gut habt, ober Ihr würdet doch Heimweh nach hier bekommen, hoffentlich, und jetzt wird Ianna ja auch lieber kommen. Also schreibt, wann Ihr kommt und mit welchem Zug. Wir holen Euch dann feierlich ab von der Bohn, und hoffentlich bleibt der alte Omnibus dann nicht im Schnee stecken. Onkel Apotheker mutz dann schon sorgen, daß die Bahn ordentlich freigeschafft wird. Und ich koche Euch alle Eure Lieblingsgerichte, und Ianna kriegt einen Birnensladen aanz extra gebacken. Nun um arme ich Euch herzlich und schicke jedem von Euch einen dicken Kutz. Eure alte Tante Rosine." Ianna hatte sich in ihrem Bett aufgcrichtet und saß mit gefalteten Händen und großen glänzenden Augen da. und immer wieder stieß sie hervor: ..Gott sei Dank, Gott sei Dank!" Minnie ließ den Brief sinken und sah sie er staunt an. „Ianna, aber Ionna, ist dir denn das sc nahe ge gangen? Hast Lu denn so darunter gelitten?" Und Ianna nickte immer wieder. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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