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Dresdner Journal : 10.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188711105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871110
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-11
- Tag 1887-11-10
-
Monat
1887-11
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 10.11.1887
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Ämtlichcr Teil. Dresden, 4. November. Se. Majestät der König haben dem Lehrer Johann Borsch in Burk das Albrechtskreuz Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Königliche Majestät haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die nachgenannten Beamten die von Sr. Hoheit dem Herzog von Sachsen-Alten burg ihnen verliehenen OrdenSdecorationen und zwar die Geheimen Finanzräthe Or. Paul Hermann Ritter- städt und Karl Hermann Kell, das Comthurkieuz II. Clasfe, der Finanzrach bei der Generaldirection der Slaatseisenbahnen, Karl August Schmidt, das Ritter kreuz I. Classe und der Betriebsingenieur Wolfgang Eberhard Hermann Rachel in Altenburg, das Ritter kreuz II. Classe des Sachfen-Ernestinischen Hausordens annehmen und tragen. Nichtamtlicher Teil. Ketegraphische WacHrichten. München, 1V. November. (Tel. d.Dresdn.Journ.) Der Finanzausschuß genehmigte den Nürnberger Banketat dem Referate gemäß. Der Finanzmi- nister sagte auf eine Anfrage deS Abg. Schauß zu, eine gleichmäßige Notierung der Effekten an deutschen Börsen, besonders an denen Hamburgs und Frankfurts anzuregen. Paris, 9. November abends. (W. T. B.) Der Munizipalrat von Paris nahm in seiner heutigen Sitzung eine Tagesordnung an, durch welche der Polizeipräfekt aufgefordert wird, den Polizei- inspektor, welcher anläßlich der gestrigen Beerdig ung des ehemaligen Kommune Mitgliedes Potier zwei Mitglieder des Munizipalratcs verhaftet hatte, seines Amtes zu entheben, und in welcher ferner erklärt wird, daß der Munizipalrat bis zu der erfolgten Absetzung dieses Polizciinspcktors die Prüfung aller Aktenstücke der Polizeipräfektur ab lehnen werde. Paris, 10. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Morgenblätter weisen auf die Schwere deS Zwischenfalls hin, welcher durch die zurückdatierten Briefe Wilsons hervorgerufen sei. Die Blätter glauben, bisker komme ausschließlich die Verant wortlichkeit der Polizeipräfektur in Betracht. Der Premierminister Rouvier batte gestern eine längere Konferenz mit dem Polizeipräfekten und dem Generalprokurator. In oppositionellen Kreisen giebt die Angelegenheit zu heftigen Angriffen gegen das Ministerium Anlaß. Man glaubt, es werde eine bezügliche Interpellation in der Kammer ein- gebracht werben. London, 9. November. (W.T.B.) Bei dem Lordmayorsbanket hielt Lord Salisbury in Beant wortung eines Toastes auf die Minister eine Rede, in welcher er betonte, die im vorigen Jahre aus gesprochene Erwartung, der Lordmayor werde seine Amtszeit in tiefem Frieden vollenden, habe sich erfüllt, da die Schwierigkeit in der afghani schen Grenzregulierungö-Krage beseitigt sei. Die Regierung habe heute nachmittag erfahren, baß Eyub Khan, welcher den Frieden in Afghanistan batte bedrohen können, sich der indischen Re gierung ergeben habe. Bezüglich der allgemeinen europäischen Lage erklärte der Redner, er wisse nichts, waS zur Beunruhigung Anlaß geben könnte. London, 10. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der Rede, welche Lord Salisbury bei dem gestrigen LordmajorSbankett hielt, erklärte er ferner noch folgendes: Solange die Nationen Feuilleton. Beryls glücklicher Einfall! Eine Flitterwochengeschichte von Blanche Willis Howard. Autorisierte Übersetzung auS dem Englischen v. H. S (Fortsetzung.) Fünf Extraauflagen wurden an diesem Tage ver kauft; der Gehalt des Reporters auf das Doppelte erhöht. Er war ein sehr anständiger junger Mann, trotz seiner blumenreichen Schreibweise, dem, da er auch noch seine verwitwete Mutter zu unterhalten hatte, diese Aufbesserung wohl zum Segen gereichte — der erste, aber bei weitem nicht der letzte Segen, der aus Mr. und Mrs. John Gardines geheimnisvollem Ver schwinden hervorging. Am zweiten Tage nach der Hochzeit brachten auch die Bostoner und New-Aorker Blätter die große Neuigkeit, sie begnügten sich, ohne Nennung der Namen, die ganze Angelegenheit weniger intim zu behandeln, als es das Pineviller „Fagot" gethan, was aber freilich nur den Effekt hatte, daß als am Abend die Blätter der Hauptstadt nach Pine- ville gelangten, die knappe, präzise Erwähnung der Thatsache, nur um so peinlicher auf die Angehörigen wirkte. Die beiden Familien befanden sich in einem wirk lich beklagenswerten Zustande und neigten sich mehr und mehr den düstersten Befürchtungen zu. Wenn es ja einem hoffnungsvolleren Gemüt beifallen wollte, tröstend zu sagen: „Bewiesen ist ja schließlich nichts, starke Armeen hielten, solange der Wetteifer in den Rüstungen anbauere, sei rS unnütz, vollkom mene Ruhe zu erhoffen, aber dir ungeheuere Kraft, welche man den modernen Waffen gebe, sichere den Frieden mehr alS früher, wo der Krieg eine leichte Sache war. Indessen hegten jetzt die Herrscher und die Minister der großen Staaten den ernsten Wunsch, den Frieden aufrecht zu er halten. Eine Gefahr könne nur entstehen auS etwaigen Ausbrüchen eines leidenschaftlichen Ge fühls bei großen Massen der Bevölkerung. Die englische Regierung strebe die Aufrechterhaltung deS Friedens und der Verträge an, auf denen die gegenwärtige Gestaltung Europa» beruhe. Al- wichtig bezeichnete der Redner die Regelung der Frage deS Suezkanals und der Hebriden, wodurch ter Stachel zwischen England und Frankreich be seitigt sei. Die Reden CriSpi» und Kalnoky», mit denen England durchaus sympathisiere, hätten der Welt dir Hoffnung auf Erhaltung deS Friedens gegeben. Ler Inhalt dieser Reden habe dargethao, daß Ziele erstrebt werden sollten, welche England alS die seinigen anseht. St. Petersburg, 10. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) LaS „Journal de St. PSter»- dourg" bespricht auf Grund deS offiziellen Texte» die Rede Kalnokyü. Derselbe habe erklärt, die österreichisch-ungarische Regierung sei nicht berufen, die Verfassungsmäßigkeit der bulgarischen Natio nalversammlung zu prüfen; dadurch habe er still schweigend die Versammlung anerkannt, die doch jeder gesetzmäßigen Grundlage entbehrt hätte und der außer dem Makel ihres Ursprünge» noch der Fehler anbafte, daß sie ein Produkt der Gewaltthat und de» Betruges sei. Die» sei ebenso der Kall mit der neugewählten gegenwärtigen Sobravje, die berufen worden war, die Wahl de» Prinzen zn bestätigen. „Man will sich der Einsicht verschließen, daß rS sich um Missethaten einer Handvoll Agi tatoren handelt und spricht von dem Au»fluffe de» gehobenen Selbstgefühle», welche» die Balkau- völker beseele und der Politik de» Wiener Ka binette» al» kräftige Stütze dienen solle. Mit solchen Stützen kommt man nicht weit." Kopenhagen, 10. November. (Tel. d. DreSdn. J urn) Der Czar wird die Reise nach Berlin nicht vor dem 17. November avtretev. Dresden, 10. November. Zum Stande der irischen Frage. Die Feierlichkeit, welche am Mittwoch in Lon don stattgcfunden hat, der herkömmliche Umzug de- neuen Lord-Mayors, bedeutet für England den An fang des politifchen Jahres. Diesem uralten Brauche beizuwohnen, treffen die Minister vollzählig in Loudon ein; am Abend, auf dem Bankette zu Ehren de» neuen Bürgermeisters, hält der Ministerpräsident eine poli tische Rede, in welcher er das Fazit aus den poli tischen Ereignissen des Vorjahres zieht, sowie Andeu tungen über seine Pläne für das kommende Jahr giebt, und wenige Wochen darauf pflegt dann die Eröffnung der Kammern zu erfolgen. Man darf gespannt sein, ob sich Lord Salisbury gelegentlich dieses Bankette» über den ewigen Angelpunkt der inneren Politik seine» Landes, über die leidige irische Frage geäußert habe, ob er sich auch der Meinung zuneigt, welche im eng lischen Volke immer mehr und mehr an Boden ge winnt, daß nämlich auf dem bisher befolgten Wege oder wenigstens mit den bisher angewandten Mitteln eine Lösung des Problems nicht abzusehen sei. Allerdings find kaum drei Monate verstrichen, seit die beiden irischen Gesetze Lord Salisburys, das Acker- es ist sogar ganz wahrscheinlich, daß Jack und Beryl irgendwo ganz behaglich und glücklich sitzen", so wur den solche wohlgemeinte Trostgründe förmlich mit Entrüstung zurückgewiesen. „ Wo in aller Welt, sollten sie dann stecken, wir haben ja doch in jedem Hotel auf der ganzen Route Nachforschungen angestellt, sind Jack und Beryl überhaupt Menschen die man so leicht übersieht? Ist eS möglich sie auS den Augen zu verlieren, wenn sie uns — nicht — für — immer — verloren sind." So warteten sie Tag für Tag in tödlicher Spannung; Telegramme pflogen nach allen Richtungen und die Polizei mehrerer an der Strecke liegender Städte war in voller Thätigkeit. Da» zarte Geschlecht in der Familie war nahe an Nerven krämpfen, auch die Beherztesten gingen mit solchen bleichen, verstörten Mienen umher, al» habe der Tod schon Einkehr im Hause gehalten. So vergingen fünf lange Tage und noch immer keine Spur von Jack und feiner lieblichen jungen Frau. — In Owl» Roost regnete e» vergnüglich weiter. V. Jack in tausend Nöten. Am sechsten Tage nach Jacks Hochzeit, als der Zug, der von Pineville nach Boston führte, an einer kleinen Zwischenstation hielt lösten sich aus dem Abend nebel zwei vermummte Gestalten, eine männliche Stimme verlangte im Flüsterton ein Loupö, in dem die beiden Gestalten schnell und geräuschlos verschwanden. „Ich weiß gar nicht, warum wir un» so schuldig fühlen sollten," flüsterte Beryl unter.ihrem dichten Schleier hervor, „aber wir fühlen uns doch so, nicht wahr, Jack?" „Ich komme mir vor, wie ein Narr," erwiderte gesetz und die ZwangSbill, in Kraft stehen, es könnte mithin ein gewagtes Unternehmen scheinen, über ihre Wirksamkeit irgend ein Urteil abzugeben; indessen, bei den Versuchen, diese Gesetze in Anwendung zu bringen, sind die politischen und moralischen Kräfte, welche die feindlichen Parteien ins Feld zu führen haben, so deutlich zu tage getreten, sind schon so viele Proben auf die Wirksamkeit der ZwangSbill gemacht worden, daß sich auch ihr fernerweiter Nutzen recht wohl ab- meffen läßt. Dieser Nutzen nun — kein englisches Blatt irgend welcher Parteifarbe bestreitet die- — war bislang gleich null und wird in Zukunft kein sonderlich größe rer werden. Die Versammlungen der Nationalliga finden nach wie vor statt, die Verhetzung des irischen Volkes, die Schmähungen der Regierung haben eher zu- als abgenommen, die Blutscenen in Mitchcllstown und anderwärts haben die beiderseitige Erbitterung ins auf den höchsten Grad gesteigert und — es wäre unnütz, die» zu leugnen — dem gutmeinenden Mi nisterium die Sympathien vieler geraubt. Daß die ZwangSbill den erwarteten Erfolg nicht gehabt hat, liegt einmal in den Bestimmungen des Gesetzes selbst, und andererseits in dem Mangel an Autorität der Staatsbehörden begründet. Der letztere Umstand, die natürliche und unvermeidliche Folge deS englischen Parteiregiments, eine Folge, die sich jedes mal einstellen wird, sobald das Jnselreich keinen Staatsmann allerersten Ranges besitzt, ist in seiner Wahrheit so allgemein erkannt und anerkannt, daß wir kaum ein Wort darüber zu verlieren brauchen. Auch außerhalb Irlands giebt es Revolutionäre, die den Anhängern der Nationalliga an Verbissenheit und Zähigkeit nichts nachgeben, aber hat man jemals gehört, daß, in Deutschland z. B., ein Gesetz so offen verhöhnt, so fortgesetzt mißachtet worden sei, wie dies gegenwärtig mit der ZwangSbill in Irland geschieht? Derartiges ist nur in einem Staate möglich, wo das ganze Regierungssystem von heute auf morgen eine voükommne Umgestaltung, ja eine Verkehrung in fein Gegenteil erleiden kann, wo mithin den Anordnungen der Behörden nicht von vornherein die apodiktische Gewißheit innewohnt, daß sie auf jeden Fall durch- geführl werden. Was das ZmangSgesetz selber anlangt, so erklärt die „Edinburgh Review", eine Zeitschrift, deren unioni- stische Gesinnung fo fest begründet ist, wie ihr hoher litterarischer Ruf, daß sich die Bill als „u veupon", al» eine ungeschickte und ungeeignete Waffe erwiesen habe, um die verschiedenen Formen der Gesetz losigkeit, welche auf der grünen Insel herrschen, nach drücklich zu bekämpfen. Freilich darf man die Schuld daran nicht Lord Salisbury aufbürden. Man weiß, daß er auf die Unterstützung der liberalen Unionisten angewiesen ist, und daß diese es waren, welche aus dem ursprünglich sehr brauchbaren Entwürfe mit Rück sicht auf ihre Wähler die durchgreifendsten Bestim mungen strichen. Der wesentlichste Mangel des Gesetzes liegt in den zu niedrig bemessenen Strafen. O'Brien z. B., nach feinen haarsträubenden Beschimpfungen der Regierung konnte nur zu 3 Monaten Gefängnis ver urteilt werden, eine Strafe, die ihn fchwerlich be wegen wird, seine agitatorische Lausbahn aufzu geben. — Als ein weiterer Mißgriff hat sich die Be stimmung der Bill herausgestellt, wonach dem Ver urteilten das Recht der Berufung zusteht, und er, bis zum Entscheide des höheren Gerichtshofes, auf freiem Fuße zu belassen ist. Welchen Eindruck muß es auf das Volk machen, wenn am Vormittag der Agitator wegen seines aufrührerischen Treibens von einer Jury verurteilt worden ist, und er am Nachmittag, ohne sich im geringsten um den Urteilsspruch zu kümmern, eine aufreizendere Rede halten darf, als je zuvor! — End lich war eS ein schwerer Fehler, und ein Fehler, der er, „aber das wird sich alles geben, sobald wir in Boston sind, dort soll niemand erfahren, daß wir nicht die ganze Zeit dafelbst zugebracht haben." Beryl zog den Vorhang bei Seite und spähte vor sichtig hinaus. „ES scheint niemand von unseren Be kannten da zu sein" — plötzlich fuhr sie erschrocken zurück: „oh Jack, wenn mich nicht alles täuscht, so steht dort Mr. PerkinS." „Nun natürlich, Glück muß der Mensch haben! Konnte der neue Kondukteur nicht ebenso gut den Zug führen?" Ein Mann mit einer Nußknackerphysiognomie trat ein und kontrollierte die Fahrkarten. Anscheinend ohne die geringste Notiz von den Reisenden zu neh men, waltete er seines Amtes, plötzlich aber überflog ein breite» Grinsen seine harten Züge, mit sichtlicher Befriedigung fragte er: „Schau, schau, sind Sie es wirklich und wahrhaftig?" „Wie geht eS Ihnen, Mr. Perkins?" erwiderte Jack liebenswürdig, aber sichtlich befangen. „So ziemlich gut, Mr. Gardine, freut mich zu sehen, daß Sie wohlauf sind." Jack fühlte sich höchst unbehaglich. Er konnte sich nicht erklären, wa» diesen schweigsamsten aller Men schen so plötzlich redselig gemacht haben konnte, wenn nicht der nichtsnutzige Fuhrmann ihm da- ganze Owls Rooster Geheimnis ausgeplaudert hitte. Jacks schul dige Seele erbebte unter Mr. Perkin S prüfendem Blick, der mit Argusschärfe einen Einblick in die ganze trübe Unbehaglichkeit ihres bisherigen Exils zu thun schien. „Mr. PerkinS!" stammelte er mit erzwungener Heiterkeit, „würden Gie die Güte haben und bei Ihrer die Regierung allein trifft, daß Lord Salisbury die ZwangSbill nicht unverzüglich anwandte, sobald das Gesetz die Zustimmung der Königin erlangt hatte. Bekanntlich verstrichen danach noch mehrere Wochen, ehe der Vizekönig Irlands ermächtigt wurde, die Na tionalliga zu proklamieren. Durch dieses Zögern gab sich Lord Salisbury den Anschein der Unentschlossen heit und ließ den irischen Führern die nötige Muße, zu beseitigen, was etwa bei einer Gerichtsverhandlung hätte als Beweisstück gegen sie selbst dienen können. Um diesen Mißgriffen, soweit dies noch möglich ist, abzuhelfen, könnte man es für daS Einfachste halten, wenn Lord Salisbury dem Unterhause eine dahinzielende ErgänzungSbill vorlegte. Aber ersten» hätte dieses neue Gesetz wenig Aussicht, die Zustim mung des Parlamentes zu finden, und außerdem bleibt es sehr fraglich, ob jetzt noch, nachdem die Regierung an der Unterdrückung der Natiinalliga einmal ge scheitert ist, irgend welche Strafbestimmungen Erfolg hätten. Wenigstens läßt sich kein besseres Mittel denken, als eine solche stusenweise Steigerung der Härtemaßregeln, um die Iren schließlich daran zu ge wöhnen, selbst einer drakonischen Gesetzgebung Trotz zu bieten. Doch, wie schon erwähnt, das Unterhaus würde sicherlich eine weitere ZwangSbill ablehnen, denn unter den liberalen Unionisten, ja selbst unter den Tories bricht sich imuier mehr und mehr die Neigung Bahn, den Iren Zugeständnisse zu machen. Mr. Chamberlain, ehe er nach Amerika abreiste, um dort seines Schiedsrichteramtes zwischen Canada und den Vereinigten Staaten zu walten, rief zwar seinen Freunden als AbschiedSgruß zu: „Haltet fest an der Union!", allein in einer Rede, die er am Abend vor seiner Abreise hielt, erklärte er, daß „a liberal w«»- sure ok seif-goverumeut", em liberales Maß der Selbstregierung für Irland wohl am Platze fei. Diefe Erklärung läßt allerdings an Bestimmtheit alles zu wünschen übrig und ähnelt darin den dehn baren Forderungen der Nationaliren selber, die sich im Grunde durchaus nicht darüber klar sind, wie weit eigentlich ihre Selbstherrlichkeit auszudehnen sei. Als man vor kurzem Mr. Dillon über diesen Punkt be- sragte, gab er die geistreiche Antwort, sie wünschten ein wenig mehr als das Recht, Gesetze über Gas beleuchtung zu erlassen. Mr. Parnell hat über seine Zukunftspläne niemals etwas verlauten lassen, und die sonstigen Häupter der Iren sind bekanntlich poli tische Nullen. Einzig und allein Gladstone hat bisher ein vollständiges, klarumschriebenes Projekt des Home- Rule ausgearbeitet; allein dieses Projekt ist nach seinen eigenen Worten tot. Demnach handelt es sich gegen wärtig bei dem Kampfe um die irische Selbstregierung um ein Objekt, dessen Grenzen völlig unbestimmt sind, um ein Prinzip, dessen Tragweite niemand er messen kann. Dennoch macht die Home-Rule-Idee im englischen Volke entschiedene Fortschritte. Daß es wirklich an dem sei, läßt sich nicht länger in Zweifel ziehen. Bei den Ergänzungswahlen zum Unterhausc, wie sie im Lause dieses Jahres stattsanden, gewann die Partei Gladstones 8 Sitze. Zwar, diesen Umstand hätte man noch übersehen können, da bei Nachwahlen die Oppo sitionsparteien, wie in allen Ländern die Erfahrung lehrt, nur zu leicht Erfolge davontragen. Anders aber steht es mit den gegenwärtig stattfindenden Gemeinde ratswahlen, bei welchen die Whigs auf Kosten der Tories etwa 20, auf Kosten der unionistischen Libe ralen etwa 30 Städte gewonnen haben. In diesen Tatsachen scheint sich allerdings ein Umschwung der öffentlichen Meinung zu Gunsten deS Home-Rule- unverkennbar auszusprechen. Sollte sich daher im Verlaufe der nächsten Session die Auflösung des Unter hauses nötig machen — und die whiggistischen Blätter sind davon überzeugt —, so könnte wohl der Fall Rückkehr nach Pineville nichts davon erwähnen, daß Sie unS hier so in der Nähe angetroffen haben?" „Nun, Gerede genug wegeu Ihnen hats gegeben", knurrte Mr. PerkinS. „Ach, er denkt an die Hochzeit", erklärten sich Jack und Beryl. „Wir beabsichtigten einen kleinen Scherz — einen ganz kleinen Spaß", fuhr Jack nervös fort, „wir wären Ihnen also sehr verbunden, wenn Sie reinen Mund halten wollten." „Ach, das soll ein Scherz sein!" Mr. Perkin zog fast unmcrklich seine linke Augenbraue höher, was bei seinen, sonst ziemlich unbeweglichen Gesichtsmuskeln, Helles Erstaunen bedeutete. Noch einen Augenblick starrte er sie an und versuchte, sich den Trauerartikel de» „Abendfagots" mit ihrem Aussehen zu vereinbaren. „Es ist nicht gerade das, was ich einen guten Spaß zu nennen pflege", dachte er bei sich, „aber jedenfalls will ich ihn ihnen nicht verderben." „Schon gut", setzte er zu deni jungen Paare gewandt hinzu und schloß seine mächtigen Nußknackerkiefern, die er, soweit eS sich um Jack und Beryl handelte, nicht wieder zu öffnen gedachte. (Fottfetzung folgt.) Konzert. Mittwoch, den 9. November fand daS erste philharmonische Konzert unter Leitung de» Hrn. I. L. Nicode statt. Es begann mit Raff- Leonore Symphonie. Diese und die Waldsymphonie Raffs zählen unzweifelhaft zu den hervorragendsten symphonischen Werken der Neuzeit durch gedanNich reiche und melodiöse Erfindung, künstlerisch fertige und geistvolle Durcharbeitung und Gestaltung und technisch virtuose farbenvolle Behandlung der mstru-
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