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Sächsische Vorheilung. v»n Lb Pfg. rr. f. w. »erd« tzis Montag. Mittwoch u. Jreiwg- Mittag angenommen und kokten! UellPaltLetle ILPfg. Unter Eingesandt: S0 Pfg. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmarmschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Mütter in Dresden. Nxd. u. Rcdaktton »restzen-Ntaftast . Rtißnrr «affe 4. He Aeitung nschcint rieuftß -mmerftO, und »annadend früh. «veanemeuts- Breid: iktttijührlMllM Au dczühtn durch « kaifrrlichm Post- NUc» und durch unsere Boten. Inseraten, Annatzmestelen: Die Arnoldi sch« Buchhandlung Jnvalidr^d«>ch , Hasenstein LBoglcr. RudalfRoffe, ». L. Daud« H «o. in Drrdden, Leimig, Hamburg, Berlin. Abonnements - Einlndvng. Bestellungen auf die ..Sächsische Dorfzeit»»g" die Monate November und Decentber nehmen kaiserliche» Poftanstalte« »«- PdftexpedttUme», e auch alle Landbriefträger gegen VorauS- hluug vo« 1 Mark entgegen. Die Verlag-»Expedition. Politische Weltscha«. Deutsches Reich. Earl Rosebery, der ehemalige iglische Minister des AuSwärttgen, hielt jüngst gelegent- ich eine- von der Tuchfabrikanten-Gilde veranstalteten Reelings eine längere Rede, worin er einen höchst nteressanten Vergleich zwischen der wirthschafttichcn Lage Deutschlands und England» anstellte und namentlich uch auf die erfolgreiche Konkurrenz hinwieS, welche seit iniaer Zeit dem englischen Handel seitens de» deutschen erntet wird. „Deutschland" — so führte der Redner l. A. aus — „ist heute unser größter Rivale, obwohl ieser Staat vor noch nicht allzu langer Zeit einen furcht- areu Schicksalsschlag erlitten hat. Es war dies die Schlackt bei Jena. Aber kaum war dieselbe geschlagen, o beschlossen die Deutschen auf intellektuellem Gebiete hre Niederlage wieder gut zu machen. Die Erziehung der ^uaend wurde nicht, wie bisher, auf rein theoretischer Ws betrieben, sondern man bemühte sich, derselben ein ionischeres Gepräge zu geben. DaS Resultat war, aß man in England, in Indien und den übrigen ritischen Kolonien mehr deutsche KommiS als englische uzustellen begann. Jene erwiesen sich tüchtiger als ie unsrigen, well.'dieselben eine bessere Erziehung m Handelswesen und auf sprachlichem Gebiete genossen atten. Im orientalischen Handel haben uns die Rutschen geschlagen, wett sie sich mit einem geringeren kostt als unsere eigenen Händler begnügten und iesen Profit dadurch vermehrten, daß sie sich selbst im luSlande niederließen nnd ihren Absatz dadurch ver lehrten. Deutschland hat auf technischem Gebiete neu großen Vorsprung vor un». Dort wurden tech- üsche Schulen bereits im Jahre 1806 gegründet und eit 81 Jahren wurde dieses System mit unermüdlicher Lhätigkeit fortgeführt. Und was haben wir gethan? >8 Jahre, nachdem Deutschland den Anfang mit der Gründung technischer Schulen gemacht hatte, ermannte ch dar englische Parlament zu der großen That, eine ^umme von 20,000 Pfd. Sterl, pro Jahr für Er« iehung-zwecke zu bewilligen. Wir haben somit auf technischem Gebiete noch gar viel nachzuholen. Wenn wir nicht die größten Anstrengungen machen, unsere wirth- schastliche Lage zu verbessern, so werden wir nicht nur stille stehen bleiben, sondern rückwärts gehen. In erster Linie liegt den Arbeitern die Pflicht ob, sich in dieser Beziehung selbst zu helfen, denn das fort währende Appelliren an die StaatShilfe erscheint keineswegs wünschenSwerth." — Dieser letztere Satz veroient auch in Deutschland be herzigt zu werden, wo ja bekanntlich in neuerer Zett der Staat sich in All' und Jede- mischen soll. Donnerstag Nachmittag 5*/, Uhr hat Kaiser Wilhelm im besten Wohlsein Baden-Baden verlassen und über Karlsruhe und Frankfurt a. M. die Rück reise nach Berlin angetreten, woselbst er am nächsten Morgen gegen 8 Uhr wohlbehalten eingetroffen ist. — Verschiedene Blätter publicireu die Ernennung deS Prinzen Heinrich Hon Preußen zum Korvetten-Kapitän, sowie zum Major' L la suite deS 1. Garde-Regimentes zu Fuß Anläßlich der Feier des Geburtstages deS deutschen Kronprinzen — so meldet die „Nordd. Allg. Ztg." — hatte die Prinzessin Wilhelm von Preußen im Marmor- palaiS zu Potsdam mehrere- Herren, welche zu dem Kronprinzen in naher Beziehung stehen, zu einem Fest mahle um sich versammelt. Bei demselben erschien zum ersten Male der kleine PrinzWilhelm an der Hoftafel. Er saß an der Seite seiner Mutter und übte bei dieser Gelegenheit auch zum ersten Male einen Akt der Re- präsentatwn aus, iudem er das GlaS erhob und auf das Wohl seine» geliebten Großvater» trank. Im Gebäude des Kultusministeriums zu Berlin hat am Dienstag seit einer langen Reihe von Jahren zum ersten Male wieder die Vereidigung eines katho lischen Geistlichen stattgefunden, nemlich die des zum Fürstbischof von Breslau ernannten vr. Kopp. Außer verschiedenen seitens der Regierung eingeladenen Zeugen wohnten auch mehrere Abgesandte der katholischen Kirche dem feierlichen Atte bei. Der Kultusminister hielt zu- nächst eine Ansprache an die Versammelten, in welcher er der Verdienste deS Fürstbischofs um die Wiederher stellung deS Friedens zwischen dem preußischen Staate und der katholischen Kirche mit dem Ausdrucke warmer Anerkennung gedachte und zugleich seine lebhafte Freude darüber aussprach, daß der so lange verwaist gewesenen Diöcese Breslau in der Person des vr. Kopp nunmehr ein neuer Oberhirt gegeben werde, welcher sich deS Vertrauens deS Kaiser-, sowie der Gnade des Ober- bauptes der katholischen Kirche erfreue. Der Fürst, oischof gab darauf in bewegten, von echt patriotischem Geiste getragenen Worten seiner aufrichtigen Ergeben heit dem Kaiser und dem ganzen kaiserlichen Hause gegenüber Ausdruck und schloß mit der Versicherung, daß er fest entschlossen sei, alle seine Kräfte daran zu setze», um das ihm anverlraute oberhirttiche Amt zum Wohle deS Staate» und der katholischen Kirche zu verwalten. Nachdem der Fürstbischof sodann unter Beobachtung de» üblichen EeremoniellS den durch die kaiserliche Ver ordnung vom 13. Februar d. I. vorgeschneben« BischofSeid geleistet hatte, nahm er au- den Händen deS Kultusministers die landesherrliche Anerkennungs- Urkunde entgegen, welche seine Wahl zum Fürstbischöfe von BreSlau bestätigt. Der feierliche An hinterließ bei den Anwesenden einen tiefen Eindruck; bildet er doch ein neues Unterpfand de- Frieden» zwischen dem preußischen Staate und der katholischen Kirche. Wie man aus Madrid meldet, ist nunmehr da von un» bereit» mehrfach erwähnte Dekret, welche» den Hamburger Sprit überhaupt au» Spanien ausschtleßl, in Kraft getreten. Die» bedeutet eine schwere Schädigung de» Hamburger Handel»; hoffentlich gelindes der deutschen ReichSregrerung, auf diplomatischem Wege eine Wiederaushebung obigen Dekretes zu erwirken. — I» den maaßgebenden Kreisen zu Berlin soll die Absicht bestehen, die Bestimmungen, betreffend die Ausführung de» Branntweinsfteuergefktzes, im Interesse der Produ- centen abzuäudern. Zur Zett müssen diese bekanntlich den Steuerbehörden anzeigen. waS für Spiritus sie brennen wollen und die darüber ausgefertigten Melde scheine sind unabänderlich. Da dies jedoch mit manchen Uuzuträglichkeiten verknüpft ist, so will man nunmehr gestatten, daß eine nachträgliche Modifikation der Anmeldungen stattfinden darr. Die baierttche Regierung soll gegen den Gesetz entwurf, betreffend die Atters- und Jnvalidenver- sorgung der Arbeiter, verschiedene Bedenken staatsrecht licher Natur erhoben haben. Mau scheint in München zu befürchten, daß, sollte obige Vorlage Gesetzeskraft erhalten, damit der Fortbestand verschiedener baierischer Reservatrechte gefährdet werden möchte. In München wird augenblicklich die neue Aus rüstung der bmerifchen Truppen — eS handelt fick um Anschaffung von Marschstiefeln au» Segeltuch, sowie von Tornistern nach neuem Muster — mit großem Eifer betrieben. Unter dem Vorsitze de» Majors Frei herrn v. Hertling wurde eine Kommission, bestehend aus einem StabSosficiere und je einem Leutnant der Münchener Regimenter, gebildet, welche die Lieferungen zu prüfen und da» Zuschneiden der AuSrüstunaSgegen- stände zu überwachen bat. Man hofft, bis Frühjahr 1888 die neue Ausrüstung der Armee vollendet zu haben. Die Unterofficiere und Mannschaften der Münchener Garnison werden gegenwärtig in der Handhabung deS neuen Magazingewehre» unterrichtet. Wr. 125. Sonnabend, den 22 1887. Feuilleton. Die Pflegekinder des KommercienrathS. Novelle von Earl Hartmann-Plön. (6. Fortsetzim,.) „Dieselbe. Setzt eS Dich so sehr in Erstaunen, aß ich meine Bltcke bis zu einer Gräfin empor- >ehoben?" Lus diesen Namen war ich allerdings nicht gefaßt." Brauer schwieg einen Augenblick, dann sagte er: „Erwartest Du dort Vermögen?" „Ick habe noch mit keinem Gedanken daran ge- acht, ov die Familie vermögend sei oder nicht. DaS ritte doch auch Nebensache." „Ja, da» ist Nebensache und ein Glück, daß dem so ist, Venn wenn Du e» mcht al» Nebensache bettach tetest, würdest Du sehr enttäuscht werden. Die Ver- mügensverhältnifle de» Grafen sind äußerst zerrüttet." „Woher weißt Du da»?" „Woher ich e» weiß, nun, da» ist einerlei, aber daß dem so ist, darauf kannst Du Dich verlassen." „Ist die» allgemein bekannt?" „So allgemein wohl nickt, aber man weiß doch, daß er zu Lebzeiten seine» Sohne», der ein großer Ver schwender gewesen sein soll, sein Gut mit einer enormen Apothekenlast beschwert hat." Der Kommercienrath dachre einen Augenblick darüber nach, ob er da», wa» er hierüber noch mehr wisse, dem mittheilen solle, sowie auch, daß er diesen Um stand für geeignet hielt, Hoffnungen für den glücklichen Erfolg seiner Bewerbung zu erwecken. Aber sein Neffe hatte über manche Dinge oft ganz andere Ansichten, wie er; er war seiner Sache nicht sicher, ob da», wa» unternommen werden könnte, um einen Erfolg herbei zuführen, auch dessen Billigung haben werde; e» war sogar wahrscheinlich, daß derselbe da» Mittel verwerfen würde und dann könnte durch ein unzeitig gewecktes Zartgefühl die ganze Verlobung in Frage gestellt werden und da» durfte nicht sein! Sein Neffe der Verlobte, der Gemahl einer Gräfin Waldsee, er selbst der Onkel dieser Gräfin, der nahe Verwandte dieser altadeligen Familie! Mochten de» Grafen Verhältnisse verwirrt, seine Finanzen zerrüttet sein, da» war eine Sache, die zu ändern war, Heinrich und er traten zu einem hoch aristokratischen Geschlechte in die näcksten Beziehungen, da» die einflußreichsten Personen in oer Umgebung des Kaiser» zu seinen Verwandten zählte, ja ourch seine verstorbene Frau war der Graf Waldsee mit einem Fürstenhause verwandt. War e» nicht mehr al» wahr, scheinlich, daß Heinrich'» zukünftiger Schwiegervater Alle» daran setzen würde, durch seine einflußreichen Verwandten auch für seinen Schwiegersohn ein Adels- diplom zu beschaffen? WaS daher geschehen mußte, um die» schöne Ziel zu erreichen, wollte er allein thun, ohne daß Heinrich darum wußte und erst später, nachdem der Wurf gelungen, sollte derselbe erfahren, wer ihm den Weg zu seinem Glücke geebnet. Diese Gedanken fuhren mit Blitzesschnelle durch da» Gehirn de» KommercienrathS. Beide hatten längere Zeit geschwiegen, in der auch Heinrich sich besonderen Gedanken hingab. Brauer brach zuerst daS Schweigen und sagte: „Ist denn die Gräfin Waldsee schon von ihrer Reise zurückgekehrt?" „Sie und die Gräfin Scheck verließen bereits vor fünf Tagen daS Gut des Grasen Hohenfels, um direkt nach Hause zu reisen." „Dann ist sie ja wieder hier und sobald wir den Kauf der Villa fest abgeschloffen, kannst Du ja schon einen nachbarlichen Besuch dort machen." „DaS hätte ich auf alle Fäll: doch schon morgen gethan, da ich vom Grafen Hohenfels nicht allein einen Gruß zu überbringen, sondern der Gräfin Isabella auch ein Medaillon zu überreichen habe, welches sie dort im Parke verloren und daS ich daS seltene Glück hatte, am letzten Tage wiederzufindeu." „DaS nenne ich aber wirklich Glück!" „E» rechtfertigt wenigstens meinen sofortigen Besuch." „So wünsche ich Dir denn auch noch ferneres Glück, mein Sohn! Stur nicht verzagt, Tpt sollst sehen, e» wird Alles emen glücklichen Verlauf nehmen." „Ist eS Dir Recht", fuhr er fort, „wenn wir einen kleinen Spaziergang machen? Etwas Bewegung in frischer Luft nach dem Essen kann nicht schaden, wir gehen durch die Parkftraße zurück, nehmen bei der Ge legenheit die Billa in Augenschein, schließen, wenn mög lich, den HandA gleich ad und Du hast noch heute den Bortheil, bei Deiner AuSerwählten eine Fensterpromenade zu machen und ich gehe mit." „Wohl der Gräfin Scheck wegen?" sagte Heinrich lächelnd. „Gott soll mich bewahren! Bor der hab« ich eigentlich eine geheime Angst, ich habe sie oftmals ge-