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Dresdner Journal : 18.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189710187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18971018
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18971018
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-10
- Tag 1897-10-18
-
Monat
1897-10
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 18.10.1897
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vern«»»ret«: ?n:r Dresden vierteljährlich: 2 Mark LvPs, bei den Kaiser lich deutschen Postanstaltea vierleljahttich »Mark; außer- halb des Deutschen Reiche» Post- und Ltempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Conn- und Feiertage abend». Fern pr -Anschluß: Nr 1285. Dresdner W ZMUMl. Nakündig«iis«»edützren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift »0 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile SO Psi Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Busschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journal» DreSdui, Zwinggrstr 20. Fernspr -Anschluß. Nr129S V 242. 1897 Montag, den 18. Oktober abends. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Professor Kuehl, dem Professor Diez und dem Geheimen Baurath Professor vr. Wallot zu Dresden das OffizicrSlreuz vom Albrechtsorden, sowie dem Maler Professor Kießling daselbst den Titel und Rang als Hofrath und dem Bankier Hahn eben daselbst den Titel und Rang als Commerzicucath zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Gemein^ekassen-Assistenten und Schulgeld- einnehmer Neumann in Großschönau das Allgemeine Ehrenzeichen zu.verleihen. WekannLrncrchung, die Vieheinfuhr-Station Reitzenhain betreffend. Das Ministerium deS Innern hat einem gestellten Anträge entsprechend genehmigt, daß die Einführung von Nutz- und Zuchtrindern aus Böhmen über die Grenzstation Reitzenhain anstatt, wie bisher, Donnerstags, von jetzt ab an jedem Mittwoch unter den in der Verordnung, die Einfuhr von Nutz- und Zuchtrindern aus Oesterreich in die Grenzbezirke betreffend, vom 22. December 1893 — abgedruckt in Nr. 1 des Dresdner Journals und der Leipziger Zeitung vom Jahre 1894 — aufgeführten Beschränk ungen und Bedingungen stattfinde. Dresden, am 14. Oktober 1897. Ministerium des Jnueru. v. Metzsch. Körner. Srueunllugen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im VteschüftSbereiche-cs Ministeriums derAinanze». Bei der Postvrrwaltung sind ernannt worden: Lützel berger, zeither Postmeister in Pulsnitz, als solcher in Lausigk; Winkler, Tischler, Ms Postagcnt in Erlbach (Bez. Zwickau); Hassert, Privatmann, als Postagent in Zwickau-Pölbitz. Im Geschiftsbereiche »es Ministeriums bcS Kultus und öffentlichen Unterrichts. Zu besetzen: die 3 ständige Lehrerstelle in Großschirma. Kollator: die oberste Schul behörde Einkommen: ivvv M. Gehalt und schöne Wohnung, eventuell etwas Gartengenuß Gesuche sind bis zum K. No vember bei dem KSnigl. Bczirksschulinspcklor Schulrat vr Winkler in Freiberg i. S. einzurcichen. Nichtamtlicher Teil. Tie Aussichten der Marinevorlage. Die neue Marinevorlage fillte, das ist unzweifel haft der Wunsch ihrer Urheber, ausschließlich von den Gesichtspunkten der Landesverteidigung, ihrer wirt schaftlichen Bedeutung und ihrer fi-chmännischen Be gründung geprüft und beurteilt werden, um sie auf Grund dieser Verhältnisse nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Reichs zu bemessen. Im Falle ihr eine solche Behandlung zu teil wird, ist guter Grund zu der Annahme vorhanden, daß sie die Billigung dir Mehrheit des Reichstages findet. Leider aber wird die Zustimmung zur Marine vorlage, das lassen zahlreiche Erörterungen in der Presse politisch ganz verschiedener Parteien voraus setzen, nicht allein von ihrem Inhalte, sondern von ganz außerhalb derselben liegenden Umständen ab hängig gemacht. Das ist im Interesse der Sache, die doch als eine nationale anzusehen ist, zu bedauern. Hier ist mit in erster Linie die Fraae der Erledigung Lunk und Wissenschaft. K. Hoftheatcr. — Altstadt. — Gastspiel der Madame Rsjane und des Ensembles vom „Theätre du Vaudeville" in Paris. Am 16. Oktober: „k'rou-k'rou^, Oomsäie eu 5 aetes par >l«ildae et Ualevz- äs 1'Aeaäemie kran^aiso. — Am 17. Oktober: „>laäams 8ans-6Sns." toineäiv en 4 astes äs V. Karäou cis I'Aoaäsmis kran^ais« et L. Xloreau Das Gastspiel der großen französischen Schauspielerin, samt ihrer Truppe, die eben einen der üblich gewordenen Triumphzüge über die europäischen Bühnen hält, hat auch hier das große König! Hoftheater der Altstadt zwar nicht bis auf den letzten Platz zu füllen vermocht, aber an beiden Abenden eine sehr große, sehr glänzende und sehr aufmerksame Zufchauerschaft versammelt Der Eindruck, den Madame Rsjane hervorrief und hinterließ, ist zwar an beiden Abenden ein sehr bedeutender, nichtsdestoweniger ein höchst ungleicher gewesen Während die Wiedergabe der tragisch angehauchten Rolle der Gilberte wohl inter essierte und nach der Seite ihrer Vorzüge durchaus ge würdigt ward, machte sich doch da« Gefühl einer gewissen Enttäuschung geltend, man hatte, nach allem Voran gegangenen, mehr, Außerordentlicheres, Ueberwältigenderes erwartet Bei der Darstellung der von Madame Rsjane zuzweit gespielten Rolle der hübschen Wäscherin Catherine, der späteren Frau Marschallin Lefebvre und Herzogin von Danzig, ging umgekehrt ein Gefühl durch das Haus, daß man hier einer in ihrer Art ganz vollendeten und nicht zu übertreffenden Leistung gegenüberstehe Der Anteil war demgemäß wärmer, impulsiver, der Beifall nicht nur rauschender, sondern auch freudiger, er regte sich nicht nur an den Aktschlüffen, sondern mitten in der Scene, der bewundernde Zweifel räumte einer zweifelhaften Be wunderung das Feld. der Militärstrafprozeßresorm zu nennen. Wenn die Vorlage der Militärstrafprozeßreform demnächst zur That werden sollte, so würde damit ein Teil des Ballastes entfernt werden, mit dem Gegner der Marinerorlage diese zum Nachteil einer streng sach lichen Behandlung bepacken möchten. Weiter nun leidet die Marinevorlage, noch ehe sie inhaltlich zuverlässig bekannt ist, durch eine, nehmen wir an aus wirklicher innerlicher Besorgnis über deren zu weit gehende Ziele hervorgcrufene Gegner schaft Als typisch für diese möchten wir die Stellung bezeichnen, welche das Organ des Bundes der Land- wiite, die „Deutsche Tageszeitung", der Vorlage gegenüber rinnimmt, wenn sie wiederholt schreibt, die bekannt gewordene bis 1905 erforderliche Summe von 410 Mill, erscheine ihr zu hock', und dann sagt: „Und dabei bleiben wir. Wie die Dinge jetzt liexen, können wir soviel nicht für Flottenvergrößerung bewilligen. Des ist unsere sestc Ueberzeugung, — wvhlveistanden: unsere Ueberzeugung. Gegen Ucberzeugungen m.sangen Redensarten nicht." ES ist unklug gehandelt, wenn England und Frankreich zum Vergleich herangezogen werden Mit diesem Vergleich kann man alles begründen, selbst die uferlosesten Pläne. Wenn unsere FlottcnschwSrmrr wirklich das Ziel erstreben, eine der sianzösischen oder gar der englischen ebenbürtige Flotte zu schassen, so halten wir s um so mehr für unsere nationale Pflicht, zu warnen und nüchtern zu bleiben." WaS „unsere Floltenschwärmer" erstreben, kann einem ernsthaften Beurteiler der amtlichen Marine- Vorlage einerlei sein; wenn nicht, kann identifiziert er, namentlich in obigem Zusammenhänge, die amtlichen Kreise mit jenen „Schwärmern". DaS ist eine durcki Nichts gerechtfertigte Entstellung der Sachlage, die ganz entschieden zurückgewiesen werden muß. Nirmals hat bisher an amtlicher Stelle die Absicht bestanden, eine der englischen oder fran zösische Flotte gleichstarke für Deutschland zu fordern. Es ist im Gegenteil in d n, die Flottenstärken anderer Nationen anführenden Denkschriften skts ausdrücklich betont worden, daß man die französische Flotte, neben den aufgeführten anderen Flotten, nicht erwähne, um „in einen Vergleich mit dieser Marine ersten Ranges einzutreten." Es ist eine vielleicht auf Unkenntnis be ruhende Übertreibung, wenn die „Deutsche Tageszeitung" sagt, daß die neuen Marninefordernngen „unfehlbar auf die Ergänzung zum rollen zwiitenRange (!)und somitzur vollen Stärke der französischen Flotte hintreiben würden." Dem Fachmann, der die Flottenstärken der beiden Seemächte Frankreich und England sowie deren Her stellung?- und Erhaltungskosten kennt, erscheint diese Behauptung so ungeheuerlich, daß er sie zu widerlegen sich kaum die Mühe nehmen mag. Trotzdem seien hier wenigstens kurz einige, den wahren Sachverhalt darstellende Zahlen gegeben. Nach den bisherigen Bauplänen wird England im Jahre 1901 an ge panzerten Schlacht- und Küstenschiffen sowie an ge panzerten und geschützten Kreuzern 215, Frankreich alsdann 117 Schiffe dieser Art, Deutschland aber deren nur 34 besitzen! Niemand kann also, wenn er diese Ziffer kennt, im Ernst behaupten wollen, die neue Marinevorlage wolle eine der französischen gleich starke Flotte mit einem Jahnsauswaude von 50 bis 60 Mill. Herstellen, wenn Admiral Hollmann in seiner Niederschrift zur Ei Haltung des Bestandes nach dem alten Plan von 1873 jährlich schon 45'L Mill., zunächst aber wegen der früheren Vernachlässigungen alljährlich rund 58 Mill. M. hierzu als erforderlich erachtete. Wer will mit dem verbleibenden minimalen Mehrbetrag des neuen Planes die kolossale Menge der zur Erreichung der französischen Schiffszahl erforder Uchen Schiffe bauen? Hand und Fuß können zudem alle Angriffe auf die Ziele der Marinevorlage vernünftigerweise erst dann bekommen, wenn letztere selbst bekannt fein wird. Dies ist, bis allein auf ihrs ungefähre, von den Hollmannschen Postulaten noch etwas übertroffene Gesamtsumme aber noch nicht im entferntesten der Fall, denn alle bisher in der Presse genannten Zahlen und Inhaltsangaben sind weit davon entfernt, den thatsächlichen Kern der Vorlage zu enthüllen, ja sie sind zum größ'en Teil direkt falsch Zu den jiiuststcn antiklerikalen blassen -er italienischen Regierung wird aus Rom offiziös folgendes berichtet: Die Erlasse les Ministerpräsidenten und Ministers des Innern, Marchese di Rudini, betreffend daS seitens d.r Be hörden gegenüber der klerikalen Agitation zu beobachtende Verhalten, bilden in einem Teile der katholischen Presse an dauernd den Gegenstand heftiger Angriffe. Man erhebt gegen die Regierung den Vorwurf, daß sie mit diesen Anordnungen die Bahn der Verfolgung der Kirche bctrelen habe. Es läßt sich jedoch versichern, daß diese Auffassung durchaus nicht von allen kirchlich gesinnten Italienern geteilt wird, daß vielmehr ein großer Teil von ihnen mit den For men, welche die kmholische Bewegung seit einiger Zeit angenommen hat, nicht einverstanden ist. Haben cS doch auch mehrere Bischöse mißbilligt, daß in Kirchen Kaiholiken- konzresse abgchalten zu werden pflegen, die, wie die Gegen stände und der Verlaus ihrer Beratungen zeigen, vollständig den Charakter politischer Versammlungen tragen. Speziell der Bischof von Cremona, einer der hervorragendsten Kirchensürsten Italiens, hat sich mit einer solchen Kritik nicht begnügt, sondern die Verwendung der Kirchen in seiner Diözese zur Abhaltung von Katholikenversammlungen für prosane Zwecke formell unter sagt, eine Maßregel, die L2U allen gemäßigten Katholiken gut- grheißcn worden ist. Die letzteren nehmen mit lebhaftem Be dauern wahr, daß manche katholische Vereine feit einiger Zeit eine im Hinblicke auf die gesetzlichen Institutionen keines wegs ganz korrekte Haltung beobachten. Insbesondere ist Mailand in den letzten Jahren der Heid einer „christlich demokratischen" Bewegung geworden, weläe die gleichen Bahnen windeln will und sich in den gleichen Übertreibungen ergeht, wie die christlich-sozialen Gruppen anderer Länder, namentlich in Frankreich und Belgien Die Führer dieser christlich-demokratischen Fraktion, deren Organ der in Mailand erscheinende , Offervatore Cattolico" ist, e,klären sich als unver- sönlichc Gegner der in Italien bestehenden staatlichen Ordnung und machen kein Hehl aus ihren Sympathien sür die republi kanischen Bestrebungen, indem sie von einem derartigen Um stürze auch dre Möglichkeit zur Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes erhoffen. Es läßt sich nicht leugnen, daß die Führer der christlich - demokratischen, gegen die Einheit Italiens gerichteten Bewegung aus die Leitung der katholischen Partei einen immer mehr anwachsenben Einfluß nehmen und letztere in die Bahnen einer antimonarchischcn Oppo sition zu drängen suchen. Eine große Anzahl von Ka tholiken, insbesondere viele Bischöfe und Geipliche, be klagen diese Tendenzen nnd mißbilligen diese extreme Richt ung um so mehr, als sie eine Gegenwirkung Hervorrufen kann, welche die wahren Interessen der Kirche in sehr empfind licher Weise benachteiligen würde. In diesen Kreisen be dauert man, daß der Ministerpräsident mit den erwähnten Zirkularen hervorgctrctcn ist, man findet jedoch diese Repressalie der Regierung gegen die Au fchreitungen der intransigenten katholischen Gruppe nicht unbegreiflich Die Behauptung daß Marchese di Rudini ein Regime der Verfolgung gegen die Kirche zu eröffnen beabsichtige, kann von keinem Kenner der politischen Richtung des Ministerpräsidenten ernst genommen werden Seit vielen Jahren war in Italien kein in Bezug auf die Kirche so liberales und tolerantes Kabinett am Ruder als das gegcnwäitige, das allen rein religiösen Manis,stationen, öffentlichen Prozessionen rc, vollständige Freiheit gewährt. An gesichts dieser maßvollen Haltung der Regierung wird das Treiben der intransigenten katholüchrn Fraktion, durch welches das Verhältnis zwischen Staat und Kirche iu Italien nachteilig beeinflußt werden und in der öffentlichen Meinung eine leb hafte antiklerikale Strömung hcrvorgerusen werden kann, von allen Katholiken gemäßigter Richtung bedauert. Cagesgeschichte. Dresden, 18. Oktober. Se. Majestät der König geruhten am gestrigen Sonntage nach dem Besuche des Gottesdienstes mittags von (,12 Uhr an im Königl. Nesidenzfchlosse Audienzen zu erteilen und hier bei nachgenannte Herren zu empfangen: Geh. Rat Professor l>r. Zeuner, Senatspräsidcnt a. D. Mettler, Nach allem Vorangegangenen! Zu den wunderlichen Aufgaben, die der Kritik und nachgerade auch d^m Urteil und der Empfänglichkeit des kunstsinnigen Publikums neuerdings gestellt sind, gehört auch die Zurückführung einer mit allen, selbst den unbedenklichsten und sinnlosesten Mitteln arbeitenden Reklame auf die einfache Wahrheit. Der ganze Apparat, mit dem ein künstliches Fieber der Vorerwrrtungen und der Vormeinung im Publikum her vorgerufen wird, die maßlose Steigerung der Verheißungen, der der Vergleich einer großen Kunstcrscheinung mit der anderen keineswegs genügt und die auch diesmal Madame Rsjane nicht nur mit Eleonore Düse verglich, sondern be hauptete, daß die Französin die Italienerin weit, weit hinter sich laße, der Trommellärm, mit dem jeder Laut erstickt werden soll, der nicht Aufschrei wilden Entzückens ist, allcS das kehrt sich immer häufiger gegen die, für die es geschieht. Wenn nur eine der gespannten Hoffnungen versagt, mit denen man das Publikum erfüllt, wenn den übermäßigen Forderungen, mit denen man an die Leist ungen herantritt, nach irgend einer Seite nicht genügt wird, so entsteht leicht eine Stimmung, die der un befangenen Hingabe an da« wirklich Gebotene gefährlich wird. In einer solchen Stimmung schien unser Publikum den Leistungen der Künstlerin gegenüber am ersten Abend zu sein und insofern war es ganz glücklich, daß Madame Rsjane und ihre Partner vom Thsütre du Vaudeville die wirksamere und dem innersten Wesen der Hauptdarstellerin angemessenere Aufgabe der ersten folgen ließen. Die larmoyante Komödie der Herren Meilhac und Halevy, die nicht nur mit einem Sterben an der Schwind sucht endet, sondern selbst die deutlichsten Kennzeichen schwindsüchtiger Schwäche und innerer Unwahrheit trägt, vermöchte nur in einer Darstellung noch volle Wirkung »u thuen, die alle hohlen Stellen mit eigner zwingenderNaturkraft, mit dem Überschuß persönlichster Stimmung erfüllte Wenn nun der Berechnung der Autoren auf unfehl baren Effekt willkürlicher aber starker Gegensätze, eine zwar überaus seine unv zu Zeiten höchst interessante Be rechnung der Darstellung zur Seite tritt, die Zug für Zug fesselt und stellenweise überrascht, aber den vollen Fluß de« zwingenden Naturells vermissen läßt, so kann von einer „überwältigenden Sensation" nicht die Rede sein, sondern cs handelt sich um eine sehr vorzügliche, im einzelnen durchaus überzeugende Gestaltung einer Rolle, die aber Madame Rsjane nicht erlaubt, gerade die stärksten Seiten ihres großen Talents voll zu entfalten Der halb kindliche Vergnügungsrausch der armen Gilberte, der zu so schlimmem Ausgang führt, die phantastische Naivität, daß sie ein Recht habe im Frou-Frou, im ewigen Rauschen der Seidenschleppen und der wechselnden Vergnügungen zu leben, wird offenbar einer jugendlicheren Darstellerin bester zu Gencht stehen Gleichwohl offenbarte das Spiel der Künstlerin eine Folge feinster Beobachtungen und er reichte, namentlich in der Probescene mit Valreas im zweiten, in der Auseinandersetzung mit Louise am Schluffe des dritten, im Konflikt des vierten Aktes Höhepunkte, die eben nur von einer außerordentlichen Kraft erreicht werden. Die Haltung und wunderbcre Beweglichkeit der Gestalt mag von den überaus geschmackvollen Toiletten unterstützt worden sein, aber nur diesen Teil ihres Ruhm» teilt Madame Rsjane mit ihrem Schneider. Die überaus kunstvolle Beherrschung eines ausdrucksvollen, mit jedem Augenblick wechselnden Mienenspiels, die wirksame Ent faltung ihres Organs gehören ihr allein, und eS war wiederum zu bewundern und anzuerkennen, wie maß voll auch die virtuose Bravour im französischen Schauspiel sich gehoben muß Die blitzartigen Übergänge, die scharfen Ausbrüche der empörten Erregung, die halb erstickten Töne der Seelenangst, die schleppenden Laute der inneren Müdigkeit sind immer auf Wirkung berechnet und setzen in ihrer freiwilligen Beschränkung doch immer ein sympathisches Verständnis de» Publikum» voraus Auch die Fügung der Hauptdarstellerin in den Bann de« Zu sammenspiel« brachte alte oft gerühmte Vorzüge der fran- Regierungsrat l)r. Posse, Justizrat Wetzlich, Trans- portoberinspektor Bahmann, die Amtsrichter vr. Pflug beil, v. Zezschwitz und Huth, Staatsanwalt Schmidt, Straßen- und Wasferbauinspektor Pietzfch, die Bau inspektoren Lindig und Volgmann, Bürgermeister Wilisch in Annaberg, Ökonomierat Roth in Döbeln, Kommerzienrat Haase in Cölln, Blaufarbtüwerks- direktor Bischoff in Pfannenstiel und AintsgcrichtS- sekretär Berndt. Nachmittags statteten Se. Majestät Ihren Kaiser!. Hoheiten den Großfürsten Michael Nikolaje witsch, Michael Michajlowitsch und Georg Michajlowitsch von Rußland im Hotel Bellevue sowie Ihrer Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich Leopold von Preußen im Grand Union- Hotel Besuche ab. Nachmittags um 5 Uhr fand in Villa Strehlen Königl. Familientafil statt, an Wilcher Se Majestät der König, Ihre Köwgl. Hoheiten der Prinz Georg, die Prinzen Friedrich August und Johann Georg mit Durchlauchtigsten Gemahlinnen, der Prinz Albert und die Prinzessin Mathilde teilnahmen. Danach besuchten Se. Majestät die Vor stellung der Komödie „Madame Sans-Gsne" im Alt städler Hoftheater (Gastspiel der Madame Rsjane und des Ensembles vom „Thsütre du Vaudeville" in Paris). — Heute vormittag kamen Se. Majestät der König ron Villa Strehlen ins Residenzschloß und nahmen die Vorträge dec Herren SiaatSmmister und Departe mentschefs der Königl. Hofstaaten sowie militärische Meldungen entgegen. Nachmittags kehrten Se Majestät nach Strehlen zurück. Heute abend 7 Uhr 3l Minuten gedenken Se. Majestät der König mit Ihren Königl. Hohciten den Prinzen Georg und Friedrich August mittels fahrplanmäßigen Schnellzuges rach Dahlen und von dort zu Wage-: nach dem Königl. Jagdschloß Werms dorf zu reifen, um die alljährlich üblichen Jagden in den Wermsdorfer, HubertuSbmger und Oschatzer Revieren abzuhalten. Im Alle:höchsten und Höchsten Gefolge werden sich befinden: Se. Excellenz der Ober stallmeister Genecallieutenaut v. Ehrenstcm, der Hof- maischall Frkr. v d. BuSsche-Streithorst, der Flügel adjutant Major v. Lariscb, der Königl Arzt Stabsarzt vr. Kampf und der Prinzliche Adjutant Rittmeister v. Tümpling. Außerdem reisen als Jagdgäste Sr. Majestät der General der Kavallerie z D. v. Kirchbach, der General- lientenant z. D. v. Minckwitz, Excellenzen, der General ü I» »uits Sr. Majestät Generalmajor Hingst und Generalmajor z D. v Cerrini mit nach Wermsdorf. Ferner werden im Laufe diefer Woche die nach- geuannten Herren auf einige Tage im Königl. Schlosse zu Wermsdorf erwartet: Ihre Excellenzen die Staats- ministec v Metzsch und v. Watzdorf, die General adjutanten General der Kavallerie v. Carlowitz und Generallicutcnant z D. v Minckwitz, der Kommandeur der II Division Generallieutenant v. Treitschke und der Kommandant von Dresden Generalmajor v. Schmalz. Auch sind zu den einzelnen Jagden Einlabungen an eine größere Anzahl Offiziere der Garnisonen Öschatz und Wurzen sowie an Großgrundbesitzer der Umgegend von Wermsdorf ergangen An den Jagden am Freitag und Sonnabend ge denkt auch Se. Königl. Hoheit der Prinz Albert teilzunehmeu und zu diesem Zwecke am Donnerstag abend iu Wermsdorf cinzutreffen. Die Rückkehr Sr. Majestät des Königs und und Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Georg ficht für Sonnabend, den 23. Oktober abends zu erwarten, während Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich August bereits am Mittwoch abend von Wermsdorf wieder abreisen wird. —mi «HliSHSiSz zösischen Schauspielkunst zur Geltung Die Damen und Herren des Vaudeoilletheater« unterstützttn Madame Rsjane aus« beste, Madame Archainbaud (Louise) und die Herren Calmettes (SartoryS), Grand (Valr.a«) und Gildss (der alte Brigard) errangen sich selbständig Beifall Der poetische Wert der historisch gefärbten Empire komödie „Madame San? Gene" ist nicht eben größer, als der der sentimentalen Sittenkomödie aus dem Jahre 1869 und die Herren Sardou und Moreau haben den Herren Meilhac und Halevy wenig vorzuwerfen Aber da« Effckt- stück täuscht zunächst mit dem Schein größerer Frische und Realität und stellt der Darstellerin der Titelrolle cinc im höchsten Maße dankbare Aufgabe. Die Mischung von temperamentvoller, dabei ebenso kokett liebenswürdiger al« komischer Unerzogenheit und von braver Entschlossenheit in der Figur der Catherine gab Madame Röjane Gelegen- heit, ihre größte Stärke: einen lachenden sieghaften Über mut, eine keck bis an die letzte Grenze streifende und diese Grenze doch nie überschreitende Natürlichkeit zu entwickeln Französische Natürlichkeit ist natürlich immer mit etwa« theatralischer Pose gepaart, aber die lachende Lebenslust des Wäschermädchens wie der Marschallin und das Hervor blitzen ihres gesunden bou sens wirken sortreißend, alle sonstigen Darstellerinnen haben Madame Rsjane diese Rolle lediglich nachgespielt. Die Übertreibung deS Ungeschicks der Herzogin in der Tanz- und Anstandsseene de« zweiten Aktes macht bald wieder einer glücklicheren Haltung Platz und die Naturlaute, die von Zeit zu Zeit aus dem Lachen und den Ausrufen der Marschallin Hervorbrechen, erhalten die ganze Darstellung in Fluß, geben ihr einen einheit lichen Charakter und lasten die außerordentliche Kunst der großen Schauspielerin unwiderstehlich wie die Natur selbst werden Die sichere, warme und überzeugte Verkörperung der Gestalt bedeckt in SardouS Komödie die Mängel, ja die Unmöglichkeiten der Erfindung und läßt das Gefühl de« Gemachten, Gewollten kaum einmal aufkommen. Gleich
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