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Erscheint Dienstag, Donnerstag n. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illusirirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seisenblasen" 1,50 Ml. Zeitung M Umud, Seiseesdach Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 40. Dienstag, den 3. April 1900. 13. Jahrgang. Aus Nah uud Feru. — Die Schalter bei den Postämtern werden mit Beginn des Sommerhalbjahres vom 1. April ab wieder früh 7 Uhr geöffnet. Ebenso beginnt der Dienst bei dem Fernsprechamt um diese Zeit. — S t a h rS K on k u r s, R ab en a u. Zur Prüfung der zahlreichen nachträglich angemeldeten Forderungen sowie zur Beschlußfassung über den freihändigen Verkauf des dem Gemeinschuldner gehörigen Grundstücks wird Termin zur Gläubigerversammlung auf den 19. April 1900, vormittags 11 Uhr, bei dem Königl. Amtsgericht Tharandt anberanmt. — Am Freitag Abend um die sechste Stunde kam auf den Poisenhüusern im Restaurant „Jägerhaus" ein Brand aus. Die auf dem Bodenraum unlergebrachten Heu- und Strohvorräthe hatten auf noch nicht aufgeklärte Weise Feuer gefangen, das bei dein herrschenden Schnee- sturni derart nm sich griff, daß alle zu dem Restaurant gehörige Gebäulichkeiten ein Raub der Flammen wurden und die Bewohner nur das nackte Leben retten konnten. Alles Inventar sammt dem in einer Bodenkammer im Schranke verwahrten Geldkasten mit ea. 30 Mark Inhalt ist verbrannt. Da der Wind günstig stand, konnte das benachbarte Wohnhaus gehalten werden. Bei dem Schnee- sturm war in den Rachbardörfern ein Feuerschein nicht be merkt worden, weshalb erst durch Boten die Gemeindespritzen Von Obernaundorf und Wilmsdorf zu Hilfe geholt werden mußten. Der entstandene Schaden ist durch Versicherung gedeckt. Es wird Brandstiftung vermnthet. — Ein bedauerliches Unglück hat sich Mittwoch früh gegen 9 Uhr in einer Stuhlfabrik am Fischhofplatz in Dresden zngetragen. Der eine Arbeiter, ein noch junger, gesunder Mann, hatte den Treibriemen ans das Schwungrad gelegt. Er wendete sich wieder ab, da erfaßte ihn aber die Welle an einem Zipfel seiner Schürze, schleuderte ihn, bevor das Rad zum Stillstand gebracht werden konnte, herum und schlug ihn mit dem Kopf derart gegen einen Deckenbalken, daß der Schädel barst und der Mann sofort eine Leiche war. — Am 24. d. M. starb zu B lasewitz iin 84. Lebensjahre der seit 7 Jahren dort im Ruhestände lebende Pastor omsr. Hermann Nadler. Der Verstorbene hat von 1845—1861 als Rektor zu Dippoldiswalde, dann ein Jahr als Pastor in Siebenlehn und von 1862—1893 als Pastor in Poffendorf amtirt. — Der im Ende der 40er Jahre stehende Hausbesitzer P. in Cunnersdorf erhängte sich im Ziegenstalle. Der zwölfjährige Sohn fand, als er die Ziegen füttern wollte, seinen Vater daselbst vor. Das Motiv zu diesem Schritte ist Delirium tremens. Der Selbstmörder hinterläßt 4 Kinder, wovon noch 2 unerzogen sind. — Landgericht Bautzen. Der Liqueursabrikant Oskar Ullrich in Wehrsdorf und der Liqueursabrikant Karl Friedrich Krause in Sohland a. d. Spree standen gestern vor dem königl. Landgericht unter der Anklage, dadurch gegen das Gesetz zum Schutze der Waarenbezeichnnngen sich vergangen zu haben, daß sie Magenbitter unter Bezeichnungen verkauft hätten, welche zur Verwechslung mit dem echten „Hasftmann's Magenbitter" der Firma Joh. Gottl. Hasstmann in Pirna geeignet waren. ES kam aber nicht zur Verhandlung der Sache, da sowohl Ullrich als Krause der geschädigten Firma Garantien gaben, daß sie künftig dergleichen unterlassen wollten und sie auch freiwillig die entstandenen Kosten übernahmen. Es zog die geschädigte Firma den gestellten Strafantrag zurück, worauf das Verfahren eingestellt wurde. — Wegen unmenschlicher Behandlung ihres sechsjährigen Knaben sind die Arbeiterseheleute Wirl aus Döbeln vom Landgerichte Freiberg zu je einem Jahre Gefängniß verurtheilt und sogleich in Haft behalten worden. — Sümmlliche in Landeshut und in vielen Ortschaften des Kreises in großer Zahl beschäftigte tschechische Arbeiter haben wegen Prügeleien Ausweisungsbefehle erhalten, sie müssen bis zum 15. April das deutsche Reichsgebiet ver lassen. Von der Maßregel werden namentlich viele Hand werksgehilfen betroffen. — Grauenhafter Gatten mord. Wie aus Zabrze gemeldet wird, ermordete der Hausbesitzer Janick aus Paulsdorf in Oberschlesien seine Ehefrau auf unmenschliche Weise. Während der Heimkehr vom Wirthshause begegnete er seiner Frau im Flur seines Hauses, brachte sie zu Fall, und trat so lange mit den Füßen auf sie, bis die Unglück liche verschieden war. Die Leiche wurde nach Bielschowitz geschafft, wo die Section stattfand. Der unmenschliche Ehe mann wurde in das Gerichtsgefängniß zu Zabrze eingeliefert; dort hat am Sonnabend Vormittag die erste Vernehmung des Thäters vor dem Untersuchungsrichter stattgefunden. — vr. Plehn wurde in Kamerun durch einen vergifteten Pfeil an der Seite verwundet; er zog diesen selbst aus der Wunde und erstürmte an der Spitze seiner Mannschaften das Dorf, in welchem ungefähr 100 Einge borene niedergeschoffen und -gestochen wurden. Danach brach Plehn zusammen. Hilfe konnte ihm nicht geleistet werden, da die Feldapotheke zurückgeblieben war. Unter schrecklichen Schmerzen dictirte Plehn dem Sergeanten Peter die nöthigen Befehle und erschoß sich dann mit seinem Revolver. Das ganze Dorf wurde durch die Krieger Bertois verbrannt und die Eingeborenen, welche nicht zu flüchten vermochten, ver bluteten unter den Messern der Angreifer. 8 beste Kaffee-Zusatz für — Jedermann, der eine gute ^.888IAM Taffe Kaffee trinken will. Der Hichtmüfler. Originalerzähinng ans dem Erzgebirge von Karl May. (Rnchdrucl »krön«».) „Auch das weißt Du? Dich hat der Geier aus der Fremd' herbeigetrieben! Wenn Du gewartet hättest, bis ich Dir schrieb, wär' Alles gut gewesen. Geh' weg, ich kann Dich nicht gebrauchen." „Bleib', Vater, bleib'! Noch ist es Zeit, das Ver gangene wieder gut zu machen; noch weiß Niemand, wer der Marder' ist, und wenn Du im Stillen zurückerstattest, was nicht Dir gehört, so giebt's noch Heil und Segen auf der Obermühl'!" „Zürück erstatten? Schau doch, was Du sagst! Jst's denn wirklich so gewiß, daß ich der Marder' bin? Wart's ruhig ab, und red' nicht eher, als bis Du es verstehst!" Ec machte sich von der Hand Ferdinand's los und versuchte, an diesem vorüber zu kommen. „Vater, ich darf Dich nicht fortlaffen, ich muß Dich halten. Hör' auf mich, sonst muß ich Gewalt brauchen, und daS will ich doch nicht gegen Dich thun. Laß mich doch zu Dir reden, und Du sollst sehen, daß ich nicht zu Viel von Dir verlang'!" „Was willst Du? Vergreifen willst Du Dich an mir? Tritt aus dem Weg, sonst mach' ich mir Bahn!" „Ich kann nicht! Ich darf nicht! Ich bitt' Dich von ganzem Herzen, bleib'!" „Geh' weg!" „Bleib', Vater!" „Sv fahre hinweg, wenn Du's nicht anders willst!" Mit einem raschen, kräftigen Stoße warf er sich auf den Sohn. Dieser hatte den Angriff nicht vermuthet, verlor das Gleichgewicht und stürzte kopfüber in das liefeWaffer dcsTeichcs. Klaus bog sich weit vor und blickte hinab in die dunkle Fluth, auf welcher Ring an Ring Hineintrieb in die stille, fchweigsame Nacht. Hatte er es so gewollt? Er fuhr sich mit den Händen nach dein Kopfe, stieß einen heiseren, nn- articulirten Laut hervor und sprang dann zwischen die Sträucher hinein, welche sich auf der Böschung des Dammes hinunterzogen. Wäre Klaus nur noch einige Augenblicke geblieben, so hätte er gesehen, daß Ferdinand wieder emportauchte und eine» Zweig erfaßte, welcher in das Wasser niederhing. Er horchte nach dem Damme empor. Als er nichts vernahm, schwang er sich aus das Trockene und schüttelte die triefende Nässe aus der Kleidung. „Er ist fort; er hat nicht daran gedacht, daß ich schwimmen kann!- O Du heiliger, lieber Gott, was hab' ich denn verbrochen, daß mir's so grausam hart ergeht. Wo ist er hin, und wer war der, den ich vorher gesehen hab'? Ob's nicht der Lebrecht, der alte Knapp' von der Niedermühl' war, der erst bei uns gewesen ist? Ich muß fort, ich muß nach, und sollt' ich mir die Füß' ablaufen; der Vater darf nicht wieder thun, was er bisher vorge- nvmmen hat!" Er eilte davon. Als er die Niedermühle erreichte, nmging er dieselbe und war bemüht, mit Auge und Ohr die Finsterniß uud nächtliche Stille zu durchforschen. Als er an der einen Giebelseite des Wohngebäudes gegenüber anlangte, glaubte er, in der Höhe ein Geräusch zu ver nehmen. Vorsichtig schlich er bis an die Mauer heran und blickte an derselben hinauf. Im Dachstocke klirrte ein Fenster leise, und ein langer, strickähnlicher Gegenstand wurde empor- gezogeu. „Was war das? Es ist Jemand an dem Seil hinauf geklettert! Jst's der Vater gewesen? Soll ich den Müller wecken, oder soll ich warten, bis der, welcher es gewesen ist, wieder herunter kommt, und ihn dann wegfangen?" Er war noch nicht mit sich im Reinen, als er schleichende Schritte vernahm, die sich ihm näherten. Es war der Müller. Ferdinand wußte das nicht, hielt sich verborgen, bis er vorüber war, und folgte ihm dann geräuschlos nach, um zu sehen, wen er vor sich habe und was der Mann im Schilde führe. Dieser umsuchte erst das Wohnhaus und dann auch die Nebengebäude. Bei der etwas abgelegenen Schneidemühle angekommen, blieb er stehen und horchte; es war, als sei ein durch die Entfernung gedämpfter Schrei erklungen, dem nach einigen Secnnden ein harter Fall folgte. So eilig, als es die Vorsicht gestattete, huschte er zurück und an Ferdinand, welcher erst jetzt den mit einer Büchse bewaffneten Horn erkannte, vorbei. Den jungen Mann ergriff eine schlimme Ahnung. Kaum war der Niedermüller an der einen Seite des Hauses verschwunden, so stürzte er nach der anderen. An der Stelle, wo er vorhin emporgeblickt hatte, sprang ein Mann von der Erde auf und floh davon; ein anderer lag am Boden und gab kein Lebenszeichen von sich. Ferdinand bückte sich nieder und erkannte ihn. Es war sein Vater. Der Nkdermüller konnte jeden Augenblick hier sein; er durfte ihn nicht finden. Der vor Schreck zitternde Sohn hob den Leblosen auf und suchte mit ihm den Weg nach der Obermühle zu gewinnen. Als er so weit fortgekommen war, daß er es wagen konnte, einen Halt zu machen, legte er seine Last auf die Erde. Ein leises Stöhnen und Röcheln war die Folge der dabei verursachten Schmerzen. „Vater," fragte er mit angstvollem Herzen, „lebst Du noch? Hörst Du mich?" Er bekam jetzt und ans alle seine ferneren Bemühungen keine andere Antwort, als dasselbe Röcheln und Stöhnen. Er nahm ihn wieder auf die Arme uud trug ihn, selbst halb bewußtlos, der Gichtmühle zu. Dort angelangt, fand er die Thür verschlossen. Auch wenn der schwerhörige Hans zu wecken gewesen wäre, er durfte nichts von dem Geschehenen erfahren. Ferdinand entledigte sich deshalb seiner Bürde und stieg den Damm hinan, um durch den verborgenen Eingang in das Haus zu gelangen und dann zu öffnen. Er war nur wenige Schritte noch von demselben entfernt, als eine Gestalt aus der Erde emportauchte und nach dem Deckel griff, um ihn auf den Einstieg zu legen. Sofort hatte er sie ergriffen. „Halt, Mann! Wer bist Du?" „Wer — wer — wer ich bin?" stotterte der Er schrockene. „Wer — wer — wer bist denn Du?" „Ich bin der Müllerssohn hier ans dem Haus und will wissen, was Du hier zu schaffen hast!" „Der Müllerssohn? Der Ferdinand?" klang es mit etwas beruhigter Stimme. „Ja wirklich, Du bist's! Ich hab' geglaubt, Du bist gar nicht daheim." „Und daher hast Du gemeint, Du darfst jetzt ebenso in das Loch steigen, wie vorher, als der Vater unten war! Sag' gleich, Lebrecht, was hast Du d'rin gethan?" „Was ich gethan hab', willst Du wissen? Deinen Vater, den,Geldmarder', hab' ich ausgezahlt. Geh' nur zur Niedermühl', da liegt er todt unter meinem Fenster! Er hat mir meinen Lohn verweigert und mich gar noch auf den Kopf geschlagen. Aber der ist dick und hart und verträgt schon einen Puff. Als der alte Heimtücker aus dem Fenster war, hab' ich ihn ergriffen und von der Leiter gestürzt. Dann bin ich ihm nachgestiegen, hab' ihm daS Herausgeld abgenommen, und nachher — nachher habe ich mir auch noch das geholt, was da unten im Tischkasten war. Verwundre Dich nur, iminer verwundre Dich! Vor Dir brauch' ich mich nicht zu fürchten, denn wenn Du mir 'was thust, so erfährt das ganze Dorf, wer der Marder, gewesen ist!" Er machte sich mit einer raschen Bewegung von den Händen Ferdinand's los und eilte den Weg zurück, den er gekommen war. Es kam ihm Alles darauf an, daß seine Abwesenheit nicht bemerkt wurde; deshalb strengte er seinen verwachsenen Körper zum schnellsten Laufe an und fühlte sich nun sicher, als er bei seiner Ankunft bemerkte, daß die Leiter noch hing. — Schluß folgt. —