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via 8MKÜU M WW» NtzkiW Nr. 108. zu Nr. 231 des Hauptblattes. ' 1931. Beauftragt mtt der Herausgabe RegierungSrat Brauße in Dresden. Abg. Stenner (Komm): Ick halte es nicht für not wendig, daß man die Dinge so lange hinauszieht Ich beantrage zunächst einmal, daß für den kommenden Dienstag eine Sitzung einberufen wird, die als einzigen Punkt „Auflösung des Landtags" behandelt. Präsident: Der Vorstand ist der Meinuna, daß die Sitzungen, die wir jetzt abhalten, eine Zwischentagung sind (Sehr richtig! b. d. Soz ), und diese Zwischentagung ist beantragt worden mit den jetzt behandelten Anträgen. Der Landtaysvorstand glaubt, daß, wenn diese Anträge dann in zweiter Lesung erledigt sind, auch diese Zwischen- tagung zu Ende ist. Der Landtag schließt sich gegen die kommuniftische« Stimmen der Meinung nnd dem Vorschläge des Vor standes an. Der kommunistische Antrag aus Auflösung des Landtags kommt infolgedessen in dieser Zwischen, tagung nicht zur Behandlung. Weiler beschließt der Landtag, die Anträge Drucksache Rr. 835,1, Nr. 2 und 3 und Drucksache Rr «2» dem Rechts- auSschutz, Drucksache Nr. 635, II, Rr. 2, 4, 5 und 16 dem Haushaltausschuß und Drucksache Rr. 635, II Rr. 5, 2. Satz und Rr. 6 und Drucksache Rr. 625 dem HauShaltanSschuß v zu überweisen. Hierauf wird in der Tagesordnung fortgefahren. Landtagsvtrhandluugen. (Fortsetzung der 57. Sitzung von Donnerstag, den 1. Oktober IS31.) Abg. Claus (D.StP. — Fortsetzung): Für den Großen Garten in Dresden sind immer noch 174000 RM eingestellt. Wie kann man eine solche Einstellung in der heutigen Zeit unberührt lassen! Der Zuschuß zur Deutschen Bücherei beläuft sich auf 223000 RM. Wenn man wirklich die Ansammlung der gesamten Literatur weiter beibehalten will, ist das jeden falls Sache des Reiches oder der daran interessierten Kreise. Beim Forst wird uns zugesichert, daß sieben Reviere abgebaut werden sollen. Es werden in diesem Jahre aber 15 Stellen frei. Das heißt also, man will acht Reviere wieder neu besetzen. Auf der anderen Seite reißt man Hunderte von Beamten aus ihrer bis herigen Stellung heraus, hier läßt man wieder Beamte Hinern. Wir nehmen an, daß mit dieser Zusammen legung das Ende noch nicht erreicht ist. Wir haben sehr viele Reviere, die ein Auto oder ein Dienstgespann nicht brauchen, weil sie nicht groß und abgerundet sind. Aber noch viel schlimmer ist es, daß man Zuschüsse für diese Fahrzeughaltung in Höhe von 325000 M eingestellt hat. Für sämtliche Bezirksschulinspektionen in Sachsen sind 40900 M ausgeworfen. Diese Summe müßte für Forstzwecke erst recht ausreichen Im Finanzministerium sitzen in der Forstdirektion sechs höchste Beamte. Ich habe die Überzeugung, daß man auch mit drei durch- kommen kann; es brauchen auch nicht lauter höchste Be amte zu sein. Man hat in diesem Jahre vier Forst schüler ausgenommen. An der Forstschule arbeiten zwölf Professoren. Der Landtag hat beschlossen, diese zwölf Professoren abzubauen; man kann gespannt sein, was auf diesem Gebiete geschehen wird. Ick halte es für ausgeschlossen, daß man mit solchen Jahrgängen noch eine Schule durchhalten kann, rind ich nehme an, daß zu Ostern keine Schüler ausgenommen werden, weil ein Bedarf für absehbare Zeit nicht vorhanden ist, und er kann von anderen Ländern mit gedeckt werden. Ähnlich liegen die Dinge bei der Bergakademie. Bestreiten will ich nicht, daß wertvolle Forschungsarbeit geleistet wird, abe^ ich sehe nicht «in, daß das kleine, in Not befindliche Land Sachsen die Aufgabe haben soll, für die halbe Welt Bergingenieure und Bergdirektoren auszubilden, sie mit den Ergebnissen der ganzen deut schen Forschungsarbeit zu betreuen. Es sind wohl vier Stellen gestrichen worden; meines Erachtens muß aber oer Abbau in dieser Notzeit beschleunigt werden. Beim Staatstheater sind im ganzen 41000 M weggenommen worden. Ob sich die Einnahmen in dieser Weise erhöhen werden, wissen wir noch nicht. Mir ist zu Ohren gekommen, daß man sehr stark zu- greifen will. Ich verkenne den kulturellen Wert der Staatstheater keinen Augenblick, aber es hat nur ein kleiner Teil der Bevölkerung davon Vorteil; die Mittel für andere Kulturunternehmen, die der Gesamtheit zu gute kommen, werden rücksichtslos zusammengestrichen. So geht die Zuschußwirtschaft entschieden nicht weiter. Ich gebe diese Fingerzeige der Regierung für die nächste Notverordnung. Wir gehen noch schlimmeren Zeiten entgegen, davon sind wir alle überzeugt; und da wird eine weitere Bevorzugung gewisser Stände und Einrichtungen nicht mehr zu halten sein. Die Regie rung wird auch bei diesen Stellen zugreifen müssen, wenn sie es auch mit Seufzen tut. Jin Interesse der Befriedung des Landes wäre es ricktig gewesen, daß man es heute schon getan hätte; viel Verbitterung wäre nicht entstanden. Man schätzt sich drüben am anderen Elbufer jetzt sehr glücklich, daß der Landtag in die Regierungsgeschäste nichts mehr hineinzureden hat, und einige sich besonders wichtig fühlende Herren lassen das recht deutlich merken. Aber das sind perio dische Erscheinungen, die ich nicht tragisch nehme, denn im Hgndumdrehen sind sie wieder verschwunden, wenn in der Politik der Wind wieder von der anderen Seite her weht. Der Landtag hat sicher vieles getan, was seinem Ansehen nicht einträglich gewesen ist; aber man muß ihm zugestehen, daß er in der kritischen Stunde, wo es darauf ankam, sein Pflicktbewußtsem bewiesen und der Regierung einen ausgeglichenen Etat gegeben hat. Der Landtag kann die Dinge nicht so laufen lassen. Die derzeitigen Zustände müssen dem Landtag doch recht ernstlich nahelegen, sich den ihm zukommenden Einfluß auf dem Gebiete der Gesetzgebung und Verwaltung zu sichern Das ist nach meiner Beobachtung auch der Wille der großen Masse der sächsischen Bevölkerung. (Beifall b. d. D. StP.) Ttaatsminister Richter: Meine Damen und Herren! Ich möchte die Regierung gegen den Vorwurf der sub jektiven Ungerechtigkeit bei der Neuregelung der Lehrer gehälter in Schutz nehmen. Wenn ein Borwurf in dieser Richtung erhoben werden soll, so muß er schon an die richtige Adresse gerichtet werden, und das ist Zweifellos die Reichsregierung. Bei den Verhandlungen, die vor dem Erlaß der Sparverordnung sowohl mit dem Reich wie mit den anderen Ländern darüber geführt worden sind, ob dem Lande Sachsen mit Rücksicht auf seine besonders große Erwerbslosennot eine besondere Hilfe gewährt werden könne, ist immer und immer wieder, auch von dem Herrn Reichsfiuanzminisier, darauf hingewiesen worden, daß in Sachsen u. a. die BolkSschullekrerbesoldung nicht unerheblich günstiger geregelt sei aü in den anderen Ländern, und daß dem Land Sachsen eine bevorzugte Abg Mätzig (Komm): Seit ungefähr zwei Jahren rast in der stärksten Form eine Hungeroffensive gegen das werktätige Volk durch das Land, und die Not- verordnungepeitsche wird von Tag zu Tag schärfer geschwungen. Als im Juni d I. Brüning seine große Notverordnung herausgab, erklärte er gleichzeitig, es solle die letzte sein. Es zeigte sich aber, daß seine Meinung im Laufe eines Monats durch die Verhältnisse so über den Haufen geworfen wurde, daß er allein in ungefähr 30 Tagen über 50 weitere Notverordnungen herausgeben mußte. Während sich alle jene Not verordnungen der letzten Zeit in der Hauptsache gegen die Lebenshaltung der werktätigen Schichten richteten, richtet sich speziell die neue Notverordnung zu einem großen Teile gegen die Kulturlage und Kultureinrich tungen der uMeren Volksschichten. Ter Kampf um die Schule ist schon von jeher ein ziemlich scharfer gewesen, und die letzten Etat beratungen, die hier in diesem Hause stattgefundcn haben, haben ja ebenfalls die Schärfe dieses Kampfes gezeigt. Es ist uns damals auch gelungen, eine Menge Anträge durchzusetzen, die im Interesse einer besseren, modernen Schulpolitik liegen. Aber was ist mit diesen Anträgen geschehen? Nichts, im Gegenteil, die Regierung hat sich bemüßigt gefühlt, gerade das Gegenteil von diesen Beschlüssen zu macken. Diesen Kulturabbaumaßnahmen gingen ja schon die bekannten Sparanweisungen der Regierung an die Ge meinden und Bezirksschuloerbände voraus, Sparmaß nahmen, die sich in der ersten Linie nur gegen den Sachaufwand richteten. Hier zeigt sich schon, m welcher Richtung man weiter vorzustoßen gedockte. Durch die Aufhebung der Selbstverwaltung der Gemeinden und die Einsetzung von bestimmten Finanzausschüssen und Kontrollausschüssen über die Gemeinden wurden die Gemeinden neben diesen jetzt vorliegenden Abbaumaß nahmen gezwungen, im lokalen Maßstab Abbaumaß nahmen durchzuführen, und alle diese Maßnahmen wurden abhängig gemacht wie jede andere zoll- und steuerpolitische Maßnahme stets nnd ständig von dem Hinweis auf die Durchführung der Wohlfahrtsfürsorge. Daß der Abbau des Kulturetats mit dem Gebiete der Wohlfahrtslasten in Verbindung steht, das zeigte ganz deutlich der Reichsfinanzminister am Schluffe seiner letzten Notverordnung, wo er darauf hinwies, daß nur dort unterstützend eingegriffen werden könne, wo im Lande und auck in der betreffenden Gemeinde alles zum Etatausgleich Erforderlicke getan worden ist, und die gleichen Ausführungen machte auch der Herr Mi nisterpräsident den Pressevertretern, indem er sagte, Sachsen hätte nur dann eine Hilfe vom Reiche zu ge wärtigen, wenn es selbst alle reaktionären Abbaumaß- nahmen durchgeführt Hütte, die das Reich und schließlich andere Länder erwarten und verlangen. Sachsen müßte infolge seiner besonderen wirtschaftlichen Struktur und infolge seiner viel höheren Steuerauswendungen gegen über dem Reich heute das Recht haben, besondere Maß nahmen zu verlangen auf Grund seiner wirtschaftlichen Struktur und seiner besonderen Notlage. Aber man denkt selbstverständlich nicht daran, in diesem Sinne zu verfahren Der Kampf, der sich gegen die Schule richtet, zeigt auch gleichzeitig jenes leere Gerede vom Kampf gegen den Kulturbolschewismus. Wir sagen hier ganz offen: jener Kampf gegen den Kult urbolschewismuS, wie er hier inszeniert wurde, ist in Wirklichkeit der Kampf gegen jeden Kulturfortschritt. (Sehr wahr b. d. Komm. — Lachen b. d. Natsoz.) Es wurde hier im Landtag ein Beschluß gefaßt, daß die Kinder an den Berfasfungsfeiern nicht zwangsläufig teilzunehmen brauchten. Dieser Beschluß ist nicht zur Durchführung gekommen. Im Gegenteil, die Kinder mußten an den VerfassunaSselern teilnehmen, und wenn ein Bater sich erlaubte, sein Kind nicht dahin zu senden, wurde er ve- straft. Man berief sich bei diesen Maßnahmen auf das Schulgesetz von 1873. (Hört, hört! b. d. Komm ) ES gelten also nicht die Beschlüsse de- Landtags, die vor 8 Wochen hier gefaßt worden sind, sondern jene- erz- Behandlung nur dann zugestandeu werden könne, wenn dieses auch, und -war in erster Linie hinsichtlich der Lehrerbesoldung, sich zu einschneidenden Maßnahmen verstehe. Die sächsische Regierung hat in Übereinstim mung mit dem Landtag bisher an der gehaltlichen Bevorzugung der sächsischen Bolksschullehrer vor den Volksschullehrern eines Teiles der anderen Länder fest gehalten und dies mit der besonderen Vorbildung der sächsischen Volksschullehrer begründet. Zu ihrem eigenen Bedauern hat sie aber diese bisherige Bevorzugung unter dem auf sie ausgeübten Druck aufgeben und sich dazu entschließen müssen, die Grundgehaltsstaffel der semina ristisch vorgebildeten Volksschullehrer so abzuändern, daß der Endgehalt 400 M im Jahre weniger beträgt als bisher. (Abg. Claus: Ta gab es keine Verfassung!) Tie sächsische Staffel ist damit immer noch im End gehalt 400 M günstiger als die preußische. Tie in Preußen bisher gewährten Zulagen sind jetzt sehr erheb lich herabgesetzt worden, und zwar erhalten nur noch etwa der Lehrer Zulagen von 300, 500 oder 700 M, wobei die weitaus größte Zahl auf die Gnippe von 300 M entfällt. Bei der notwendig gewordenen Änderung der Ein stufung der seminaristischen Volksschullehrer hat die Regierung auch das bisher im Besoldungsgesetz sestge- legte Verhältnis zu der Einstufung der vergleichbaren mittleren Beamten nicht außer acht gelassen. Ohne Berücksichtigung der Kürzungen beträgt nunmehr das Turch- schnittsgrundgehalt der nicht akademisch gebildeten wissen schaftlichen Volks- und Berufsschullehrer im Jahre 4618 M, während das Durchschnittsgrundgehalt eines Expeditions beamten einschließlich aller Besörderungsstellen 4545 M beträgt. Das entspricht durchaus dem bisherigen Ver hältnis zwischen diesen Beamtenlaufbahnen. Selbstverständlich hat die Herabsetzung der Einstufung der seminaristischen Volksschullehrer sich auch auf die Einstufung der Fachlehrer sowie der Hilss- und Berufs schullehrer auswirken müssen. Unter demselben Zwang, der die Regierung zur Herabstufung der seminaristischen Volksschullehrer nötigte, mußte auch die Einstufung der akademisch gebildeten Bolksschullehrer geändert werden. Wenn gegenüber der Finanzlage des Landes und gegenüber dem Reiche und den übrigen Ländern die aus der Akademisierung der Lehrerbildung envachjeude Besyldungsmehklaft einiger- maßen tragbar gemacht werden sollte, so blieb kein anderer Weg übrig, als die Einstufung der akademischen Bolksschullehrer von Anfang an bis zum Ende ganz wesentlich herabzudrücken. Tenn die Regelung, die das Besoldungsgesetz von 1927, also zu wesentlich günstigerer Zeit, getroffen hat, würde jedenfalls auf die Tauer zweifellos die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Landes überschritten haben. Tamals war auch darauf Rücksicht zu nehmen, daß die akademische Lehrerbildung noch in ihren ersten Anfängen steckte und noch nicht zu übersehen war, ob diese neue Laufbahn den nötigen Zuwachs an Anwärtern finden würde. Hierbei muß darauf hingewiesen werden, daß es in Preußen überhaupt keinerlei gehaltliche Heraushebung der Bolksschullehrer, die die Akademie besucht haben, vor den Volksschullehrern, die das Seminar besucht haben, gibt. Ebenso hat Thüringen in seiner Sparverordnung vom 24. September 1931 für die Zukunft dis dort noch in geringem Maße vorhanden gewesene Heraushebung der akademisch gebildeten Bolksschullehrer restlos beseitigt. Tie Herabsetzung der Einstufung der akademischen Bolksschullehrer mußte auch eine solche Herabsetzung bei den akademischen Berufsschullehrern nach sich ziehen. Das gleiche galt für die nichtakademischen Fachlehrer an den höheren Schulen; diese wurden bisher nach der Grundgehaltsstaffel der akademischen Bolksschullehrer be soldet; sie sind jetzt in die Staffel der akademischen Be rufsschullehrer eingereiht worden. Nicht dagegen lag eine Notwendigkeit vor, auch das Endgehalt der Lehrer an den höheren Lehranstalten herabzudrücken; denn damit würden diese unter die Ein stufung der Lehrer an den höheren Lehranstalten in fast allen anderen deutschen Ländern herabgesetzt und aus ihrer Eingliederung in die Gruppen der höheren Be amten entgegen der Regelung in den anderen Ländern herausgenommen worden sein (Abg. ClauS: Also bleibt es, wie es war!) Präsident: Ehe ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich über die Tagesordnung für die nächste Sitzung abstimmen lassen. Der Vorstand schlägt vor, heute keine Abstimmungen vornehmen -u lassen, weil von der Regierung beantragt worden ist, einige Anträge an die Ausschüsse zu überweisen und dann über alle Anträge insgesamt abgestimmt werden soll. Abg. Renner (Komm. — zur Geschäftsordnung) : Das würde bedeuten, die Dinge auf den St. Nimmerleinstag «verschieben. (Zustimmung b. d. Komm) Wir haben ein starkes Jnteresie daran, daß zunächst einmal der Termin für die nächste Tagesordnung bekanntgegeben wird, und zweitens ersuchen wir, auf die nächste Tagesordnung unseren Antrag auf Auflösung de- Landtages zu setzen. . Präsident: Der Landtag verschleppt überhaupt nichts. Die Anträge, die im Ausschuß behandelt werden sollen, müssen in der nächsten Woche am Dienstag und Mitt woch in den Ausschüssen besprochen werden. Die An träge, die au- dem Ausschuß berauskommen, müssen gedruckt werden. Ein Tag nmß dazwischen liegen. In folgedessen schlägt der Borstand al- Tag für die nächste Sitzung Freitag, den S. Oktober, vot. vorher ist eine Sitzung gar nickt möglich