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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.06.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110619020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911061902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911061902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-19
-
Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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Zur Zstzrhunüertkeier ües ersten üeutlchen Turnplatzes. Die Hundertjahrfeier des Turn platzes in der Hasenheide bei Berlin hat am Sonntag ihren glänzenden Fortgang acnommen. Bereits in aller Grütze begann eine wahre Böller wanderung zu Fuß. auf der Elektrischen, in Omni bussen, Kremsern usw. nach dem Tempelhofer Felde, wo das Programm mit dem Einzelwetturnen der Mitglieder der höheren Schulen seinen Anfang nahm. Den Höhepunkt bildete der grossartige Fest - zug, der sich um 12 Uhr mittags vom Branden burger Tor in Bewegung setzte und fast drei Stun den gebrauchte, bis der ietzte Mann auf dem von Zehntausenden von Menschen umlagerten 100 000 Qua dratmeter grossen abgesteckten Platz eintraf. Die Spitze der historischen Gruppe führten zwei Herolde, dann folgten 24 berittene Spiellcute, Reiter, Fuss truppen, Turner, Studenten und Bürger in den Trachten des Jahres 1811. In drei Wagen hatten Ausschussmitglieder der Deutschen Turnerschaft, dar unter der alte Goetz, der Schriftführer Schulrat Dr. Rühl-Stettin, der Schatzmeister Rechnungsrat A tz r o t t - Steglitz, der stellvertretende Vorsitzende Sanitätsrat Dr. T o e p l i tz - Breslau, weiter die Kreisvertreter aus Stuttgart, Rheydt, Frankfurt am Main, Magdeburg, Oldenburg u. a. Platz genommen. Ihnen schlossen sich an sechs Wagen mit Turnern aus dem Jahre 1861, zwei Wagen der Schützen abordnung. 400 Schüler der höheren Lehranstalten, von der Studentenschaft 80 berittene Chargierte, 80 Wagen mit Fahnenmannschaften, 100 deutsche Turner vom Auslande saus Oesterreich, Belgien und Englands, 1600 Turner vom Havelländischen Gau, 300 Turner vom Spreegau, Ostbahngau, Südbarnim und Zauch-Bclzig, 1000 Mitglieder des Verbandes der Berliner Athletikvereine. Von kaufmännischen, städtischen Fortbildungsschulen, kirchlichen und Iüng- lingsvereinen waren etwa 2500 Personen erschienen und von den vier Berliner Gauen rund 5000 Mann. Zahllose Fahnen und Banner erhöhten die Mannig faltigkeit des prächtigen Bildes und neun Musikchöre sorgten mit Märschen und Marschliedern für „gleichen Schritt und Tritt". Nachdem der Vorbeimarsch an der Tribüne mit klingendem Spiel beendet war, trafen Prinz Eitel-Friedrich und sein Adjutant, ferner der Kommandierende General von Loewenfeld und zahlreiche Offiziere ein. Der Prinz lieg sich alle Herren des Ausschusses durch Professor Rein hardt vorstellen und unterhielt sich besonders ein gehend mit dem Vertreter der etwa 10 000 Mann zählenden deutsch-österreichischen Turnerschaft. Josef Müller-Prag. Auch Polizeipräsident v. Iagow war wieder anwesend. Auf ein Zeichen des Oberstleutnants v. Hülsen be gannen die Turn- und Fe st Übungen des Mi litärs. Daran schlossen sich an allgemeine Frei übungen mit etwa 12000 Teilnehmern, Kür turnen, Sondervorführungen, Vorführungen der Iugendturner, Massenspringen der Männer. Turnen der Frauen- und Mädchenabteilungen, Vorführungen des Verbandes Berliner Athletikvereine usw. Wie am Sonnabend in der „Neuen Wlet", so gaben sich am Sonntag die Turner mit ihren Gästen ein gemüt liches Stelldichein in den Kammcrsälen. Das Tele gramm des Ausschusses der Deutschen Turnerschaft an den Kaiser hat folgenden Wortlaut: „Euer Majestät danken alleruntertänigst Turner Deutsch lands, Erotz-Berlins und der Mark Brandenburg für die Entsendung Seiner Königlichen Hoheit des Prin zen Oskar zur Hundertjahrfeier des Turnplatzes in der Hasenheide und bitten, das Gelöbnis unwandel barer Treue allergnädigst entgegenzunehmen." Oer Europäische Runüvug Len das Pariser „Journal" veranstaltet und der be kanntlich ursprünglich auch nach Berlin führen sollte, bis der französische Chauvinismus es durchsetzre, daß die deutsche Hauptstadt als außerhalb Europas lie gend betrachtet wurde — dies glühte diesjährige Unternehmen der französischen Aviatik hat am Sonn- tag in Vincennes seinen Anfang genommen. Wie schon telegraphisch gemeldet worden ist, hat das Unternehmen zu Beginn schon schwere Unglücksfälle im Gefolge gehabt, die Menschenleben forderten. Der „Berl. L.-Anz." läßt sich darüber aus Paris folgende Einzelheiten berichten: Zwei tödliche Unfälle haben heute den Europäischen Rundflug eingeleitet. Leut nant Princeteau, einer der militärischen Flieger, die über die französische Strecke abzugehen hatten, verunglückte auf dem Manöverfelde von Jssy les Moulineaux tödlich, als er sich um 7 Uhr morgens in die Luft erhob, um gegen Reims zu fliegen. Ein Windstoß schleuderte seinen Eindecker aus 30 Meter Höhe auf den Boden herab, und der Apparat, dessen Benzinbehälter zerbarst, fing alsbald Feuer. Wohl eilte man schleunigst zur Rettung des jungen Offiziers herbei, der mit gebrochenen Beinen zwischen den brennenden Trümmern lag und seinem hinzu gestürzten Bruder noch zurief: „Oh, wie ich leide!" Doch befreite man ihn schließlich nur noch als eine gräßlich verstümmelte Leiche. Sein Absturz war schrecklich. Leutnant Princeteau machte kniend übermenschliche Anstrengungen, sich aus den Trüm mern des brennenden Apparates zu befreien. Doch seine Kräfte versagten und er sank ohnmächtig in die Flammen, die eine Annäherung der Retter unmöglich machten. Princeteau war 36 Jahre alt und stand beim 7. Chasseurregiment. Zu Vincennes, am ande ren Ende von Paris, vollzog sich inzwischen der Start des großen internationalen Luftrennens, dessen erste Etappe über Reims nach Lüttich führt. Ungeheure Menschenmassen, der Zahl nach über eine halbe Million Personen, die in frühester Morgenstunde trotz wiederholter Regengüsse zusammengeströmt waren, umlagerten das weite Ma növerfeld, um dem Abflug der Konkurrenten beizu wohnen. Die Ordnung war anfangs musterhaft, doch änderte sich plötzlich das Bild. Während der Polizei präfekt Löpine und seine Wachleute sich bemühten, den Jnnenraum von den dort zugelassenen Journa listen und Photographen zu säubern, durchbrach die Menschenmenge die äußere Truppenkette und drang bis zu Len Schuppen der Aviatiker und zu der offiziellen Tribüne vor, in der u. a. die Minister DelcassL und Perrier Platz genommen hatten. Dragoner und Schutzleute suchten die Menge gewalt sam zurückzutreiben, und Männer und Frauen sielen unter die Hufe der Pferde. Das Publikum riß nun die Barrieren nieder, und man mußte ihm schließlich das Terrain überlassen. Der Start erlitt durch die sen Zwischenfall keine Störung. Etwa 30 Flieger, darunter Tabuteau, Vedrines, Earros, Wynmalen, Vidart, Amerigo, Beau mont (Schiffsleutnanat Conneau), Wey mann, Morin und Gilbert waren von 6 Uhr morgens an schon aufgestiegen und hatten in 200 bis 300 Meter Höhe die Richtung auf Reims eingeschlagen, als um 7'/t> Uhr der BlSriotpilot Ldmartin von dannen zog. Sein Eindecker schwebte über dem Ende des Manöverfeldes, er schien zu wenden, kippte aber plötz lich vornüber und schoß vor einer entfernten Tribüne jäh zur Erde herab. Die Aerzte des hinzurasenden Ambulanzautomobils fanden L 6 martin schon sterbend vor. Die Schraube des Apparats hatte dem Unglücklichen den Schädel zertrümmert. Der töd liche Ausgang des Unfalles wurde erst bekannt, als die offizielle Abflugszeit schon vorüber war. Nach dem noch Rinaux, der auf seinem Farman-Doppel- decker einen Passagier nach Reims entführte, abge flogen war, ließ der Polizeipräfekt das Feld räumen, und die Menge zerstreute sich, um auf dem Heimwege durch Extrablätter das andere Unglück zu erfahren, das sich mittlerweile auf dem Manöverfelde von Jssy les Moulineaux ereignet hatte. Am Nachmittag ver breitete sich die Kunde von einem dritten schwe ren Unfall, der einen von Vincennes abgegan genen Militärflieger, den Leutnant Gaube rt, be troffen hatte. Leutnant Gaubert war bei Soissons abgestürzt und in sehr bedenklichem Zustande in das dortige Spital übergeführt worden. — Der Flieger Dalger ist, wie aus Soissons telegraphiert wurde, bei Villers Cotterets abgestürzt. Er hat schwere Ver letzungen am Kopfe davongetragen. — Der Flieger Lendron ist etwa 10 Kilometer von Chateau Thierry (Dep. Aisne) infolge einer Explosion des Benzinbehälters abgestürzt. Das Feuer sprang auf den Apparat über. Der Flieger verbrannte v o l l st ä n d i g. Ankunft der Flieger in Lüttich. Von den 41 Aviatikern, die Paris verlassen haben, sind, wie sich Las „Berl. Tgbl." aus Brüßel melden läßt, 26 in Reims angekommen. 15 haben den Wei terflug nach Lüttich gewagt. Von ihnen hatten sieben ihr Ziel bis zum Sonntagmittag 1 Uhr er reicht. Im Laufe des Nachmittags konnte in Lütttch keine neue Ankunft verzeichnet werden. Abends um 7 Uhr lag die Nachricht vor, daß gegen Abend noch vier andere Luftschiffer von Reims nach Belgien auf gebrochen wären. Von diesen soll Prevost in den belgischen Ardennen verunglückt sein. Die Ein zelheiten über diese Meldung fehlen aber noch. Als Landungsort für Lüttich war eine 90 Hektar große Ebene der Lütticher Eüterstation Ans ausgewählt. Hier hatten sich schon von 7 Uhr ab Tausende von Neugierigen versammelt. Um 9 Uhr 15 Min. wurde der erste Aeroplan gesichtet. Er landete um 9 Uhr 33 Min. und trug die Nummer 15. Der Erste war Vtdart, der jüngste aller Teilnehmer an dem Fluge, denn er zählt noch nicht zwanzig Jahre. Er war bei seiner Ankunft so ermattet, Lag er sofort in einem Automobil in ein Hotel gebracht wurde. Dann folgte als Zweiter der Südfranzose Vedrines, der Sieger im Fluge Paris—Madrid. Er hat während seiner Reise eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 150 bis Die Wäne Grellen;. 2j Roman von T. Tschürnau. (Nachdruck verboten.) „Es ist Zeit, daß du endlich dieses Vagabunden leben aufgibst", fuhr die junge Dame mit schulmeister licher Grandezza fort. „Von Gottes und Rechts wegen müßtest du längst mit einer reizenden Frau auf Dann- mer sitzen, statt dich in der weiten Welt herumzutrei- den. Wenn man fünfunddreißig Jahre zählt, Groß grundbesitzer und der letzte Sproß eines alten, edlen Geschlechtes ist, so hat man seine Verpflichtungen. Du mußt heiraten!" „Was? Das rätst du mir, Lotti?" Die Baronin drehte die Gürtelschleife ihres Klei des zwischen den Fingern; es war eine ihrer Eigen tümlichkeiten, daß sie nie die Hande stillhalten konnte. „Nun ja! Warum nicht?" fragte sie mit gut ge spielter Harmlosigkeit. Gülzow war ganz sittliche Entrüstung. „Oh, über das kurze Gedächtnis der Frauen!" sagte er in tragischem Tone. „Wer trägt die Schuld, daß ich bis auf diesen Tag umhergeirrt bin wie der ewige Jude, statt als ehrsamer Krautjunker auf meiner hei matlichen Scholle zu sitzen und meine Rüben zu bauen? Du, nur Lu allein! Habe ich nicht einst vor dir auf den Knien gelegen und dich angefleht, Gräfin Gülzow zu werden?" Die Baronin sah nachdenklich aus. „Ich eiinnere mich dunkel auf etwas Aehnliches", sagte sie kopfnickend, und ihre lustigen Augen blitzten ihn hinter den halb gesenkten Wimpern an. „Zwei volle Tage liebtest du mich mit einer Glut, die alle Welt für dein Leben besorgt machte; dann war es vorüber. Du danktest Gott und alle Heiligen, daß ich die verhängnisvolle Frage mit einem „Nein!" beant wortet hatte, und hütetest dich wohl, sie zu wieder holen." „Weil ich erkannt hatte, daß die schönste Hoffnung meines Lebens eine vergebliche gewesen war, und weil ich nicht die Kraft in mir fühlte, eine zweite Abwei sung zu ertragen." „Bewahre, sondern weil du eine unbändige Angst hattest, daß ich möglicherweise meinen Sinn geändert haben könne! Doch legen wir diese längst verscholle nen Geschichten beiseite und kommen wir zu der Gegenwart zurück. Du mußt heiraten, Erich. Es ist Leine Pflicht. Du bist es unserem alten Namen, du bist es mir schuldig!" „Dir! Hört sie, ihr Götter!" „Ja, mir! Ich bin auch eine Gülzow, und unser Geschlecht steht nur noch auf zwei Augen. Du mußt heiraten und dich ganz ernstlich um deine Güter küm mern. Herr von Fijchhof, dein Eutsnachbar, ver sicherte mir neulich erst, daß dein Inspektor ein Erz- spiybube sei, der dich an allen Ecken und Enden über vorteilt." Graf Gülzow sah nicht aus, als ob diese Nachricht auch nur den geringsten Eindruck auf ihn mache. Er hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt und beob achtete mit sichtlichem Vergnügen den Eifer seiner Cousine. „Du mußt den Inspektor sofort entlassen", dekre tierte Baronin Lotti. Graf Gülzow zuckte die Achseln. „Er ist ein gescheiter Mensch", sagte er, „tätig und umsichtig. Wenn er bei der Mühe der Verwaltung auch an seinen eigenen Vorteil denkt, jo ist das nur natürlich. Wenn ich nicht irre, hat er neun oder zehn Kinder, die kosten Geld." „Das du bezahlst!" „Warum nicht?" Frau Lotti klopfte, glühend vor nervöser Un geduld, mit der Spitze ihres zierlichen Fijßchens den Boden. „Erich, du bist der leichtsinnigste Mensch unter Gottes Sonne!" sagte sie heftig. Der schwere Vorwurf schien das Behagen des Ver stockten nur zu erhöhen. „Ich wußte es im voraus, daß ich innerhalb der ersten Viertelstunde etwas Aehnliches hören würde", sagte er mit einem empörenden Lächeln. „Ich kann dir kaum ausdrücken, teuerste Cousine, wie es mich anheimelt. Niemand hat mir in diesen letzten drei Jahren gesagt, daß ich ein Erztaugenichts bin, nie mand hat mir einen Spiegel meiner Sünden vorge halten; deine Aufrichtigkeit entzückt mich. Ich bitte dich, fahre fort, Gebieterin! Weisheit träufelt von deinen Lippen, und dein Knecht hört!" Baronin Lottis Augen drückten den höchsten Grad sittlicher Entrüstung aus. „Erich, du bist unausstehlich!" versicherte sie im Tone tiefinnerster Ueberzeugung. Er zählt an den Fingern. „Nummero zwei unausstehlich! Nur weiter, Tou- sinchen. Vollende mein Sündenregister! Ich kenne auf der Welt keine angenehmere Beschäftigung als die, mich von dir auszanken zu lasten!" i Zornig wandte sich Frau Lotti von dem Verbrecher ab. Sie stieß die neben ihr liegende Feuerzange in die Glut des Kaminfeuers, so Laß die Funken hoch aufsprühten; dann fiel die Zange klirrend zu Boden. „Wirst du wirklich nie vernünftig werden?" fragte Frau Lotti würdevoll. Gülzow machte ein Gesicht, als sinne er allen un gelösten Rätseln des Weltalls nach. „Ich glaube es nicht", sagte or melancholisch, „es liegt nicht in meiner Natur." Frau Lotti gab ihrem Sessel einen Ruck, der ihn dem des Grafen ganz nahe brachte. „Erich, mir könntest du es doch vertrauen?" sagte sie. „Was, Herrin? Meine Seele liegt vor dir wie ein aufgeschlagenes Buch." Er neckte sich dabei mit dem Papagei der Baronin, der auf einem Ständer neben dem Kamingitter stand und wütend nach dem Finger seines Angreifers schnappte. „Laß doch das Tier", sagte Frau Lotti ungeduldig, „sei endlich ernsthaft!" Sie nahm einen freundlich zuredenden Ton an: „Gestehe mir, Erich, dein Herz war nicht frei da mals, als du von hier fortgingst?" „Siehst du das endlich ein, Lotti?" „Unsinn! Du hattest es verloren an eine Dame, die unerreichbar für dich war, weil sie einem anderen gehörte." „Ja, einem anderen", bestätigte Gülzow. „Jetzt ist die Schranke gefallen?" „Nein, sie besteht noch!" „Sie ist gefallen und deshalb bist Lu zurückgekehrt. Unter uns gesagt, du hättest es eher tun sollen. Eine so viel umworbene, gefeierte Frau wie die schöne Ex zellenz ist ein Preis, den zu erringen man sich beeilen muß, wenn man nicht riskieren will, daß ein anderer ihn davonträgt." „Aber ich versichere dir, Cousinchen —" „Versichere mir nichts, ich würde dar doch nicht glauben. Ich weiß, was ich weiß!" Er zuckte die Achseln. „Dann bleibt mir freilich nichts übrig, als schwei gend es zu ertragen", sagte er resigniert. „Wenn eine Dame einmal ein« bestimmte Meinung gefaßt hat, so bringt bekanntlich nichts sie davon ab." „Deine Chancen scheinen mir sehr gut zu stehen", fuhr die Baronin fort, ohne seinen letzten Einwurf zu beachten. „Sie hat bisher keinen ihrer zahlreichen 160 Kilometer eingehalten. Dann landete auf einem Bleriotapparat der Sieger dep Fluges Paris—Rom, der Marineleutnant Beaumont. Er hat aus der Luft Len Tod seiner Kameraden gesehen. Nach 11 Uhr landeten Weymann, Duval, Debarra und Garros und konnten bis 1 Uhr mittags in die Liste eingetragen werden. Sie klagten alle über den furchtbaren Wirbelwind, unter dem sie während ihrer Reise leiden mutz ten. Rcnaux mußte mit seinem Pastagier 300 Meter vor der festgesetzten Landungsstrecke niede^gehen. Ein Maschinendefekt zwang ihn hierzu. Ein Flügel seines Apparates zerbrach, und er mutzte darauf verzichten, nochmals aufzusteigen, um auf dem vorschriftsmäßigen Gelände einzufahren. Um 2 Uhr nachmittags wehte über ganz Belgien ein Zyklon, der von Gewitter, Hagelschlag und von einem Wolkenbruch begleitet wurde. Das Unwetter dauerte über eine halbe Stunde und zwang die Flieger, erst in den späten Nachmittagsstunden die Reise von Ans nach Lüttich wieder zu wagen. Stimmen gegen die tödlichen Unfälle und Ausschreitungen. In Paris werden Stimmen laut, die sich gegen die Ausschreitungen und die Unfälle richten, die an läßlich des Europäischen Nundfluges bis jetzt vor gekommen sind. Wir lasten die Drahtnachrichten, die über die Vorgänge Kunde geben, nachstehend folgen. Paris, 19. Juni. sPrivattelegramm.) Anläßlich der bei dem Europäischen Rundfluge vor gekommenen tödlichen Unfälle und Aus schreitungen erheben einige Blätter scharfen Einspruch gegen die Wettflüge. Es sei unver zeihlich, daß man jetzt fast eine Million Zuschauer nach dem Rennplätze von Vincennes gelockt habe, ohne dafür zu sorgen, daß diese in Schranken gehalten würden. Nur einem Wunder sei es zu verdanken, daß kein Flugzeug in die Menge gestürzt sei und un ermeßliches Unglück angerichtct habe. Was die Flieger anbelange, so könne man diese wagehalsigen Leute nicht hindern, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, sollte aber nicht gestatten, daß sie Lurch öffentliche Veranstaltungen förmlich in den Tod gehetzt würden. Paris, 19. Juni. sPrivattelegramm.s Es ver lautet, daß der Deputierte Millevoye beabsich tigt, an den Kriegsminister eine Inter pellation zu richten, die den tragischen Tod des auf dem Flugplatz von Isty-les-Moulineaur ver brannten Leutnants Princeteau betrifft. — Der Inspekteur Les Militärflugwesens er klärte einem Berichterstatter, daß er infolge der in der letzten Zeit vorgekommenen Unfälle wahr scheinlich neue Bestimmungen für die Militärflieger ausarbeiten werde. Insbesondere beabsichtige er, den im aktiven Dienst befindlichen Militärfliegern nicht mehr zu gestatten, an einer großen Sport veranstaltung in irgendwelcher Weise teilzunehmen. Paris, 19. Juni. (Eig. Drahtmeld.) Die Mi litärflieger, die an dem Europäischen Rund fluge teilnehmen, werden nach bestimmten Themen Aufklärunqsflüge in Nord- und Ostfrankreich durchzuführen haben. Zum Zeitungsltreik in Berlin. Am Sonntagvormittag fand in der „Neuen Welt" (Hasenheide) eine Versammlung des technischen Per sonals der Firmen Rudolf Moste, August Scherl. G. m. b. H., und Ullstein L Co. statt. Es wurde be- Bewerber erhört — ein Zeichen, daß sie auf einen wartet, der bis jetzt noch nicht gekommen ist; und fragt nie nach dir — ein Zeichen, daß sie dir Leines Zögerns wegen zürnt. Vom Zorn zur Liebe ist nur ein kleiner Schritt, ja> noch mehr, Zorn ist wahrschein lich der Beweis für eine heimliche Liebe. Kurz, Lein Glück wartet, ergreife es, zaudere nicht länger, es könnte dir sonst entfliehen. Ihr wäret ein prächtiges Paar, es ist, als Hütte euch die Natur füreinander geschaffen. Freilich, die anderen jungen Damen un serer guten Residenz würden untröstlich sein, wenn du Magda Vandeeren wählst. Man vergöttert dich. Du kannst dir keine Idee davon machen, mit welcher Spannung man deine Rückkehr erwartet. Ein be liebter Kavalier bist du ja immer gewesen, jetzt grenzt die allgemeine Schwärmerei an Fanatismus!" „Lotti, übertreibe nicht so entsetzlich!" „Ich bestätige nur eine Tatsache, die ich übrigens sehr begreiflich finde. Du bist jetzt nicht nur eine brillante Partie und ein schöner, liebenswürdiger Mann, sondern außerdem auch eine Berühmtheit. Deine Plaudereien aus fernen Zonen — „Diese verwünschten Plaudereien —" Graf Gülzow sah aus, als ob er gar nichts da gegen haben würde, wenn ein hilfsreicher Dämon sämtliche Exemplare seines bewunderten Werkes mit einem plötzlichen Ruck ins Pfefferland befördert hätte. „Sie liegen auf den Vüchertischen aller hiesigen Salons aus", fuhr Frau Lotti fort, ohne sich beirren zu lasten; „man ist einig in dem Urteil, daß sie ent zückend sind. Alle Welt kennt dein Werk, es ist in allen Zeitungen und Journalen anerkennend be- sprochen worden —" „Fürchterlich! Lotti, ich verspreche dir, sämtliche junge Damen, die du für mich in petto hast, zu heiraten, entweder zusammen oder nacheinander, ganz wie du befiehlst, nur laß meinen Schriftsteller rühm aus dem Spiele. Willst du?" „Ach, wenn du nur glauben wolltest —" „Ich glaube dir alles! Aber jetzt erzähle mir irgendeine kleine Skandalgeschichte aus der Gesell schaft. Du verstehst es so reizend, und ich bin ganz ausgehungert in dieser Beziehung. Dort drüben, von woher ich komme, ist selbst für Geld und gute Worte dergleichen nicht zu haben." Frau Lotti schüttelte den Kopf. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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